Protokoll der Sitzung vom 02.09.2010

Ich habe Ihren Worten sehr wohl zugehört und ich bin auch geneigt, Ihnen zu glauben. Ich gehe jetzt nicht so weit wie ein Wissenschaftler, der meinte, Denkmalschutz müsse doch ein schwarz-grünes Projekt sein, aber uns eint auf jeden Fall der Aspekt des Bewahrens. Deshalb wird es darauf ankommen, in dieser Aktuellen Debatte nicht nur Worte auszutauschen, sondern wir werden die Nagelprobe haben, wenn wir einen Gesetzentwurf bekommen. Wir werden vorher schon mit dem von uns eingebrachten Antrag die Chance haben, ganz konkrete Aspekte zu diskutieren, was in einem solchen Denkmalschutzgesetz novelliert werden sollte und was nicht.

Zu Herrn Karabinski würde ich gern sagen: Ich glaube, Sie irren grundsätzlich. Es ist wichtig, die Fachwelt so zeitig wie möglich einzubeziehen. Ministeriumsbeamte, die in ihrem stillen Kämmerlein die Gesetze der Bundesländer scannen, die jeweils schlechteste Lösung herausnehmen und zusammensuchen, können kein gutes Denkmalschutzgesetz schaffen. Wir haben die Situation, dass nicht einmal der Landesdenkmalrat von diesem Vorhaben informiert war. Das halte ich für einen kleinen Skandal und für eine Missachtung dieses Gremiums. Das wurde auch von Prof. Magirius deutlich zum Ausdruck gebracht. Die Einbeziehung der Fachwelt bietet die Chance, wie in den Neunzigerjahren ein Denkmalschutzgesetz logisch, sachgerecht, wissenschaftlich fundiert und mit breiter öffentlicher Diskussion weiterzuentwickeln – wenn es denn weiterentwickelt werden muss, was infrage zu stellen ist.

Aus dem Koalitionsvertrag zu zitieren ist natürlich die typische Phraseologie. Irgendwie fehlt noch Bürgerfreundlichkeit oder Ähnliches. Koalitionsverträge sind still und halten manches aus. Worauf es ankommt, ist der Gesetzestext, der sieht ganz, ganz anders aus. Sie haben dargestellt, dass die Notwendigkeit an die Zumutbarkeit anzupassen ist. Das ist doch auch schon Realität. Sprechen Sie doch mit Denkmalpflegern in der Praxis, sowohl mit hauptamtlichen als auch mit ehrenamtlichen. Die beraten die Eigentümer und arbeiten mit ihnen zusammen. Es geht ja nicht mit Konfrontation. Denkmalschutz in der Praxis ist immer eine Abwägung und oft genug müssen

Kompromisse gefunden werden, die nicht die vollen Ziele des Denkmalschutzes erfüllen.

In der Debatte sollten wir noch erwähnen, dass als Begründung für die Novelle Aspekte des Klimaschutzes und der Ressourcenschonung genannt werden. Dieser Punkt steht im Arbeitsentwurf und ich bin sehr gespannt, was Herr Staatsminister Ulbig dazu sagt. Ich halte das für eine absurde Begründung. Denkmalschutz auf der einen und energetische Sanierung auf der anderen Seite sind schon lange kein Widerspruch mehr. Da gibt es wunderbare Beispiele in der Praxis. Wer sich dafür interessiert, möge sich an den Kreisdenkmalpfleger im Landkreis Meißen wenden oder auch den Klimakongress unserer Fraktion Anfang Dezember besuchen, auf dem es ein eigenes Podium dazu geben wird.

(Beifall des Abg. Miro Jennerjahn, GRÜNE)

Meine Frage ist: Was ist denn ressourcenschonender als Denkmalpflege? Das ist doch die Nutzung vorhandener Substanz und auch der darin gebundenen Energie. Es ist eine Tatsache, dass mit der Konzentration auf die Innenstädte keine Ausweitung des Siedlungsraumes stattfindet und damit auch keine Neuversiegelung.

Ich würde das sogar noch weiterdrehen.

(Unruhe im Saal)

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit muss dem Denkmalschutz ein höherer Stellenwert als bisher zukommen. Nachhaltiger Umgang mit Altbausubstanz – das könnte eine Zukunftsstrategie werden, die Umbauen und Umnutzen zusammenbringt. Unter diesem Aspekt ist es wichtig, den Denkmalschutz zu stärken. Das heißt aber, wir brauchen im Gegensatz zu den Plänen, die im SMI und in der Öffentlichkeit kursierten, nicht weniger, sondern mehr städtebaulichen Denkmalschutz, und wir brauchen weiterhin Denkmalschutzgebiete.

