Protokoll der Sitzung vom 10.07.2014

Das Wort für die CDU-Fraktion ergreift Herr Kollege Schreiber.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Dr. Stange, wenn man Ihre Rede hört, könnte man eigentlich auch die Plenarprotokolle der letzten Monate nehmen. Wahrscheinlich basteln Sie Ihre Reden aus Textbausteinen immer und immer wieder zusammen.

(Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Wenn Sie dann die Erwiderungen der Koalitionsfraktionen bzw. der Staatsministerin für Kultus oder manchmal auch der Wissenschaftsministerin, wenn es um Hochschulen geht, danebenlegen, könnten wir uns die Debatte eigentlich sparen, denn Sie haben soeben nichts substanziell Neues beigetragen. Aber ich kann verstehen, wir befinden uns anderthalb Monate vor den Landtagswahlen. Bildung ist ein originäres Landesthema. Alles gar keine Frage. Dass Sie immer und immer wieder ein System schlechtreden, ist anscheinend Ihre Aufgabe als Oppositionsfraktion.

Aber was tun Sie denn eigentlich? Sie reden ein Schulsystem, ein Bildungssystem in Sachsen schlecht, welches bundesweit – und nicht nur bundesweit, sondern über Deutschlands Grenzen hinaus – höchste Anerkennung für das genießt, was hier 20, 25 Jahre lang geleistet worden ist,

(Beifall bei der CDU)

was Lehrerinnen und Lehrer 20, 25 Jahre lang geleistet haben, auch unter manchmal nicht einfachen Bedingungen. Das möchte ich zugeben.

Kommen wir doch einmal dorthin, wo Sie Verantwortung tragen. Da muss ich sagen, eigentlich hätten Sie als SPDPolitikerin, als – ich weiß nicht, ob das noch zutrifft – Vorsitzende der Bildungskommission in der SPD vielleicht einmal Ihre eigene Kultusministerin im Land Berlin in die Mangel nehmen sollen. Wie gestern offensichtlich geworden ist, scheint es in dem Land, in dem seit 2001 die SPD durchgehend regiert und auch den Kultusminister stellt, ähnliche Probleme zu geben, was den Lehrernachwuchs angeht.

Was ist die Antwort der SPD in Berlin darauf? Sie stellt Quereinsteiger ein. Das ist an sich kein Problem. Aber anders als Sachsen stellt das Land Berlin Quereinsteiger ein, die im Vorfeld der Einstellung noch keine Qualifikation haben,

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Das machen Sie auch!)

das machen wir in dem Sinne nicht, Frau Stange, das wissen Sie ganz genau! –, sondern die sich dann irgend

wie berufsbegleitend fortbilden, während sie schon allein vor der Klasse stehen und Unterricht machen.

Das sage ich Ihnen ganz ehrlich, Frau Dr. Stange: Deshalb, weil Ihre eigene Partei genauso Hilferufe von sich gibt, sind Sie keinen Deut besser als das, was Sie hier kritisieren. Also, fangen Sie in Ihrem eigenen Laden an, bevor Sie sich hier hinstellen und alles madig machen und schlechtreden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es ist so – und das will ich nicht verhehlen –, dass wir sicherlich nach 2009 ab einem Zeitpunkt X zu spät eingesehen haben, dass eine riesige Welle auf uns zurollt. Aber – und das ist der Unterschied beispielsweise zu Berlin – wir haben uns alle miteinander an einen Tisch gesetzt und überlegt, was wir machen könnten. Dabei sind ganz interessante und neue Dinge herausgekommen. Es geht ja auch ein Stück weit darum, auszurechnen, was eigentlich passiert ist.

Eines ist klar – das wissen Sie, und das können Sie auch nicht negieren –: Der ungeplante Unterrichtsausfall hat sich jetzt das zweite Schuljahr wieder massiv nach unten bewegt. Das können Sie fünfmal bestreiten, es ist so. Wir haben die Zahl der Referendariatsplätze und der Studienplätze erhöht. Es gibt mittlerweile die Zusatzvereinbarung mit den Universitäten, in der festgelegt ist, dass endlich das ausgebildet wird, was gebraucht wird.

