Stefan Brangs

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem fulminanten Auftritt meines Kollegen kann ich meine Rede natürlich nicht zu Protokoll geben.
Da es sich um eine wichtige und starke Region handelt, die Lausitz, müssen wir uns über die Themen austauschen.
Was Kollege Meyer hier, bezogen auf die Bruttowertschöpfung, ausgeführt hat, basiert auf einer Untersuchung des Ifo-Instituts. Das ist in der Tat eine sehr interessante Zahl, die man immer wieder nennen sollte. Denn ich weiß auch, dass das kaum jemandem in der Republik bewusst ist: 29,7 % der Bruttowertschöpfung, weit über dem Durchschnitt der deutschen Flächenländer, und das in der Lausitz – da gibt es viele, die das nicht glauben wollen. Aber es ist einfach so. Das heißt, die Situation dort vor Ort ist anders und wird auch anders gewertet als das Image dieser Region.
Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in der Oberlausitz liegt ebenfalls über dem Durchschnitt der ostdeutschen Flächenländer, auch wenn es natürlich das der westdeutschen Länder nicht erreicht. Aber was den Vergleich mit den ostdeutschen Flächenländern angeht, hat die Lausitz sehr gute Zahlen vorzuweisen. Als Oberlausitzer, der seit vielen Jahren dort zu Hause ist, geht es mir darum, dass auch darüber geredet werden muss, wie das entstanden ist.
Dieser massive Umbruch, dieser massive Strukturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft ist vor allem deshalb entstanden, weil es Menschen gegeben hat, die das umgesetzt haben. Deshalb will ich an dieser Stelle zunächst einmal für die letzten Jahrzehnte jenen in der Lausitz danken, die mit ihrer Leistung, mit ihrer Arbeit Anerkennung dafür verdient haben, dass sie es bewältigt haben. Insofern herzlichen Dank auch von dieser Stelle aus!
Damit meine ich ausdrücklich alle Akteure, die daran teilhaben. Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass wir auch als Wirtschaftsausschuss dieses Landtages, als wir gemeinsam mit Brandenburg getagt haben, ein wenig mehr Bemühungen in die Frage hineingebracht hätten, wie wir gemeinsam die Zukunft gestalten können, nämlich mit Sachsen und Brandenburg. Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass aus dieser Initiative aus dem Mai 2012 vielleicht dann doch das eine oder andere erwachsen wäre, was diese beiden Länder vielleicht hinbekommen hätten. Das ist bisher nicht eingetreten. Das ist sehr schade.
Aber ich sehe natürlich auch, dass es eine Reihe von Initiativen gibt. Die Wirtschaftsinitiative Lausitz ist genannt worden, wir sehen uns da ja häufiger bei gemeinsamen Zusammenkünften. Es gibt den DGB mit der Lausitzkonferenz, und es gibt viele andere Akteure, mit denen wir geredet haben. Deshalb haben wir als SPD bereits einen Antrag hier in den Geschäftsgang gebracht: „Perspektiven für die Lausitz“. Dieser Antrag enthält zehn Themenfelder, mit denen wir uns sehr dezidiert und gut auseinandergesetzt haben, wie nach unserer Auffassung der weitere Strukturwandel in der Lausitz begleitet werden sollte.
Deshalb, glaube ich, wäre es dringend notwendig, dass wir jetzt die Grundlagen dafür legen, dass wir in Zukunft, was die Lausitz anbelangt, von einer starken wirtschaftlichen Region reden und dass wir natürlich dabei bleiben, dass wir den Menschen sagen müssen, dass es eine lebenswerte Region ist, in der es sich lohnt, Perspektiven aufzubauen. Wir müssen sehen, dass wir nicht mit unserer Politik dazu beitragen, dass wir zukünftig über entleerte Räume reden. Da sind wir als Landtagsabgeordnete gefordert. Dabei geht es natürlich auch um das Thema Braunkohle.
Mein Kollege Meyer hat gesagt, der Antrag der LINKEN sei ein Bashing, eine Abkehr von der Braunkohle, ein Darstellen der Risiken. Frau Kollegin Pinka hat gesagt, dass wir nicht nur über Braunkohle reden sollten. Aber ich rede jetzt einmal über die Braunkohle, weil ich glaube, dass das notwendig ist.
Die Braunkohle ist ein traditioneller Energieträger, und die Lausitz ist eine traditionelle Energieregion. Wir haben mit der Lausitz eine große Verantwortung für die Stromversorgung in unserem Land, und zwar in ganz Deutschland. Insofern müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass es im Moment noch so ist, dass die Braunkohle einen Anteil von 26 % an der Stromerzeugung hat.
Ohne Zweifel brauchen wir die Energiewende. Richtig ist auch, dass die heimische Braunkohle ein Auslaufmodell ist; denn wir wollen erneuerbare Energien und eine Energiewende. Klar ist auch, dass wir sie so wollen, dass keine Arbeitsplätze verloren gehen. Das Thema Arbeitsplätze ist für die Region besonders wichtig. Dazu will ich ein paar Zahlen nennen. 1990 lag der Anteil der Beschäftigten in der Braunkohlenwirtschaft in Ostdeutschland noch bei 140 000 Menschen. Heute sind es inklusive derer, die im Bereich der Nutzung der Braunkohle agieren, noch ungefähr 22 000. Es ist klar, nach wie vor ist die heimische Braunkohle ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, über den man nicht hinwegsehen darf.
Wir haben als SPD, was die Nutzung der Braunkohle anbelangt, eine klare Position. Wir sehen die heimische Braunkohle als Brücke an, nicht mehr und auch nicht weniger, weil wir uns im Zeitalter der erneuerbaren Energien befinden. Die Braunkohle ist aus unserer Sicht aber auch ein Produkt, das Sicherheit im Wandel schafft, nämlich Versorgungssicherheit. Wir brauchen in Zeiten von Veränderungen eine solche Sicherheit.
Es gibt viele, auch bei uns im Landtag, die das nicht wahrhaben wollen. Aber ich sage: Wir brauchen diese Braunkohle so lange, bis wir das Ziel einer klimaneutralen Energieerzeugung endlich erreicht haben. Wenn es nach uns geht, dann sollten wir das so schnell wie möglich erreichen. Das ist vollkommen unstrittig.
Klar ist aber auch, solange es diese Brücke gibt, solange also die Verstromung der Braunkohle stattfindet, genauso lange gibt es viele Menschen, die davon abhängig sind, und viele Menschen, die darauf hoffen, dass dann, wenn die erneuerbaren Energien auch mithilfe von Speichertechnologien endlich in der Lage sind, vergleichbare
Energieleistungen zu erzeugen, den Menschen in der Region eine Alternative angeboten wird.
Das geht für meine Begriffe nicht von heute auf morgen. Das geht auch nicht mit dem Antrag. Das geht vor allem über Akzeptanz, die wir dafür schaffen müssen, dass wir in der Lausitz sowohl weiterhin eine Akzeptanz für den Abbau von Braunkohle brauchen, aber auch eine Akzeptanz dafür, dass wir über neue Formen der Energieerzeugung und über neue Formen der Beschäftigung in der Region nachdenken müssen.
Die Menschen vor Ort haben ein klares Bekenntnis in einer letzten Umfrage abgelegt. Es gibt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa aus dem Jahr 2013. Dort haben über zwei Drittel der Menschen auf die Frage, ob zur Sicherung der langfristigen, zuverlässigen und kostengünstigen Versorgung mit Energie die Erweiterung des Tagebaues in der Lausitz notwendig ist, mit Ja geantwortet. Klar ist, dass damit große Probleme verbunden sind. Davor verschließen wir die Augen nicht. Klar ist auch, dass Menschen mit diesem Thema unterschiedlich umgehen. Klar ist aber auch, dass wir, wenn es ein schmerzhafter Prozess ist, den Menschen vermitteln müssen, dass er nicht einfach über sie gekommen ist, sondern dass das Thema Braunkohlentagebau sehr offensiv und transparent angegangen worden ist.
Bei der Erweiterung des Tagebaus Nochten haben die Mitglieder des Braunkohlenausschusses und der Versammlung des Regionalen Planungsverbandes Informationen zusammengetragen und natürlich die Interessen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger aufgenommen. Am Ende ist eine Entscheidung getroffen worden. Klar ist, dass nicht jeder mit dieser Entscheidung einverstanden ist. Aber es war am Ende ein demokratischer Prozess. Wir sollten diesen demokratischen Prozess so hinnehmen, wie er entstanden ist, ohne – ich will das wiederholen – natürlich die Ängste und Sorgen der Menschen damit in Abrede zu stellen.
