Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

Ich will das an einem besonders extremen Beispiel deutlich machen, nämlich anhand der Angaben zu Steuern und steuerähnlichen Einnahmen in den Vorbemerkungen des Entwurfs zum Doppelhaushalt. Da ist zum Beispiel die Vermögensteuer angeführt. Sie bringt null Einnahmen. Das ist ganz klar – sie wird ja auch nicht erhoben. Forderungen nach ihrer Erhebung werden aus dem konservativen Lager als Neidkampagnen abgetan.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Aus der Mottenkiste!)

Die Totalisatorsteuer, eine Steuer auf Wetten, bringt 2005 und 2006 jeweils immerhin 0,3 Millionen Euro. Die Lotteriesteuer bringt sogar beachtliche 64,7 Millionen Euro im Jahr 2005 und 65,7 Millionen Euro im Jahr 2006. Lotto und Toto zusammen bringen dann noch einmal 74,6 Millionen Euro im Jahr 2005 und 76,4 Millionen Euro im Jahr 2006. Die Abgaben von Spielbanken schlagen als Einnahmequelle für 2005 mit 6,5 Millionen Euro und für 2006 mit 6,7 Millionen Euro zu Buche.

Das Ganze betrifft nur knapp ein Prozent der Einnahmen, ist aber einhundert Prozent interessant. Wir konstatieren: Die real existierenden Vermögen im Land bringen nichts, null Komma nichts an Steuereinnahmen oder – wenn ich davon ausgehe, dass die Spielbanken eher von Vermögenden frequentiert werden – schlappe 6,5 bis 6,7 Millionen Euro.

Mag sein, dass es in Sachsen nicht allzu viel solcher Vermögen gibt, die man mit einer solchen Vermögensteuer veranlagen könnte. Aber das ist nicht der Punkt. Auch wenn es sie geben würde, würden sie mangels Vermögensteuer keinesfalls zum Nutzen des Allgemeinwohls belastet werden.

Was es aber mit Gewissheit gibt, sind sehr viele Menschen im Lande, die alle Hoffnungen aufgegeben haben, jemals zu den Vermögenden oder wenigstens zu den Wohlhabenden zu gehören. Sie haben alle Hoffnungen aufgegeben und wohl auch aufgeben müssen, bis auf eine: Das ist die Hoffnung, das Glück zu zwingen, das große Los irgendwann zu ziehen, aufs richtige Pferd zu setzen oder alle Sechse richtig zu haben.

Die Soziologie weiß seit langem: Das Hoffen auf den richtigen Treffer bei Wetten und Glücksspielen unter

schiedlichster Art erscheint gerade denen, die am wenigsten haben, als letzter Ausweg. Erstaunlich ist es nicht. Dass aber die zwangsläufig immer enttäuschten Glückserwartungen der Schwachen den Haushalt bereichern – und das in steigendem Maße –, während die Starken ungeschoren bleiben, das ist ein Skandal.

(Beifall bei der PDS)

Herr Ministerpräsident! Die PDS hat schon mehrfach den Vorschlag einer Landesanleihe gemacht. Denken wir doch einmal gemeinsam über einen Venture-CapitalFonds nach, der den Einzahlern zum Beispiel durch Steuerbegünstigung oder aber einfach durch größeren Erfolg höhere Renditen bringt als orthodoxe Geldanlagen und der zugleich dazu dient, strategisch bedeutsamen Unternehmensgründungen die nötige Kapitalausstattung zu verschaffen. Wir könnten so vagabundierendes Geld für das Land bzw. den Osten insgesamt aktivieren – eine reizvolle und lösbare Aufgabe zum Beispiel für die Sachsen LB, Seriosität und guter Ruf der Bank natürlich vorausgesetzt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident! Vor etwas mehr als fünf Jahren habe ich von diesem Platz aus darauf hingewiesen, dass auch vor Landespolitik der Anspruch nicht Halt macht, Antworten auf die Fragen zu finden:

erstens, wie sich Anpassungen an die Veränderungen in Wirtschaft, Arbeit und sozialer Verteilung so durchführen lassen, dass auch in Zukunft wirtschaftlicher Wohlstand und sozial gerechte Teilhabe daran möglich und ökologisch vernünftig gestaltbar sind, und

zweitens, welche Auswirkungen der Wandel auf menschliche Identität und sozialen Zusammenhalt hat und welche Wertesysteme entstehen oder entstehen sollten.

