Protokoll der Sitzung vom 11.06.2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 59. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags.

Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Frau Klinger, Frau Nicolaus und Frau Bonk.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 4 und 5 sowie 7 bis 10 folgende Redezeiten festgelegt: CDU bis zu 90 Minuten, DIE LINKE bis zu 60 Minuten, SPD bis zu 36 Minuten, FDP bis zu 36 Minuten, GRÜNE bis zu 30 Minuten, NPD bis zu 30 Minuten, Staatsregierung 60 Minuten. Die Redezei

ten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf die Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Der Innenminister, Herr Staatsminister Ulbig, möchte eine Erklärung abgeben. Ich schlage Ihnen vor, diese Erklärung vor dem Tagesordnungspunkt 3, Aktuelle Stunde, also nach dem abgeschlossenen Tagesordnungspunkt 1, der die Regierungserklärung in Tagesordnungspunkt 2 inkludiert, einzuordnen.

Ich sehe keine weiteren Änderungsvorschläge zur oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 59. Sitzung ist damit bestätigt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Wahl eines Mitglieds sowie zweier stellvertretender Mitglieder

des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen

(gemäß § 3 des Sächsischen Verfassungsgerichtshofgesetzes)

Drucksache 5/9547, Wahlvorschlag der Staatsregierung

Ihnen liegt in der Drucksache 5/9547 – es ist eine Neufassung – ein Wahlvorschlag der Staatsregierung vor. Gestatten Sie mir dazu bitte folgende Vorbemerkung:

Unser Verfassungsgerichtshofgesetz sieht vor, dass die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder für neun Jahre gewählt werden. Für berufsrichterliche Mitglieder gibt es aber die Einschränkung, dass mit Ausscheiden aus dem Hauptamt auch ihre Tätigkeit beim Verfassungsgerichtshof endet.

Für das bisherige Mitglied, Herr Rainer Lips, und das bisherige stellvertretende Mitglied, Herr Konrad Gatz, ist dies der Fall, da beide wegen Erreichens der Altersgrenze, die im Jahr 2012 nicht mehr bei 65 Jahren, sondern bei 65 Jahren plus 1 Monat liegt, in diesen Tagen in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet worden sind – Herr Gatz – bzw. Ende August – Herr Lips – verabschiedet werden. Die taggenaue Berücksichtigung dieser Tatsache war auch der Grund für die Ihnen jetzt vorliegende Neufassung der Drucksache.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, beiden Herren an dieser Stelle auch im Namen des Sächsischen Landtages meinen Dank für ihr langjähriges Wirken am Verfassungsgerichtshof auszusprechen und ihnen für den Ruhestand alles Gute zu wünschen.

(Beifall des ganzen Hauses)

Zur Neuwahl werden in der genannten Drucksache vorgeschlagen:

1. Herr Prof. Dr. Uwe Berlit zur Wahl als berufsrichterliches Mitglied;

2. Frau Dr. Bettina Dick als stellvertretendes berufsrichterliches Mitglied für die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen, Frau Birgit Munz;

3. zur Wiederwahl wegen Ablaufs der neunjährigen Amtszeit Herr Dr. Michael Gockel als stellvertretendes berufsrichterliches Mitglied für den Vizepräsidenten des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen, Herrn Dr. Jürgen Rühmann.

Meine Damen und Herren! Gemäß § 67 der Geschäftsordnung in Verbindung mit § 3 des Sächsischen Verfassungsgerichtshofgesetzes wählt der Sächsische Landtag die Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ohne Aussprache in geheimer Wahl mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder.

Hierzu berufe ich aus den Reihen der Schriftführer eine Wahlkommission: von der Fraktion DIE LINKE Frau Roth, die in bewährter Weise als Leiterin fungiert; von der CDU Herrn Colditz, von der SPD Frau Dr. Deicke, von der FDP Herrn Hauschild und von den GRÜNEN Frau Giegengack.

Ich bitte Sie, verehrte Frau Kollegin Roth, den Wahlaufruf vorzunehmen.

(Kurze Verzögerung)

Herr Kollege Colditz eilt durch das weite Rund des Saales. Jetzt kann es losgehen.

Meine Damen und Herren, wir können beginnen. Die Abgeordneten werden wie immer in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen und erhalten einen Stimmschein, auf dem entsprechend der angegebenen Drucksache die Kandidaten als Mitglieder beziehungsweise stellvertretende Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes aufgeführt sind. Sie können sich zu den Kandidaten durch Ankreuzen in dem entsprechenden Feld für Ja, Nein oder Stimmenthaltung“ entscheiden. Wer die erforderliche Zweidrittelmehrheit – das sind 88 Jastimmen – erhält, ist gewählt.

(Namensaufruf – Wahlhandlung)

Meine Damen und Herren! Ist jemand im Saal, den ich nicht aufgerufen habe? – Das kann ich nicht erkennen.

(Kurze Unterbrechung)

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich wiederhole die Frage der Leiterin der Wahlkommission, ob noch jemand im Saal ist, der nicht gewählt hat. – Das kann ich nicht feststellen. Ich schließe die Wahlhandlung und bitte die Wahlkommission, das Ergebnis festzustellen.

