Protokoll der Sitzung vom 10.07.2014

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 101. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags.

Zunächst darf ich ganz herzlich Herrn Staatsminister Frank Kupfer zum Geburtstag gratulieren.

(Beifall)

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Bandmann, Herr Hähnel, Frau Nicolaus und Herr Dr. Schuster.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich ganz besonders, unseren Ausländerbeauftragten, Prof. Gillo, nach seinem Krankenhausaufenthalt wieder in unseren Reihen begrüßen zu können.

(Der Sächsische Ausländerbeauftragte, Prof. Dr. Martin Gillo, betritt den Plenarsaal und streckt beide Arme in die Höhe.)

Da kommt er gerade.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Er hat darum gebeten, die Aussprache zu seinem Bericht in der Drucksache 5/13948 zeitlich vorzuziehen. Ich schlage Ihnen vor, den derzeitigen Tagesordnungspunkt 11 als neuen Tagesordnungspunkt 6 einzuordnen. Darüber möchte ich gern abstimmen lassen. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Mehrheitliche Zustimmung; damit können wir so verfahren.

Außerdem mussten wir gestern die Behandlung der Sammeldrucksache zu den Petitionen vertagen. Soeben hat auch die SPD-Fraktion über ihr abweichendes Stimmverhalten informiert. Die Neufassung der Information zur Drucksache 5/14756 wird zurzeit gedruckt und im Laufe des Tages im Saal verteilt. Ich schlage vor, diesen Tagesordnungspunkt vor der Fragestunde einzuordnen. Ich würde auch dafür gern um Ihre Zustimmung bitten. Wer dem folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen; also verfahren wir so.

Weiterhin ist der Tagesordnungspunkt „Kleine Anfragen“ zu streichen.

Das Präsidium hat auf Wunsch der Fraktionen für die Tagesordnungspunkte 2 bis 4 sowie 7 bis 11 folgende Redezeiten festgelegt: CDU 127 Minuten, DIE LINKE 88 Minuten, SPD 55 Minuten, FDP 55 Minuten, GRÜNE 48 Minuten, NPD 48 Minuten, Staatsregierung 88 Minuten. Die Redezeiten können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Es gibt keine Pflicht, die Redezeiten komplett auszuschöpfen. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass wir unsere heutige Sitzung gern gegen 19:30 Uhr schließen würden. Das wird nur möglich sein, wenn es gelingt, zwischen den Parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen diese und jene zielführende Absprache in diese Richtung zu treffen.

Meine Damen und Herren! Ich sehe keine weiteren Änderungsvorschläge zur oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. – Die Tagesordnung der 101. Sitzung ist damit bestätigt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Wir müssen nur wollen –

Sachsens Zukunft heißt Bildung

Antrag der Fraktion der SPD

2. Aktuelle Debatte: Die Regierung kürzt,

das Angebot schrumpft, der Fahrgast zahlt – Finanzierung

von Sachsens Bussen und Bahnen in der Sackgasse

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Verteilung der Gesamtredezeit hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 30 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 17 Minuten, FDP 12 Minuten, GRÜNE

15 Minuten, NPD 10 Minuten; Staatsregierung zwei Mal 10 Minuten, wenn gewünscht.

Wir kommen jetzt zu

1. Aktuelle Debatte

Wir müssen nur wollen – Sachsens Zukunft heißt Bildung

Antrag der Fraktion der SPD

Als Antragstellerin hat zunächst die SPD-Fraktion das Wort. Das Wort ergreift – ich hatte es so erwartet – Frau Dr. Stange.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele werden es bemerkt haben: Es gab in dieser Woche Proteste, Konzerte – dezentral organisiert – und lautstarke Wortmeldungen von Lehrern, Schülern und Eltern, aber auch von Erzieherinnen aus Kindertagesstätten. Doch nicht erst kurz vor diesem Schuljahresende – in diesem Jahr: kurz vor der Landtagswahl –, sondern schon seit 2010 finden Proteste von Schülern, Studierenden, Lehrkräften, Erziehern, Wissenschaftlern und zunehmend auch von Eltern statt. Sie alle protestieren gegen die Kürzungspolitik der Staatsregierung in allen Bildungsbereichen. Sie protestieren aber vor allen Dingen wegen des Fehlens einer Zukunftsplanung für die Bildung in unserem Land – trotz des Schüleranstiegs, trotz des großen Generationenwechsels, trotz der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.