(Beifall der Abg. Gisela Kallenbach, GRÜNE, und Einzelbeifall bei der Linksfraktion)

Herr Staatsminister Ulbig, ich hoffe, Sie sehen eine Chance, in dieser Debatte einiges klarzustellen. Zum Beispiel habe ich gehört, dass das, was zur Bodendenkmalpflege in einer nicht auszuhaltenden Form im Entwurf steht, vom Tisch sein soll. Das könnten Sie hier mal öffentlich verkünden. Ich hoffe, Sie sehen auch eine Chance, die Fachöffentlichkeit einzubeziehen.

Bitte zum Schluss kommen.

Die wartet noch darauf. Ich hoffe, dass wir am Ende, wenn es denn notwendig sein sollte, dieses Gesetz zu novellieren, einen Entwurf bekommen, der wirklich die Grundsätze des sächsischen Denkmalschutzes nicht verletzt, sondern sachgerecht weiterentwickelt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Vielen Dank, Herr Dr. Gerstenberg. – Nun spricht die Fraktion der CDU. Herr Abg. Fritzsche, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte daran anknüpfen, was Günther Schneider gesagt hat, und dies auch bekräftigen. Denkmale und Denkmalschutz sind ein unglaublich hohes Gut und natürlich wissen wir das auch wertzuschätzen. Denkmale sind wichtig und sie leisten einen Beitrag zur Identität. Wer sich in Sachsen umschaut, erkennt, dass in den letzten 20 Jahren Vorbildliches geleistet wurde.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich möchte Herrn Dr. Gerstenberg danken, der bereits im Ausschuss für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien darauf hingewiesen hat, dass wir durchaus eine inhaltliche Debatte führen sollten. Wir wollen diese Debatte führen, aber ich warne davor, daraus eine populistische Debatte zu machen, aus der dieser oder jener politisches Kapital schlägt. Genau das ist passiert. Wenn wir uns die Situation verdeutlichen, dann wurden auf Basis eines mit zahlreichen Schwächen und Unschärfen – ich möchte sogar so weit gehen zu sagen – sowie Fehlern versehenen Arbeitspapiers Positionen festgelegt, und das eigentliche Ziel, eine inhaltliche Diskussion mit dem Fokus auf einer Fortentwicklung des Denkmalschutzes zu führen, ist aus den Augen geraten. Diese Positionen erschweren eine kommende und aus meiner Sicht auch nötige Debatte.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte es deutlich sagen – und da bin ich vielleicht schon einen Schritt weiter als Herr Gerstenberg, der das ein bisschen vage im Raum stehen ließ –: Wir brauchen durchaus eine kritische Debatte zum Thema Denkmalschutz. Ich will das hier nur ganz kurz anreißen. Auf der einen Seite können wir uns natürlich einmal darüber unterhalten, welche Möglichkeiten es denn im Bereich der Verfahrensvereinfachung gibt. Aber dies ist sicherlich nur ein Punkt. Es wurde bereits angesprochen, dass dann, wenn vor Ort – das ist etwas, was man dort hört – mit dem richtigen Augenmaß vorgegangen wird, Bauherr und Denkmalschutz auf jeden Fall zusammenfinden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Aber dieses Augenmaß gibt es eben noch nicht überall. Wir müssen dafür sorgen, dass es einen Weg gibt, dieses Augenmaß auf irgendeine Art und Weise zu institutionalisieren und zu verstetigen.

Wir müssen uns aber – und das hat Herr Karabinski angedeutet – auch darüber verständigen, wie wir mit unsanierten und gefährdeten Denkmalen beispielsweise in Stadtumbaugebieten oder insbesondere in den Gründerzeitgürteln zahlreicher Städte – hier möchte ich insbesondere auf die Klein- und Mittelstädte verweisen – umgehen.

