Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe jetzt eine etwas schwierige Aufgabe, und zwar werde ich die Fraktionsmeinung wiedergeben. Wir sind uns in der Fraktionssitzung einig gewesen, dass wir uns nicht einig sind. Ich nutze den Luxus einer Oppositionsfraktion, um zu verkünden, dass wir unterschiedlich abstimmen werden.
Wir haben auf der einen Seite diejenigen, die ehrenhaft gegen die Änderung der Gesetzesvorschläge diskutieren. Richtig ist, dass die wirtschaftliche Freiheit der Stadt Chemnitz nicht beeinflusst werden soll, dass hier ein Lex Chemnitz geschaffen wird, dass wir in der Anhörung vom Referenten Prof. Dr. Kühling große Bedenken gehört haben, die man nachvollziehen kann, was den Begriff „Wasser“ mit Warenverkehrsfreiheit in Verbindung bringt – wo auch ich große Bedenken habe –, und dass das EURecht Wasser als Ware betrachtet.
In der Diskussion zu Chemnitz muss man sehen, dass es logisch ist, dass Chemnitzer Abgeordnete sagen: Wir
sprechen uns für die Chemnitzer Stadtwerke aus. Auf der anderen Seite gab es die Diskussion, was heute schon des Öfteren erwähnt wurde, dass wir die Einheit der Zweckverbände beibehalten wollen und darauf achten sollten, dass es möglichst niedrige Wasserpreise für alle gibt und ein Ausscheren von Chemnitz für die anderen wiederum eine Erhöhung des Wasserbezugspreises bedeuten würde.
Meine eigene Meinung ist nun ein Stück abweichend. Ich persönlich werde dem Koalitionsentwurf zustimmen, aber ich möchte noch auf etwas hinweisen: Ich bin selbst Mitglied einer privaten Wassergesellschaft, die sehr ortsnah, richtig ortsnah Wasserwirtschaft betreibt. Für uns ist es anders herum: Für uns ist das Wasser, das über den Zweckverband, über die ETW kommt, Fernwasser.
Deshalb möchte ich den Minister bitten, private Wassergesellschaften und Brunnenbetreiber etwas anders zu behandeln und zu sagen: Wir betrachten das auch als richtig ortsnah. Für uns ist es zum Beispiel so, dass das Wasser, das wir zum Beispiel als Teil der Rauschenbachtalsperre erhalten, tschechisches Wasser ist, was über die Flöha die Rauschenbachtalsperre füllt. Also so ganz einfach ist die Sache nicht. Ich bitte einfach um etwas mehr Zugang zu privaten Wasserbetreibern.
Ansonsten, kann ich sagen, werden Sie sehen, wer von unserer Fraktion da ist und wie wir alle gemeinsam unterschiedlich abstimmen werden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einige wenige Punkte aus den bisherigen Diskussionsbeiträgen aufnehmen. Es ist ja bekannt, dass, seit es die Erde gibt, Wasser auf der Erde ist. Das Wasser braucht den Menschen nicht, aber der Mensch kann keinen Tag ohne Wasser auskommen. Deshalb müssen wir als Abgeordnete, als Landesparlament und Landesgesetzgeber gerade mit diesem Thema sehr, sehr sorgfältig umgehen. Weil das Wasser eben unser wichtigstes Lebensmittel ist, wird es zu Recht durch öffentlich-rechtliche Vorgaben der freien Verfügbarkeit des Marktes entzogen.
Das staatliche Wasserregime auf der Grundlage der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zielt gerade auf die Erhaltung der Voraussetzungen für die gesellschaftlich unabdingbare Daseinsvorsorge, also die zuverlässige Versorgung mit Trinkwasser in Lebensmittelqualität zu sozialverträglichen Preisen ab. Wasser hat eben nicht – wie auch Sachverständige in der Anhörung gesagt haben, insbesondere der von der FDP-Fraktion benannte – die Eigenschaft einer Handelsware. Warenverkehrsfreiheit, Herr Günther, ist europäisches Recht, aber die Liberalisie
rung per Durchleitung hat das Europäische Parlament abgelehnt. Das müssen wir deutlich auseinanderhalten.
Es existiert für Wasser in unseren Verbundsystemen kein Fernwassermarkt, deshalb gibt es auch keine Marktmechanismen ähnlich dem Strommarkt, wo es Netzbetreiber und Durchleitungsrechte für Mitbewerber gibt. Die involvierten Aufgabenträger haben kein beliebiges, frei zu variierendes Bestell- und Bezugsrecht. Sie sind Mitglieder eines Zweckverbandes und das trifft auch auf die Stadt Chemnitz zu. Andere Marktteilnehmer kann es nicht geben. Es gibt keinen Markt, weil die Wasserversorgung nach § 57 Sächsisches Wassergesetz eine originäre Pflichtaufgabe der Kommunen ist. Das will ich noch einmal ausdrücklich festhalten.