Was ich sagen will, ist Folgendes: Die Energiewende ist im Gange. Das Ziel bleibt nach wie vor, dass wir bis spätestens 2050 auf 100 % erneuerbare Energien umstellen wollen. Klar ist aber auch, dass das Maß an erneuerbaren Energien nur so voranschreitet, wie wir auf den Einsatz von Braunkohle verzichten können. Klar ist auch, dass der Verzicht auf Braunkohle mit einer stärkeren Entwicklung der Veredlung von Braunkohle einhergehen muss. Aber das ist, glaube ich, vollkommen unstrittig.
Unser Ziel bleibt der Ausbau der erneuerbaren Energien. Es muss mehr und schneller ausgebaut werden, damit der Anteil der Braunkohle schneller sinken kann.
Der dritte Teil des Antrages der LINKEN fordert im Wesentlichen ein umfassendes Forschungsprogramm, um diesen Strukturwandel zu begleiten. Ich muss ehrlicherweise sagen, dass mir – auch aufgrund dessen, was ich gerade geschildert habe – nicht ganz klar ist, was wir alles noch an Daten brauchen, um eine Entscheidung zu treffen.
Es gibt eine Vielzahl von Studien, die sich in den letzten Jahrzehnten mit diesem Thema beschäftigt haben. Die letzte, die ich erwähnt habe, ist die Ifo-Studie. Es gibt Umfragen, es gibt Konzepte, es gibt beteiligungsorientierte Ansätze, es gibt Ideenbörsen, es gibt alles Mögliche in der Region, und zwar seit Jahrzehnten. Diesbezüglich gebe ich meinem Kollegen Meyer ausdrücklich recht. Insofern brauchen wir keine Meta-Untersuchung über das, was wir ohnehin schon wissen. Wir brauchen die Implementierung und die Umsetzung dieser guten Ideen. Daher fordern wir die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteure auf, gemeinsam zum Wohle der Lausitz noch enger verzahnt lösungsorientiert zu arbeiten. Das ist der richtige Ansatz.
Deshalb bitten wir um punktweise Abstimmung beim Antrag der LINKEN. Bei Punkt 1 können wir zustimmen, Punkt 2 und 3 lehnen wir ab.
Schönen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Michael Weichert, ich nehme das Angebot sehr gern an. Bei den acht Punkten, die man hier zusammengetragen hat, ist mir nicht ganz klar geworden, warum daraus ein Plan werden soll. Aber sei es drum. Das Thema Fachkräfte hätte ich mir auch noch gewünscht.
Ich bedanke mich für eine gute Zeit im gemeinsamen Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, wünsche dir alles Gute und gebe meine Rede zu Protokoll.
Der 8-Punkte-Plan der GRÜNEN ist ein Sammelsurium von wichtigen und weitgehend richtigen Einzelmaßnahmen. Warum diese Einzelmaßnahmen zu einem „Plan" zusammengefasst werden müssen, erschloss sich mir zwar nicht, aber vielleicht hatten Sie auch nur den Wunsch, in der letzten Plenarsitzung noch einmal alle noch unbesprochenen Themen zusammenzubringen.
Für unsere sozialdemokratische Wirtschaftspolitik ist – neben dem Größenwachstum der Unternehmen und damit ihrer verstärkten Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit – die Stärkung der regionalen Wirtschaft das zweite große Hauptziel. Deshalb wollen wir:
1. Die Konzentration auf eine landesweit einheitliche Förderkulisse war zehn bis 15 Jahre richtig, aber bei rückläufigen Mitteln braucht Sachsen neue „alternative" Förderungs- und Finanzierungsinstrumente. Deshalb muss die Wirtschaftsförderung konsequent auf regionale Wertschöpfungsketten ausgerichtet werden. Dafür haben wir schon mehrfach das neue Instrument der Regionalbudgets eingefordert. Dies führt zu einer Stärkung der regionalen Selbstständigkeit und Eigenverantwortung; regionale Wachstumskerne und regionale Wirtschaftskreisläufe sollen gestärkt werden, um somit die Wettbewerbsfähigkeit gerade der vielen sächsischen KMUs nachhaltig zu verbessern.
Wozu sollen die Regionalbudgets eingesetzt werden? – Infrastruktur und Standortentwicklung zur Stärkung der Region; Tourismus zur Förderung der regionalen Wirtschaft; Verstärkung von Maßnahmen des Regionalmarketings; Verbesserung der regionalen Kooperation zugunsten von KMU sowie Mobilisierung regionaler Wachstumspotenziale.
2. Verbesserung der regionalen Mobilität, Bestandspflege und punktueller Ausbau der Infrastruktur: Straße, ÖPNV, aber auch der schnelle Zugang zu Informations- und Kommunikationsinfrastruktur.
3. Stärkere Nutzung der Potenziale vor Ort in den Regionen und deren bessere Vernetzung und Vermarktung – sei es im Bereich des Handwerks, des Tourismus oder der ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft, aber natürlich auch bezogen auf den starken sächsischen Mittelstand. Hier gibt es eine ganze Reihe von gut funktionierenden Vorbildern von der Uckermark über den Harz bis zur Marke Eifel.
4. In Zukunft wird es immer wichtiger werden, Energie- und Ressourcenkreisläufe vor Ort in den Regionen zu organisieren. Dabei sind die regionale und dezentrale Energieerzeugung, der Ausbau der erneuerbaren Energien, aber auch eine wirkliche Energieeffizienzoffensive die zentralen Bausteine, um möglichst viel Wertschöpfung und somit qualitativ hochwertige Arbeitsplätze zu erhalten oder neu zu schaffen. Dabei wollen wir vor allem den dezentralen Ausbau begünstigen; denn Energie sollte dort erzeugt werden, wo sie auch gebraucht wird. Darüber hinaus wollen wir eine stärkere Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern fördern; denn durch Energiegenossenschaften, Bürgersolaranlagen und kommunale Windparks schaffen wir Wertschöpfung und Akzeptanz vor Ort. Um den dezentralen Ausbau der Energieversorgung zu unterstützen und die Wertschöpfung vor Ort zu sichern, wollen wir den Ausbau von genossenschaftlichen Erzeugungsanlagen stärker fördern.
5. Stärkung des Genossenschaftsgedankens nach dem Motto „Aus der Region – für die Region".
Wie wichtig diese Punkte sind, zeigt sich beim Rückblick auf die letzten Jahre – die CDU/FDP-Regierung hat ohne Not ein sehr erfolgreiches Förderprogramm zur Stärkung der regionalen Wirtschaft eingestampft – die kleine GA oder das Förderprogramm „Regionales Wachstum“.
Die Möglichkeiten des Regionalbudgets werden wieder und wieder ausgeschlagen, obwohl Gelder entweder über die Strukturfondsperiode oder über die GRW-Förderung des Bundes möglich gewesen wären. Aber wie wir gestern schon in der Aktuellen Debatte ausführlich dargestellt hatten, haben Sie keinerlei wirtschaftspolitische Schwerpunkte verfolgt – kümmere dich nicht und der „Markt" wird es schon richten. Aber gerade mit Blick auf die Stärkung der regionalen Wertschöpfungsketten funktioniert es so einfach eben nicht.
Wenn man sich die Wahlprogramme der Koalition anschaut – im CDU Wahlprogramm wird ausführlich über die Funktion des sächsischen Mittelstandes eingegangen, Rückgrat der Wirtschaft, kleinteilig und innovativ, so weit so gut –, dann kommt die einzige Schlussfolgerung: „Sachsens Chancen liegen in einer international wettbewerbsfähigen und dynamischen Wirtschaft". Doch diese Exportfixierung ist eben nur ein Weg und verkennt die Chancen und Möglichkeiten einer starken regionalen Wirtschaft.
Wie wichtig das ist, hat uns die letzte Wirtschaftskrise verdeutlicht. Es ist noch nicht allzu lange her, als vor allem die exportabhängigen Unternehmen in große Bedrängnis kamen. Der einzige Schutz vor den großen
Schwankungen der weltweiten Konjunktur (China geht's gut oder eben mal schlecht) ist die bessere Verzahnung vor Ort in den Regionen und die Ausnutzung der vorhandenen regionalen Wertschöpfungsketten.
