Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

(Staatsminister Thomas Jurk: Die bekommen Sie auf den Tisch!)

Das geht nur über den Untersuchungsausschuss.

Herr Jurk, dass Sie das Bedürfnis haben, sich zu verteidigen, verstehe ich. Sie sitzen im Kreditausschuss. Wir brauchen gar nicht weiter darüber zu sprechen, denn es geht eigentlich darum,

(Staatsminister Thomas Jurk: Es geht nicht, dass Sie mir das Wort im Mund umdrehen!)

dass man nur, wenn man die Protokolle sieht, sehen kann, ob es eine Verschleierungsabsicht oder vielleicht Leute im

Kreditausschuss gegeben hat – ich zitiere einmal Karl Nolle von der SPD –, die sich dort mit Lachsbrötchen haben bewerfen lassen, egal, von welcher Partei, lieber Kollege Nolle. Man muss einmal sehen, wie das gewesen ist.

So oder so. Wenn Sie sich die Person des Herrn Süß ansehen, der, nachdem Fuchs und Weiss weggegangen worden sind, die Funktion übernommen hat, dann sehen Sie, dass das ein Mensch ist, der ein guter alter, vielleicht auch solider Sparkassenhäuptling ist. Dass er das Dubliner Geschäft von Fuchs und Weiss übernommen und zu neuen Blüten getrieben haben soll, ist unglaubhaft. Das Geschäft ist im Winter 2005, im Sommer 2006 und im Winter 2006 noch einmal aufgeplustert worden. Das heißt, es muss jemand anderen gegeben haben, der diese außerfinanziellen Dublin-Geschäfte gesteuert hat. Das kann Herr Süß nicht gewesen sein. Wenn es Herr Jurk im Kreditausschuss auch nicht gewesen ist, dann wird es eine richtig enge Frage: Wer war es? Es kann eigentlich nur der Ministerpräsident selbst gewesen sein.

Wir werden ja, wenn die Protokolle auf dem Tisch liegen, sehen, wie es gewesen ist. Das wird in den nächsten Tagen und Wochen noch einmal außerordentlich spannend werden.

Für mich ist entscheidend: Sie haben das Parlament bewusst getäuscht, indem Sie die außerfinanziellen Geschäfte der Dublin-Tochter im Unterausschuss 2005 nicht auf den Tisch gelegt haben. Die einzelnen kleinen Nebensätze auf den vielen Seiten, die in den Protokollen des Unterausschusses vermerkt sind, sind zum Geschäftsmodell nicht aussagekräftig genug. Ich habe das nachgelesen.

Vor diesem Hintergrund bin ich außerordentlich froh, dass wir diesen Untersuchungsausschuss als Instrument haben, um diesen Fragen noch einmal im Detail nachzugehen, denn ganz am Ende steht wirklich die Frage: Wer hat denn, nachdem wir im Frühjahr 2005 sehr kritisch aus den Reihen des Parlamentes gesagt haben, das Geschäftsmodell der Sachsen LB ist hoch riskant, dazu beigetragen und verantwortet, dass es nicht nur weiterging, sondern im Gegenteil sogar noch aufgeplustert worden ist, um schließlich mit dem verheerenden Schaden einzulaufen, wie es im Laufe des letzten Jahres passiert ist?

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Ich erteile das Wort der Fraktion der CDU; Herr Prof. Schneider, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausgehend von der Präsidiumssitzung am vergangenen Donnerstag, in der unser Fraktionsvorsitzender verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ursprungsantrag vorgetragen und zugleich einen Vorschlag vorgelegt hat, haben die Antragsteller eine überarbeitete Neufassung eingereicht. Diese Neufassung bewegt sich innerhalb des verfassungsmäßigen

Rahmens. Das ist gut so und das begrüßen wir ausdrücklich.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Uns geht es um die Sache. Daher werden die Koalitionsfraktionen der Neufassung des Antrages auf Erweiterung des Untersuchungsauftrages des 1. Untersuchungsausschusses nicht widersprechen. Wir werden zustimmen, weil wir eine objektive Aufarbeitung wollen.

Hier unterscheiden wir uns schon von Ihnen, Herr Dr. Hahn, gerade unter dem Eindruck des soeben Gehörten. Und Frau Hermenau, wir operieren auch nicht mit Unterstellungen hier im Plenum. Das ist nicht an der Sache orientiert.