Wie im Präsidium vereinbart, unterbreche ich diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Regierungserklärung zum Thema "Solidität und Solidarität:

Richtschnur Sachsens auch bei Fiskalpakt und ESM"

Ich übergebe das Wort an den Ministerpräsidenten, Herrn Stanislaw Tillich.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Bundestag und der Bundesrat haben vor knapp zwei Wochen über eine wichtige Zukunftsfrage für Deutschland zu entscheiden gehabt. Ich habe am Vorabend, dem 28. Juni, die Fraktionsvorsitzenden über die anstehende Entscheidung informiert, die im Bundesrat zu treffen ist, und die Position des Freistaates Sachsen dargelegt. Heute möchte ich die Gelegenheit nutzen, dies vor dem Plenum zu tun.

Es ging um das Gesetz über die innerstaatliche Umsetzung des Europäischen Fiskalpaktes und um das Gesetz zur Errichtung eines dauerhaften Rettungsschirms für die Eurozone, den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM. Wir wissen, die ernste Lage für den Euro ist noch lange nicht überwunden, aber der Bund und die Länder übernehmen gemeinsam Verantwortung für die Zukunft Europas; denn, meine Damen und Herren, Europa ist mehr als der Euro – eine Region des Friedens, der Demokratie und der Freiheit, und das soll auch so bleiben.

(Beifall bei der CDU und der FDP sowie der Abg. Martin Dulig und Stefan Brangs, SPD)

Der Freistaat Sachsen hat daher beiden Gesetzen am 29. Juni im Bundesrat zugestimmt. Wir setzen mit unserer Zustimmung die bewährte europapolitische Linie, die Bundesregierung kritisch-konstruktiv zu unterstützen, fort. Für unsere Zustimmung hatten wir gute Gründe: ESM und Fiskalpakt sind wichtige Instrumente, um die Europäische Währungsunion dauerhaft zu stabilisieren. Beide Instrumente entsprechen den Forderungen, die der Freistaat Sachsen am 30. September 2011 im Bundesrat gestellt hat, nämlich die Härtung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes und die Gewährung von Rettungshilfen

aus dem ESM nur gegen die Umsetzung harter Auflagen. Für uns ist am Ende ausschlaggebend, dass es in Europa Solidarität nur gegen solide Finanzen gibt.

Deutschland geht hier mit gutem Beispiel voran. Der Fiskalpakt ist die Umsetzung der deutschen Schuldenbremse auf europäischer Ebene. Die Schuldenbremse ist richtig, also kann der Fiskalpakt nicht falsch sein.

Über die Details des Fiskalpaktes haben der Bund und die Länder miteinander hart verhandelt. Am Ende der Verhandlungen zwischen Bund und Ländern stand ein fairer Interessenausgleich. Er bürdet dem Freistaat Sachsen keine unmittelbaren weiteren Lasten auf und entlastet die sächsischen Kommunen. Folgende Punkte sind dabei hervorzuheben:

Erstens. Der Bund hat die Länder bis 2019 von Sanktionszahlungen gegenüber Brüssel freigestellt, ebenso von Konsolidierungsmaßnahmen, die über die Schuldenbremse im Grundgesetz hinausgehen. Die Haushaltsautonomie des Sächsischen Landtags bleibt damit gewahrt. Andererseits übernimmt der Freistaat Sachsen Verantwortung für seine Kommunen und achtet darauf, dass deren Defizite und Schulden die Ziele des Fiskalpaktes nicht gefährden. Ich möchte aber ausdrücklich hervorheben: Die sächsischen Kommunen haben in den vergangenen Jahren große Anstrengungen unternommen, um ihre Defizite zu verringern und Schulden zu tilgen. So viel Solidität verdient Solidarität.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Zweitens. Der Bund stellt im Jahr 2013 insgesamt 580 Millionen Euro für den Ausbau von Kindertagesstätten und einen Betriebskostenzuschuss in Höhe von 75 Millionen Euro zur Verfügung. Für Sachsen bedeutet dies nach einer Überschlagsrechnung rund 27 Millionen Euro für Investitionen sowie einen jährlichen Be

triebskostenzuschuss in Höhe von circa 3,75 Millionen Euro.

Drittens. Der Bund hat eine signifikante Entlastung bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen in Aussicht gestellt. Dazu soll in der nächsten Legislaturperiode ein neues Bundesleistungsgesetz erarbeitet werden. Dadurch können auch unsere Kommunen ab 2014 wesentlich entlastet werden.

Viertens. Die Entflechtungsmittel für die ehemaligen Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern sollen fortgeführt werden. Im Herbst soll abschließend entschieden werden, in welcher Höhe und wie lange der Bund diese zahlen wird.

Fünftens. Eine weitere Entlastung soll es für die Kommunen auch bei der Grundsicherung im Alter geben; denn die Kommunen verzeichnen bei dieser Sozialleistung erhebliche jährliche Steigerungsraten. Die Ausgabenerstattung erfolgt jedoch ein Jahr später. Ab 2013 bekommen die Kommunen ihre Ausgaben vom Bund nunmehr in Echtzeit erstattet, also auf der Basis der laufenden Ausgaben. Im Jahr 2013 können die Kommunen deutschlandweit dadurch um 500 Millionen Euro, in Sachsen um circa 8 Millionen Euro zusätzlich entlastet werden.

Sechstens. Bund und Länder haben sich auf ein intelligentes Schuldenmanagement verständigt. Ab 2013 soll es gemeinsame Anleihe-Emissionen von Bund und Ländern im sogenannten Huckepackverfahren geben. Das könnte für die Länder die Kosten der Schuldenaufnahme verringern – so die Idee. Noch liegen keine konkreten Vorschläge auf dem Tisch. Deshalb hat Sachsen im Bundesrat eindeutig erklärt: Eine gemeinsame Haftung für die dabei übernommenen Schulden schließt der Freistaat aber aus.