So, wie die politischen Dinge hier im Lande stehen, bin ich – trotz des Beifalls – überzeugt: Ein solcher Wandel wird noch länger ausbleiben – was ich sehr bedauere.
Trotzdem müssen wir in der gegebenen Situation hier und heute überlegen, was getan werden kann. Wir brauchen nach meiner Überzeugung eine gemeinsame Kampagne von Freistaat und Hochschulen, die deutlich macht, wie attraktiv der Lehrerberuf in Förderschulen, in Grundschulen und insbesondere in der Mittelschule sein kann und wie gut die Einstellungschancen in diesen Bereichen sind. Zentrale Voraussetzung dafür ist selbstverständlich, dass der Lehrerberuf in diesen Schularten tatsächlich attraktiv ist. Es ist nicht einzusehen, dass der Lehrerberuf in den genannten Schularten deutlich schlechter bezahlt wird als im Gymnasium. Mit derselben Eingruppierung für neue Lehrkräfte aller Schularten ließe sich ebenso gut werben wie mit einer Perspektive auf Vollzeitbeschäftigung und den damit verbundenen attraktiven und flexiblen Arbeitszeitmodellen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, wenn Sie unseren Antragstext lesen, werden Sie feststellen: Es gibt eigentlich keinen Grund, diesem Antrag zur Absicherung und zum Ausbau des Lehramtsstudiums nicht zuzustimmen.
Es gibt sicher noch vieles zu sagen und zwischen uns zu diskutieren, insbesondere zur inhaltlichen Gestaltung des Lehrerstudiums. Die heutige und morgige Debatte könnten dafür der Auftakt sein. Aber jetzt geht es um die notwendigen Sofortmaßnahmen. Sie haben es in der Hand, für deutliche Verbesserungen an dieser Schüsselstelle des Bildungswesens zu sorgen. Unterstützen Sie diesen Antrag!
Vielen Dank, Herr Dr. Gerstenberg. – Die CDU-Fraktion ist an der Reihe. Es spricht Frau Abg. Fiedler. Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden den langfristigen Lehrerbedarf in Sachsen qualitativ und quantitativ absichern. Dieses Versprechen haben wir allen Sachsen mit dem Koalitionsvertrag schriftlich und nachweisbar gegeben. Dabei bleibt es auch – kurzfristig und langfristig.
Das Versprechen gilt auch für die Ausbildung unserer Grund- und Mittelschullehrer. Die Konzentration des Masterstudiums der Grundschullehrer in Leipzig, die jetzt für viel Emotion sorgt, war langfristig bekannt und geplant. Wirklich überrascht können weder die Studenten noch die Universitäten sein. Ein Umzug oder die tägliche Fahrt nach Leipzig ist vielleicht im Einzelfall schwierig, aber sicher nicht unmöglich. Das zeigen auch Beispiele aus anderen Bereichen, wie die duale Ausbildung der Fachangestellten für Medien- und Informationstechnik, die in den Bibliotheken arbeiten: Die Berufsschule ist in Leipzig, der Praxisteil findet in den Bibliotheken sachsenweit statt.
Darüber gab es bislang keine Diskussion oder Proteste. Wir erwarten aber auch, dass die einmal getroffenen Entscheidungen umgesetzt werden. Schließlich ist Verlässlichkeit ein hohes Gut und es bedeutet in diesem Fall, dass der Übergang von Dresden nach Leipzig reibungslos und unter Absicherung der Qualität des Studiums erfolgt. Daran arbeiten Ministerium und Hochschule intensiv und erfolgreich. Diesen Weg sollten sie weiter fortgehen. Dazu haben sie unsere Zustimmung.
Den Befürchtungen, Leipzig könne den Bedarf nicht abdecken, wie jetzt noch einmal von Herrn Gerstenberg formuliert, kann klar entgegengetreten werden. Die Uni Leipzig erhält seitens des SMK dafür die entsprechende, auch finanzielle Unterstützung. Über die genaue Ausgestaltung finden zurzeit die notwendigen Abstimmungen statt. Handlungsbedarf ist hier nicht gegeben.
Anders sieht es bei der perspektivischen Lehramtsausbildung aus. Wir wissen, dass nach dem jetzigen Modell an den sächsischen Hochschulen deutlich zu wenig Lehrer, vor allem im Grund- und Mittelschulbereich, ausgebildet werden. Das ist ein Fakt, um den wir nicht herumreden wollen.