Meine Damen und Herren! Wir sind an einer objektiven Aufarbeitung der Gründe, der Ursachen und der Umstände, aber natürlich auch der Verantwortung in den jeweiligen Bereichen interessiert. Das haben wir, meine Damen und Herren, in der Plenardebatte im Dezember 2007 hier so geäußert. Es existiert auch ein Schreiben unseres Fraktionsvorsitzenden vom 20. September 2007 an Sie, Frau Hermenau.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das haben Sie jetzt gerade bestätigt, und wir haben es genauso angekündigt.

Also, meine Damen und Herren, wir werden dem Antrag zustimmen. Wir wollen eine objektive Aufarbeitung.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Gunther Hatzsch, SPD)

Ich erteile das Wort der Fraktion der SPD. Wird das gewünscht? – Ja. Herr Bräunig, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe als Mitglied des 2. Untersuchungsausschusses und auch als Mitglied des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses noch ganz gut die Aufregungen des letzten Sommers in Erinnerung; Sie sicherlich auch. Was gab es da nicht alles?! Sondersitzungen des Landtages, daran anschließend Sondersitzungen des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses, in denen wir stundenlang debattiert, gestritten, gerungen, argumentiert haben über Minderheitenrechte, über inhaltliche und sprachliche Ausgestaltungen eines solchen Untersuchungsauftrages. Es war beinahe zu befürchten oder es sah zumindest so aus, als ob wir diesen Weg jetzt auch in diesem Fall wieder hätten gehen müssen. Aber der überarbeitete Antrag zeigt, dass offensichtlich die Bemühungen all derjenigen, die zunächst nicht einen 3. Untersuchungsausschuss wollten, weil dieser letztlich den Landtag auch an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit gebracht hätte, Erfolg hatten, und zweitens natürlich auch der Wunsch besteht, eine möglichst zügige Klärung dieser Fragen herbeizuführen.

Dass diese Bestrebungen erfolgreich waren, das freut mich, das freut meine Fraktion. Deshalb werden wir diesem Erweiterungsantrag auch unsere Zustimmung geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile das Wort der Fraktion der NPD. Herr Dr. Müller, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem heutigen Tag kommt eine entscheidende Bedeutung für die Arbeit des Untersuchungsausschusses zur sächsischen Landesbank und damit zur Aufklärung des folgenreichsten finanzpolitischen Skandals, den es seit der Wiedergründung des Freistaates Sachsen im Jahre 1990 gegeben hat, zu.

Eines ist klar: Wenn heute eine Erweiterung des Untersuchungsauftrages abgelehnt wird, wonach es ja jetzt glücklicherweise nicht mehr aussieht, aber was vorher zu erwarten war, dann würden ausgerechnet die Schlüsselzeugen zur Aufklärung des Landesbankenskandals wie der Ministerpräsident oder der Kanzleramtsminister de Maizière unter Berufung auf einen angeblich zu kurz gefassten Untersuchungsauftrag gerade zu den entscheidenden Fragen die Aussage verweigern können.

Aber auch bei Annahme des Antrages kann ich der Linksfraktion, die das nötige Quorum dafür hat, nur empfehlen, dringlichst eine Sondersitzung des 1. Untersuchungsausschusses zu beantragen, um die bereits zugestellten Ladungen um diese Punkte zu erweitern.

Man muss wahrlich kein Prophet sein, um die Voraussage, dass die Aussage sonst verweigert wird, zu treffen. Denn in den letzten Wochen hat der Ministerpräsident schon klar gezeigt, welches seine Reaktion auf den katastrophalen Scherbenhaufen, den er bei der Landesbank angerichtet hat, sein wird, nämlich eine Flucht aus der Verantwortung und ein geradezu absurdes Ableugnen seines eigenen großen Schuldanteils bei einer der schlimmsten Bankenpleiten, die es seit Bestehen der Bundesrepublik gegeben hat.

Das Interview, das der Ministerpräsident dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in der Ausgabe vom 22. Dezember 2007 gegeben hat, ist geradezu ein Musterbeispiel dafür, wie er sich als finanzpolitischer Täter zu einem finanzpolitischen Opfer umzudeuten versucht. Da behauptet Prof. Milbradt doch allen Ernstes, dass die Landesbank, solange er Verwaltungsratsvorsitzender war, nur – ich zitiere – „an ordentlichen Geschäften beteiligt war“. Ganz so, als ob nicht er persönlich es gewesen wäre, der die Landesbank in der berühmten Strategiediskussion der Jahre 2000/2001 auf den Katastrophenkurs der internationalen Kapitalmarktorientierung gezwungen hätte, und zwar gegen den Widerstand und den ausdrücklichen Rat seines Gegenspielers im Verwaltungsrat Herrn Eckehard Laible.