Ich habe mich bei meinen Ausführungen auf den rein wirtschaftlichen Aspekt beschränkt. Die komplette Bandbreite des Themas habe ich hier des Öfteren vorgestellt, Stichwort: Untersuchung und Konzeption der SPDFraktion unter dem Schlagwort: „Kommune 2030". Im Mittelpunkt unseres Ansatzes stehen acht Handlungsfelder. Aufgrund der Zeit nenne ich nur die Überschriften: Gut versorgt bis ins hohe Alter – Medizinische Versorgung und Pflege; Dorf für Kinder – Dorf für alle oder Kurze Wege für kurze Beine; Kulturraum – Raum für Kultur; Technische Infrastruktur – Vorreiter der Energiewende; Mobil im ländlichen Raum – Hinkommen und Wegkommen; Innere Sicherheit; Gesellschaftliches
Engagement – eine starke Gemeinschaft; Mitverantwortung und Mitbestimmung – Stärkung der regionalen Wirtschaft.
Auf einen wichtigen Punkt möchte ich zum Schluss noch eingehen, der leider auch im Antrag der GRÜNEN fehlt: die immer schwierigere Suche nach Fachkräften, gerade im ländlichen Raum abseits der Ballungszentren. Leider ist im Bereich der Berufsorientierung in den letzten fünf Jahren viel zu wenig passiert. Es gibt viele erfolgreiche innovative Unternehmen mit hoch interessanten Jobs, aber niemand kennt sie.
Leider ist es immer noch so an Sachsens Schulen, dass die Möglichkeiten in den Unternehmen vor Ort meist unbekannt sind. Hier können noch stärker regional verankerte Wirtschaftskreisläufe über gezieltes Standortmarketing gemeinsam viel mehr erreichen als jeder Akteur für sich. Hier schlummern erhebliche Chancen für die jeweiligen Regionen, die aber gezielt unterstützt werden müssen. Dafür werden wir eintreten und deshalb stimmen wir ihrem Antrag zu.
Lieber Kollege, habe ich es richtig verstanden, dass das, was Sie gerade vorgetragen haben, die abgestimmte Position der Koalition ist?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch im Namen meiner Fraktion unterstütze ich den gerade von Kollegin Hermenau vorgetragenen Antrag. Wir müssen nach all den Erkenntnissen, die uns vorliegen, davon ausgehen, dass die Würde des Hauses gestern Abend schwer verletzt worden ist.
Wir haben eine Geschäftsordnung, die eindeutig besagt, welche T-Shirts hier getragen und welche Symbole gezeigt werden dürfen. Dagegen ist gestern vehement verstoßen worden.
Wir haben eine Regelung, wonach das Präsidium in Absprache mit dem Präsidenten die Räumlichkeiten des Landtags vergibt.
Was den 7. Juni anbelangt, hat der Präsident folgerichtig – –
Herr Präsident, ich glaube, auch das unflätige Benehmen einiger Mitglieder der NPD-Fraktion macht deutlich, dass anscheinend mehr dran ist als das, was ich vermute.
Herr Präsident, Sie haben am 07.06. zu Recht eine Verfügung erlassen, mit der Sie bestimmten Personen den Zutritt zum Landtag verweigert haben. Gestern ist es dazu
gekommen – aus welchen Gründen auch immer –, dass sich eine große Horde Nazi-Demonstranten im Landtag aufgehalten hat.
Das müssen wir aufklären. Das sind wir auch der Würde dieses Hauses schuldig.
Zum Thema
Respekt habe ich gerade viel gelernt! –
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es angemessen, dass wir uns mit diesem sensiblen Thema auseinandersetzen. Die Frage ist allerdings, wie wir das tun.
Mein Eindruck ist schon, nachdem ich auch die Zeitung der letzten Tage aufmerksam gelesen habe, dass jetzt – aus welchen Gründen auch immer – das Thema Feier- und Gedenktage bei der Koalition angekommen ist. Das bedauere ich schon ein wenig, weil das eine sehr undifferenzierte Herangehensweise ist bei einem sehr schwierigen Thema.
Ich habe mitbekommen, dass die FDP darüber nachdenkt, den Buß- und Bettag abzuschaffen und dafür den 17. Juni zum Feiertag zu machen. Jetzt haben wir die Auseinandersetzung über die Frage: Wollen wir einen Gedenktag im Sinne der Antragsteller?
Es ist zumindest die Frage erlaubt, ob hier der Versuch unternommen wird, eine bestimmte Wählerklientel – und ein besonders konservatives Milieu – zu bedienen, um sich entweder von der AfD abzugrenzen oder aber schon die ersten Brücken zu bauen, um mit der AfD in Sachsen das eine oder andere möglich zu machen. Das hat auch etwas mit dem Reizwort Heimatvertriebene zu tun.
Dazu hat jeder einen besonderen Zugang; einige meiner Vorredner haben ja schon etwas zu ihrer eigenen Biografie gesagt. Ich selbst könnte jetzt etwas über die Hugenotten darlegen – das will ich nicht tun; Herr Ulbig, das wäre interessant, aber das machen wir zwei vielleicht mal an anderer Stelle und dann erzähle ich Ihnen einmal, wo ich herkomme –; aber eigentlich geht es uns darum: Wir müssen uns überlegen, wie wir mit diesem Thema umgehen.
Ich bin der Auffassung, dass der Bundestag die richtigen Weichen gestellt hat: Der Bundestag hat beschlossen, dass man den 20. Juni um das Gedenken an Vertreibung erweitert, und die Bundesregierung aufgefordert, die UNO zu bitten, dass genau diese Erweiterung um das Thema Vertreibung mit aufgenommen wird für den weltweiten „Tag der Flüchtlinge“.
Dass es in Bayern oder in Hessen jetzt einen anderen Weg gibt, sollte die Antragsteller nicht dazu veranlassen, es genauso machen zu wollen. Man hätte eher auf die Bundesregierung und auf die Gespräche mit der UNO setzen sollen; das wäre dem Thema angemessener gewesen.
Außerdem wäre es richtig gewesen, eine Debatte zu einem solchen Thema vorher in den Ausschüssen zu führen, vielleicht sogar mit Partnern – mit der Landeszentrale für politische Bildung, mit dem Bund der Heimatvertriebenen, mit den Polen, den Tschechen oder der Slowakei –, um es auf breite Füße zu stellen, da es wirklich ein schwieriges Thema ist.
Aus meiner Sicht ist es nicht sinnvoll, das Schicksal der Heimatvertriebenen zum Anlass zu nehmen, ausschließlich für diese Gruppe einen Gedenktag einzurichten. Es ist unstrittig, dass der Anteil der Heimatvertriebenen am Aufbau von Sachsen gewürdigt werden muss – und das tun wir auch ausdrücklich. Aber Flucht und Vertreibung – das ist die Wahrheit, ob man sie aus Sicht der Nazis im Parlament hören will oder nicht – ist leider mit der Geschichte der Menschheit eng verbunden.
Dass die UNHCR von zurzeit 45 Millionen Flüchtlingen auf der Welt ausgeht, gehört leider auch dazu. Deshalb stehen die Heimatvertriebenen exemplarisch dafür – und hier kann ich die Begründung des Antrages nur zitieren –, dass Flucht, Vertreibung und Repressalien gegen nationale, ethische und religiöse Minderheiten vielerorts in der Welt noch politischer Alltag sind. Das ist eine richtige Analyse, und es ist auch richtig, dass wir als Deutsche eine besondere Verantwortung dafür haben und darauf hinweisen müssen; und wir müssen auf das Unrecht hinweisen, das in der Welt geschieht.
Aber die Frage ist, woher wir diese Verantwortung nehmen. Speist sich diese Verantwortung aus dem Schicksal der Heimatvertriebenen oder vielmehr aus den Opfern des Holocaust und der Vernichtung von sechs Millionen Juden und den Folgen der beiden Weltkriege?
Hinzu kommt die leidvolle Erfahrung, die wir mit der Nazizeit gemacht haben. Eine Folge dessen ist zum Beispiel, dass wir in Deutschland das Recht auf Asyl haben.
Deshalb wird die Begründung Ihres Antrages auch so problematisch. Sie sprechen von der „leidvollen Geschichte“. Mich würde interessieren, welche leidvolle Geschichte Sie damit meinen. Meinen Sie ausschließlich die leidvolle Geschichte der Heimatvertriebenen? Wenn ich den Antrag lese, befürchte ich das fast.
