Protokoll der Sitzung vom 10.07.2014

In dieser langen Zeit hat es eine zum Teil sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit mit vielen Kolleginnen und Kollegen aus mehreren demokratischen Fraktionen gegeben, und ich möchte mich ausdrücklich bei Ihnen bedanken.

Ich bin aus der Bürgerbewegung in die Politik gekommen mit einer Konsensorientierung. Stets habe ich mich bemüht, auch anderen politischen Positionen zuzuhören, sie zu achten und konstruktiv mit ihnen umzugehen. Ich habe auch gelernt zuzuspitzen und zu schärfen, um das Wesentliche deutlich zu machen. Wenn ich dadurch jemanden unter Ihnen persönlich verletzt haben sollte, dann tut mir das leid.

Unter diesen 24 Jahren waren zehn Jahre außerparlamentarisch, unfreiwillig, aber mit wichtigen Erfahrungen. Ich habe dabei auch den Blick auf dieses Parlament von außen erlebt. Ich habe erlebt, wie wichtig den Menschen in diesem Land die politische Kultur ist. Das war gestern bereits Thema.

Dazu nur zwei Sätze. Ich glaube, zu dieser politischen Kultur gehört maßgeblich der Umgang mit parlamentarischen Initiativen der Opposition. Das Prinzip des Wegstemmens, zum Teil mit pirouettenhaften Begründungen, wie wir es in den letzten Jahren erleben mussten, wird nicht überzeugend von außen nachvollzogen. Das sage ich sehr bewusst, da wir in der letzten Legislaturperiode in dieser Frage schon eine ganz andere Qualität erreicht hatten.

Ich bitte all jene, die in der 6. Legislaturperiode hier tätig sein werden: Stellen Sie auch das in den Mittelpunkt Ihrer Arbeit. Für die Menschen in diesem Land ist es wichtig, wie wir miteinander umgehen – rhetorisch, aber auch inhaltlich. Daran misst sich die Wertschätzung für die Demokratie und für dieses sächsische Parlament.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP und der Staatsregierung)

Wer möchte zum Änderungsantrag sprechen? – Herr Abg. Herbst, bitte.

Ich bin derjenige, der muss.

(Heiterkeit)

Wir werden dem Änderungsantrag leider nicht zustimmen können, weil wir der Landesmedienanstalt gern den Spielraum zur Ausgestaltung der Förderung erhalten möchten. Wir halten es vonseiten des Gesetzgebers nicht für sinnvoll, dass wir von vornherein eine Einschränkung vornehmen.

Herr Staatsminister Beermann hat darauf hingewiesen, dass es einige verfassungsrechtliche Klippen gibt, die zu beachten sind. Die Förderung sollte in aller Ruhe von der Sächsischen Landesmedienanstalt vorbereitet werden, sodass für die Beteiligten tatsächlich klar ist, unter welchen Bedingungen gefördert werden kann.

Zum Abschluss ein persönliches Wort. Herr Dr. Gerstenberg, ich möchte mich auch bei Ihnen bedanken. Es war eine sehr angenehme persönliche Zusammenarbeit, nicht nur im Bereich der Medienpolitik, sondern viel, viel länger im Bereich der parlamentarischen Geschäftsführer. Ich glaube, dass auch der gute persönliche Draht, den wir alle zueinander hatten, ein Stück weit dazu beigetragen hat, dass in dieser Legislaturperiode in den PGF-Runden sehr offen und sehr konstruktiv miteinander umgegangen wurde. Das ist auch ein Fortschritt gegenüber der letzten Legislaturperiode. Dazu haben Sie einen großen Beitrag geleistet und dafür herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU, den LINKEN , der SPD und der Staatsregierung)

Gibt es eine weitere Wortmeldung? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über diesen Antrag abstimmen. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmen dafür ist dennoch der Änderungsantrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe auf die Drucksache 5/14805, Änderungsantrag der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion. Wird Einbringung gewünscht?

(Christian Piwarz, CDU: Ist schon eingebracht!)

Er ist schon eingebracht. Möchte eine Fraktion dazu noch reden? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen ist dem Änderungsantrag mit großer Mehrheit zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren! Wir stimmen jetzt artikelweise ab und beginnen mit der Überschrift. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Viele Stimmenthaltungen, dennoch wurde der Überschrift mit Mehrheit zugestimmt.

