Kerstin Lauterbach

Sitzungen

5/3 5/5 5/8 5/12 5/13 5/15 5/17 5/19 5/20 5/33 5/37 5/40 5/41 5/43 5/44 5/45 5/49 5/52 5/53 5/57 5/63 5/65 5/67 5/70 5/76 5/77 5/80 5/82 5/83 5/85 5/87 5/90 5/93 5/94 5/96 5/97 5/99 5/101

Letzte Beiträge

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte den Anfang machen, Mut zur Lücke haben und meine Rede zu Protokoll geben.
Wir haben in vielen Ausschusssitzungen ausführlich diskutiert. Nicht alles, was die Experten uns empfohlen haben, konnte umgesetzt werden. Nicht alles ist gelungen. Deshalb werden wir uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf der Stimme enthalten.
Das Sächsische Gesetz über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten muss aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2013 novelliert werden. In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, das Gesetz für die Zukunft aufzustellen.
Es gab zahlreiche Stellungnahmen. Das zeigt, dass diese Gesetzesänderung wichtig und notwendig ist und von
Fachleuten sehr wohl zur Kenntnis genommen und konstruktiv begleitet wurde. Nicht alle sind zufrieden.
Die Anhörung im Sozialausschuss und die Unterstützung durch den Datenschutzbeauftragten brachten nützliche Erkenntnisse. Bei diesem Zeitfenster verwundern die kurzfristigen Änderungen in der letzten Ausschusssitzung schon etwas. Diskutiert wurden der Datenschutz, die Arbeit der Besuchskommissionen, die Psychiatrieberichterstattung oder die Zwangsbehandlungen. All diese
Themen müssen klar geregelt werden, um ein modernes und zukunftssicheres Gesetz zu erarbeiten.
Lassen Sie mich auf einen Schwerpunkt aus der Anhörung besonders eingehen: Künftig können als Leitung des Sozialpsychiatrischen Dienstes in begründeten Einzelfällen (ohne zeitliche Befristung) – neben einem Facharzt für den öffentlichen Gesundheitsdienst mit besonderen ausgewiesenen Kenntnissen auf dem Fachgebiet der Psychiatrie – auch Fachärzte mit einschlägiger psychiatrischer Berufserfahrung oder Psychologische Psychotherapeuten zugelassen werden. Mit dieser Entscheidung entfaltet das Gesetz in diesem Punkt natürlich starke Wirkung auf den ambulanten Bereich.
Der öffentliche Gesundheitsdienst zeigt seit längerer Zeit große personelle Lücken auf. Besonders im ländlichen Raum werden Wege und Wartezeiten länger, was genau für diese Krankheitsbilder die Lage für einzelne Patienten dramatisieren kann. Aktuell sind 27 ärztliche Stellen im Öffentlichen Gesundheitsdienst unbesetzt. Bis 2023 gehen weitere 36 Ärzte in Rente. Acht Ärzte machen zurzeit ihre Facharztausbildung für den Öffentlichen Gesundheitsdienst.
Psychologische Psychotherapeuten können aufgrund ihrer Approbation die Leitung eines Sozialpsychiatrischen Dienstes übernehmen. Die gesetzlich vorgesehenen Aufgaben stehen in keinem Widerspruch zu den Befugnissen und Fähigkeiten.
Die Versorgung im ländlichen Raum ist insgesamt sehr angespannt, wie zum Beispiel im Landkreis Sächsische Schweiz–Osterzgebirge. Hier hat die Landesdirektion hinsichtlich des Vollzugs der Richtlinie Psychiatrie und Suchthilfe im Haushaltsjahr 2014 zur Förderung des gemeindepsychiatrischen Verbundes – Sozialpsychiatrische Hilfen – eine Förderung durch den Freistaat abgelehnt. Es geht um die Leitung des Sozialpsychiatrischen Dienstes. Warum auch immer – durch solche Entscheidungen wird leichtfertig der Bestand niedrigschwelliger Angebote zur Unterstützung psychisch kranker Menschen zur Disposition gestellt.
Das Gesetz regelt in der jetzigen Fassung recht gut, wie die gemeindenahe Versorgung gesichert werden kann. Eine stabile Versorgung ist nur durch eine stabile finanzielle Ausstattung der Dienste und Einrichtungen möglich. Das muss mit der Haushaltplanung 2015/2016 gesichert werden. Die gemeindenahe Versorgung gehört natürlich zu den Pflichtaufgaben der LRÄ und kreisfreien Städte, aber diese können nicht Ausfallbürge für die Kassenärztliche Vereinigung sein.