Wer immer nur darüber spricht, welches Schicksal Heimatvertriebene erlitten haben und welches Unrecht ihnen widerfahren ist, und das nicht in dem großen Zusammenhang zu dem Unrecht sieht, das ich gerade beschrieben habe – verursacht durch den Zweiten Weltkrieg und die Politik, die Deutschland ab 1933 betrieben hat –, der bringt die geschichtlichen Fakten nicht in den richtigen Kontext zueinander.
Deshalb haben wir mit unserem Änderungsantrag – um den ich hier noch einmal ausdrücklich werbe – versucht, mit zwei Worten genau dieses Thema zusammenzuführen. Mit unserem Änderungsantrag versuchen wir den Fokus des geplanten Gedenktages eben auf alle Menschen zu erweitern – und zwar alle Menschen, die geflohen sind, die vertrieben worden sind und die jetzt hier in Sachsen ihre Heimat gefunden haben. Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte und jeder dieser Menschen hatte Grund, seine Heimat zu verlassen. Aber auch sie haben großen Anteil am Gelingen unseres Freistaates und tragen
dazu bei, dass wir hier in Sachsen ein lebenswertes Leben haben.
Dass Sie das sagen, ist eine Bestätigung dafür, dass Sie mit Ihrer Anschauung nicht in dieses Haus gehören! Sie gehören nicht in dieses Haus!
Deshalb ist es wichtig, bei der Frage um diesen Gedenktag diese Menschen zu berücksichtigen – egal, ob es Heimatvertriebene, Asylbewerber oder Bürgerkriegsflüchtlinge sind. Es muss unser Ansatz sein, die unterschiedlichen Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen mussten, bei der Debatte um einen solchen Gedenktag mit zu bedenken.
Ich glaube, dass uns jeder Flüchtling, jeder Asylbewerber und jeder Mensch auch mit ausländischen Wurzeln gleich lieb sein sollte. Die Fokussierung ausschließlich auf Heimatvertriebene halte ich für schwierig und deshalb bitte ich ausdrücklich darum, dass Sie das Thema Flüchtlinge und Heimatvertriebene – so wie in unserem Änderungsantrag vorgesehen – mit aufgreifen.
Dann könnten wir dem Antrag auch zustimmen.
Vorausgeschickt sei: Ich nehme Ihnen ab, dass wir jetzt eine Debatte um den besten Weg führen wollen und keinen Schlagabtausch über irgendwelche Wahlkampfgeschichten. Wenn ich nachvollziehen will, dass Sie diesen besonderen Fokus anders setzen wollen, was spricht denn dagegen, keine Unterscheidung zwischen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen vorzunehmen?
Was spricht dagegen zu sagen, Flüchtlinge und Heimatvertriebene – –
Halt doch mal den Sabbel.
wie das unser Änderungsantrag vorsieht?
Nach diesem Redebeitrag muss ich doch noch eine oder zwei Anmerkungen machen. Das Erste, was mich sehr überrascht hat, ist, welcher Begriff hier verwendet wird. Kollege Zastrow hat von Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen, gesprochen und davon, nach der Herkunft zu unterscheiden. Sie sagen, dass es die Heimatvertriebenen sind, die eine Anerkennung verdienen.
Sie selbst haben gesagt, dass in den Fällen, in denen Flüchtlinge, Asylbewerber und Menschen, die aus anderen Gründen zu uns kommen, beispielsweise weil sie verfolgt werden, andere Regeln aufgestellt werden müssten. Ich sage Ihnen Folgendes ganz klar: Ich habe dezidiert ein vollkommen anderes Verständnis für die Aufgabe, die wir hier haben.
Ich habe ein vollkommen anderes Verständnis. Wir sind kein Closed-Shop. Wir sind keine Insel der Glückseligen als Freistaat. Wir sind im Kontext derer, die Verantwortung im Bund, in Europa oder in der Welt tragen. Wir müssen uns als Deutsche die Frage gefallen lassen, wie wir mit dem Thema Flüchtlinge und nicht nur mit dem Thema Heimatvertriebene umgehen.
Deshalb ist es richtig, dass wir mit unserem Antrag genau diesen Kontext herstellen.
Das Zweite ist Folgendes: Die Menschen müssen erfahren, wann Sie die Klamaukkiste herausholen und wann es Zeit wird, dem zu begegnen. Sie haben bei beiden Punkten gesagt, dass Sie es deshalb nicht getan hätten, zum
Beispiel den Demografiebeauftragten zu wählen, weil Sie Kosten sparen wollten. Die Geschäftsordnung des Landtages sieht vor, denjenigen aus der Mitte des Landtages zu wählen. Er ist also ein Abgeordneter dieses Hauses. Dieser Abgeordnete des Hauses verfügt bereits jetzt über ein Büro, Mitarbeiter und eine Grundentschädigung. Erzählen Sie bitte also nicht einen solchen Mist!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt uns noch – deshalb kommen wir jetzt dran –, und wir werden immer größer; ich hoffe, auch beim nächsten Mal. Sie hätten es wahrscheinlich gern – – Aber Sie hören gar nicht mehr zu; dann lasse ich das mit der Geschichte, die ich erzählen wollte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns jetzt mit einem Antrag, in dessen Kern es um die Frage geht, welche Bedeutung wir öffentlichen Dienstleistungen beimessen und wie wir in Sachsen diese Dienstleistungen erbringen wollen. Ich hoffe, auch die nachfolgende Debatte findet auf hohem Niveau statt.
Die zentrale Frage lautet: Wollen wir die Aufgaben mit gut ausgebildetem Personal erfüllen? – Darauf antworte ich ganz klar: Ja, das ist unser Anliegen. Wir wollen motivierte, gut ausgebildete Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Wir wollen vor allem, dass der Personalbedarf, der notwendig ist, um die Aufgaben zu erbringen, nicht rein fiskalisch, also unter Haushaltsgesichtspunkten, sondern vor allem unter dem Aspekt der Aufgabenwahrnehmung ermittelt wird.
Wir müssen zunächst einmal über die Aufgaben reden, die wir im öffentlichen Dienst erbringen wollen. Dann können wir darüber nachdenken, mit wie viel Personal das geschehen soll und wie wir es einsetzen. Um das zu ermöglichen, brauchen wir eine umfangreiche Aufgabenkritik. In diesem Zusammenhang müssen wir eine umfassende Personalplanung bzw. Personalentwicklung für die nächsten Jahre vornehmen.
Wenn man das Thema „Personal im öffentlichen Dienst“ betrachtet, muss man sich auch damit auseinandersetzen, dass wir in den letzten Jahren einen wachsenden Krankenstand, also Fehlzeiten, verzeichnen. Vermehrt kommt es zu Frühverrentungen bzw. Frühpensionierungen. Deshalb sind nicht nur Personalplanung und Personalentwicklung wichtig, sondern wir müssen uns auch zum Gesundheitsmanagement verständigen; auch das ist Gegenstand unseres Antrags.
Ich wiederhole: Wir müssen, bevor wir über Personalbedarf reden, zunächst einmal klären, welche Aufgaben wir erbringen wollen und wie die Erledigung konkret erfolgen soll. Diesen Herausforderungen müssen wir uns schnellstens stellen. Deshalb wollen wir mit diesem Antrag die Staatsregierung auffordern, eine umfassende Evaluation durchzuführen, dass wir uns qualitativ und nicht nur quantitativ dem Thema nähern können. Warum sage ich das? In den letzten rund 25 Jahren haben wir uns im Wesentlichen über die Frage der Quantität dem Thema genähert. Immer wieder war es gegenüber den Beschäftigten des Freistaates ein Thema, dass wir Personal abbauen müssen.
Das hat dazu geführt, dass sehr viele Beschäftigte im Laufe der Jahre demotiviert mit ihren Aufgaben umgegangen sind, weil sie permanent von Stellenabbauplänen, von Zusammenlegungen von Behördenstandorten, von Verwaltungsreformen, Funktionalreformen und was wir alles an Reformen und Reförmchen durchgeführt haben, betroffen waren. Ich muss ehrlicherweise als jemand, der in einer Zeit, in der wir mit der CDU regiert haben, dem Lenkungsausschuss der Verwaltungs- und Funktionalreform angehört hat, sagen, dass ich heute, liebe Petra Köpping, manches anders entscheiden würde.
