Protokoll der Sitzung vom 01.09.2010

Die Kosten einer solchen Versicherung sind im Verhältnis zum Anschaffungspreis eines Hauses eher gering. Sie sind auch bei Objekten in exponierter Lage möglich und bezahlbar. Für Ostritz zum Beispiel wäre nach Angaben des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft ein Grundstück in der dritthöchsten Gefährdungsklasse für circa 300 Euro im Jahr zu versichern.

Meine Damen und Herren, das gilt auch für die Kommunen. Es besteht für alle Gemeinden in Sachsen die Möglichkeit, öffentliche Anlagen gegen Elementarschäden zu versichern, zum Beispiel bei der Ostdeutschen Kommunalversicherung.

Tatsächlich sind jedoch überraschend viele vom Hochwasser betroffene Kommunen nicht versichert. Keine Versicherung für öffentliches Eigentum abzuschließen ist nahezu unverantwortlich, wenn vor allem die Gemeinde nicht in der Lage ist, den entstandenen Schaden selbst zu schultern. Im Übrigen ist Versicherungsschutz nicht nur deshalb wichtig, weil es im Schadensfall finanzielle Unterstützung gibt. Im Vorfeld beraten die Versicherungen auch ihre Kunden, welche Maßnahmen sie ergreifen können, um Schäden und Prämienzahlungen zu reduzieren.

Mein zweiter Punkt zum Thema Schadensbeseitigung: Es war und es ist uns wichtig, in kurzer Zeit handlungsfähig zu sein und zu helfen. Schon vier Tage nach dem Hochwasser gab es den ersten Kabinettsbeschluss zu Hilfsmaßnahmen; denn das Geld soll rasch dort ankommen, wo es dringend benötigt wird. Wir haben deshalb 10 Millionen Euro Zinsverbilligungsmittel in die Hand genommen. Damit können von der Sächsischen Aufbaubank zinsverbilligte Darlehen mit einem Zinssatz von 0,75 bzw. 1,5 % vergeben werden. Wir kommen damit auf ein Darlehensvolumen von 100 Millionen Euro. Es gibt Darlehensprogramme für alle Gruppen von Geschädigten, für Private, Unternehmen und Kommunen. Der Freistaat Sachsen ist für alle diese Darlehensprogramme der Kreditausfallbürge. Kann ein Bürger oder ein Unternehmen das Darlehen nicht zurückzahlen, tritt der Freistaat komplett in die Haftung ein.

Noch etwas ist mir wichtig:

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Für die 10 Millionen!)

Nicht für die 10 Millionen, sondern für die 100 Millionen! – Kommunen und Unternehmen können die Darlehen als Eigenmittel verwenden, um Zuschüsse aus unserem Fachförderprogramm zu bekommen. Bisher haben wir 17 Darlehensprogramme und Förderrichtlinien erlassen und entsprechend angepasst. Wir haben den staatlichen Zuschuss in den Fachförderprogrammen auf den maximalen Satz, in der Regel auf 90 %, gesetzt.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Zudem prüfen wir, meine Damen und Herren, wie wir die Mittel in den Förderprogrammen prioritär für die Beseitigung der Hochwasserfolgen einsetzen können, ohne Projekte in den nicht betroffenen Gebieten im Freistaat Sachsen zu gefährden.

Wie schon 2002 und 2006 werden die Darlehen in bewährter Weise von der Sächsischen Aufbaubank ausgereicht. Die SAB hat bereits am 10. August Bürgertelefone in den betroffenen Landkreisen und Städten eingerichtet. Bereits wenige Tage später waren ihre Beratungsteams in vielen betroffenen Gemeinden unterwegs. Die Mitarbeiter haben bisher mehr als 1 100 Beratungsgespräche mit Betroffenen geführt. Die ersten Anträge aus Unternehmen und der Wohnungswirtschaft sind in Bearbeitung. Anträge aus den Kommunen werden in den nächsten Tagen erwartet.