Rahmenbedingungen zu schaffen, um vor Ort ausreichende, gute und frühzeitig einsetzende Therapien zu sichern, würden dem Gesetz gewisse Unstimmigkeiten bei Zwangsbehandlungen nehmen. Es ist eine Notwendigkeit, Zwangsbehandlungen nachweisbar auf ein Minimum zu reduzieren. Eine andere ist die personelle Ausstattung in Kliniken. Bei ausreichend Fachpersonal ließe sich durch ein höheres Zeitbudget manche Zwangsbehandlung eventuell vermeiden.
Die tägliche Ausgestaltung des Gesetzes ist keine einfache Sache und bedarf ausreichend finanzieller und personeller Möglichkeiten im stationären und vor allem im ambulanten Bereich.
Es wurde einiges erreicht mit diesem Gesetz. Viele Vorschläge der Experten bleiben ungenutzt. Das ist schade. Deshalb werden wir uns enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Der Petitionsausschuss legt für das Jahr 2013 seinen jährlichen Rechenschaftsbericht vor. Darin werden die Petitionen der Bürgerinnen und Bürger an den Landtag reflektiert, statistisch aufgearbeitet und abgebildet. Emotionen
spielen dabei weniger eine Rolle. Das ist in Zahlen gegossene Politik.
Aber so ist das Leben natürlich nicht. Gemäß Artikel 35 der Sächsischen Verfassung hat jede Bürgerin und jeder Bürger das Recht, sich mit einer Petition an den Landtag zu wenden. Nehmen wir nur die Mehrfach-, Massen- und Sammelpetitionen im letzten Jahr, so haben über 110 000 Menschen im Freistaat Sachsen davon Gebrauch gemacht, eine Petition gemeinsam mit anderen Menschen an den Landtag einzureichen. 2011 waren es zum Beispiel nur 21 000, 2013 also mehr als fünf Mal so viele. Da werden sogar Zahlen emotional.
Die Themen waren dabei so bunt wie das tägliche Leben. Meist bleiben mir eine oder zwei Petitionen im Laufe eines Jahres besonders in Erinnerung. Das war in dieser Wahlperiode eine Petition zum Thema Abwasser, am Anfang der Wahlperiode, Anfang 2010, eingereicht, habe ich diese bis zum heutigen Tage nicht abgeschlossen – in Absprache mit den Petenten, die das auch so sehen und sich netterweise in Geduld üben. Zahlreiche Nachfragen beim Abwasserzweckverband, der Stadtverwaltung, den Ministerien und zahlreiche Zuarbeiten der Petenten warfen eher mehr Fragen auf, als wir Antworten geben konnten. Der Petitionsausschuss wird sich in der nächsten Legislaturperiode weiter mit dieser Petition beschäftigen müssen.
Damit das Petitionsrecht jedoch kein bloßer Papiertiger bleibt, müssen die Bürgerinnen und Bürger merken, dass wir uns ernsthaft bemühen, ihren Anliegen Rechnung zu tragen. Das wäre ohne die Unterstützung des Petitionsdienstes nicht möglich. Dafür möchte ich im Namen der Fraktion DIE LINKE meinen Dank aussprechen.
Mit viel Wissen, Fleiß und Engagement haben Sie unsere Arbeit erleichtert. Deshalb wäre es gut, wenn der neue Petitionsausschuss auf diese Mitarbeiter auch wieder zurückgreifen könnte.
Weiterhin gilt mein Dank allen Mitarbeitern der Ministerien und Behörden, die uns kooperativ unterstützt haben, sei es bei Ortsterminen, bei Fachfragen oder bei zahlreichen ergänzenden Stellungnahmen, Gesprächen und Sonderwünschen der Berichterstatterin, wie zum Beispiel beim Hochwasser in Lorenzkirch. Es ist schon eine sehr emotionale Sache, wenn die Elbe, die sonst bei Lorenzkirch so wunderschön ist, immer und immer wieder plötzlich mitten in der Küche steht und auch ein Jahr danach die Spuren zu sehen sind, während – warum auch immer – finanzielle Hilfe auf sich warten lässt. Bei diesen Einzelschicksalen hilft eine Arbeitsgruppe zum Thema Hochwasser nicht wirklich, die durchaus für Projekte beim Hochwasserschutz notwendig ist.
