Protokoll der Sitzung vom 02.09.2010

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Die Fraktionen haben zur Unterrichtung durch den Sächsischen Rechnungshof über den Jahresbericht 2009 Stellung genommen. Möchte noch eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter das Wort ergreifen? – Das kann ich nicht feststellen.

Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Prof. Dr. Unland, Sie haben das Wort; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Entsprechend Artikel 100 der Sächsischen Verfassung prüft der Sächsische Rechnungshof als unabhängige Staatsbehörde die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Freistaates, so auch im Jahre 2009. Die wichtigsten Ergebnisse wurden im Jahresbericht 2009 zusammengefasst. Er enthält Ausführungen zu Prüfungen im Jahr 2008 sowie als Kernstück die Darlegungen zum Haushaltsplan, zum Haushaltsvollzug und zur Haushaltsrechnung des Haushaltsjahres 2007.

Der Bericht enthält Anregungen für die Staatsregierung, die Effizienz der Verwaltung weiter zu erhöhen und Mängel zu beseitigen. Trotz Beanstandungen im Einzelfall bescheinigt der Sächsische Rechnungshof der Staatsregierung für das Haushaltsjahr 2007, so wie in den Vorjahren, eine insgesamt ordnungsgemäße Haushalts- und Wirtschaftsführung. Hierzu möchte ich noch einmal die wichtigsten Kennzahlen des Jahres 2007 ins Gedächtnis rufen.

Es ist gerade einmal drei Jahre her, aber die Welt hat sich in diesen drei Jahren dramatisch verändert. Wie sah es im

Jahr 2007 aus? 2007 war von einer guten Haushaltslage geprägt. Ist-Ausgaben von 16,75 Milliarden-Euro standen ordentliche Einnahmen von rund 17,4 Milliarden Euro gegenüber.

Der Haushalt 2007 schloss mit Mehreinnahmen gegenüber den Ausgaben in Höhe von rund 683 Millionen Euro ab. Grund dafür waren die deutlich gestiegenen Steuereinnahmen und steuerinduzierten Einnahmen. Die dadurch gewonnenen finanziellen Spielräume wurden zur vorsorglichen Bildung von Rücklagen und zur Reduzierung der Verschuldung genutzt, um zukünftige Haushalte zu entlasten. Die absolute Verschuldung konnte um 79,4 Millionen Euro weiter zurückgeführt werden, sodass die Pro-Kopf-Verschuldung 2007 gegenüber 2006 trotz rückläufiger Bevölkerungszahlen konstant bei 2 849 Euro gehalten wurde.

Außerdem wurden folgende Maßnahmen finanziert, denen der Haushalts- und Finanzausschuss des Sächsischen Landtages zustimmte: erstens die Bildung einer Bürgschaftssicherungsrücklage in Höhe von 825 Millionen Euro zur Vorsorge für mögliche Garantiezahlungen für die Sachsen LB, aufgrund von Deckungsvermerken erhöhte sich der Betrag sogar auf 832 Millionen Euro; zweitens die Verstärkung des Eigenkapitals der Sächsischen Aufbaubank um 60 Millionen Euro; drittens die Bildung einer Rücklage für die Weitergabe von Wohngeldeinsparungen des Landes an die kommunalen Träger, der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 35,2 Millionen Euro und viertens die Bildung einer Rücklage zum Ausgleich der Abrechnungsbeträge nach dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz des FAG in Höhe von 249 Millionen Euro. So sah es im Jahr 2007 aus.

Die Investitionen bewegten sich auf einem hohen Niveau. Zwar sank die Investitionsquote von 25,5 % in 2006 auf 23,2 % in 2007. Trotzdem war Sachsen in diesem Jahr weiterhin Spitzenreiter im Ländervergleich. Ursache für das Absinken waren Verzögerungen beim Beginn des neuen EU-Förderzeitraums 2007 bis 2013.

