Herr Krauß, damit Sie das mir unterstellte Nichtverständnis vielleicht aufklären können, frage ich Sie: Stimmen Sie mit mir überein, dass die gesamte Misere, die Sie beschreiben, nicht zuletzt daran liegt, dass nicht alle, die nötig wären, in die Rentenkassen einzahlen und dass wir endlich eine wirkliche Rentenreform brauchen? Nennen Sie es Erwerbstätigenversicherung. Vielleicht könnten wir dann die Probleme lösen.
Es kamen schon andere auf die Idee zu prüfen, was passiert, wenn wir die Beamten in die Rentenversicherung nähmen. Es gab die These, damit die Rentenversicherung zu entlasten. Dazu gab es eine wissenschaftliche Studie, die durchgerechnet hat, was dann passiert.
Es gibt ein Problem: Beamte leben wesentlich länger. Sie wären eine Belastung für die Rentenversicherung.
Ich sage nur, für die gesetzliche Rentenversicherung wäre es keine Besserstellung, sondern eine Schlechterstellung, wenn wir die Beamten mit aufnehmen würden.
Wir müssen – deswegen gibt es den Generationenfonds – bei den Beamten mit einer ordentlichen Pension vorsorgen und nicht einfach so in den Tag hinein leben, wie das einige Fraktionen hier wollen, ohne auf die Beamtenpensionen zu schauen. Unser Konzept ist, auszuweisen, was in Pensionen eingezahlt wird.
Wenn ja, glauben Sie, dass das auch auf Polizeibeamte und Beamte im feuerwehrtechnischen Dienst zutrifft?
Ich freue mich, dass die Beamten länger leben. Das ist nicht nur im staatlichen Bereich so, sondern auch im kirchlichen Bereich nicht viel anders. Auch die Kirchenbeamten leben länger, aus welchen Gründen auch immer. Wir dürfen uns darüber freuen. Das bedauere ich überhaupt nicht. Wir freuen uns darüber. Wir freuen uns über jeden Polizisten, der länger lebt, über jeden Beamten.
Gut. – Kommen wir nun zurück zum eigentlichen Thema. Welche Möglichkeiten gibt es, wenn wir feststellen, dass immer weniger einzahlen und wir einen größeren Bereich der Inanspruchnahme haben? Was kann man tun? Man kann einerseits über einen höheren Staatszuschuss reden. Wir wissen ja, dass die Rente so funktioniert, dass die heutige Generation für die jetzt lebenden Rentner einzahlt.
Das funktioniert aber leider auch schon nicht mehr. Wir schießen 80 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die Rentenversicherung. Der größte Ausgabenbrocken im Bundeshaushalt geht somit in die Rentenversicherung. Das ist schon jetzt die Situation, und da ist wohl klar, dass man das nicht noch weiter erhöhen kann.
Die zweite Möglichkeit: Wir könnten das Rentenniveau, das in der Tat schon leicht im Abklingen ist, weiter absenken. Das würde aber dazu führen, dass die Renten geringer ausfallen würden, sodass man sich irgendwann fragt: Wieso habe ich eigentlich das ganze Leben lang gearbeitet, wenn ich dann das Gleiche bekomme wie jemand, der nicht gearbeitet hat? Das kann auch nicht die Lösung sein.
Damit sind wir bei der dritten Möglichkeit: Man kann das Renteneintrittsalter erhöhen. Das ist aus meiner Sicht die vernünftigste Lösung, das kleinere Übel. Das ist das kleinere Übel, Herr Kollege Pellmann, das, was am ehesten zu akzeptieren ist. Wir wissen, dass die Lebenserwartung gestiegen ist, dass erfreulicherweise auch die Beschäftigung von Menschen, die über 50 Jahre alt sind, deutlich gestiegen ist. Wir haben nicht mehr den Jugendwahn, den wir vor fünf oder zehn Jahren hatten. Das hat sich gebessert. Das ist eine erfreuliche Entwicklung. Die Menschen sind länger gesund.
Wir müssen uns die Frage stellen: Wie kann es uns gelingen, dass jemand auch mit 65 oder im Jahre 2029 – wohlgemerkt 2029! – mit 67 Jahren arbeiten kann? Wie können wir Arbeitsplätze schaffen, die die Gesundheit fördern? Das hinzubekommen ist die Aufgabe, der wir uns in den nächsten 20 Jahren zu stellen haben.