Ich habe damals eine andere Politik als die bis dahin gepflegte verlangt, weil wir, wie ich damals überzeugt war und es auch heute angesichts der Verhältnisse immer noch sein muss, dringend eine andere Politik brauchen, um Brücken für eine andere Entwicklung zu bauen in Bezug auf Wirtschaft, auf Arbeit, – –

(Heinz Lehmann, CDU: Die Waldschlößchenbrücke!)

sehen Sie, das ist nun einmal eine Brücke, die wirklich niemand braucht. Wir sollten andere bauen,

(Beifall bei der PDS)

nämlich Brücken für eine andere Entwicklung in Wirtschaft, Arbeit, Soziales, Wissenschaft, Technologie, Bildung, Verkehr – –

(Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Herr Bandmann, Sie sind ein bekannter Raser. Für Sie wäre die Waldschlößchenbrücke natürlich ein Segen, möglicherweise sogar für die Einnahmen der öffentlichen Hand, dann, wenn Sie mit hundert Sachen darüber rauschen.

und kommunale Selbstbestimmung.

(Beifall bei der PDS)

Sie hätten auf mich hören sollen, Herr Ministerpräsident, auch wenn Sie damals nur Finanzminister waren. Gerade als solcher waren Sie doch darauf aus, eine Politik zu verfolgen und in Ihre Richtlinienkompetenz überzuleiten, die die eingangs zitierten Äußerungen von Ihnen charakterisiert. Das brachte uns unter Ihrer Verantwortung erst Machtkampf, der das Land lähmte, und dann kommunikationsgestörte Machtausübung im Sinne einer Politik der sozialen Kälte, einer Politik, für die Steigerungszahlen bei der Wirtschaft alles sind, Steigerungszahlen aber bei den Arbeitslosen und sozial Ausgegrenzten offensichtlich als vernachlässigbar erscheinen – eine Politik, die dem elenden und gleich von zwei Todsünden behafteten „Geiz ist geil“ folgt.

Sie bedauern, Herr Ministerpräsident, in Sonntagsreden den Werteverlust und entziehen zugleich allen Werten den Boden mit der Realisierung Ihrer Vorstellungen des Zusammenhangs von Politik, Wirtschaft und Geld.

(Ministerpräsident Prof. Dr. Georg Milbradt: Ich weine gleich mit!)

Sie können in Ihr Kissen weinen, aber Geiz ist nun einmal eine Todsünde und Wollust auch.

(Heiterkeit bei der PDS)

Die Politik soll Ihres Erachtens der Wirtschaft dienlich sein und dafür sorgen, dass sich alles in der Gesellschaft den Verwertungsansprüchen der Wirtschaft unterwirft. Dann geht es eben nicht mehr nur um Infrastruktur. Da geht es um einseitige Umverteilung der Lasten aus Rationalisierung in der Wirtschaft, insbesondere der steigenden Arbeitslosigkeit auf die Gesellschaft – eine Umverteilung, die tatsächlich nun schädlich ist. Sie bringt soziales Elend, sie bringt Abbau von Kultur, sie bringt schwindende persönliche Sicherheit, sie macht Bildung und Wissen zur Ware und nur mehr für Reiche erschwinglich. Natur wird zur Manövriermasse ökonomischer Interessen. Wo sich Wirtschaft mit ihrem Recht etabliert hat, haben alle anderen Rechte kaum noch oder gar keinen Platz mehr. Demokratie verliert immer mehr an Vertrauen. Natürlich ist die Wirtschaft die Basis unseres Glücks. Der Mensch muss zuerst essen, trinken, wohnen und sich kleiden, bevor er philosophieren kann. Das brauchen Sie einem Sozialisten nicht erst beizubringen, da kam Ihnen schon Marx zuvor. Das genau sagt aber, dass die Wirtschaft einem allgemeinen menschlichen Zweck zu dienen hat und nicht nur ihrem eigenen Wachstum, das heute aus wachsender sozialer Ungleichheit entspringt, wie offen zur Schaffermahlzeit bekundet. Wer das befördert, befördert in Wirklichkeit das Zerbröseln der Gesellschaft, und Sie tun es, Herr Ministerpräsident, auch mit diesem Haushalt. Freilich, Sie und die sächsische CDU haben die Quittung dafür bekommen mit dem letzten Wahlergebnis. Leider muss man aber auch sagen, ganz Sachsen hat eine Quittung bekommen. Die Braunen sitzen im Landtag und bringen Schande übers Land. (Beifall bei der PDS)