Die zentrale Frage für mich ist an dieser Stelle: Welchen Dienst können wir den denkmalgeschützten Häusern erweisen, für die sich eben in den letzten 20 Jahren noch kein Weg gefunden hat? Das ist eine Frage, der wir uns durchaus stellen müssen und die wir vor dem Hintergrund des Denkmalschutzes auch inhaltlich diskutieren müssen. Da werden wir auch Fragen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit aufrufen müssen. Unter anderem könnte man in diesem Zusammenhang beispielsweise auch einmal über regional differenzierte Ansätze nachdenken, um das nur anzudeuten.

Wenn wir über Denkmalschutz reden, müssen wir uns also auch mit den Rahmenbedingungen in Sachsen auseinandersetzen: Welche Möglichkeiten – auch vor dem Hintergrund demografische Entwicklung, Finanzkraft usw. – gibt es denn tatsächlich? Wir sollten das Machbare tun, aber keine unüberwindbaren Hürden bestehen lassen.

Ich denke, es ist daher der richtige Weg – so wie es auch schon angedeutet wurde –, im Rahmen eines Konsultationsverfahrens mit den Experten aus dem Bereich Denkmalschutz/Stadtgestaltung, aber eben auch aus dem Bereich der privaten Denkmaleigentümer ins Gespräch zu kommen und wirklich sachlich zu debattieren. Ich habe das nur ganz kurz angerissen. Da gibt es viele Themenfelder, aber mir ist eben wichtig, dass wir wirklich in die inhaltliche Debatte kommen und nicht Positionen festlegen und dann keinen Bewegungsspielraum in diesen Positionen mehr haben.

Ich denke, diesen Weg sollten wir gemeinsam beschreiten. Ich sage es noch einmal: Wir sind uns des Wertes unserer außerordentlich reichen Denkmallandschaft im Freistaat Sachsen bewusst, und wir schätzen diese auch über alle Maßen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Fritzsche. – Ich frage die Fraktion DIE LINKE: – Kein Redewunsch mehr. Dann schaue ich noch einmal in die Runde. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat noch 16 Sekunden. Da wird nicht viel möglich sein. Herr Prof. Dr. Schneider? – Auch nicht. DIE LINKE will nicht, die anderen haben keine Redezeit mehr.

Nun frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Ulbig; bitte, Sie haben das Wort.

Besten Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Als ich die Tagesordnung der heutigen Sitzung durchgeschaut und diesen Punkt gefunden habe, habe ich zuerst gedacht: Was soll denn diese Debatte? Heute kann ich sagen: Es ist deutlich geworden, dass es kaum ein Thema in diesem Hohen Hause gibt, bei dem es offenkundig zumindest dem Grunde nach so viel Einvernehmen gegeben hat. Mit Ausnahme einiger aus meiner Sicht unverständlich vorgetragener Phrasen, die ich hier aus der rechten Ecke

wahrgenommen habe, habe ich eine sehr sachliche und am Thema orientierte Diskussion und Übereinstimmung im Gremium vorgefunden.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf von der NPD)

Deshalb freue ich mich, dass allen Rednern zu eigen war, dass sie das kulturelle Erbe Sachsens erhalten wollen. Das bestärkt auch die Aktivitäten der Regierung.

Es ist ein Blick in die Vergangenheit gewagt worden. Das will ich gern auch noch einmal ganz kurz mit einigen Zahlen tun. Tatsächlich ist in den letzten 20 Jahren im Freistaat Sachsen viel geleistet worden. Das betrifft einerseits den öffentlichen Bereich. Dort sind erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt worden, seit 1991 1,5 Milliarden Euro, insbesondere für die historischen Altstädte, aber auch für den reichen Bestand zum Beispiel an Kirchenbauten, und über das Landesprogramm Denkmalpflege sind allein mehr als 400 Millionen Euro Fördermittel gewährt worden.

Dazu kommen eine ganze Menge privater Aktionen. Die wohl bekanntesten im Lande sind die 16-Mal 1 Million DM, sage ich einmal, in Görlitz und die unglaublich große Unterstützung im Rahmen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

Das ist der finanzielle Bereich. Aber auch die Menschen in unserem Lande haben sich für unsere Kultur, für unsere Kulturdenkmale engagiert: die Experten, die Ehrenamtler, aber auch diejenigen, denen die Gebäude gehören, die Eigentümer.