Wir haben den Schulen Flexibilität gegeben, indem wir den Schulleitern ein Portfolio an Kräften zugestehen, die sie, wenn es nötig ist, kurzzeitig reagieren lassen. Wir haben die Mittelschullehrer höhergruppiert. Die Höhergruppierung beginnt am 1. August 2014. Wir haben die Grundschullehrer höhergruppiert. Diese Höhergruppierung begann mit dem letzten Schuljahr. Wir gruppieren die Förderschullehrer ab 1. Februar nächsten Jahres hoch. Ich könnte hier noch mehr aufzählen.

Ich gehe in den Kita-Bereich, wo wir angefangen haben, mit kleinen Schritten etwas zu tun, wohl wissend – darüber bin ich mir völlig im Klaren –, dass das nicht ausreicht.

Ich habe mir die Mühe gemacht, all das, was in den letzten Wochen auf diversen Veranstaltungen von SPD, LINKEN und GRÜNEN versprochen worden ist, zusammenzurechnen. Da komme ich bei 500 zusätzlichen Lehrern, die die SPD über Bedarf verspricht, bei einer Verdoppelung des Haushaltsansatzes für freie Schulen, die von Frau Hermenau den freien Schulen zugesagt wurde, bei einem Landesprogramm von Schulsozialarbeit von 15 Millionen Euro, bei der Absenkung des Betreuungsschlüssels auf 1 : 12 und auf 1 : 5 plus zwei Stunden Vor- und Nachbereitungszeit –

Die Redezeit!

– plus die Erhöhung der KitaPauschale auf sage und schreibe jährliche Mehrkosten von 337 Millionen Euro. Da sind wir weit über den

275 Millionen Euro, die Sie immer glaubhaft machen. Sie haben auch heute noch mit keiner Silbe gesagt, wo Sie dieses Geld wegnehmen. Genau das ist Ihre unehrliche Politik. Sie machen Politik auf Kosten der Zukunft.

Nein, danke.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Kollege Schreiber sprach für die CDU-Fraktion. – Für die Fraktion DIE LINKE kommt jetzt Frau Kollegin Falken zu Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn alles in Ordnung wäre, wenn all die Maßnahmen, die Sie, Herr Schreiber, jetzt gerade benannt haben, so ausgelegt wären, dass es positive Entwicklungen geben würde, dann hätten wir, glaube ich, in Sachsen nicht die Proteste.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Eltern, Schüler, Lehrer und Erzieher und auch die Hochschulen haben in den letzten Tagen und Wochen im Freistaat Sachsen protestiert, weil sie mit der Bildungspolitik der Staatsregierung nicht einverstanden sind.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Tillich, die Eltern, die Schüler und auch die Lehrer trauen Ihnen nicht. Ich habe in meinem Redemanuskript stehen: Sie trauen Ihnen nicht mehr. – Vor einigen Jahren haben sie der CDU noch zugetraut, dass sie das Problem, das jetzt da ist, lösen kann. Aber jetzt trauen sie Ihnen nicht mehr. Sie trauen Ihren Sonntagsreden, die Sie hier im Parlament halten, weder im Kita-Bereich noch im Schulbereich oder im Hochschulbereich, weil das, was Sie hier im Parlament sagen, was Sie öffentlich verkünden, mit der Realität vor Ort nichts mehr zu tun hat.

Die Unsicherheiten: Die solide arbeitenden Lehrerinnen und Lehrer haben zurzeit das Problem, dass sie noch nicht einmal eine Lehrauftragsverteilung für das kommende Schuljahr haben. Das heißt, sie haben keine Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten, wie das nächste Schuljahr in ihrem eigenen Unterricht weitergeht. Wir sprechen hier von hoher Qualität von Unterricht – das hören wir immer wieder. Eine hohe Qualität gibt es aber nicht automatisch, sondern sie muss erarbeitet werden, und dafür muss man sich sehr gut vorbereiten. Diese Möglichkeit geben Sie den Lehrerinnen und Lehrern in den Schulen jetzt nicht.