Wir brauchen gut ausgebildete motivierte junge Lehrer und wir brauchen dafür auch die entsprechenden Studienbedingungen und Kapazitäten. Hierin sind wir uns, glaube ich, in diesem Raum alle einig.
Uneinig sind wir uns darüber, wie wir damit umgehen. Während die Opposition schnell einmal einen Antrag stellt und Geld für Kampagnen ausgeben will, steht für uns die Ursachenforschung am Anfang der Entwicklung.
Wegen der in Kürze enorm ansteigenden Lehrerbedarfszahlen braucht Sachsen sehr schnell ein Konzept. Da dabei auch ein Punkt die Umsteuerung der Hochschulen ist, gehören sie hier unbedingt mit ins Boot. Der Prozess der Neuausrichtung muss deshalb auch im Rahmen der Hochschulentwicklungsplanung und Hochschulvereinbarung entwickelt werden und mit diesen in Einklang stehen.
Neben einer raschen Vorlage des Konzepts erwartet die CDU davon, dass die schulartspezifischen Anforderungen an Lehrer herausgefiltert werden und sich dies auch in der Lehrerausbildung widerspiegelt, die Notwendigkeit des polyvalenten Bachelor hinterfragt wird, dem Lehrernachwuchs ausreichend didaktische Kenntnisse vermittelt werden und die Lehrerausbildung so organisiert wird, dass sie von den Hochschulen nicht „stiefmütterlich“ behandelt wird.
In die Diskussion um die Neuausrichtung der Lehrerausbildung – das signalisiere ich an dieser Stelle, weil es uns sehr wichtig ist – werden wir neben den Hochschulleitungen auch die studentischen Vertreter einbeziehen. Das SMK hat uns versichert, dass es ebenfalls so vorgehen wird. Die ersten Termine sind schon vereinbart.
An dieser Stelle trete ich noch einmal entschieden dem Eindruck entgegen, dass die Staatsregierung den Handlungsbedarf nicht erkennen würde und beim Thema Lehrerausbildung nicht aktiv wird. Das Gegenteil ist der Fall. SMWK und SMK wissen um die gemeinsame Verantwortung und arbeiten zusammen an einer Lösung. Das ist eine neue Qualität der Arbeit.
Während vor einem Jahr aus dem SMWK unter Führung der SPD schnell einmal ein Prüfauftrag ohne klare Konzeption veröffentlicht wurde, wie das Problem Lehrerbedarf insgesamt gelöst werden soll, arbeiten beide Häuser nunmehr Hand in Hand an einer Lösung. Auch das ist
eine neue Qualität. Aktivitäten werden nicht wie vor einem Jahr nur angekündigt, sondern in ein umsetzbares Gesamtkonzept eingeschlossen. Dessen Erarbeitung erfolgt nach der Vorgehensweise, die auch zu einem sinnvollen Ergebnis führen wird: zuerst die Analyse, die Feststellung von Fehlentwicklungen sowie des künftig notwendigen Lehrerbedarfs. Daraus werden die Vorschläge für eine künftige Lehrerausbildung entwickelt, und zwar mit allen Partnern gemeinsam.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Lehrerausbildung ist für die CDU ein zu ernsthaftes Thema, als dass sie damit Symbolpolitik betreiben könnte. Wir müssen intelligent umsteuern. Die Lösung wird nicht heißen, pauschal mehr Studienplätze zur Verfügung zu stellen und dies mit einer Kampagne zu begleiten, sondern die Lehrerausbildung fortzuentwickeln und den Bedingungen an den Beruf des Lehrers anzupassen.
Die beiden vorliegenden Anträge beschreiben einen anderen Weg, der uns am Ende nicht die gewünschte Anzahl gut ausgebildeter Lehrkräfte bringen wird. Deshalb lehnen wir die Anträge ab und unterstützen den Kurs der Staatsregierung, hier gemeinsam schnell, aber gründlich ein Gesamtkonzept vorzulegen.