Sie haben sich einschleichen können mit sozialer Demagogie. Die Themen und Angebote aber, die sie dabei an

knüpfend an Ängste und auch an Wut in der Bevölkerung im Wahlkampf strapazierten, haben sie vom ersten Tag an im Landtag verraten. Nichts mehr zu Hartz IV war zu hören und zu anderen sozialen Ungerechtigkeiten. Der Protest war beim falschen Vertreter gelandet. Die nationalistische Karte war nämlich sofort gespielt. So wie sie gespielt wurde, war sie von Anfang an Verrat am Land und seinem Ansehen. Der Missbrauch von Gedenktagen, der anmaßend verzerrende Umgang mit Geschichte, die verlogen vorgetäuschte Sorge um die Deutschen, die rassistische Rede von der ethnischen Zersetzung, die Feindseligkeit gegenüber allem Fremden hat uns, dem Freistaat und seiner Bevölkerung, schweren Schaden zugefügt. Es hat sich wieder einmal gezeigt, dass Nationalisten, Faschisten, Nationalsozialisten für ihren eigenen Machtanspruch skrupellos die Interessen gerade derer opfern, die sie angeblich so vehement und mit Alleinvertretungsanspruch verteidigen. Es ist hier nicht der Platz, sich weiter darüber auszubreiten. Aber es waren doch die Nazis, die den Ruf Deutschlands so nachhaltig schädigten, dass er eben auch heute noch beschädigt ist. Es waren italienische Faschisten und deutsche Nazis, die zum Beispiel deutschsprachige Siedler nach über 600 Jahren Siedlerzeit im Winter 1941/42 aus der Gotschee in Slowenien vertrieben.

(Holger Apfel, NPD: Zum Thema!)

Das ist zum Thema, Sie werden es gleich merken. Das Andenken an sie – das ist natürlich für Sie ein unangenehmes Thema – halten Slowenen mit bemerkenswerter Fairness und Achtung am Leben.

Es waren deutsche Nazis und italienische Faschisten, die die deutschsprachige Bevölkerung im Kanaltal zur Umsiedlung zwangen. Die Südtiroler wurden ihrem Schicksal und damit Mussolini und einem gnadenlosen Versuch der Italienisierung überlassen. Solcher Beispiele gebe es noch viele. Wenn es um Macht geht, ist Braunen die Volkszugehörigkeit völlig egal. Weder deutsche noch andere Völker haben von ihnen Gutes zu erwarten.

(Beifall bei der PDS)

Weil es aber um das Gute für das Land und um das Wohl seiner Bevölkerung geht, weil es um Sachsen und die in Sachsen lebenden Menschen geht, musste auch das in der Haushaltsdebatte gesagt werden. Herr Apfel hat mich aufgefordert, vor einer Patriotismusdebatte einen klaren Trennstrich zur antideutschen Menschenverachtung und Volksverhetzung zu ziehen. Das habe ich hiermit eindeutig und ein für alle Mal getan.