Werte Abgeordnete! Zur Erarbeitung eines neuen Petitionsgesetzes sage ich heute nichts mehr. Das war einfach nur peinlich. Ich kann nur hoffen, dass der nächste Petitionsausschuss mehr Courage zeigt.
In diesem Sinne bedanke ich mich für die gute Zusammenarbeit und wünsche dem neuen Petitionsausschuss viel Erfolg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Die Große Anfrage zur medizinischen Sicherstellung und Praxis der medizinischen Versorgung im Freistaat Sachsen beschränkt sich im Wesentlichen auf die ambulante medizinische Versorgung; sie ist zu diesem Thema nicht unsere erste Große Anfrage und nicht die erste Debatte zum Thema medizinische Versorgung.
Die von uns gestellten Fragen wurden im Februar 2014 beantwortet. Das heißt, es liegen uns – soweit vorhanden – ganz aktuelle Zahlenwerte auf der Grundlage einer aktuellen neuen Bedarfsplanungsrichtlinie vor. Wir als Fraktion haben über viele Jahre auf den kommenden und drohenden Ärztemangel aufmerksam gemacht. Nun haben Sie als Regierung – die noch fehlt – doch eingesehen, dass Sie gegensteuern müssen.
Hauptursachen sind die zunehmende Überalterung der Ärzteschaft, der demografische Wandel sowie der nicht ausreichende ärztliche Nachwuchs. Neue Berechnungsgrundlagen reichen dabei jedoch nicht aus.
Ich möchte mich im Namen meiner Fraktion bei den Ärztinnen und Ärzten und allen an der medizinischen Versorgung Beteiligten, die durch ihr überdurchschnittliches Wirken noch eine gute Qualität im Gesundheitssektor sicherstellen können, bedanken.
Wie lange können sie das noch leisten?
Sehen wir uns nun die einzelnen Antworten etwas genauer an, vergleichen wir einige Arztgruppen: Im Vergleich zu 2005 gibt es 2014 38 Hausärzte weniger. Bei Kinderärzten fehlen 49 Ärzte. So verwundert es nicht, dass ein speziell für die Versorgung von Kindern ausgerichteter Bereitschaftsdienst nicht flächendeckend vorgehalten werden kann. Bei Fachärzten gibt es geringe Steigerungen bei Augenärzten, Orthopäden und Urologen – sicherlich gerade wichtige Zweige, und das wollen wir durchaus anerkennen.
Das ist bei einer älter werdenden Gesellschaft keine ausreichende Entwicklung. Sie wissen ja, dass beim Älterwerden Sachsen spitze ist.
Die neue Bedarfsplanung weist nur sehr wenige Problemregionen auf, zum Beispiel fehlende Nervenärzte in Stollberg, Weißwasser, Rochlitz und Großenhain und fehlende Augenärzte in Döbeln, Weißwasser, Reichenbach im Vogtland und Niesky. Eine wirkliche Unterversorgung gibt es nur bei Augenärzten in Döbeln und bei Kinder- und Jugendpsychiatern in der Region Oberlausitz/Niederschlesien. Fast alle Landkreise sind jedoch mit Zulassungsbeschränkungen belegt. Das ist die neue Qualität der Bedarfsplanung im ländlichen Raum.
Man kann natürlich, werte Abgeordnete, in den Antworten der Staatsregierung noch sehr viel mehr lesen. Es gibt in Sachsen viele freie Arztsitze, aber keine weitere Unterversorgung. So fehlen insgesamt 222,5 Hausärzte – eine beträchtliche Zahl. Es gibt in Dresden zum Beispiel 23 fehlende Hausärzte. In Annaberg, Radeberg, Borna und vielen anderen kleinen Städten fehlen keine Hausärzte.
Wo liegen die Ursachen für diese Fehlentwicklung? Liegt die Ursache im neuen Demografiefaktor, der einen höheren Bedarf an vertragsärztlicher Versorgung besonders im ländlichen Raum begründen soll und damit aber eher die Städte wieder für Arztansiedlungen öffnet?
Es fehlen auch noch zehn Augenärzte, 43 Physiotherapeuten, 12 Kinder- und Jugendpsychiater. Insgesamt gibt es 312,5 freie Arztsitze und 40,5 freie Sitze für ärztliche Psychotherapeuten – aber keine Unterversorgung.