Meine Damen und Herren! Im Namen der gesamten Staatsregierung bedanke ich mich beim Sächsischen Rechnungshof und bei den Mitgliedern des Haushalts- und Finanzausschusses für die gute und konstruktive Zusammenarbeit. Der Rechnungshof bescheinigt der Staatsregierung für das Haushaltsjahr 2007 eine ordnungsgemäße Haushalts- und Wirtschaftsführung. Ich bitte Sie deshalb, sich dem Votum des Haushalts- und Finanzausschusses anzuschließen und der Staatsregierung die Entlastung zu erteilen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren, ich frage Sie noch einmal, ob jemand das Wort ergreifen möchte. – Das kann ich nicht feststellen. Ich frage Sie, Herr Liebhauser, ob Sie als Berichterstatter das Wort ergreifen möchten. – Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung des Ausschusses in der Drucksache 5/2623 ab. Bei Zustimmung bitte ich Sie um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Stimm

enthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmenthaltungen ist der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses, Drucksache 5/2623, zugestimmt worden, und der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Erklärung zu Protokoll

In Erinnerung an vergangene Jahre und damals geführte Debatten, ging es in keiner auch nur ansatzweise darum, die Folgen und die gerechte Aufteilung von völlig unerwarteten Mindereinnahmen diskutieren zu müssen. In der Vergangenheit ging die parlamentarische Debatte stattdessen um unerwartete erfreuliche Mehreinnahmen.

Damals hielten die meisten von uns ihre Reden in der Hoffnung eines steten Wachstums. Aber die Situation von heute zeigt, dass diese Hoffnung eine trügerische war. Denn das Einzige, was – empirisch wie theoretisch – wirklich sicher ist: Jedem Aufschwung folgt irgendwann der nächste Abschwung.

Insofern kann einen auch die schon wieder aufblühende Euphorie etwas beunruhigen. Lassen Sie uns nicht jetzt schon das Geld von morgen ausgeben! Die optimistischen Prognosen lassen gerade einmal etwas aufatmen.

Die Statistik der Anzahl von Beitritten und Kenntnisnahmen, die einzelnen Abstimmungsergebnisse oder deren Zustandekommen sollen an dieser Stelle nicht im Mittelpunkt stehen. Das Gleiche gilt für ausführliche Bewertungen und Stellungnahmen des Sächsischen Rechnungshofes.

Der Sächsische Rechnungshof ist eine unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene oberste staatliche Behörde, an keinerlei Beschlüsse und Weisungen gebunden. Er kann jedoch auf Ersuchen wie aus eigenem Entschluss tätig werden.

Für seine Arbeit möchte ich ihm nochmals den Dank der FDP-Fraktion aussprechen.

An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen, an den Sächsischen Rechnungshof entsprechende Wünsche und Anliegen heranzutragen.

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Binus, ich wünsche mir vom Sächsischen Rechnungshof, dass er sich künftig öfter so

mutig strategischen Themen widmet, wie er es mit seiner jüngsten Beratenden Äußerung „Transparenz, Haushaltsflexibilisierung, Budgetrecht – Schritte zu einer neuen Haushaltswirtschaft“ bereits getan hat.

Darüber hinaus würde ich mich freuen, wenn Sie neben dem Schwerpunkt der klassischen, nachträglichen und rückwirkenden Kontrolle und Bewertung von Verwaltungshandeln auch zukünftig für Handlungsempfehlungen zur Verfügung stünden.

Die Herausforderung der nächsten Jahre ist die Anpassung der Ausgaben an die Einnahmen. Damit ist ein umfassender Reformprozess verbunden, der gleichermaßen den Sächsischen Landtag, die Staatsregierung und die nachgeordneten Behörden betrifft.

Die Abwanderung junger Leute beispielsweise und weitere demografische Veränderungen der Bevölkerung machen die Frage dringlicher, wie mit immer knapper werdenden öffentlichen Mitteln umgegangen wird.

Im Rahmen einer Staatsmodernisierung unterziehen wir den Freistaat einer umfassenden Aufgaben-, Ausgaben- und Strukturkritik. Wir haben das Ziel, unser Land bis 2019 finanziell auf eigene Beine zu stellen. Deshalb werden wir die Frage einer stabilen Finanzpolitik, ohne Neuverschuldung, auch künftig zu debattieren haben.

Es ist nie leicht, für eine zukunftsorientierte, generationengerechte Null-Schulden-Politik breite Unterstützung zu erlangen. Derzeit scheint eine populistische Ankündigungs- und Versprechenspolitik wieder an Zuspruch zu gewinnen.

Die Koalition aus CDU und FDP steht jedoch für einen selbstbewussten Freistaat, der seine Handlungsfähigkeit durch eine verantwortungsbewusste Haushalts- und Finanzpolitik sichert und ausbaut.