(Beifall bei der PDS)

Leider muss ich aber auch sagen, dass es mir um das Gute und das Wohl Sachsens bange ist, weil es durch den vorliegenden Haushaltsentwurf stärker gefährdet scheint als auch in schwierigen Zeiten notwendig. Vieles, was der Koalitionsvertrag nur schwammig und wenigstens mit der Möglichkeit einer hoffnungsvollen Auslegung formulierte, ist jetzt in neoliberale Sprache verwandelt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe es vor fünf Jahren ebenfalls hier gesagt und es ist heute

ebenso wichtig wie damals: In der Entwicklung von Wirtschaft und Arbeit liegt unser Schicksal. Nur die gleichzeitige Entwicklung von Wirtschaft und Arbeit sichert uns das Soziale und seinen Ausbau, schafft die Gerechtigkeitspotenziale und setzt die Bedingungen für Stabilität und Weiterentwicklung von Demokratien. Der vorliegende Haushaltsentwurf wird dem nicht gerecht. Er vernachlässigt die Entwicklung von Arbeit sträflich und begründet so eine urtraurige Perspektive für allzu viele im Land.

Wenn ich das sage, denke ich nicht nur an die rücksichtslosen, rein fiskalisch begründeten Abbaupläne der Staatsregierung beim Personal im öffentlichen Dienst. Natürlich denke ich daran auch und nicht zuletzt. Insgesamt aber – so muss ich feststellen – sinkt der Einsatz von finanziellen Mitteln bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Schauen Sie dazu nur in den Einzelplan 07: 90 Millionen Euro weniger sollen bis 2006 im Vergleich zum Niveau von 2004 für die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zur Verfügung stehen. Die Begründung dafür, die im Kern lautet, die Arbeitsmarktreform des Bundes mache diesen Ausstieg möglich, ist, wenn man die Realität betrachtet, nicht nur absurd, sondern auch ganz schön wirklichkeitsfremd. Da ist doch der Offenbarungseid von Herrn Weise gerade geleistet worden. Wenn ich recht informiert bin, will ein Herr Zastrow mitschwören.

(Zuruf von der FDP)

Der Offenbarungseid ist ja auch nötig; es ist ja gar nichts Ehrenrühriges, wenn man ihn leistet.

Nun könnte man auf den mit großem Trommelwirbel angekündigten mittelständischen Wachstumsfonds in Höhe von 30 Millionen Euro verweisen, von dem man sich sicher nicht zuletzt auch positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt erhofft. Ich will gerne mithoffen, das Spektakel verstehe ich nur nicht. Es handelt sich bei diesem angeblich neuen Fördertopf doch um nichts anderes als den bereits in der Fachregierungserklärung des SMWA am 16.10.2003 angekündigten Fonds zur Stärkung der Eigenkapitalausstattung von Wachstumsunternehmen mit einer versprochenen Höhe von 30 Millionen Euro. Dieser Fonds ist dann 2004 von der alten Staatsregierung mit einer tatsächlichen Höhe von 20 Millionen Euro geplant worden und durch die Koalitionsvereinbarung – alle Ehren den Koalitionären, die es verhandelt haben – wird die Maßnahme nur in dem Umfang verwirklicht, wie sie eigentlich bereits 2003 zugesagt wurde. Also: Aus drei mach zwei, aus zwei mach drei – das ist die ganze Zauberei.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Moment, nein, es ist ja nur die halbe. Neben dem Nennen der Summe muss man ja auch noch das Geld herbeizaubern und im Einzelplan 07 ist der Mittelstandsfonds dargestellt. Die Zuführungen pro Jahr betragen 3,75 Millionen Euro, verteilt auf die Jahre 2005 bis 2008. Die eingestellten Mittel sind reine EU-Strukturfondsmittel. Die Gesamtsumme daraus beträgt 15 Millionen Euro. Die Gesamtsumme von 30 Millionen Euro soll durch das Engagement mehrerer sächsischer Sparkassen und der Sachsen LB aufgebracht werden.