Was mich wundert – einmal aus der Praxis gesprochen –: Es fehlen kaum Orthopäden. Haben Sie schon einmal versucht, in Sachsen einen Termin beim Orthopäden zu bekommen? Das ist eine Tagesaufgabe und anschließend ein Tagesausflug, sollte man einen Termin ergattern – das ist für dieses Jahr aber nicht mehr möglich. Der Sicherstellungsauftrag ist durch unverhältnismäßig lange Wartezeiten für einen ärztlichen Termin und lange Anfahrtswege zu den ärztlichen Praxen gefährdet. Die Terminvermittlung der Krankenkassen für ihre Mitglieder funktioniert nur bei den wenigsten gesetzlichen Kassen und kann nur ein Notfallbehelf sein. Der Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen funktioniert – dafür vielen Dank an die Kassenärztliche Vereinigung.
Das macht sie ja auch, das ist okay, ich habe es probiert.
Der 117. Deutsche Ärztetag stellt einige Forderungen an die Staatsregierung, zum Beispiel die Erhöhung der Studienplatzzahlen oder die Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium. Der Ärztetag stellt aber auch mit Besorgnis fest, dass Defizite entstehen beim Wechsel von ambulanter zu stationärer Versorgung und umgekehrt. Hier sollten wir in unser Nachbarland Brandenburg sehen, wo inzwischen mehr als 60 Gemeindeschwestern diese Lücken schließen helfen.
Werte Damen und Herren, die Kassenärztlichen Vereinigungen haben entsprechend den Bedarfsplänen alle geeigneten finanziellen und sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu gewährleisten, zu verbessern oder zu fördern. Die KV Sachsen kann zur Finanzierung einen Strukturfonds bilden. Zur Absicherung der ambulanten ärztlichen Versorgung wurden einige Maßnahmen ergriffen: ob es die Anwerbung von ausländischen Ärzten ist, die finanzielle Unterstützung von Medizinstudenten, wenn sie in den ländlichen Raum gehen, oder das Stu
dium für Hausärzte in Ungarn. Es greift alles nicht so richtig und es wird zukünftig nicht ausreichen.
Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zur Bedarfsplanung allgemein machen. Frau Clauß, Sie schreiben selbst in der Antwort: „Die neue Bedarfsplanungsrichtlinie ermöglicht es besonders im hausärztlichen Bereich, die Versorgungssituation kleinräumig zu erfassen.“ Das ist nicht viel, das ist nur ein Erfassen – dafür haben wir keinen Arzt mehr. Die Bedarfsplanung als räumliches Instrument hat einen vorrangig limitierenden Einfluss auf die Entwicklung der Arztzahlen – außer in den Großstädten.
Einem bestehenden bzw. sich abzeichnenden Ärztemangel bestimmter Facharztgruppen kann mit Hilfe der Bedarfsplanung nicht ausreichend begegnet werden. Es beunruhigt mich schon, wenn das in Ihrem Haus so festgestellt wird. Das ist eine Feststellung, aber es klingt wie eine Bankrotterklärung. Das darf einfach nicht sein.
Danke schön.
Danke, Herr Präsident. Vielen Dank für die sachliche Debatte hier am Donnerstagnachmittag. Sie war sehr weiblich geprägt. Ich muss es einmal so sagen: Der Demografiefaktor, Frau Clauß, muss sicherlich auf Bundesebene noch einmal besprochen werden. Er ist jetzt im Interesse der Städte und nicht im Interesse des ländlichen Raumes. Der erscheint zurzeit sehr kontraproduktiv. Dort läuft irgendetwas schief.
Dort müssen wir noch etwas tun.
Das Empfinden der Menschen in Sachsen ist ein anderes, als die Statistik zeigt. Wenn ich einen Termin beim Orthopäden brauche und im nächsten Dreivierteljahr keinen bekomme, ist mir die gute Statistik der Orthopäden natürlich nicht sehr hilfreich.
Nun zum Entschließungsantrag. Wir haben einige Feststellungen getroffen, auf die ich in meiner Rede bereits eingegangen bin. Wir fordern die Staatsregierung auf, ihre Verantwortung für die gesundheitliche Daseinsvorsorge umfassend wahrzunehmen. Auch wenn die KV den Auftrag hat, müssen wir trotzdem als Regierung hier immer wachsam sein.