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 7

Haushaltsrechnung 2007 – Entlastung der Staatsregierung gemäß § 114 Abs. 2 SäHO

Drucksache 5/171, Jahresbericht 2009, Unterrichtung durch den Sächsischen Rechnungshof

Drucksache 4/14230, Haushaltsrechnung 2007, Unterrichtung durch die Staatsregierung

Drucksache 5/2624, Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wünscht dennoch ein Abgeordneter das Wort? – Herr Hahn? – Nein. Das ist nicht der Fall. Auch hier noch einmal an Sie die Frage, Herr Liebhauser: Wünschen Sie das Wort? – Das ist auch nicht der Fall.

Nun stimmen wir über die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 5/2624 ab. Bei Zustimmung bitte ich um Ihr Handzei

chen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen und zahlreichen Stimmenthaltungen ist der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in der Drucksache 5/2624 zugestimmt worden und auch dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 8

Situation der Hebammenarbeit im Freistaat Sachsen

Drucksache 5/266, Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE, und die Antwort der Staatsregierung

Als Einbringerin spricht zuerst die Fraktion DIE LINKE und danach CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Wir beginnen mit der Debatte. Ich erteile der Fraktion DIE LINKE das Wort. Frau Abg. Lauterbach, bitte. Gleichzeitig übergebe ich die Sitzungsleitung an den 3. Vizepräsidenten Herrn Prof. Dr. Schmalfuß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Die Große Anfrage meiner Fraktion beschäftigt sich mit einem Berufsstand, dem fast alle von uns im wahrsten Sinne des Wortes ihr Leben verdanken. Dieser Berufsstand aber ist derart gefährdet, dass Hebammen protestieren, Mahnwachen abhalten, Veranstaltungen bestreiten, Petitionen schreiben, zu Pressekonferenzen einladen und sogar bis in die Arbeitszimmer von Bundesministern oder Staatsministerinnen vordringen. Trotz allem frage ich mich besorgt: Was muss eigentlich noch passieren, bis alle Beteiligten aus Politik, Gesundheits- und Sozialwesen, Versicherer oder Krankenkassen endlich an einem Tisch sitzen, um Abhilfe zu schaffen und um deutlich zu machen, dass sie verstanden haben, welche Langzeitwirkungen ein guter Start ins Leben eines jeden Kindes hat? Dieser Anfang braucht eine professionelle, sichere und emotionale Begleitung, also genau das, was das Berufsbild einer Hebamme oder eines Entbindungspflegers ausmacht.

Die Arbeit von Hebammen hat eine lange Tradition. Funde aus prähistorischer Zeit zeugen bereits von Geburtshelferinnen. Lehrbücher aus der Antike belegen den

hohen Wissensstand von Frauen, welche geburtshilfliche Tätigkeiten ausüben. Sie können durchaus als wissenschaftlich gebildet mit Ärztinnen vergleichbar bezeichnet werden. Der Berufsstand Hebamme entwickelte sich in den Städten des Mittelalters und war zunftähnlich organisiert. Es ist bekannt, dass die erste Hebammenverordnung 1452 in Regensburg erlassen wurde. Bekannt ist auch, dass zu Beginn des 14. Jahrhunderts in den Städten Stadtarztstellen geschaffen wurden, die ausgebildeten Medizinern vorbehalten waren. Lediglich die Geburtshilfe sowie die Frauen- und Kinderheilkunde blieben in den Händen von Hebammen und heilkundigen Frauen.

Ein Jahrhundert später aber begann auch dort die Übernahme von Kontrolle und Macht durch Ärzte. 1725 wurde schließlich angeordnet, dass Hebammen Zulassungsprüfungen absolvieren mussten und Ärzte bei komplizierten Geburten hinzuzuziehen waren. Mit der Industrialisierung setzte eine weitere extreme Verschlechterung ihrer Lage ein. Wie große Teile der Bevölkerung verarmten auch die selbstständig arbeitenden Hebammen. Die Hausgeburt wurde als veraltet abgewertet, stattdessen wurde – wie auch gegenwärtig – in großem Umfang in Krankenhäusern oder Kliniken geboren.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Weil ich nicht möchte, dass der wechselhaften Geschichte der Hebammen ein weiteres unrühmliches Kapitel hinzugefügt wird, haben wir die Situation zum Gegenstand unserer Großen Anfrage gemacht. Die Antworten sollten Aufschluss darüber geben, wie es den Hebammen in Sachsen bei der Berufsausübung heute geht. Es waren 112 Fragen in fünf Schwerpunkten. Viele Fragen blieben unbeantwortet.