Die schlechte Betreuungssituation in den Kindertagesstätten macht die Umsetzung des Bildungsplans fast unmöglich, wie wir in dieser Woche beim LIGA-Forum wieder hören durften, und erschwert die Förderung von Kindern mit besonderem Förderbedarf erheblich. Aber auch die Stellenstreichungen an den Hochschulen, der massive Unterrichtsausfall und die immer voller werdenden Klassen tragen dazu bei, dass die Proteste verstärkt hörbar werden; wir konnten es in den letzten Wochen erleben. Letztlich sind auch die Rücktritte des Kultusministers Wöller und des langjährigen bildungspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Herrn Colditz, Ausweis der planlosen, zukunftslosen Bildungspolitik des Freistaates.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eltern und Schüler wehren sich zunehmend gegen das „Zufallsprodukt Bildung“ in Sachsen. Kitawahl – per Los. Schulwahl, Sprachwahl – per Los. Überall entscheidet zunehmend das Losverfahren über den Bildungsweg.

Heute, eine Woche vor Schuljahresende, wissen Eltern und Schüler in vielen Fällen noch nicht, in welche Schule ihr Kind im kommenden Jahr gehen wird. Das liegt nicht nur daran, dass die Eltern Widerspruch gegen den Bescheid – den sie noch dazu viel zu spät erhielten – eingelegt haben, weil sie willkürlich an einen Schulstandort verwiesen wurden, an den sie ihr Kind nicht schicken wollen, auch weil der Schulweg extrem lang ist. Eltern haben auch Schwierigkeiten, überhaupt einen Schulplatz zu finden, insbesondere in den Großstädten Dresden und Leipzig, wenn die Kinder zum Beispiel eine Klasse

wiederholen sollen oder wollen oder wenn sie zugezogen sind.

Wir haben mit vielen Schulleitern sprechen können. Es äußern sich ja nur wenige in der Öffentlichkeit. Schulleiter wissen heute noch nicht, wie sie die offenen Lehrerstellen zum Schließen der Stundentafel in den kommenden Wochen besetzt bekommen. Sie haben weder einen Namen noch wissen sie, ob das Fach fachgerecht besetzt werden kann.

Die Kultusministerin wird nicht müde zu sagen, das Schuljahr gehe geordnet los. Ich habe, glaube ich, an dieser Stelle schon einmal gesagt: Schon Anfang der Neunzigerjahre hat ein Leiter eines Oberschulamtes erklärt, Schule sei nicht totzukriegen. – Wenn man das oft genug wiederholt, wird Schule auch nicht totzukriegen sein. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie geordnet, planmäßig und zukunftsfest ist.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erzieher, Erzieherinnen, Eltern ziehen mit Fahrrädern, mit einem Mammut als Symbol, goldenen Schlüsseln und einer Uhr, die fünf vor zwölf anzeigt, seit mehreren Jahren durch das Land, um auf sehr freundliche, spielerische, niederschwellige Art und Weise deutlich zu machen: Tut etwas; wir können den Bildungsplan nicht umsetzen; wir können die Kinder nicht so fördern, wie ihr das von uns verlangt; senkt endlich den Betreuungsschlüssel!

Sie haben leise begonnen. Sie haben uns eingeladen und einen goldenen Schlüssel geschenkt. Und sie sind in dieser Woche lauter geworden.

Die Zeit läuft ab, Frau Kollegin!

Wer mit in der Dreikönigskirche war, hat den Frust sehr deutlich zu spüren bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Die letzten Sekunden!

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich werde in der nächsten Runde zeigen, wie dieser PISA-Mythos in diesem Land anfängt zu bröckeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Die antragstellende SPD-Fraktion hatte natürlich zuerst das Wort durch Frau Dr. Stange. In der weiteren Rednerfolge geht es nun über die CDU zur Fraktion DIE LINKE sowie zu SPD, FDP, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht.

Das Wort für die CDU-Fraktion ergreift Herr Kollege Schreiber.