Es fehlt meiner Ansicht nach an einer Gesamtkonzeption: Wo wollen wir hin? Was ist im Moment da, um die integrierte Versorgung mit einer hohen Qualität auch weiterhin zu sichern und dem zunehmenden Ärztemangel im ländlichen Raum offensiv zu begegnen? Fördermaßnahmen müssen evaluiert werden. Es sind viele Fördermaßnahmen da, die Frage ist jedoch, wie diese angenommen werden. Außerdem müssen sie in der nächsten Haushaltsdiskussion Berücksichtigung finden. In der Haushaltsplanung 2015/2016 müssen auch die Investitionen im Bereich der Krankenhäuser und die Mittel für die Universitätskliniken Dresden und Leipzig viel mehr Berücksichtigung finden, denn auch hier wird sehr viel ambulante Versorgung geleistet.
Nicht zuletzt muss die Finanzierung dieser Aufgaben auf breite Schultern verteilt werden. Das heißt, eine paritätische Finanzierung und nicht eine Mehrbelastung der Versicherten muss hier festgeschrieben werden, so wie Frau Neukirch das schon andeutete: Eine Bürgerversicherung muss her! Das ist natürlich in Berlin zu klären.
Damit ist mein Entschließungsantrag eingebracht und ich bitte um Zustimmung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Der 2. Sächsische Drogen- und Suchtbericht liegt vor. Der Bericht konzentriert sich im Wesentlichen auf eine Bestandsanalyse der Hilfesysteme, zeigt das Fortschreiten des Drogenkonsums in Sachsen und somit neue Bedarfe auf. Welche Schlussfolgerungen wir im Landtag ziehen müssen, auch in Verbindung mit dem 4. Kinder- und Jugendbericht, ist aus der Sicht der einzelnen Fraktionen durchaus unterschiedlich.
Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist deshalb notwendig, wenn auch sehr umfangreich und detailliert. Das kann durchaus für das Ziel, einen Landessuchthilfeplan zu entwickeln, sehr hilfreich sein. Ich sehe die Notwendigkeit dieses hohen Anspruchs schon, jedoch – mir fehlt der Glaube, dass die Koalition dem auch gerecht werden kann.
Nun zu den einzelnen Punkten. Im Teil 1 des Antrages sind Feststellungen getroffen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen und Beratungsstellen der Sucht- und Drogenhilfe arbeiten seit Jahren an ihrer Leistungsgrenze. Ihnen gilt unser Dank. Wir können ihre Leistung nicht hoch genug schätzen.
In einer unserer letzten Debatten ging es bereits um die Droge Crystal. Dass die Drogenpolitik heute wiederum zur Debatte steht, verdeutlicht den Ernst der Lage. Der Doppelhaushalt 2015/2016 muss auf die wachsenden Zahlen in den Einrichtungen und Beratungsstellen reagieren. Die gewachsenen Anforderungen müssen personell, finanziell und konzeptionell abgesichert werden.
Auch der 10-Punkte-Plan „Sachsen gegen Drogen“ muss in gleicher Weise hinterlegt werden. Wir brauchen für Sachsen mehr als ein Stück Papier. Jeder Schritt wirkliche Bewegung ist wichtiger als jedes Programm.
Zum Teil 2, Punkt 1: Die Forderung der GRÜNEN, bis zum 09.07.2014 zu berichten, ist sicherlich notwendig, um beim Finanzminister bleibende Eindrücke zu hinterlassen. Die Ministerien können viel Papier vollschreiben. Umsetzen müssen es die Träger, die Sucht- und Drogenhilfe anbieten, die Schulen, die Kommunen und die Jugendhilfeeinrichtungen. Diese in die aktive Gestaltung einzubeziehen muss sichergestellt werden. Nur so kann die Umsetzung eines 10-Punkte-Planes gesichert werden.
In der Kürze der Zeit muss eine Rückkopplung mit den Trägern erfolgen, wie diese sich die Zusammenarbeit vorstellen. Das kann eigentlich in der gegebenen Zeit nur oberflächlich werden. Insgesamt ist der Punkt 2.1 ein Berichtsantrag, der so eher einer für den Schreibtisch wird und nicht als eine gute Arbeitsgrundlage gelten kann.
