Protokoll der Sitzung vom 07.11.2007

Ich frage die Kollegen der FDP-Fraktion, ob sie noch das Schlusswort halten wollen. – Dann rufe ich jetzt das Schlusswort auf. Bitte schön, Herr Abg. Schmalfuß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte namens der FDP-Fraktion Frau Staatsministerin Stange für die sachliche Auseinandersetzung mit unserem Antrag danken. Die anderen Fraktionen hätten sich daran ein Beispiel nehmen sollen.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich auf zwei Beiträge von Kollegen eingehen. Herr Hermsdorfer, Sie sagten – ich zitiere: „Wir entscheiden hier im Landtag auf der Grundlage von Fraktionszugehörigkeit.“ Das mag für die CDU-Fraktion gelten, für unsere Fraktion gilt das nicht. Sie sind herzlich aufgefordert, in Ihrer Fraktion die Abstimmung über den heutigen Antrag freizugeben, damit jeder nach seinem Gewissen agieren kann.

(Beifall bei der FDP)

Frau Werner, das Embryonenschutzgesetz tasten wir nicht an. Es geht nicht um die Produktion von „Forschungsembryonen“, wie Sie es gesagt haben, sondern es geht darum, dass deutsche Wissenschaftler Zugang zu internationalen Stammzelllinien bekommen.

(Zuruf der Abg. Heike Werner, Linksfraktion)

Es sind keine Standortargumente, die wir hier austauschen, sondern der Antrag der FDP-Fraktion ist von ethischen Aspekten und der Verpflichtung gegenüber Kranken getragen. Dazu möchte ich einiges ergänzen. Wir haben eine moralische Verpflichtung, alle Chancen auf Therapie und Heilung von Kranken zu nutzen, vor allen Dingen eine Verpflichtung gegenüber denjenigen, die erkrankt sind, und deren Angehörigen und Freunden, die um sie bangen.

(Beifall bei der FDP)

Ich hoffe, dass niemand in diesem Hohen Haus in der Situation ist, Medikamente nehmen zu müssen, die auf der Grundlage von Forschungsergebnissen mit embryonalen Stammzelllinien hergestellt wurden, die vielleicht in den Jahren 2004/2005 gewonnen worden sind, um geheilt zu werden. Ich glaube, jeder von Ihnen würde diese Medikamente nehmen, wenn er nur die geringste Chance hätte, zu gesunden.

Insofern ist die heutige Diskussion auf der einen Seite von ethischen Aspekten geprägt, was embryonale Stammzellforschung betrifft, auf der anderen Seite aber auch von der moralischen Verpflichtung, die wir als Politiker haben, alle Möglichkeiten zu nutzen, um Erkrankte zu heilen.

Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie um Zustimmung zum Antrag der FDP-Fraktion im Interesse von Heilungschancen Erkrankter und im Interesse des Wissenschaftsstandortes Sachsen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 4/10180, zur Abstimmung. Wer stimmt dem Antrag zu? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei wenigen Stimmen dafür und einer großen Anzahl dagegen ist der Antrag abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt 12 ist beendet.

Erklärung zu Protokoll

Es ist unbestritten, dass die Stammzellforschung das Potenzial zu einer Zukunftstechnologie hat. Es ist auch unbestritten, dass sich allein das medizinische Potenzial dieser Forschung schon in absehbarer Zeit segensreich auswirken und als echter Fortschritt in der Heilkunde erweisen könnte. Trotzdem kann ich nicht verhehlen, dass die NPD-Fraktion beim Antrag

der FDP Bedenken hat – und zwar sowohl wegen der Sache selbst als auch mit Blick auf die Antragstellerin.