Nun zu Ihnen, Herr Zais. Sie sprachen von der Privatisierungswut der CDU. Gerade beim Trinkwasser haben wir sehr sorgfältig darauf geachtet, Sie erinnern sich vielleicht – Sie hören nicht zu, aber ich sage es trotzdem –: Der § 63 Abs. 4 des Sächsischen Wassergesetzes sieht prinzipiell die Möglichkeit der Pflichtenübertragung vor. Aber bisher haben wir diese Möglichkeit nie durch eine entsprechende Verordnung untersetzt, und das aus gutem Grunde.
Richtig ist, dass der Wasserpreis sozialverträglich sein muss und dass wir darauf achten, dass er auch nicht durch Quasi-Monopolisten, wie gesagt worden ist, künstlich hoch gehalten wird. Nur, das Argument, höhere Rohwasserpreise in Sachsen trieben den Wasserpreis hoch, zieht ja gerade nicht. Wenn ich vergleiche, dass der Rohwasserpreis in Thüringen, subventioniert aus dem Landeshaushalt, eben nur 16 Cent zu 23 Cent in Sachsen beträgt, und die Trinkwasserpreise gegenüberstelle, die ich mir gestern für Weimar, Erfurt und Gera aus dem Internet geholt habe, zeigt sich, dass diese höher als in Chemnitz sind. – Das zu diesem Argument.
Wenn schon der Rohwasserpreis mit Landesmitteln durch Austarierung des Haushaltes der Landestalsperrenverwaltung abgesenkt werden soll, dann darf das nur mit dem Ziel geschehen, dass diese Absenkung beim Verbraucher ankommen muss und nicht am Ende die Ertragssituation der Anteilseigner verbessern hilft.
Lassen Sie mich zuletzt noch ein Wort als Wahlkreisabgeordnete eines Versorgungsgebietes sagen, das, würden die Pläne der Stadt Chemnitz umgesetzt, in Form höherer Preise Nachteile zu erleiden hätte, wie das auch in anderen Regionen Sachsens der Fall wäre, die durch eine andere Preisstruktur beim Fernwasserverbund Südwestsachsen die Ausfälle aus dem Nichtverkauf eines Viertels der vorgehaltenen Menge der Fernwasserversorgung Südwestsachsen tragen müssten.
Wir haben – und hier spreche ich wieder als Landespolitikerin – bei der Trinkwasserversorgung insgesamt den Blick auf größere Räume als einzelne Versorgungssysteme zu richten. Wir dürfen nicht nur auf eine Stadt achten. Unsere Pflicht ist es vielmehr, dafür zu sorgen, dass das
freie Spiel der Marktkräfte bei der Trinkwasserversorgung dort aufhören muss, wo es mehr Verlierer als Gewinner gibt. Dazu sind wir verpflichtet. In diesem Sinne ist es auch hinsichtlich der notwendig werdenden technischen Anpassungen an Veränderungen – wie Klima, schrumpfende Bevölkerungszahlen und steigende Energiekosten – unverzichtbar, gerade unsere kommunalen Aufgabenträger bei der Modernisierung ihrer Versorgungsstrukturen hin zu mehr Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen. Dem soll der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen in erster Linie dienen.
Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Herr Minister Prof. Wöller, bitte.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir heute eine sehr konstruktive Diskussion im Umweltausschuss zum Sächsischen Wassergesetz abschließen.
Erstens. Wir brauchen Rechtssicherheit bei der öffentlichen Wasserversorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger. Das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes schreibt bereits vor, dass für die öffentliche Wasserversorgung vorrangig ortsnahe Wasservorkommen zu nutzen sind. Mit der Änderung des Sächsischen Wassergesetzes folgen wir diesem Grundsatz. Gleichzeitig konkretisieren wir Vorgaben, bei denen von diesem Grundsatz abgewichen werden darf.
Zweitens. Bei Entscheidungen über die Nutzung von Wasservorkommen ist eine Vielzahl zum Teil widerstreitender Interessen wirtschaftlicher, ökologischer, gesundheitlicher, planerischer und versorgungstechnischer Art zu berücksichtigen. So ist es gerechtfertigt, ja sogar geboten, dass der Gesetzgeber Leitlinien für diese Abwägungen vorgibt.
Drittens. Wasser – das ist in der Diskussion schon zum Ausdruck gekommen – ist ein besonderes Gut. Es ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt und entsprechend behandelt werden muss. Trinkwasser muss für jeden Bürger in unserem Land in hoher Qualität verfügbar und bezahlbar bleiben.
Dafür steht die Sächsische Staatsregierung. Wir haben dazu in den letzten Jahren mit erheblichen öffentlichen Mitteln ein Fernwasserverbundsystem saniert, auf das landesweit gut ein Drittel unserer Einwohner angewiesen ist. Sie werden zuverlässig Tag für Tag mit hochwertigem Trinkwasser versorgt. Auch in Krisensituationen wie
Hochwasser oder anhaltenden Trockenperioden ist die Wasserversorgung garantiert. Auf diesen Verbund der 23 Trinkwassertalsperren mit den bestehenden Fernwasserleitungen können wir zu Recht stolz sein.