Ja, das eine oder andere.
Das heißt also, wir müssen uns der Anstrengung stellen, die zu erledigenden Aufgaben einer gründlichen Prüfung zu unterziehen, und zwar nicht nur unter dem Gesichtspunkt der zur Verfügung stehenden Finanzmittel.
Aber gern.
Ich denke, dass wir bei der Übertragung von Aufgaben an die Landkreise und kreisfreien Städte nicht das erreicht haben, was wir eigentlich erreichen müssten, um eine funktionierende Kommunalverwaltung möglichst bürgernah an den Menschen zu organisieren.
Für die Menschen, für die Menschen, vielen Dank.
Das wäre ein Beispiel. Möchten Sie weitere Beispiele hören?
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Jetzt ernsthaft, das Thema ist wichtig genug. Aus der Erfahrung möchte man die eine oder andere Entscheidung zur Zusammenlegung von Dienststellen und der Übertragung von Aufgaben hinterfragen, ob dort Kosten und Nutzen und das von mir selber gerade beschriebene Qualitätsmerkmal der Beschäftigten der richtige Ansatz waren bis hin – und das ist nichts Neues – zum Thema Polizeireform, bei dem wir uns einer Zielgröße verschrieben haben. Auch darüber gab es schon Debatten, ob die Zielgröße die richtige war. Wir haben heute viele Erfahrungen. Es ist aber so, dass wir damals anders entschieden haben. Da stehle ich mich nicht aus der Verantwortung. Das haben wir damals so mitgetragen.
Es geht mir darum, eine Debatte zu führen, welche Auswirkungen das für die Beschäftigten, aber auch für die Menschen, die im Freistaat Sachsen leben, hat. Was die Personalpolitik in Schulen anbelangt, sind Eltern, Schüler und Lehrer gerade ganz aktuell davon betroffen. Es ist immer noch nicht geklärt, ob mit den Lehrerstellen, die jetzt zusätzlich geschaffen worden sind, die Aufgaben bewältigt werden können. Ich könnte die Verfahrensdauer
an den Sozial- und Verwaltungsgerichten und auch das Thema innere Sicherheit anführen.
Meiner Fraktion geht es darum, die Debatte darüber zu führen, was uns ein funktionierender und leistungsfähiger öffentlicher Dienst wert und wie wichtig er für die Gesellschaft und das Gemeinwohl ist. Derzeit haben viele Bürgerinnen und Bürger mehr Erwartungen an die Leistungen, die der öffentliche Dienst erbringen soll. Das ist nicht nur im Bereich der inneren Sicherheit so. Deshalb geht es im Kern darum, dass wir eine Abkehr von rein kostenorientierter Personalpolitik wollen.
Wir wollen eine langfristige aufgabenbezogene und nachhaltige Personalplanung. Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt und ich bitte um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin! Damit formal alles seine Richtigkeit hat, beantrage ich auch für die SPD-Fraktion weitere 5 Minuten Redezeit.
Das reizt mich doch zu einer kleinen Kurzintervention. Auch wenn man immer wieder etwas Falsches sagt, bleibt der Eindruck immer wieder der gleiche, dass es dadurch nicht richtiger wird. Insofern ist das, was der Kollege gerade vorgetragen hat, erneut der Beweis dafür, dass man versucht, sich zu drehen und irgendwie darzustellen, warum man damals einen Antrag gestellt hat, dem man heute nicht mehr zustimmen kann.
Fakt ist: Die Behauptung, dass 2009 Schulen geschlossen worden sind, ist falsch. Da kann ich mich an meinen damaligen Koalitionspartner erinnern, der gemeinsam mit uns darauf hingewiesen hat, dass es 2007 zum letzten Mal dazu gekommen ist – was, wie ich gern einräume, in vielen Bereichen schlimm genug gewesen ist –, dass die letzten Schulen geschlossen worden sind. Insofern ist das, was der Kollege gerade gesagt hat, einfach nur falsch. Das wollte ich richtigstellen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte etwas für die SPD-Fraktion erklären, damit nicht der Eindruck entsteht, wir würden uns des eigentlichen Themas nicht annehmen wollen. Es ist ein wichtiges Thema, was aber auch an anderer Stelle schon seit Jahren bekannt ist. Was mein Kollege Gerstenberg gerade ausgeführt hat, ist richtig. Das heißt, wir haben hier ganz enge Bindungen an die Geschäftsordnung. Dieser Antrag ist nach den Regeln unserer Geschäftsordnung nicht dringlich. Insofern können wir ihm auch nicht zustimmen.
Ich hätte gern von dem Mittel der Kurzintervention Gebrauch gemacht.
Ich bedanke mich, Herr Präsident. – Da ich meinen geschätzten Kollegen Heidan ja schon ein paar Jahre kenne und weiß, dass Wiederholungen immer wieder dazu führen, dass er vielleicht einmal die richtigen Zusammenhänge begreift, würde ich gern ein paar Punkte anmerken.
Das Erste ist, dass er davon spricht, dass seit 25 Jahren eine bürgerliche Partei regiert. Da scheinen ihm irgendwie 10 Jahre abhandengekommen zu sein. Denn seit 25 Jahren regiert ja nicht die CDU allein, sondern in den letzten 10 Jahren in einer Koalition. Auch wenn das schmerzt oder wenn der eine oder andere das noch immer nicht verwunden hat, ist festzustellen: In diesen 10 Jahren gab es auch eine Zeit, in der es eine Koalition mit den Sozialdemokraten in diesem Land gegeben hat.
Zweitens. Uns vorzuwerfen, wir würden Verschuldungspolitik betreiben, ist ja aberwitzig. Den ersten schuldenfreien Haushalt in diesem Land hat es 2006 gemeinsam mit der SPD gegeben. – Das noch einmal zur Erinnerung, lieber Kollege Heidan.
Drittens. Sie sind der Auffassung, dass wir als Sozialdemokraten nichts, auch keine konkreten Projekte vorzuweisen hätten. Das ist falsch. Wir haben in der gemeinsamen Regierung mit Ihnen – insofern fällt es ja auf Sie zurück, Kollege Heidan, wenn Sie das nicht anerkennen – ein Förderprogramm „Regionales Wachstum“ ins Leben gerufen mit über 30 Millionen Euro, womit wir ganz gezielt den Mittelstand und das Handwerk gefördert haben.
In diesem Zusammenhang haben wir auch versucht, ganz konkrete Maßnahmen zu ergreifen, wie man Handwerk und Mittelstand stärker auch mit Unis vernetzen kann und wie man Clusterbildung mit Mittelstand erzielen kann, um damit stärker im Wettbewerb zu sein und aus dieser Kraft heraus mehr Potenzial zu schöpfen. Auch das ist in der
Zeit passiert, in der wir gemeinsam mit Ihnen regiert haben.
Das wollte ich Ihnen noch einmal mitteilen; vielleicht haben Sie es vergessen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als der Antrag in den Geschäftsgang kam und ich davon Kenntnis erhielt, erinnerte ich mich an eine Zeit, in der wir auch innerhalb der SPD über das Thema diskutierten. Grundlage war schon damals ein Antrag; Kollege Pohle hat es bereits gesagt.
Am 28.01.2000 hatten wir einen ähnlichen Antrag – es war ebenfalls ein Berichtsantrag – auf der Tagesordnung. Die Staatsregierung wurde in mehreren Punkten aufgefordert, über die Situation zu berichten.
Heute liegt uns wieder ein Berichtsantrag vor. Sieben der acht Punkte betreffen erneut Berichtsanträge.
Angesichts dessen stellen sich mir einige Fragen: Warum dauert es 14 Jahre, bis man sich erneut mit einem Berichtsantrag beschäftigt? Wenn man etwas regeln will, soll man konkrete Vorschläge unterbreiten.
Dass es so lange gedauert hat, kann daran liegen, dass man nicht mehr so richtig weiß, welche Themen man setzen soll. Dann geht man in das EDAS und schaut, was schon einmal Gegenstand der Debatte war. Man sollte sich aber genau anschauen, wie damals die Debatte lief. Ich will einen Exkurs machen: Im März 2000 gab es dazu eine Debatte zwischen Volker Bandmann und meinem Vorvorvorvorvorgänger als PGF, dem Urgestein Peter Adler.
An dieser Stelle möchte ich herzliche Genesungswünsche an Volker Bandmann übermitteln. Ich hoffe, dass es ihm bald besser geht.