Das bedeutet: Im Mittelstandsfonds des Freistaates Sachsen befindet sich kein einziger Euro eigener Landesmittel. Fazit: Die angekündigte Mittelstandsförderung der Staatsregierung ist praktisch fremdfinanziert – das ist nicht schlimm –, allerdings nicht auf die günstigste Art und Weise; ich verweise auf den Venture-Capital-Fonds. Seit gut anderthalb Jahren wird dieser Fonds medienträchtig vermarktet, ohne dass bisher ein einziges Mittelstandsunternehmen auch nur einen einzigen Euro gesehen hätte. Und nach wie vor fehlt die Genehmigung der EU für die Konstruktion dieses Fonds; der Arbeitsmarkt muss warten, der Mittelstand auch. Nicht zu warten auf Zuschüsse brauchen dafür die öffentlich-rechtlichen und privaten Unternehmen, an denen der Freistaat beteiligt ist. Am Einzelplan 15 Allgemeine Finanzzuweisungen wird dies deutlich. Für Zuschüsse an Beteiligungen an öffentlich-rechtlich und privat organisierten Unternehmen des Freistaates werden immerhin 400 Millionen Euro eingeplant. Das ist ja gar nicht schlecht, aber im Einzelplan 15 finde ich dann die einmalige Investpauschale für Kommunen, und da lese ich nicht 400 oder 500 Millionen Euro, da lese ich 50 Millionen Euro. Das heißt, die Zuschüsse des Freistaates für seine Beteiligungen sind achtmal so hoch wie der Zuschuss für die Kommunen zur Entwicklung der Infrastruktur. So sieht die Verteilungsgerechtigkeit der Solidarpaktmittel durch die CDU/SPD-Koalitionsregierung aus – sachsengerecht; offensichtlich eine besondere Version von Gerechtigkeit.

(Beifall bei der PDS)

Die PDS hingegen wird Sachsen gerecht werden und das zu korrigieren versuchen mit einem Antrag zur dauerhaften Einrichtung einer Investitionspauschale für die Kommunen in Höhe von 245 Millionen Euro pro Jahr aus den Solidarpaktmitteln.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Damit können weit mehr Arbeitsplätze entstehen als mit der DHL am Flughafen Leipzig – obwohl ich auch diese Arbeitsplätze nicht verachten will. Dass sie freilich auf Kosten des Nachtschlafs nicht weniger Menschen in der Region entstehen, darf auch nicht verschwiegen werden. Aber wie sagt der Volksmund, Herr Lehmann: In der Not frisst der Teufel Fliegen. Mögen dem Teufel die Fliegen munden und vielleicht noch wie die gebackenen Tauben im Schlaraffenland von selbst in den Mund fliegen – in Sachsen muss der normale Mann und die normale Frau um das Meiste schon betteln: betteln um Arbeit, betteln um die Genehmigung einer Baulichkeit einer Kleinkläranlage, betteln um Hilfe zum Lebensunterhalt, betteln um Sozialgeld, betteln um den Erhalt von Schulen, Theatern und Kultureinrichtungen – überhaupt betteln um Fördergelder. Die schlimmste und immer noch zunehmende Last aber, die auf uns in Sachsen liegt, ist die Bürokratie im Förderwesen oder – anders ausgedrückt – eben die hohe Schule des Bettelns. Über 250 Förderrichtlinien – die Mehrheit ist undurchsichtig, gespeist aus verschiedenen Titeln des Landeshaushaltes – riefen nicht nur eine mächtige öffentliche und private Beratungsindustrie in Sachsen hervor – das schafft ja noch Arbeitsplätze –, sondern

auch Riesenfrust der Zuwendungssuchenden. „Die im Dunkeln sieht man nicht“ – beispielsweise Umwelt- und Naturschutzgruppen, die bei der Sächsischen Stiftung für Natur und Umwelt um wenige hundert Euro betteln. Zeit ist da, Geld fehlt. Und so wird ehrenamtlich ein Aufwand für die Antragstellung und Nachweisführung geleistet, der die Fördersumme oft um ein Vielfaches übersteigt. Und wehe, das Logo der Stiftung als Förderer hat auf Plakaten oder Handzetteln gefehlt – dann droht Abzug. Wer so fördert, fördert Unbehagen, Desinteresse und vor allem eines: Vetternwirtschaft und Korruption. Er fördert ohne ganzheitliches Konzept und verliert den Überblick.