Das war Frau Fiedler für die Fraktion der CDU. – Die Fraktion der SPD ist an der Reihe. Frau Abg. Dr. Stange, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, Frau Fiedler, das Thema „Lehramtsausbildung“ ist uns zu wichtig, als dass es einmal schnell abgehandelt werden könnte. Wir brauchten eine intelligente Umsteuerung. Wenn ich intelligent umsteuern will, kann ich nicht erst schließen und dann anfangen, am Ruder zu drehen. Das funktioniert nicht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eben nicht so, dass das Thema neu auf dem Tisch liegt, sondern es ist mindestens seit 2003 bzw. bereits seit 2001, nämlich mit der Vorlage des Hochschulentwicklungsplanes durch die Weiler-Kommission, bekannt gewesen, dass man die Lehramtsausbildung in Sachsen nicht an einem Standort konzentrieren kann und sollte. Zu diesem Zeitpunkt hat bereits die Weiler-Kommission darauf hingewiesen, dass aufgrund der notwendigen regionalen Schulstrukturen der notwendigen Schulen für die schulpraktischen Übungen eine Konzentration an einem Standort verheerend wäre für die Lehramtsausbildung. Wider diese Empfehlung der Expertenkommission, die es ja jetzt wieder für die Hochschulentwicklungsplanung gibt, hat der damalige Wissenschaftsminister Rößler in der Hochschulvereinbarung gegen den Widerstand der Technischen Universität
Dresden und gegen den Widerstand der Technischen Universität Chemnitz die Entscheidung getroffen, die Lehramtsausbildung für das Grund- und Mittelschullehramt grundsätzlich an der Uni Leipzig zu konzentrieren.
Als dann die TU Dresden, Prof. Lenz, eine Studie zu dem Thema „Humankapitalressourcen in Sachsen“ vorgelegt hat, wurde 2003 in dieser Studie darauf hingewiesen, dass es nicht nur im Lehramt, sondern in vielen Bereichen in Sachsen, aber unter anderem im Lehramt, in den nächsten Jahren zu einem erheblichen Bedarf und, meine Damen und Herren, nicht nur in den Grund- und Mittelschulen, nicht nur in den Naturwissenschaften, sondern quer durch alle Fächer kommen wird. Diese Studie wurde selbst im Jahr 2006 vom Kultusministerium noch damit abgetan, dass es ein Gefälligkeitsgutachten wäre, nur um zu verhindern, dass die TU Dresden ihre Lehramtsausbildung nicht schließen muss. Damit war das Thema vom Tisch.
Erst im Jahr 2008 wurden dann aufgrund des Druckes, weil wir in Sachsen nach wie vor kein Lehrerbildungsgesetz haben, Zielvereinbarungen mit den beiden Universitäten abgeschlossen, in denen Stück für Stück das Drama des tatsächlichen Bedarfs deutlich wurde. Erst zu diesem Zeitpunkt und eigentlich öffentlich erst 2009, nämlich mit unserer Anfrage, wurde bekannt, dass ab den Jahren 2012/13 der Lehrerbedarf im Grundschulbereich und ab 2013/14 im Mittelschulbereich nicht mehr gedeckt werden kann. Erst zu diesem Zeitpunkt lagen die Zahlen vor.
Ein zweiter Fakt sei auch genannt. Die CDU als Hauptpartner der Hochschulvereinbarungen von 2003 gegenüber den Hochschulen war ebenso wie das Finanzministerium, egal unter welcher Spitze, über Jahre hinaus nicht bereit, an der Hochschulvereinbarung auch nur einen Deut zu verändern. Ich erinnere an die Diskussion hier im Plenum, als es um die Umsetzung des Hochschulpaktes und um die Frage ging, ob unter den Bedingungen des Hochschulpaktes, nämlich dass mehr Studierende in Sachsens Hochschulen aufgenommen werden sollten, weiter am Abbau von 300 Stellen festgehalten werden soll. Dieser Abbau ist damals ausgesetzt worden. Gott sei Dank, muss man sagen. Sonst wäre nämlich auch die Lehramtsausbildung heute in einer schwierigeren Situation. Sonst hätte sie weiter reduziert werden müssen. So viel einmal zu den Fakten für diejenigen, die meinen, hier wäre nicht rechtzeitig gehandelt worden. Dann sollte man auch Ross und Reiter nennen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Prof. Lenz hat in der Anhörung zu unserem Antrag sehr deutlich gemacht, dass die TU Dresden sofort in der Lage wäre – natürlich ist die Zeit vorangeschritten –, Masterstudiengänge für das Grund- und Mittelschullehramt an der Technischen Universität Dresden umzusetzen.
Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum jetzt ad hoc in Leipzig im Bereich der Erziehungswissenschaften und im Bereich der Grundschulpädagogik ausgebildet werden soll. Ich kann mir nicht vorstellen, wo die qualifizierten
Kräfte herkommen sollen. Leipzig hat seit vier Jahren nach einem Hochschullehrer gesucht, der die Grundschulpädagogik überhaupt besetzen kann. Wo kommen jetzt die Fachleute her, dass man nun die Lehramtsausbildung in Leipzig aufstocken kann, um das Problem der Verlagerung der Lehramtsausbildung von Dresden nach Leipzig zu lösen?
Dresden hat seit zwei Jahren eine offene Hochschullehrerstelle im Bereich der Grundschulpädagogik und kann sie wegen der offenen Entscheidung nicht besetzen, ob sie die Grundschullehramtsausbildung behalten oder nicht. So viel zu den Tatsachen. Das ist ein teures kurzfristiges Umsteuern, das man nicht so ohne Weiteres wieder rückgängig machen kann.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist aber nur ein Teil des Problems. Das Problem für die Studierenden heute ist dramatisch: dass sie nach aller Wahrscheinlichkeit ihren Masterstudiengang in Dresden nicht fortsetzen können. Aber das wirklich anstehende Problem hat das Kultusministerium und namentlich die CDU verursacht, nämlich dass nicht rechtzeitig öffentlich bekannt wurde – und das sehen wir an den Querelen um den Bezirkstarifvertrag und um die angeblich zu vielen Lehrer, die wir jetzt plötzlich haben –, dass wir ab 2012 bereits nicht mehr genügend Grundschullehrer zur Verfügung haben, um den Bedarf abdecken zu können.
Das bedeutet ganz konkret für die beiden Hochschulstandorte, und nur unter diesen Bedingungen ist das umzusetzen, dass eine deutliche Aufstockung der Kapazitäten stattfindet. Für diejenigen, die sich mit der Lehramtsausbildung noch nicht so gut auskennen, sei gesagt, es geht eben nicht nur um das Institut Erziehungswissenschaften, sondern gleichermaßen um die entsprechenden Fächerkapazitäten, die notwendig sind, um in den Fachwissenschaften auszubilden. Das zieht sich durch die gesamten Universitäten hindurch.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gerstenberg, deshalb auch meine Skepsis hinsichtlich der Wiedereröffnung der Lehramtsausbildung an der Technischen Universität Chemnitz. Die TU Chemnitz ist mit der Hochschulvereinbarung 2003 – ich sage es ein bisschen drastisch – in der Lehramtsausbildung auf null gefahren worden. Das heißt, sie muss von null wieder neu aufbauen, und das in einem relativ kurzen Zeitraum, denn wir brauchen in den nächsten sechs bis acht Jahren die ausgebildeten Lehrkräfte. Das ist kaum zu schaffen, wenn man von einem Null-Status ausgeht, wie er derzeit an der TU Chemnitz gegeben ist.
Schlussendlich, meine sehr geehrten Damen und Herren: Wir werden den Anträgen zustimmen, dass es zum einen dringend notwendig ist, in Dresden die Lehramtsausbildung für Grund- und Mittelschullehramt zu erhalten, und zwar sofort und nicht erst in zwei oder drei Jahren, zum Zweiten, dass die Mittel für den Hochschulpakt, die ab 2011 wieder in Größenordnungen zur Verfügung stehen werden, unter anderem dafür eingesetzt werden, an beiden Standorten die Lehramtsausbildung deutlich aufzusto
cken, und dass damit kurzfristig den qualitativen Anforderungen für die Lehramtsausbildung Rechnung getragen wird.
Ich stimme denen zu, die heute gesagt haben – und das kann ich nur gegenüber den Universitäten unterstreichen –, dass die Lehramtsausbildung zur Chefsache an den Universitäten gemacht werden muss. Schließlich sind diejenigen, die als Lehrer ausgebildet werden, auch diejenigen, die den Nachwuchs für die Universitäten ausbilden.
Von daher müssen die Universitäten ein eigenes Interesse daran haben. Sie brauchen aber die nachdrückliche Unterstützung der Staatsregierung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass diese Anträge heute in unser aller Interesse Zustimmung finden werden.