Ich sage es noch einmal: Wir müssen genauso an die junge Generation denken, wie wir an die jetzige Rentnergeneration denken müssen. Ich würde mich freuen, wenn das auch einmal bei der Linken ankommen würde.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte in den letzten Wochen den Eindruck, dass es so eine Art Wettlauf um die Frage gibt, wer die höchste oder die niedrigste Zahl beim Renteneintrittsalter auf Lager hat. Die FDP spricht neuerdings von 60 Jahren. Es gibt DIE LINKE, die von 65 Jahren spricht. Es gibt in der CDU einige, die sich für 67 Jahre aussprechen, und es gibt die Wirtschaft, die sagt, 70 Jahre seien genau das Richtige.
Auf jeden Fall ist richtig – und das ist, glaube ich, die Ausgangssituation –, dass die Menschen älter werden. Richtig ist natürlich auch, dass wir darüber nachdenken müssen, welche Folgen das für die Sozialsysteme hat. Genau deshalb hat die SPD, als sie gemeinsam mit der CDU die Verantwortung getragen hat, darüber nachgedacht, was die Antwort darauf sein könnte, und sie hat die Rente mit 67 verabschiedet.
Heute sind wir der Auffassung – und da bin ich nicht allein, und im Übrigen gab es eine Reihe von Kolleginnen und Kollegen meiner Partei, die das bereits bei der Verabschiedung gesagt haben –, dass die darauf gegebenen Antworten zu kurz greifen; denn es geht nicht um die Frage, ob wir uns auf ein Alter fokussieren, ob wir 65, 63, 70 oder 67 nehmen, sondern es geht um die Frage, wie die Realität der Menschen im Land ist und ob die Lebensverhältnisse der Menschen im Land noch mit dem übereinstimmen, wie wir zurzeit über die Frage Rente reden.
Dabei muss nach meiner Auffassung zum Beispiel zur Kenntnis genommen werden, dass der Ausgangspunkt für die Rente mit 67 war, dass man die Auffassung vertreten hat, damit dem demografischen Faktor entgegenwirken zu
können, und dass man gleichzeitig alles daransetzen wollte, dass Menschen auch länger arbeiten können. Genau dieser Teil, dass Menschen länger arbeiten können, tritt aber nicht ein. Alle Daten, die wir haben, belegen, dass wir es bisher nicht erreicht haben, dass über die Hälfte der 60- bis 64-Jährigen noch in der Erwerbstätigkeit sind.
Wenn das so ist, macht es doch Sinn, darüber nachzudenken, ob eine Entscheidung, die einmal getroffen worden ist, noch einmal überprüft werden muss. Wenn man eine solche Entscheidung überprüfen will, dann muss man auch darüber reden, wie wir mit dem Fachkräftemangel umgehen, wie wir damit umgehen, dass bei der Frage der Rente auch Altersarmut ein Thema ist, wie wir damit umgehen, dass es in der Arbeitswelt eine Reihe von Voraussetzungen gibt, die einfach nicht mehr zeitgemäß sind, um älteren Menschen überhaupt die Möglichkeit zu schaffen, dass sie länger arbeiten können. Das alles sind Themen, denen wir uns nicht verschließen können.
Wenn wir wissen, dass die Rente mit 65 im Jahre 1957 eingeführt worden ist, wobei es damals noch so war, dass die durchschnittliche Lebenserwartung bei 70 Jahren lag, während sie heute bei 80 Jahren liegt, müssen wir natürlich auch eine Antwort darauf finden, wie wir zukünftig längere Rentenzahlungen finanzieren wollen. Natürlich müssen wir auch eine Antwort darauf finden, warum es so ist, dass 1957 auf 100 Erwerbstätige 17 Rentner kamen und 2005 das Verhältnis 100 zu 32 war.
Insofern hat sich die SPD sehr kritisch mit ihrem eigenen Handeln während ihrer Regierungsverantwortung auseinandergesetzt und sehr kritisch hinterfragt, was getan werden muss, damit eine Veränderung eintritt. Wir müssen, denke ich, zum Beispiel alles daransetzen, etwas gegen die Altersarmut zu tun. Wenn man sich die Zahlen ansieht, muss man davon ausgehen, dass die heute 40Jährigen in Ostdeutschland – und dabei Sachsen ganz vorn –, wenn sie in Rente gehen, wahrscheinlich in der Regel eine Rente erreichen, die unter 600 Euro liegt. Unter 600 Euro! Da muss man natürlich auch darüber nachdenken, wie man das bekämpfen kann.