Artikel 1, Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Damit wurde Artikel 1 mit Mehrheit zugestimmt.

Artikel 2, Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Durchführung des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier wieder Stimmenthaltungen. Artikel 2 wurde mit Mehrheit zugestimmt.

Artikel 3, Inkrafttreten. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei vielen Stimmenthaltungen wurde Artikel 3 dennoch mit Mehrheit zugestimmt.

Wir kommen zur Gesamtabstimmung: Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Ich möchte gern die Gegenstimmen sehen. –

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich wollte es einmal ausprobieren. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen ist der Entwurf als Gesetz beschlossen. Meine Damen und Herren, es ist Eilausfertigung gewünscht. Gibt es dagegen Widerspruch? –

(Christian Piwarz, CDU: Etwa?! – Heiterkeit bei der CDU)

Das hatte ich jetzt nicht verstanden, Herr Piwarz. Wenn es wichtig war, bitte wiederholen, sonst nicht. – Also, es gibt keinen Widerspruch. Damit ist das so angenommen. Wir beenden den Tagesordnungspunkt und kommen zu

Tagesordnungspunkt 3

2. Lesung des Entwurfs

Drittes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Gesetzes über die

Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten

Drucksache 5/14180, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/14743, Beschlussempfehlung des

Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz

Es gibt eine allgemeine Aussprache. Es beginnt die CDUFraktion, danach folgen DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜ

NE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Herr Abg. Krauß, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen jetzt zum Sächsischen Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten. Dem vorausgegangen ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr, welches die Regelungen zur Behandlung eines Patienten im Maßregelvollzug ohne dessen Einwilligung für nichtig erklärt hatte. Wenn wir über psychische Krankheiten sprechen, dann sprechen wir bei der Zwangsbehandlung von der absoluten Ausnahme. Im Regelfall – das ist die breite Masse der Fälle – möchte der Betroffene behandelt werden und ist auch mit der Behandlung entsprechend einverstanden. Aber es gibt eben auch Fälle, in denen das leider nicht der Fall und die Einsichtsfähigkeit nicht vorhanden ist.

Worum es geht, möchte ich an einem Beispiel deutlich machen, einem Schreiben von Anwohnern aus dem Dresdner Stadtteil Altgompitz, die sich an verschiedene Behörden gewandt haben und dort das Verhalten eines psychisch kranken Bürgers schilderten. Ich zitiere einmal aus dem Brief: „Er bedrohte Anwohner mit der Axt, schlug Wohnungstüren und Hoftore ein, beschädigte Autos, Stromverteilerkästen und anderes.“ Die Anwohner berichten dann noch von weiterem krankhaftem Verhalten, wie lautem Schreien in der Nacht oder Klingeln an den Türen, Beschimpfen der Anwohner und der Postboten oder dass er mit dem Bademantel in der Stadt unterwegs ist, aber eben nicht behandelt werden möchte.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss eine Zwangsbehandlung nicht völlig ausgeschlossen, die Anforderungen daran aber deutlich höhergesetzt. So ist eine Behandlung ohne Einwilligung des Patienten nur möglich, wenn dieser zu verhaltenswirksamer Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig ist. Auch darf eine ärztliche Zwangsmaßnahme nur zum Zweck der Behandlung der Anlasserkrankung sowie nur in Fällen der Eigengefährdung bei krankheitsbedingter Einsichtsunfähigkeit vorgenommen werden. Um also an das Beispiel aus Altgompitz anzuknüpfen: Wenn jemand nur mit dem Bademantel – das ist das eine Verhalten; ich will den Gesamtfall nicht bewerten – durch die Stadt geht, wird das sicherlich nicht der Grund sein, eine Zwangsbehandlung vorzunehmen. Wenn aber jemand mit der Axt unterwegs ist, dann kann man sicher schon mal die Frage stellen: Wäre das ein Fall, der unter unser Gesetz fällt?