Wenn der Ministerpräsident dann noch im weiteren Verlauf des Interviews geradezu den Vogel abschießt und behauptet, dass er nicht die Entscheidung getroffen habe, das Geld auf die internationalen Kapitalmärkte zu geben, dann ist dies nur insofern richtig, als er diese Entscheidung nicht allein getroffen hat, sondern dabei von dem berühmt-berüchtigten „Trio infernale“ Weiss, Fuchs und Braun eingerahmt war, die mittlerweile, zumindest was Weiss und Braun – oder korrekter jetzt zweimal Weiss – betrifft, ihr Leben auf Zypern führen, um sich, wenn nötig, den deutschen Strafermittlungs- und -verfolgungsbehörden entziehen zu können.

Die Aussagen des Ministerpräsidenten im „Spiegel“ sind wahrlich niederschmetternd und seiner Person und seines Amtes nicht würdig, insbesondere da Prof. Milbradt zu den renommiertesten deutschen Finanzwissenschaftlern zählt und deshalb einer der wenigen war, die sehr wohl von dem Risikogehalt der teilweise in der Tat sehr komplexen Geschäfte der Landesbank Ahnung haben mussten.

Eines ist klar: Die Wirtschaftsprüfer, die momentan in Leipzig und Dublin fieberhaft an der Arbeit sind, können nur dazu beitragen, die geschäftspolitische und ökonomische Verantwortung für das Sachsen-LB-Debakel festzustellen. Ein Urteil über die politische Verantwortung kann dagegen nur hier an diesem Ort vom Sächsischen Landtag getroffen werden, nirgendwo sonst. Deshalb brauchen wir die Erweiterung des Untersuchungsauftrages.

Zitat: „Wer die Risiken kannte, muss gehen.“ Das sagte ein Abgeordneter, der für die CDU-Fraktion im Haushalts- und Finanzausschuss sitzt, nämlich Herr Kollege Eggert, und zwar am 28. Dezember 2007 gegenüber der „Sächsischen Zeitung“ mit dem Blick auf den Landesbankskandal.

Auch wenn er jetzt nicht anwesend ist,

(Zuruf: Doch, doch!)

und nur der ehemalige Finanzminister Metz im Raum sitzt, – –

(Zuruf: Nein, er ist anwesend!)

Dann muss ich mich entschuldigen.

Herr Ministerpräsident, ich kann nur erneut an Sie appellieren und Ihnen die dringliche Empfehlung geben: Halten Sie sich an den Rat Ihres Fraktionskollegen!

Nach den Aussagen des Untersuchungsausschusszeugen vom vergangenen Montag, von Herrn Wilsing, müssen Sie alles gewusst haben. Oder aber Sie sind uninformiert, dann haben Sie keine Ordnung in Ihrem Kabinett. Beides sind Gründe für den Rücktritt von Ihrem Posten als Ministerpräsident.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile das Wort der Fraktion der FDP. Herr Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion hatte sich im Sommer vergangenen Jahres für eine Erweiterung des Untersuchungsauftrages ausgesprochen.

Wir hätten uns natürlich lieber gewünscht, dass alle demokratischen Fraktionen bei dieser Erweiterung mitgemacht hätten. In unserem Schreiben an CDU, SPD, LINKE und GRÜNE vom 5. September 2007, also damals beim ersten Teil der Subprime-Krise, hatten wir einen Vorschlag für einen gemeinsamen Antrag gemacht. Leider liegt uns von CDU und SPD bis heute keine Antwort dazu vor. Leider, weil es am Aufklärungsbedarf als solchem fraktionsübergreifend keinen Zweifel gibt und es deshalb möglich sein sollte, hier eben fraktionsübergreifend zu arbeiten.

Herr Dulig und Herr Hähle, an dieser Stelle wäre doch wenigstens ein kleines Antwortschreiben keine Zumutung gewesen.

In den vergangenen Tagen ging es um die Frage, ob die Erweiterung juristisch zulässig ist oder nicht. Das ist bestimmt eine wichtige und richtige Frage, geht aber am Thema vorbei. Ich sehe es eher pragmatisch.