Dieser so geschaffene Solidarverband darf nicht durch kommunale Egoismen und wirtschaftliche Interessen großer Versorgungsunternehmen gefährdet werden.
Trinkwasser kann nur dann so dauerhaft in einwandfreier Qualität und zu sozial adäquaten Preisen zur Verfügung gestellt werden, wenn die Wasserabgabe der bestehenden Systeme nicht durch die Nutzung ortsferner Wasservorkommen und den Aufbau von Überkapazitäten in Sachsen substanziell reduziert wird. Steigen bisherige Abnehmer aus dem Solidarverbund aus, wird weniger Wasser abgenommen. Die Preise der verbleibenden Abnehmer steigen, da die fixen Kosten, die ja gleich bleiben, auf eine dann reduzierte Menge verteilt werden. Wie in der Sachverständigenanhörung überzeugend dargestellt wurde, führt eine Verringerung der Abgabemenge gleichzeitig zu erheblichen Beeinträchtigungen der Wassergüte und damit zu Gefährdungen des Gesundheitsschutzes.
Funktionierende Wasserverbundsysteme sind auch Teil unserer Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels. Es liegt daher im Interesse aller, dass die bestehenden Verbundsysteme gesichert und gestärkt werden.
Diesen drei von mir genannten Anliegen – der Schaffung von Rechtssicherheit, der Erstellung von Leitlinien bei widerstreitenden Interessen und der Daseinsvorsorge –, trägt nur der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen Rechnung. Dafür bitte ich Sie schon jetzt um Ihre Zustimmung.
Meine Damen und Herren! In der Anhörung der Sachverständigen im Umweltausschuss wurde auch die Senkung der Rohwasserpreise der Landestalsperrenverwaltung angesprochen. Obwohl das Thema bereits Gegenstand der Debatte im Landtag war und die Sächsische Staatsregierung dazu schon einen Bericht verfasst hat, greife ich das Thema gern noch einmal auf.
Nach aktueller Auswertung anhand der Rohwasserabgaben im Jahr 2006 beträgt der Kubikmeterpreis für das Rohwasser aus den Trinkwassertalsperren im Regierungsbezirk Chemnitz zurzeit rund 19 Cent. Im Regierungsbezirk Dresden sind es aufgrund der besseren Kapazitätsauslastung sogar nur rund 15 Cent pro Kubikmeter. Die Abnehmer des Zweckverbandes „Fernwasser Südsachsen“ zahlen für fertig aufbereitetes Trinkwasser circa 60 Cent pro Kubikmeter. Demgegenüber beträgt der Preis nach eigenen Angaben der Stadtwerke Chemnitz für den Endabnehmer im Stadtgebiet Chemnitz rund 3 Euro. Der Anteil des Rohwasserpreises am Gesamtpreis ist mit weniger als 10 % am geringsten.
Bislang konnte mir noch niemand erklären, wie dieser Preis ausgerechnet durch die Senkung des Rohwasserpreises spürbar verringert werden kann, und ich habe der vorangegangenen Debatte entnommen, dass es den meisten meiner Vorredner ebenso geht. Auch der Vorstand
Insbesondere ist es nicht nachvollziehbar, wie Wasser billiger werden soll, wenn dafür eine Wasserüberleitung mit geschätzten Baukosten in der Größenordnung von 30 bis 40 Millionen Euro errichtet werden muss, meine Damen und Herren.
Zu den bereits sehr hohen fixen Kosten der Wasserversorgung käme das entsprechend noch hinzu. Das heißt, die durchschnittlichen Kosten für Wasser würden sich nicht nur für die Chemnitzer Endverbraucher, sondern auch für alle in diesem Gebiet lebenden Endverbraucher deutlich erhöhen, und das ist eben kein Beitrag zum allgemeinen Wohl.
Meine Damen und Herren! Das von den Rohwasserabnehmern insgesamt zu zahlende Rohwasserentgelt wurde in den letzten zehn Jahren um rund 30 % reduziert. Die Sächsische Staatsregierung hat, wie schon mehrfach berichtet, bereits zahlreiche Maßnahmen zur Stabilisierung und zur Senkung des Rohwasserpreises ergriffen. Weitere Abstimmungen mit dem Finanzministerium laufen. Unser Ziel ist ein Gesamtkonzept, wonach die von den Talsperren zu leistenden Aufgaben weiter optimiert und die dafür anfallenden Kosten zielgerichteter und damit noch gerechter den tatsächlich Bevorteilten, sei es als Nutzer oder als Aufgabenträger, zugeordnet werden. So könnte eine weitere Entgeltreduzierung für die Abnehmer dadurch erreicht werden, dass ein Teil der ungenutzten Rohwasserkapazitäten in den Trinkwassertalsperren nicht dem einzelnen Nutzer oder einer Gruppe von Nutzern angelastet wird.
Ach, das Volksgemurmel. Dann bitte ich, etwas mehr auf Ruhe zu achten, damit der Minister seine Rede fortsetzen kann.