Zugleich kommt es darauf an, die Schadensbeseitigung rasch in Angriff zu nehmen, bevor Darlehen genehmigt und Fördermittel ausgereicht sind. Das öffentliche Leben soll schnell wieder in Gang kommen, Straßen befahrbar sein und besonders betroffenen Bürgern und Unternehmen in ihrer Not geholfen werden.

Deshalb haben wir ein kommunales Soforthilfeprogramm im Umfang von 5 Millionen Euro aufgelegt. Davon wurden 2,5 Millionen Euro aus dem Finanzausgleichsgesetz bereitgestellt, wofür ich mich bei den kommunalen Spitzenverbänden und deren Mitgliedern bedanke.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Damit konnten die ersten Schäden in den Gemeinden umgehend beseitigt werden und die Gemeinden besonders betroffenen Bürgern schnell und unkompliziert erste Unterstützung geben. Das Geld kommt vor allem Härtefällen zugute, also Bürgern, die von den Darlehensprogrammen und Förderrichtlinien nicht erfasst werden. Innerhalb einer Woche nach dem Hochwasser war damit ein ganzes Paket für die betroffenen Kommunen, Bürger und Unternehmen geschnürt.

Seither sind weitere Hilfsmaßnahmen hinzugekommen. Ein wichtiges Thema ist zum Beispiel der Wiederaufbau von Stützmauern. Hier haben wir wieder die gleiche Lösung wie 2002. Ist die Stützmauer Teil einer Straße, wird der Wiederaufbau aus dem Straßenbauprogramm finanziert; ist die Stützmauer Teil eines Gebäudes oder Grundstücks, fällt sie unter die Wohngebäuderichtlinie; ist

die Stützmauer wasserwirtschaftlich notwendig, wird sie durch den Träger der Unterhaltslast instand gesetzt.

Ein weiteres Beispiel aus dem Unternehmensbereich: Über die GA-Förderung kann die Neuanschaffung von Maschinen, die beim Hochwasser völlig zerstört wurden, bezuschusst werden.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Sven Morlok)

Für kleine Handwerksbetriebe, die von den bestehenden Förderrichtlinien nicht erfasst werden, werden wir in Gesprächen mit der Sächsischen Aufbaubank Einzelfalllösungen finden. In Absprache mit Wirtschaftsminister Morlok wird die Laufzeit der Darlehen an vom Hochwasser betroffene Unternehmen von fünf bzw. acht Jahren auf zehn Jahre verlängert.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Markus Ulbig)

Meine Damen und Herren! Wir können heute feststellen: Unser Hilfsprogramm wirkt. Sofort nach der Flut haben viele Bürger angefangen, die Schäden aus eigener Kraft zu beseitigen, unterstützt von Nachbarn, den Feuerwehren und vom THW. Bürgermeister und Landräte haben mit Sachspenden aus kommunalen Beständen geholfen, wenn Bürger ihren Hausrat durch das Hochwasser verloren haben.

Auch haben die Kommunen und Landkreise sofort reagiert und Hartz-IV-Empfängern mit Sonderzahlungen aus dem kommunalen Soforthilfeprogramm unbürokratisch geholfen. Ich bin mir mit Frau von der Leyen einig, dass diese Zahlungen nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden.

Bahnvorstand Dr. Grube hat mir bereits am Sonntag Hilfe zugesagt. Überspülte Schienenstrecken sind in vielen Fällen innerhalb weniger Tage wieder in Betrieb genommen worden. Weniger als drei Wochen nach dem Hochwasser hat zum Beispiel die Kirnitzschtalbahn wieder ihren Betrieb aufgenommen, wenn auch noch nicht auf der ganzen Strecke.