Wenn Sie, Herr Dr. Külow, einen Blick in die Zukunft und in den Haushaltsplan gewagt haben, möchte ich deutlich sagen: Auch in der Zukunft steht die Staatsregierung weiter zu diesen Verpflichtungen. Im Haushaltsansatz sind einerseits alle Bundesprogramme zur Kofinanzierung eingestellt. Wir wissen, welchen Kampf wir derzeit leisten. Zudem gibt es noch einen separaten Punkt, bei dem sich die Staatsregierung einsetzt. Zusätzlich ist es mir in den Haushaltsverhandlungen gelungen, für das Jahr 2011 und für das Jahr 2012 jeweils noch einmal 5 Millionen Euro als Landesprogramm für diesen Bereich vorzusehen. Ich hoffe auf breite Unterstützung während der Haushaltsdiskussion, damit dieser Ansatz auch gehalten wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Dass Frau Eichhorn keine Abteilungsleiterin ist, sollte vielleicht nur der guten Ordnung halber erwähnt werden. Aber ich möchte deutlich machen, dass ich mich als Staatsminister mit meiner Kollegin Frau von Schorlemer abgestimmt und klar zum Verfahren positioniert habe. Ich habe gesagt, dass planmäßig ein Konsultationsverfahren angestrengt werden soll. Dieses Konsultationsverfahren wird derzeit vorbereitet. Der Denkmalrat, der angesprochen worden ist, wird dazu eingeladen. Ich werde dieses Gremium, welches in unserem Denkmalschutzgesetz ausdrücklich vorgesehen, autorisiert und bei der obersten

Landesbehörde angesiedelt ist, mit diesem Thema befassen, und ich werde mit diesem Gremium besprechen, in welcher Form wir dieses Konsultationsverfahren durchführen und welche Experten in welcher Art und Weise hier einbezogen werden.

Vor diesem Hintergrund sehen Sie, dass ich vom Verfahren her genau die Dinge nicht nur aufgenommen, sondern vorgesehen habe, um mit den entsprechenden Experten nicht nur die Diskussion zu führen, sondern auch die Veränderungen, die anstehen, fachlich fundiert zu besprechen.

Ich möchte heute noch keine Details preisgeben. Natürlich könnte ich sagen, Herr Dr. Gerstenberg, dass wir zum Thema Bodendenkmalpflege längst weiter sind und dass wir uns da geeinigt haben, und natürlich könnte ich eine Menge Einzelheiten vorbringen, die mittlerweile bei diesem Papier, welches in der Welt kursiert, überhaupt nicht mehr aktuell sind. Aber ich denke, dazu ist die Debatte nicht angelegt, und auch die Redezeit, die mir noch zur Verfügung steht, lässt das im Detail nicht zu.

Weil es ja immer wieder um das Thema Zumutbarkeit und Ähnliches geht, könnte man auch über solche innovativen Gedanken nachdenken wie den, ob vielleicht das Installieren eines Ombudsmannes in solch einer Sache ein geeignetes Instrument wäre. Ich denke, das sollten wir der Diskussion überlassen. Ich bin auch sehr gespannt, welche Vorschläge hierzu unterbreitet werden.

Insofern freue ich mich auf das Konsultationsverfahren. Ich freue mich auf die Diskussion, die dazu im Lande noch ansteht. Ich freue mich auch auf die Diskussion im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens. Insofern herzlichen Dank für die Beiträge.

Vor dem Hintergrund, dass es solch ein hohes Einvernehmen für die Denkmale im Lande gibt, möchte ich noch einen Punkt ansprechen; das kann ich in den verbleibenden 90 Sekunden noch hinbekommen: Auch Ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass ich gerade dieser Tage einen Stadtentwicklungskongress in Leipzig einberufen habe, wobei ich ganz deutlich die Schwerpunktsetzung auf die Innenstädte formuliert habe, wohl wissend, dass es auch da wieder muntere Diskussionen in den Städten und Gemeinden des Freistaates geben wird.

Aber damit ist noch einmal ein Zeichen in die Richtung gesetzt worden, dass wir uns nicht nur über das Thema Denkmalschutz unterhalten müssen, sondern dass auch im Rahmen des Stadtumbaus, der Stadtentwicklung die Prioritäten klar in diese Richtung gesetzt werden müssen, damit die Städte und Gemeinden – ich sage das jetzt bewusst – nicht um die Problemgebiete herum planen können. Auch auf diese Diskussion, die weiter zu führen ist, freue ich mich und vor diesem Hintergrund sehe ich eigentlich, was die Denkmale und den Denkmalerhalt im Freistaat Sachsen anbelangt, einer guten Zukunft entgegen.

Besten Dank.