Im Beschluss des Verfassungsgerichts wurden ferner weitere materielle und verfahrensrechtliche Voraussetzungen aufgestellt. So muss der Zwangsbehandlung eine hinreichend konkrete Ankündigung vorausgehen und das Krankenhaus hat sich vor der Zwangsbehandlung ernsthaft um eine auf Vertrauen gegründete und freiwillige Zustimmung des Betroffenen zu bemühen. Auch wird klargestellt, dass die Behandlungsmaßnahme nur so lange erfolgen kann, wie sie Erfolg verspricht und der Behandlungszweck noch nicht erreicht ist. Die Behandlung darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn andere, mildere Mittel keinen Erfolg versprechen.

Für die Beurteilung einer solchen Prognose müssen die infrage kommenden milderen Mittel in der Regel eingesetzt werden. Es muss eine Abwägung zwischen dem Nutzen und der Belastung der Behandlung durchgeführt werden. Der zu erwartende Nutzen muss zudem den Schaden der Nichtbehandlung überwiegen. Ein zuvor geäußerter freier Wille des Patienten ist zu beachten.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechend umgesetzt und bestehende Rechtsunsicherheiten bei der Behandlung psychisch Kranker aus dem Weg geräumt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf nimmt noch weitere Änderungen vor. Dazu gehören exemplarisch die Psychiatrieberichterstattung sowie die Konkretisierung der ambulanten Nachsorge. Mit der Psychiatrieberichterstattung soll die Versorgungsqualität eingeschätzt und im Zeitverlauf kontinuierlich vergleichbar gemacht werden. Damit soll eine bedarfs- und bedürfnisgerechte Versorgung sichergestellt werden. Die erhobenen Daten werden dabei ausgewertet und sollen Aussagen zum Auftreten und zur Häufigkeit psychischer Erkrankungen sowie zu regionalen Unterschieden liefern und als Grundlage für eine Gesundheitsplanung und Strukturierung der psychiatrischen Versorgung dienen.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass die Datenerhebung freiwillig ist. Die ambulante Nachsorge im Rahmen der Arbeit der forensischpsychiatrischen Ambulanzen ist ein wichtiges Instrument, um Rückfallgefahren der Zielgruppe zu kontrollieren und ihnen zu begegnen. Zielgruppe der forensisch-psychiatrischen Ambulanz sollen künftig sowohl Personen sein, die aus dem Maßregelvollzug entlassen wurden, als auch Personen, die in der Hauptverhandlung eine Maßregel erhalten haben, bei denen diese jedoch ausgesetzt und Führungsaufsicht mit der Maßgabe der Behandlung in einer forensischen Ambulanz angeordnet wurde.

Diese Aufgabe und die medizinisch-therapeutischen sowie psychosozialen Aufgaben nach der stationären Behandlung übernimmt ein multiprofessionelles Team in der forensisch-psychiatrischen Ambulanz. Die Kontinuität der psychiatrischen Behandlung ist somit gewährleistet. Zusätzlich zur forensischen Nachsorge soll aber mit der Einrichtung der forensischen Ambulanzen die Chance genutzt werden, den Anstieg der Neuaufnahmen durch Vermeidung einer stationären Unterbringung abzupuffern sowie die jeweilige Verweildauer zu senken.

Der Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz hat sich im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens intensiv mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auseinandergesetzt und es fand eine Anhörung statt, aus der wichtige Anregungen aufgenommen worden sind. Dabei möchte ich insbesondere dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten für die gute und konstruktive Zusammenarbeit danken.

Eine weitere Änderung betrifft zum Beispiel die Leitung der Sozialpsychiatrischen Dienste in den Landratsämtern

bzw. Stadtverwaltungen. Nicht nur Psychiater können diese leisten, sondern ausnahmsweise auch Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst und Psychologische

Psychotherapeuten, wenn die entsprechende Einwilligung des Sozialministeriums vorliegt. Wir haben dabei einen Wunsch der Psychotherapeutenkammer aufgegriffen und vielleicht auch ein Puzzlesteinchen gegen den Ärztemangel gelegt; denn ich denke, wir sollten an verschiedenen Stellen schauen, welche geeigneten Berufsgruppen es neben den Ärzten noch gibt, die diese Aufgaben wahrnehmen können.

Ich möchte zum Schluss kommen, Sie bitten, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen, und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsministerin Christine Clauß)

Die Fraktion DIE LINKE, bitte; Frau Lauterbach.