Mein herzlicher Dank gilt deshalb den Landräten und Bürgermeistern, die durch entschlossenes Handeln den Wiederaufbau rasch vorantreiben.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Ganz im Geiste der konstruktiven Hilfe miteinander tut auch der Freistaat alles, was ihm möglich ist. Bei der Auszahlung von Hilfsgeldern müssen wir beachten, dass es sich hierbei um Steuermittel handelt. Wir müssen auf Verwendungsnachweisen bestehen und bei Zahlungen an Unternehmen die Wettbewerbsregeln der Europäischen Union beachten.

Unter Beachtung dieser Grundsätze haben wir so rasch wie möglich gehandelt. Wir bündeln alle Anfragen nach staatlicher Hilfe in bewährter Weise bei der Sächsischen Aufbaubank. Wir koordinieren die Hilfe mit den Hilfsor

ganisationen. Wir unterstützen die Kommunen, die selbst am besten wissen, was zu tun ist. Der Freistaat macht ihnen ein Dienstleistungsangebot. Wenn die Kommunen es wünschen, werden sie Mitarbeiter der Landestalsperrenverwaltung und der Landesdirektionen beim Wiederaufbau beratend unterstützen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Auch das Finanzministerium hat sofort reagiert und für Hochwassergeschädigte Steuern gestundet, die Vollstreckungen ausgesetzt und neue Abschreibungsmöglichkeiten eingeräumt.

Das Innenministerium gibt den betroffenen Kommunen mit einem Haushaltserlass die Möglichkeit, ihren Haushaltsvollzug der besonderen Lage anzupassen. Bei allen aufgelegten Förderprogrammen für Bürger und Unternehmen zur Hochwasserschadensbeseitigung ist ein vorzeitiger Maßnahmenbeginn förderunschädlich.

Die Bürgermeister und Landräte der von dem Hochwasser betroffenen Kommunen wurden in meinem Auftrag am 25. August 2010 vom Staatsminister des Innern, Herrn Markus Ulbig, über das Hilfsangebot des Freistaates Sachsen informiert.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Die waren begeistert!)

Sie hatten dabei Gelegenheit, Anregungen zu geben sowie Fragen zu konkreten Schadensfällen zu stellen. Die Veranstaltung fand regen Zuspruch.

(Zuruf von der NPD)

Letztendlich waren die Bürgermeister mit diesen Aussagen in der Mehrheit zufrieden. Nicht zuletzt: Wir als Staatsregierung sind in Gesprächen mit dem Bund und der Europäischen Union über deren Möglichkeiten für eine Unterstützung. In den letzten Wochen habe ich mich mit der Bitte um Unterstützung des Bundes und der Europäischen Kommission an die Bundeskanzlerin Angela Merkel und an den Kommissionspräsidenten der Europäischen Union José Manuel Barroso gewandt. Zudem haben die Staatsminister bzw. deren Staatssekretäre die mit den Folgen des Hochwassers befassten Ressorts beim jeweiligen Bundesressort um Unterstützung gebeten.

Bei unseren polnischen und tschechischen Nachbarn habe ich dafür geworben, dass wir gegenüber der Europäischen Kommission gemeinsam als ein Schadensgebiet auftreten.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! In dieser Gesamtschau können wir feststellen: Insgesamt haben wir ein Hilfspaket geschnürt, in dem gute Lösungen für Private, für Unternehmen und Kommunen stecken. Noch einmal: Niemand soll wegen des Hochwassers in Existenznot geraten. Ich bin zuversichtlich, dass mit der Tatkraft der sächsischen Bürger und den zur Verfügung stehenden Hilfen die

Schäden durch das Augusthochwasser 2010 zügig wieder beseitigt werden können.

Nun zu den Lehren aus dem Hochwasser 2010. Meine Damen und Herren! Zur Bilanz des Augusthochwassers gehört auch, dass wir Lehren für die Zukunft ziehen. Ich möchte an dieser Stelle acht Punkte nennen, eigentlich sind es neun.