Zum Teil 2.2. Wie in der Überschrift schon unterstrichen – Prävention stärken ist wichtig und auf Dauer sparsamer. Beratungs- und Behandlungsstrukturen verbessern und diese erreichbar zu gestalten, konzeptionell arbeiten mit einem Landessuchthilfeplan, Weiterbildungen sichern, Kommunen in ihren Handlungskompetenzen stärken,
Finanzen nicht nach Kassenlage sichern – das sind Punkte, die schnellstmöglich umgesetzt werden müssen.
Zu Ihrer Kenntnis: Der Landkreis Meißen wird zukünftig einen Suchtbeauftragten mit einem konkreten Konzept haben. Andere Kreise werden nachziehen, weil der Bedarf dazu vorhanden ist.
Verlassen wir uns auf die Landkreise und sitzen diese Probleme aus, oder unterstützen wir sie konstruktiv? Sie brauchen unsere Hilfe. Aber auch das gibt es nicht zum Nulltarif. Wir werden diesem Antrag zustimmen.
Vielen Dank, Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Medizinische Versorgungszentren – das ist doch einmal ein spannendes Thema. Der Antrag hätte glatt von den LINKEN kommen können.
Es ist schon interessant, wie sich die Anträge über die Jahre hinweg entwickeln bzw. halten und wie sie sich ähneln. Die Linksfraktion hatte in der vergangenen Wahlperiode einen ähnlichen Antrag zum Thema gestellt, der jedoch viel ausführlicher und tiefgründiger war. Dazu gab es eine umfangreiche Antwort der Staatsregierung. Der Antrag selbst wurde jedoch abgelehnt. Sie haben lange über diesen Fehler nachgedacht, muss ich sagen.
Der erste Teil des vorliegenden Antrags ist eine normale Kleine Anfrage – nicht wirklich weltbewegend.
Zum zweiten Teil: Ich denke, die Staatsregierung und auch Frau Ministerin sind durchaus in der Lage, den eigenständigen Beitrag eines Medizinischen Versorgungszentrums zur Sicherstellung der Versorgung der Patienten anzuerkennen. Dazu müssen Sie die Staatsregierung nicht ersuchen.
Wir LINKEN sind auf vielen Gebieten natürlich viel ungeduldiger und fordernder; ich denke, das ist auch richtig so. Zum Thema „medizinische Versorgung“ gibt es viel mehr und viel größere Baustellen, zum Beispiel die Investitionen in Krankenhäuser, den Ärztemangel und die vielen Probleme im Pflegebereich.
Zu dem Thema „Medizinische Versorgungszentren“ sind noch andere Akteure im Boot, die ihren Beitrag leisten müssen. Wie arbeitet die Kassenärztliche Vereinigung mit? Welche Ärzte wollen in welche Regionen? Bekommen sie dafür eine Zulassung? Welche Ärzte werden dort gebraucht? Das ist nicht nur Aufgabe der Staatsregierung.
Sie haben einige Hemmnisse bereits genannt, Herr Wehner, auch Lösungsvorschläge unterbreitet und Ihren Part dabei beschrieben. Also: Machen Sie Ihre Hausaufgaben!
Sie sollten auch über Nutzungshemmnisse reden. Da sehe ich zum einen das Alter der Patienten. Sachsen ist das älteste Bundesland. Medizinische Versorgungszentren sind zentral gelegen; das ist okay so. Aber ich sehe die Situation des öffentlichen Personennahverkehrs in Sachsen nicht als so stabil an, dass Patientinnen und Patienten ohne Probleme das nächstgelegene MVZ erreichen können, wenn es notwendig ist. Wie kommt also der alte, der kranke Mensch, wie kommt Mutti mit Kindern, wie kommt der Rollstuhlfahrer in das MVZ zu seinem bzw. ihrem Hausarzt?
Ich unterbreite Ihnen dazu einen Vorschlag; sonst heißt es wieder: „Die LINKEN meckern nur.“ Frau Jonas, schauen Sie nach Brandenburg! Dort gibt es inzwischen 90 Gemeindeschwestern. Sie können den Patientinnen und Patienten die Wege zum Krankenhaus, zur ambulanten Versorgung, zu Krankenkassen, Apotheken, Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen erleichtern. Diese an den Hausarzt in einem Medizinischen Versorgungszentrum anzubinden und damit flächendeckend sichere, zukunftsweisende Strukturen der ärztlichen Versorgung
aufzubauen, wäre endlich ein Schritt in die richtige Richtung – fast weltbewegend. Die Gemeindeschwestern dürfen das jetzt auch.