Peter Adler war morgens mit der S-Bahn hierhergefahren und sah Schmierereien. Dann gab es eine Debatte zwischen Volker Bandmann und ihm über die Frage: Ist das alles kriminell? Ist das Sachbeschädigung? Ist das Schmiererei oder Kunst?
Ich muss sagen: Selbst nach 14 Jahren sind wir nicht viel weiter gekommen. Damals gab es den Versuch, sich an der rot-grünen Bundesregierung abzuarbeiten. Es war nämlich der Vorwurf erhoben worden, man schütze mit dem Erscheinungsbild-Paragrafen 303 des Strafgesetzbuches nicht das, was eigentlich geschützt werden müsse. Mittlerweile hat es eine Änderung gegeben, und zwar mit den Stimmen der damals oppositionellen CDU im Bund.
Heute kommt das Thema wieder auf die Tagesordnung. Ich frage: Was hat Sie von Schwarz-Gelb daran gehindert, in einem Antrag konkret zum Ausdruck zu bringen, was Sie wollen?
Möchten Sie Heiko Maas, den sozialdemokratischen Bundesjustizminister, zum Thema machen, weil er mit der Mietpreisbremse die Eigentumsschützer und die auf den Markt Vertrauenden hier im Landtag vielleicht geärgert oder herausgefordert hat?
Warum passiert übrigens nichts beim Thema Prävention? Welches Verhalten führt zu so „schrecklicher“ Verwahrlosung und fortwährender Sprühtätigkeit? Was sind die Gründe dafür, und warum setzt man sich nicht mit ihnen auseinander?
Wie reagieren die Koalitionsfraktionen? Sie versuchen in ihrem Antrag, die Stadt Leipzig als negatives Beispiel anzuführen. Oops! Kann es sein, dass wir bald Kommunalwahl haben? Die Koalition versucht, beides zu vermischen: einen Angriff auf den Bundesjustizminister mit
einer unzutreffenden Darstellung der Situation in Leipzig. Nach Auffassung der Koalition gibt es dort den größten Anstieg an Kriminalität im Zusammenhang mit Graffiti. Der Anstieg ist aber nur minimal im Vergleich zu anderen Städten.
Dann tritt Kollege Pohle auf den Plan und sagt: Wir müssen schnell reagieren! Wir brauchen eine Botschaft für den Kommunalwahlkampf! Unser schönes Leipzig verwahrlost wegen sozialdemokratischer Untätigkeit! – Soll das das Thema sein?
Ach, Sie nicken auch noch? Wunderbar. Dann ist klar, welches Schauspiel gerade abläuft. Vielen Dank, dass Sie genickt haben.
Die Frage ist: Was wollen Sie wirklich? Wie wollen Sie mit diesem Thema umgehen? Was ist denn genau Ihr Problem? Warum soll man nicht darüber diskutieren, ob es sinnvoll ist, eine solche Subkultur in bestimmtem Maße zu fördern?
Wo ist das Problem? Es kommt doch auf die Form der Förderung an. Wir müssen natürlich den Aspekt des Eigentums im Blick haben. Aber wir müssen auch zum Thema machen, inwieweit wir bereit sind, auch solche Formen von Kultur in unserer Gesellschaft zu akzeptieren und ihnen einen Freiraum zu geben. Das muss doch möglich sein.
Aber ich vermute etwas anderes – das haben Sie bestätigt –: Es geht Ihnen nur um Wahlkampfgerassel. Sie möchten heute hier erleben, dass die Opposition – in dem Fall: die SPD – den Antrag ablehnt, damit Sie dann zu den Eigentümerverbänden ziehen und ihnen sagen können: „Die böse SPD tut nichts dagegen! Die böse Opposition will nicht dagegen kämpfen, dass Häuser vollgeschmiert werden!“ Damit versuchen Sie Wahlkampf zu betreiben.
Wir werden einen Strich durch Ihre Rechnung machen, weil das so einfach nicht funktionieren wird. Wir werden diesem Antrag zustimmen, weil nicht mehr darin steht als im Jahr 2000. Das heißt, 14 Jahre haben Sie gebraucht, um einen neuen Berichtsantrag zu schreiben, der sich in der Sache keinen Millimeter nach vorn bewegt. Sie versuchen wieder nur populistisch so zu tun, als hätten Sie sich dieser Probleme angenommen. Dann hätte man daraus einen vernünftigen Antrag machen sollen.
Um das Ganze auf die Spitze zu treiben, kann ich nur noch meinen Kollegen Parlamentarischen Geschäftsführern Herbst und Piwarz empfehlen: Überweisen Sie den Antrag doch an den Ausschuss zurück. Dann können Sie eine Anhörung durchführen und noch mehr Fragen stellen
und noch mehr Berichtswesen führen. Das können Sie dann alles denjenigen vorlegen, denen Sie vorgaukeln wollen, Sie hätten etwas getan. In Wirklichkeit beschäftigen Sie sich nicht mit den Dingen, die wir aus unserer Sicht eigentlich mit dem Thema verbinden sollten, sondern Sie zünden Nebelkerzen. Das machen Sie seit 14 Jahren. Das ist wenig überzeugend. Wir wollen uns nicht den Vorwurf gefallen lassen, dass wir bei Berichtsanträgen unsere Zustimmung verweigern. Deshalb werden wir einem weiteren Bericht zustimmen.
Sehr gern, Herr Präsident. Lieber Kollege, was Sie zum Schluss ausgeführt haben, steht nicht in dem Antrag. Das ist mein Vorwurf: dass Sie nicht konkret geworden sind. Was Sie gerade getan haben, wäre mal ein konkreter Punkt gewesen, den man in einen Antrag hätte gießen können. Das haben Sie nicht getan. Ich frage mich, warum das der Fall ist. Warum nähern Sie sich dem Thema durch immer weitere Berichtsanträge?
Des Weiteren würde ich vorsichtig sein, wenn Sie darüber sprechen, dass die Sozialdemokraten in Leipzig es toll finden, wenn irgendwelche Leute Sachbeschädigungen begehen und Wände vollschmieren. Das ist auch eine Klatsche gegenüber der Polizei, die dort ermitteln muss, und eine Klatsche gegenüber denjenigen, die das in Leipzig zu verantworten haben. Ich kann mich nicht erinnern, dass der Kollege Merbitz in unsere Partei eingetreten wäre. Insofern ist das abstrus, was Sie hier zu konstruieren versuchen. Es geht hier im Wesentlichen darum, bei einem sehr komplexen schwierigen Thema, zu dem es bei den Menschen ganz unterschiedliche Empfindungen gibt, mit einfachen populistischen Botschaften etwas zu verklären, was dieser Antrag nicht enthält. Was Sie dort hineininterpretieren, ist nicht Gegenstand Ihres Antrags, sondern Sie lassen sich erneut – ich sage es noch einmal – nach 14 Jahren berichten und sagen nicht, was Sie ändern wollen.
Das war aber ein langer Satz. – Lieber Kollege, könnten Sie mir einmal erläutern, wie wir nach Ihrer Auffassung in die Struktur des ÖPNVs eingreifen, wenn wir mit einem Antrag eine zusätzliche Leistung gleichzeitig durch zusätzliches Landesgeld honorieren?
Lieber Herr Kollege, können Sie mir einmal erläutern, von welcher Wahlfreiheit Sie sprechen, wenn wir über die Bestellung der Schülerbeförderung reden?
Dann braucht es ja keinen Bus.
Danke.
Ich habe Sie gefragt, von welcher Wahlfreiheit Sie bei der Bestellung der Schülerbeförderung sprechen.
So ist es, Herr Präsident, damit alles seine Ordnung hat und auch im Protokoll entsprechend vermerkt ist: Das Gleiche beantrage ich für meine Fraktion.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es voranzustellen: Wir unterstützen den Antrag der LINKEN und begrüßen ihn außerordentlich; denn mit diesem Antrag wird unser gemeinsames Projekt, ein sächsisches Inklusionsgesetz hier endlich ins Leben zu rufen, mit den Zielen, die man dort beschrieben hat, verankert.
Das ist richtig so, und es geht im Kern auch darum, dass wir die Verbesserung der Beschäftigungssituation von Menschen herbeiführen. Deshalb ist es aus meiner Sicht nicht nur allein ein sozialpolitisches, sondern auch ein arbeitsmarktpolitisches Thema, und deshalb spreche ich heute hier auch.