Erstens. Wir werden die Investitionen in den Hochwasserschutz fortführen; denn es hat sich gezeigt, dass sich unsere Maßnahmen für den Hochwasserschutz bewährt haben. Probleme haben diesmal eine Vielzahl eher kleiner Bäche gemacht, die wegen des Starkregens über die Ufer getreten sind, sowie der Dammbruch in Polen, der das Hochwasser in der Neiße-Region gefährlich verschärft hat.

Dort, wo unsere Hochwasserschutzmaßnahmen bis zum Augusthochwasser abgeschlossen waren, waren Häuser, Unternehmen und die kommunale Infrastruktur vor Überflutung davor geschützt. So haben die Schutzmaßnahmen Schaden vom VE Motorenwerk in Chemnitz ferngehalten. Auch eine Bürgerin – auch das gibt es –, die im Chemnitzer Ortsteil Einsiedel direkt an der Zwönitz wohnt, hat sich bei der Landestalsperrenverwaltung nach dem Hochwasser dafür bedankt, dass auf ihrem Grundstück wenige Tage vorher eine Wassermauer errichtet und abgeschlossen worden ist. Ich zitiere aus ihrem Brief: „Wäre die von Ihren Mitarbeitern durchgeführte Baumaßnahme nicht so zügig, so ordentlich und ohne Probleme durchgeführt worden, hätte unser Grundstück wieder unter Wasser gestanden.“

Es gibt eine ganze Reihe solcher Beispiele, die zeigen, dass unsere Hochwasserschutzprojekte wirken. Wir werden bis zum Jahre 2015 insgesamt 1 Milliarde Euro in den Hochwasserschutz investieren. Wir wissen aber auch, meine Damen und Herren, dass Hochwasserschutz einen Planungsvorlauf von mehreren Jahren braucht. Er ist und bleibt eine Generationenaufgabe. Das zeigt sich auch daran, dass wir noch nicht alle Mittel aus dem Aufbauhilfefonds 2002 verbaut haben. Mittel aus diesem Fonds umzuschichten, um die Flutschäden und den Wiederaufbau von diesem Jahr damit zu bezahlen, ist jedoch nicht möglich. Dieser Fonds ist durch ein Bundesgesetz errichtet worden. Das Gesetz bindet die Mittel an die Beseitigung der Flutschäden von 2002. Sie sind damit zweckgebunden.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Das kann man ändern!)

Für eine Gesetzesänderung bedarf es außerdem der Zustimmung vom Bundestag und Bundesrat. Und, meine Damen und Herren – jetzt hören Sie genau zu! –, zudem sollten Sie alle wissen, dass wir die 445 Millionen Euro bereits für konkrete Projekte des Hochwasserschutzes zum Schutze sächsischer Bürger und Unternehmen, ob in Riesa, in Torgau, in Eilenburg oder wo auch immer im Lande, verplant haben. Diese Mittel umzuschichten hieße, bisher geplante Hochwasserschutzmaßnahmen nicht zu

vollenden. Das kann nicht in unserem Interesse, im Interesse der sächsischen Bürger sein.

Natürlich bin ich nicht froh darüber, dass wir diese Mittel noch nicht verbaut haben. Es hätten in diesem Jahr noch mehr Bürger geschützt sein können, wenn geplante Projekte nicht seit Jahren verzögert worden wären. Denjenigen, die sich heute über die langsame Realisierung der Hochwasserschutzmaßnahmen beschweren, sage ich: Sie sind doch diejenigen, die sonst mehr Bürgerbeteiligung am politischen Prozess einfordern. Dann respektieren Sie gemeinsam mit uns jetzt bitte auch, dass Planfeststellungsverfahren längere Zeiträume beanspruchen. Auch Hochwasserschutz kann nur mit und nicht gegen die Bürger in Sachsen realisiert werden.

Persönlich bitte ich alle Bürger, die geplanten Maßnahmen im eigenen Interesse zu unterstützen, denn das nächste Hochwasser kommt bestimmt.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)