Im Kitabereich brauchen wir für den veränderten Betreuungsschlüssel unbedingt, und zwar zügig und schnell, eine rechtsverbindliche gesetzliche Grundlage. Herr Schreiber, wenn Sie sich unsere Anträge anschauen, werden Sie feststellen, dass wir nicht von null auf hundert gehen wollen, dass wir natürlich wissen, wie viele Gelder wir im Freistaat Sachsen zur Verfügung haben, dass wir wissen, dass wir eine Schuldenbremse im Freistaat Sachsen haben, auch wenn ich persönlich die nicht wollte.

(Patrick Schreiber, CDU: Das war 1 : 12 und 1 : 5!)

Wir haben immer gesagt, dass wir eine schrittweise Veränderung in diesem Bereich brauchen, aber sie muss gesetzlich festgelegt werden. Hier mal ein Häppchen, da mal ein Häppchen wird nicht wirklich funktionieren.

(Beifall bei den LINKEN – Patrick Schreiber, CDU: Das war 1 : 12 und 1 : 5!)

Wir dürfen die Unterrichtsabsicherung nicht vom Finanzminister abhängig machen, sondern wir müssen nach dem Bedarf und der Qualität an sächsischen Schulen schauen und danach die Lehrereinstellungen durchführen.

Die Verdichtung von Klassen – habe ich jetzt von den Elternvertretern gehört – ist ein Unwort des Jahres in Sachsen.

(Patrick Schreiber, CDU: Wo denn? Beispiele! – Zurufe von der CDU)

Verdichtung von Klassen, Zusammenlegung, vollstopfen, wie es nur geht, egal, ob dort Integrationskinder sind oder nicht.

(Zurufe von der CDU)

Auf diese Reaktion habe ich gewartet. Ich bin auch sehr froh darüber, dass Sie sie gemacht haben. Solange die CDU im Freistaat Sachsen regiert – vielleicht ist es ja nicht mehr so lange –, sollten wir jedes Jahr Landtagswahlen durchführen, weil kurz vor Landtagswahlen auf einmal Sachen durchgeführt werden und möglich sind, die vorher gar nicht möglich waren. Sehr viele Klassenzusammenlegungen – da stimme ich Ihnen zu – sind in den letzten Tagen und Wochen wieder zurückgenommen worden. Aber nicht alle. Ich habe gehört, dass es in einer Förderschule für das kommende Schuljahr jahrgangsübergreifenden Unterricht geben soll –

(Christian Piwarz, CDU: Nennen Sie doch ein Beispiel!)

zumindest ist es zurzeit geplant –, obwohl es dazu überhaupt keine Grundlage gibt, einen solchen Unterricht jahrgangsübergreifend an Förderschulen durchzuführen.

(Christian Piwarz, CDU: Hat da wieder jemand angerufen?)

Sie verstoßen wieder gegen Gesetze und gegen Verwaltungsvorschriften!

(Patrick Schreiber, CDU: Welche Schule?)

Aber es gibt Proteste und siehe da: Kurz vor Wahlen werden auf einmal – wo auch immer – noch zusätzliche Lehrerstellen zusammengekratzt: 160, dann 185 – entnehmen wir der Presse.

Am Dienstag zur Kundgebung in Leipzig – –

Die Redezeit geht zu Ende.

Ja, ich habe noch ein paar Sekunden. Am Dienstag zur Kundgebung in Leipzig teilte der Direktor der Regionalstelle Leipzig mit, dass

100 zusätzliche Lehrerstellen – das hatte er gerade am Dienstag früh aus dem Kultusministerium mitgeteilt bekommen – zur Verfügung gestellt werden. Allerdings, die sind schon da.

Die Redezeit ist jetzt zu Ende.