Es muss darum gehen, dass wir mit einem Gesetz und allen Maßnahmen, die wir im Sächsischen Landtag beschließen, allen Menschen im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Zugang zum Arbeitsmarkt einräumen. Aus diesem Grund verfolgt der Antrag ein richtiges Ziel. Im Wesentlichen geht es darum, dass die Ziele, die auch in der Resolution der Vereinten Nationen festgeschrieben sind – das Recht auf Inklusion und Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt, das jeder haben soll –, in diesem Antrag umgesetzt werden.
Mein Eindruck von der Staatsregierung in den letzten Jahren ist: Gerade durch das Fehlen eines umfassenden Aktionsplanes gibt es noch die eine oder andere Baustelle, die wir bearbeiten sollten. Wenn es nicht zu einem allumfassenden Plan kommen sollte, um die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen, müssen wir Stück für Stück diesen Weg beschreiten. Insofern ist der Antrag nur logisch.
Ich möchte einige Zahlen nennen, um es zu verdeutlichen. Laut Statistischem Landesamt hatten wir Ende 2011 circa 355 000 Menschen mit Schwerbehinderung in Sachsen. Das waren circa 70 000 Menschen mehr als noch 1995. Die Anzahl schwerbehinderter Menschen, die stärker in den Fokus gerückt werden müssen, steigt damit. Deshalb müssen wir als Politik handeln.
Laut Zahlen der Bundesagentur waren Ende November 2013 circa 185 000 Menschen erwerbslos, sowohl die ALG-I- als auch die ALG-II-Bezieher betreffend. Dass diese Zahl um 70 000 gesunken ist, ist gut und richtig, und es ist erfreulich – trotz eines FDP-geführten Ministeriums. Aber die Zahl der beschäftigten Schwerbehinderten in diesem Zeitraum ist von 11 200 auf 10 800 gesunken, also lediglich um 400 Personen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden haben. Das ist gut für die Betroffenen, und das freut mich für sie. Aber man muss auch feststellen, dass Menschen mit Behinderung von diesem Aufschwung am Arbeitsmarkt nicht profitiert haben. Das ist eine fatale Entwicklung.
Dazu passt im Übrigen auch, dass die Pflichtbeschäftigungsquote Ende 2011 bei 4,1 %, im öffentlichen Dienst bei circa 6 % und in der Privatwirtschaft bei 3,3 % lag. Das heißt, auch dort gibt es noch Handlungsbedarf und wir sollten uns dieser Probleme annehmen.
Die Zahlen nenne ich deshalb, damit allen hier im Raum klar wird, worin das eigentliche Problem liegt. Wenn die Staatsregierung mit der Allianz für Beschäftigung für Menschen mit Behinderung große Erfolge vorzuweisen hätte, dann hätten wir sicher schon davon gehört.
Ich will deutlich sagen: Ich bin nicht gegen diese Allianz – nicht, dass das in den falschen Hals gerät –, aber ich finde, dass sie viel zu spät kommt. Es gibt vergleichbare Bundesländer, die bereits 2004/2005 mit diesem Thema angefangen haben. Ich denke auch, dass sie nicht so positiv ist, wie sie hier dargestellt wird. Das haben meine soeben gebrachten Zahlen verdeutlicht. Sie allein wird nicht ausreichen.
Wenn man sich anschaut, welche Möglichkeiten wir hätten, um Menschen mit Behinderung am Aufschwung angemessener zu beteiligen, dann müsste man – zumindest die Zahlen betreffend – zu dem Schluss kommen, dass die Ansätze der Staatsregierung gescheitert sind. Die Zahlen belegen, dass die Menschen mit Behinderung an diesem Aufschwung nicht teilgehabt haben.
Mit Blick auf die Demografie wird das nicht besser. Es wissen alle hier im Raum: Wir sind das älteste Bundesland, den Durchschnitt betreffend. Die Zahl der Menschen mit Schwerbehinderung wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Auch die Zahl derer, die dennoch arbeitsfähig sind und daher eine Beschäftigung suchen, wird weiter steigen.
Darüber hinaus sagt eine aktuelle Studie der Bundespsychotherapeutenkammer, dass man davon ausgehen muss, dass der allgemeine Altersdurchschnitt durch die Zahl der Menschen steigt, die vergleichsweise in jungen Jahren von Einschränkung oder Frühverrentung betroffen sind. Es kommt ein großes Problem auf uns zu, und ich bin mir nicht ganz sicher, ob sowohl Frau Ministerin Clauß als auch Herr Minister Morlok genau diese Dimension des Problems erkannt haben.
Ich denke, es ist notwendig, dass wir mit diesem Antrag den Blick auf die Probleme lenken und dass wir es in Zukunft besser machen müssen. Deshalb ist der Antrag wichtig, und wir werden ihm zustimmen.
Sie müssen mich nicht immer daran erinnern, wie groß unsere Fraktion ist. Das schmerzt. Gut, zwei Minuten und 44 Sekunden.
Bei zwei Minuten und 44 Sekunden müssen wir schauen, dass wir größer werden, um mehr Redezeit zu bekommen; deshalb im Schnelldurchlauf. Kollege Heidan, denke ich an Heidan in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht; Sie haben mit Heine begonnen, deshalb möchte ich mit Heine auch wieder anfangen. Ich habe aber die Hoffnung aufgegeben, dass wir beide uns über die Themen noch austauschen müssen, denn da ist Hopfen und Malz verloren.
Wir haben 120 000 Menschen in Sachsen, die Aufstocker sind oder Ergänzer. Wir haben mit Blick auf die Niedriglohnschwelle, die bei 1 379 Euro liegt, die Situation, dass fast jeder Vierte unterhalb dieser Niedriglohnschwelle leben muss und arbeitet. Wir haben eine Zahl, die auch sehr bezeichnend ist: dass jeder Zweite dieser Menschen, die niedrig bezahlt werden, sogar in Vollzeit beschäftigt ist. Auch das ist eine Tatsache, und wir haben ein Problem damit, dass jeder Dritte unter 35 Jahren in Sachsen im Niedriglohnbereich arbeitet. Da sage ich einmal ganz deutlich: Wer vor diesen Zahlen die Augen verschließen möchte, der hat die Realität in diesem Land vollkommen verkannt,
der ist auch nicht mehr in der Lage, die wirklichen Probleme und Ängste der Menschen in diesem Land wahrzunehmen, der lebt wirklich in einer anderen Welt. Wer in diesem Zusammenhang noch davon spricht, dass wir hier Tarifautonomie hätten und dann ein Beispiel, einen Hinweis aus der Chemieindustrie bringt, dass es in den Bereichen ja sogenannte Mindestlöhne gibt, der hat wirklich keine Ahnung.
Die Chemieindustrie in Sachsen ist fast vollflächig im Rahmen von Tarifverträgen geregelt. Das heißt, wir haben hier im Bereich der Chemieindustrie Tarifverträge. Gerade dieses Beispiel, Kollege Heidan, ist ein falsches Beispiel, dass Sie untersetzen wollen, dass es Bereiche gäbe, die stark dastehen und keine Tarifverträge brauchen. Die Chemieindustrie ist ein falsches Beispiel dafür.
Wenn Sie den Hinweis auch noch zur Kenntnis nehmen würden, dass wir in der Tat eine Staatsregierung haben, die auf eine Kleine Anfrage keine Antwort geben kann, mit der ich frage, wie viele denn in Sachsen tatsächlich tarifgebunden sind, und mir sagt, es gebe keine Daten dazu, wie viele Unternehmen mit wie viel Beschäftigten tarifgebunden seien, während das IAB-Betriebspanel sagt, dass 16 % der Betriebe mit Branchen- oder Haustarifen vertreten sind und 44 % der Beschäftigten damit in sogenannten Branchen- oder Haustarifen entlohnt werden und dass der Wert ständig rückläufig ist, dann haben wir
wirklich ein Problem, das wir hier auch miteinander besprechen sollten.
Die übrig gebliebenen 16 Sekunden nutze ich jetzt nicht; mehr im Schlusswort.
Herzlichen Dank.
Lieber Kollege, ich habe ja schon viel wirres Zeug hier im Sächsischen Landtag gehört, doch es gibt immer noch eine Steigerung. Ich freue mich, dass Sie schreiben, auch dass Sie an die IG BCE schreiben. Aber was das mit dem Thema hier zu tun hat, müssen Sie mir erst einmal erklären.