Man könnte es hier mit Goethe halten und sagen: „Man merkt die Absicht und ist verstimmt.“ Aber: Es beschleicht einen das ungute Gefühl, dass es sich für die Liberalen wieder einmal um so eine Art Einstiegsdroge handelt – nach dem Motto: Erst der kleine Finger und dann die ganze Hand. Wir haben diese Salamitaktik zum

Beispiel bei der Diskussion um das Ladenöffnungsgesetz erlebt.

Es gibt nun einmal in der Politik Themen, da spielen nicht nur sachliche Erwägungen hinein, sondern da ist man gefordert, eine grundsätzliche Position zu beziehen. Der Schutz und die Integrität des Lebens ist für die NPD ein Höchstwert, bei dem es für uns wenig zu diskutieren und zu verhandeln gibt. Wir lehnen es ab, dass – aus welchen Gründen heraus auch immer – menschliches Zellmaterial vorsätzlich zu Forschungs- und Therapiezwecken gezüchtet wird. Auch eine entsprechende Forschungs-Infrastruktur wollen wir weder in Sachsen noch in Deutschland haben.

Es mag ja sein, dass die Menschheit vielleicht in 50 oder 100 Jahren nicht nur Stammzellforschung, sondern auch Stammzellproduktion, vielleicht sogar die industriemäßige Produktion von Embryonen betreiben wird – eine außerordentlich beängstigende Vorstellung. Als NPDFraktion wollen wir uns nicht zum Schrittmacher einer solchen Entwicklung machen, und wir wollen auch keine entsprechende Propagierung dieser Dinge.

Ein wenig verspüren wir diese Tendenz im vorliegenden Antrag der FDP. Die Wortwahl ist etwas verräterisch,

wenn Sie da zum Beispiel fordern, das Thema „Stammzellforschung“ – Zitat – „in den Schulunterricht einzubinden sowie offensiv damit zu werben, dass sich der Freistaat der Stammzellforschung gegenüber aufgeschlossen zeigt“. Da hört man die ultraliberale Propaganda- und Infiltrationsmühle heraus. Das ist liberale Ideologie, die auf die Menschen und insbesondere auf die Schüler losgelassen werden soll.

Im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von der FDP, halten wir von der NPD-Fraktion auch die derzeit noch geltenden gesetzlichen Regelungen, die der Stammzellforschung in der BRD enge Grenzen setzen, für angemessen und richtig. Die „Sächsische Zeitung“ hatte letzte Woche, in ihrer Ausgabe vom 1. November, eine Schlagzeile – Zitat –: „Muss ein neues Stammzellgesetz her?“ Die FDP mag diese Frage bejahen. Die NPDFraktion hält die geltenden Restriktionen in der BRD für durchaus richtig, auch wenn zahlreiche Staaten inzwischen anders mit dem Thema umgehen.

Daher lehnt die NPD-Fraktion diesen Antrag der FDP ab.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 13

Erhalt des Welterbetitels „Dresdner Elbtal“

Drucksache 4/10184, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ich erteile der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort, Frau Hermenau, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! All diejenigen, die jetzt eine Verkehrsdebatte erwarten und sich darauf vorbereitet haben, können ihr Manuskript weglegen. Heute geht es nicht um Verkehr, sondern um Kultur, und zwar um den Erhalt des Welterbetitels „Dresdner Elbtal“.

Wir hätten diesen Tagesordnungspunkt nicht noch einmal beantragt, denn wir haben im Landtag schon des Öfteren versucht, Sie davon zu überzeugen, dass es eigentlich eine landespolitische Aufgabe ist. Aber nachdem nun der Ministerpräsident vor einigen Wochen prominenten Dresdnern einen Gesprächstermin eingeräumt hat, haben wir feststellen können – zumindest in der medialen Spiegelung –, dass es in diesem Land eine neue Lage gibt. Die neue Lage heißt: Der Ministerpräsident hat sich dazu bekannt, den Welterbetitel erhalten zu wollen. Das ist eine neue Lage, wie Sie sie in jedem Plenarprotokoll nachlesen und vergleichen können.