Selbstverständlich, Herr Präsident. Auf diesen Redebeitrag möchte ich kurzfristig intervenieren.
Ich stelle fest, dass dem Kollegen die persönliche Eitelkeit wichtiger ist, als sich mit der Lebenssituation der Menschen in diesem Land auseinanderzusetzen.
Der Kollege hat ein Problem damit, dass er bei einer großen Veranstaltung nicht namentlich benannt worden ist. Das lässt Rückschlüsse auf sein Selbstbewusstsein zu. Das ist aber nicht Gegenstand der Debatte hier im Landtag. Im Übrigen bin ich auch nicht der Postkasten für die Gewerkschaften, sondern ich habe mich inhaltlich mit der Situation auseinandergesetzt, habe Zahlen und Fakten benannt, habe etwas über die Tarifbindung gesagt, und das alles war, glaube ich, ein Beweis dafür, dass wir dringend handeln müssen, damit die Menschen in diesem Land von ihrem Lohn auch leben können. Darüber sollten wir uns unterhalten und nicht darüber, ob jemand nicht erwähnt worden ist oder ob er irgendwelche Briefe geschrieben hat.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun das Schlusswort.
Kollege Herbst, es geht nicht um staatlich verordneten Wohlstand. Ich weiß nicht, woraus sich Ihr Wohlstandsbegriff hier ableitet. Es geht darum, dass wir vernünftige Löhne brauchen, gleiche Löhne für gleiche Arbeit, und dass wir Lohndumping und Leiharbeit eindämmen müssen, damit die Menschen von ihren Löhnen auch leben können. Das hat nichts mit Wohlstand zu tun.
Überall dort, wo wir Steuergelder einsetzen, wo wir Geld der Steuerzahler aus Sachsen verwenden, müssen wir uns fragen, was wir damit erreichen wollen. Es muss darum gehen, dass wir, wenn wir staatlich fördern, wenn wir Mittel einsetzen, nur die Arbeit fördern, die am Ende dazu führt, dass es qualitativ hochwertige Arbeit ist und dass es Arbeit ist, bei der die Menschen mit ihrem Lohn und den Sozialleistungen, die daran hängen, vernünftig leben können, und dass es kein Lohn- und Sozialdumping ist.
Ich glaube, es ist durchaus nachvollziehbar, dass wir zur Frage Arbeit eine andere Position haben. Es ist eben nicht so, dass alles gut ist, was Arbeit schafft. Das ist genau falsch. Das ist das, was die Konservativen seit Anfang der Neunzigerjahre vor sich hergetragen haben. Es geht nicht darum, dass das gut ist, was Arbeit schafft, sondern darum, Arbeit zu Bedingungen zu schaffen, bei der die Menschen davon leben und ihre Lebensträume verwirklichen können.
Das ist der Ansatz. Nichts anderes steht in unserem Antrag.
Deshalb brauchen wir Arbeitsplätze, die, wenn sie gefördert sind, an einem Leitbild orientiert sind, an einer guten
Arbeit. Ich finde es durchaus legitim, dass, wenn wir als Freistaat schon in die Förderung gehen, bestimmte Bedingungen daran geknüpft sind – ich werde auch nicht müde, das immer zu wiederholen –, sei es im Vergabegesetz oder im Rahmen von Anträgen.
Es ist ein skandalöser Vorgang, dass die Wirtschaftsförderung Sachsen bis vor einigen Monaten – bis wir es hier angesprochen haben und es entlarvt wurde – auf der Internetseite und in Publikationen damit geworben hat, dass in Sachsen im Durchschnitt 27 % weniger verdient wird als in anderen Ländern, und deshalb müsse man nach Sachsen kommen. Das ist ein Skandal und dahinter verbirgt sich die Denke in diesem Land!
Mit diesem Antrag wollen wir nicht mehr und nicht weniger, als den Menschen im Land zu sagen: Es geht auch anders als das, was hier an Politik betrieben wird. Stimmen Sie deshalb unserem Antrag zu!
Musterverfahren (Frage Nr. 2)
Am 2. Januar 2014 wurden durch das Landesamt für Finanzen eine Vielzahl von – aufgrund der bislang nicht ausgeurteilten Rechtslage von der Behörde seit mehreren Jahren ruhend gestellten – Widersprüchen abgelehnt verbeschieden. Die betreffenden Widersprüche waren von Beamtinnen und Beamten des Freistaates Sachsen gegen ihre altersdiskriminierende Besoldung eingelegt worden.
Alle betroffenen Beamtinnen und Beamten als Widerspruchsführer müssen nunmehr innerhalb der einmonatigen Rechtsmittelfrist Klage bei dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben, wenn sie ihre dem Widerspruch zugrundeliegenden Rechtsansprüche nicht verwirken wollen. Laut Auskunft der Gewerkschaften sind hiervon mehr als 11 000 Beamtinnen und Beamte betroffen.
Fragen an die Staatsregierung:
1. Aus welchen sachlichen Gründen oder Erwägungen lehnt die Staatsregierung bzw. die ihr nachgeordneten Behörden die Durchführung von Musterverfahren entgegen ihres vorherigen Verhaltens nunmehr ab?
2. Inwiefern ist diese Ablehnung mit dem Grundsatz der Prozessökonomie sowie mit dem Gedanken eines leistungsfähigen öffentlichen Dienstes und mit dem hiermit zusammenhängenden Anspruch, die Verwaltung, Gerichtsbarkeit und deren Bedienstete von unnötigen Aufgaben zu entlasten, vereinbar?
Eine Kurzintervention auf die Rede von meiner geschätzten Kollegin Pinka.
Wirklich?
Schade. Haben wir noch Redezeit?
Da würde ich mich mit meinem Fraktionsvorsitzenden überwerfen.
Kollege Bienst, nur eine kurze Frage: Könnten Sie mir erläutern, warum Sie das im Jahr 2010 beschlossen haben, was dann später Grundlage eines Verfassungsgerichtsurteils wurde?
Ja, dann machen Sie mal!
Darf ich noch eine Nachfrage stellen?
Herr Bienst, vielen Dank. – Weil es auch wichtig ist für das Abstimmungsverhalten meiner Fraktion: Habe ich Sie richtig verstanden, dass der in unserem Antrag – gemeinsam mit den LINKEN und den GRÜNEN – vorgeschlagene Zeitpunkt 31. März 2014 aus Ihrer Sicht nicht zu realisieren ist? Wenn dem so wäre, dann würde eine Überweisung keinen Sinn machen.
Herr Bienst, können Sie sich denn vorstellen, dass es zu einer Regelung kommt, die vor dem 31. März 2014 in Kraft tritt?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema ist dringlich, unabhängig von der Auslegung der Geschäftsordnung und auch der Wertung in der Auslegung vor allen Dingen mit Blick darauf, dass diese Landtagswahl einer gewissen Vorbereitungszeit bedarf. Ich erinnere nur an die Arbeiten, die durch die Kommunen geleistet werden müssen. Auch die warten dringend darauf, endlich zu erfahren – auch mit Blick auf die Urlaubsplanung und die Zusammensetzung von Wahlausschüssen und -vorständen –, wann der Wahltermin ist.
Insofern werden wir unabhängig von der Auslegung der Geschäftsordnung dieser Dringlichkeit zustimmen.
Lieber Kollege, können Sie sich vorstellen, dass die erfolgreiche Geschichte des Handwerks eng mit einer Form der Mitbestimmung verbunden ist, die zum Beispiel in den Kammern gepflegt wird und geprägt ist durch eine Sozialpartnerschaft zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern?
Ich nähere mich langsam an, damit der Kollege folgen kann.
Können Sie sich deshalb vorstellen, dass das Thema Handwerk und Gewerkschaften kein Widerspruch ist?
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um einmal da anzuknüpfen, wo mein Kollege Tischendorf gerade war: In der Tat hatte ich auch so meine Schwierigkeiten mit dem Antrag. Was will uns der Dichter damit sagen? Wohin soll es gehen? Er war teilweise vage formuliert und enthielt auch Dinge, die nach meinem Verständnis zur Selbstverständlichkeit gehören. Aber Kollege Heidan hat mir dann doch noch einmal gezeigt, dass es Sinn macht, darüber zu diskutieren, denn da gibt es doch noch unterschiedliche Auffassungen, sodass es vielleicht auch wieder etwas lebhafter werden kann.