Es schwingt ein wenig mit, dass der Verlust des Titels keine lokale Angelegenheit, sondern eine internationale Dummheit und eine bundespolitische Narretei ist. Das Fazit des Bürgergesprächs mit dem Ministerpräsidenten fasse ich für jeden verständlich kurz zusammen: Erstens, Herr Sagurna ist zurück, die Kommunikation ändert sich,

der Stil wird besser. Zweitens, der Ministerpräsident ist der alte, in der Sache ändert sich nämlich nichts.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Die Scheintätigkeit, die medial ein wenig gespielt wurde, endet zum Beispiel in einem ernst gemeinten Angebot von schlanken Brückenfüßen. Das ist provinziell und meiner Meinung nach gegenüber der UNESCO sogar frech. Eine Elbquerung wird es geben. Das wissen auch die GRÜNEN im Sächsischen Landtag und im Stadtrat von Dresden. Das ist nicht das Problem. Ich selbst habe bei der Tunnelinitiative Dresdner Bürger unterschrieben, weil ich der Meinung bin, dass man einen Kompromiss auch wirklich tragen muss – von beiden Seiten.

Wir haben Ihren Änderungsantrag gelesen. Wenn Sie den dritten Punkt unseres Antrages, der deutlich macht, alle Alternativen einer Elbquerung, das heißt ausdrücklich auch einen Tunnel zu prüfen,

(Beifall bei den GRÜNEN)

ablehnen wollen, dann ist mir klar, dass Ihre verklausulierten „Spielräume im Rahmen des Rechtes“ heißen: Planfeststellungsbeschluss mit schlanken Brückenfüßen, also ohne Tunnel.

(Zuruf von der CDU)

Unser Antrag ist auch im Tonfall anders. Wir finden es schon angemessen, dass der Landtag das Engagement der Bürgerinnen und Bürger würdigt, die sich für den Erhalt des Welterbetitels einsetzen – im Gegensatz zum Ministerpräsidenten bis letzten Monat.

(Beifall der Abg. Regina Schulz, Linksfraktion)

Ich bin der Auffassung, dass der Tunnel die einzige Alternative in der Verkehrsquerung Elbe ist, der den Erhalt des Welterbetitels garantieren kann. Eine Brücke mit dicken oder mit schlanken Füßen kann das nicht garantieren. Jeder, der hineinschaut, weiß das.

Ich sage es noch einmal, auch vor dem ungewissen Ausgang, was nächste Woche beim Oberverwaltungsgericht Bautzen herauskommen wird: Es kann auch sein, dass es ein Aus für die gesamte Baumaßnahme gibt. Ich bin dafür, den Kompromiss zu leben, und habe deshalb bei der Tunnelinitiative unterschrieben. Spätestens dann, wenn sich abzeichnet, dass die UNESCO nur eine solche Variante als welterbeverträglich einstuft, muss der Tunnel die erste Wahl sein.

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Wenn Sie diesen Tunnel von vornherein ausschließen, dann war es das und wir haben wieder ein Lippenbekenntnis und Scheintätigkeit. Wer den Titel für Dresden, also für Sachsen wirklich erhalten will, der darf sich der Alternative Tunnel nicht grundsätzlich verweigern. Ihr Antrag macht das.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das müssen Sie sich, liebe Genossinnen und Genossen der SPD, gut überlegen, wenn Sie diesen Koalitionsantrag mittragen. Dieser Antrag verhindert, dem Tunnel den Vorzug zu geben, wenn die Brücke nicht ausreicht, und das, obwohl Bundesminister Tiefensee – auch SPD, sogar Sachsen SPD – und Herr Thierse sich so sehr in Richtung Erhalt engagiert haben.

Ich werde mich mit Ihrem Änderungsantrag später noch etwas ausführlicher befassen. Ich freue mich erst einmal auf Ihre Erwiderung.

(Beifall bei den GRÜNEN)