Ja, ich weiß.
Das erfordert aber politische – zukunftsweisende! – Entscheidungen, nicht nur Wahlkampfgetöse.
Herr Wehner, Sie dürfen auch „Poliklinik“ sagen. Der Begriff stammt nicht aus der DDR, sondern ist älter. Polikliniken gibt es schon viel, viel länger.
Wir werden uns zu diesem Antrag der Stimme enthalten in der Hoffnung, dass Sie noch einmal darüber nachdenken und mehr daraus machen, als im Antrag steht.
Danke.
Sehr verehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Ich stehe hier eher für Prävention und Hilfe. Das unterscheidet uns. Crystal Meth ist inzwischen die illegale Droge Nummer 1 in Sachsen. Die Zahl der Crystal-Abhängigen ist seit dem Jahr 2005 um das Vierfache gestiegen. Die Abhängigen durchziehen alle sozialen Schichten in ganz Sachsen.
Es gibt eine erste belastbare Studie bundesweit, in der Daten und Fakten gesammelt wurden. 400 befragte Konsumenten wurden einer ganz genauen Befragung unterzogen. Es musste festgestellt werden: Crystal Meth ist nicht mehr nur eine Partydroge. Jeder Zweite konsumiert auf Arbeit, ein Viertel der Befragten in Schule und Ausbildung. Die konsumierenden Eltern sind eine Risikogruppe an sich. Ein Viertel davon hat mindestens ein Kind.
Schauen wir uns einmal die Familiensituation einer Familie genauer an. Familie M., verheiratet, drei Kinder, die Frau hat Arbeit, der Mann ist auf Montage und nur am Wochenende zu Hause, also eine ganz normale Familie. Frau M. holt ihre drei Kinder nicht aus der Kita ab. Wieder einmal nicht. Das Jugendamt hat längst Feierabend, die Polizei wird gerufen. Sie bringt die Kinder ins Kinderheim. Die Kinder sind natürlich traumatisiert, sie kennen das. Der Große, 2. Klasse, weiß inzwischen, was mit der Mutti los ist. Er muss oft einspringen. Frau M. ist zu Hause. Sie ist nicht ansprechbar, wieder einmal nicht ansprechbar. Sie ist abhängig von Crystal. Crystal ist gefährlicher als Heroin und Kokain, und es ist billiger.
Ich denke, das Problem mit der Droge wird politisch nach wie vor ganz tief gehängt. Die Folgekosten im Jugend- und Sozialbereich spielen für den Staat die größte Rolle. Frau M. braucht jedoch schnellstens eine gute Beratung – Wartezeit: ein Vierteljahr. Das ist viel zu lange. Das geht gar nicht. Sie hat inzwischen eine Therapie angenommen.
Ja, aber schon bei der Beratung, Frau Ministerin, scheitern die Koalition und die Regierung. Die Wartezeit von einem Vierteljahr ist einfach viel zu lang.
Die Beratungsstellen sind inzwischen trotz Erhöhung im letzten Haushaltjahr an ihre Grenzen gekommen. Eine gute präventive Arbeit kann so nicht geleistet werden. Eine Aufstockung ist dringend notwendig. Wir werden das natürlich in der Haushaltsplanung strengstens überwachen. Die Beratungsstellen sagen selbst – das ist ein Zitat –: „Seit 2009 sehen wir viele Leute, die den Konsum mitmachen, um den eigenen Leistungsansprüchen nachzukommen.“ Das trifft auch für Frau M. zu. Sie hat
inzwischen Hilfe angenommen, aber die Kinder werden noch einige Zeit im Kinderheim verbringen müssen. Das Jugendamt ist damit natürlich total überfordert; denn drei Kinder – das ist jeden Monat mit 10 000 Euro nicht zu hoch gerechnet. Die Studie zeigt: Frau M. ist kein Einzelfall.
Wie nun weiter? Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen, persönliche Bezugspersonen – das wäre sehr hilfreich, es ist jedoch nicht überall verfügbar. Langzeittherapien sind notwendig. Das alles gibt es nicht zum Nulltarif.
Der 10-Punkte-Plan „Sachsen gegen Drogen“ wurde vorgestellt. Ich denke, das sind gute Vorsätze. Es ist ein anspruchsvoller Plan. Wir werden sehr aufmerksam seine Umsetzung kontrollieren.
Die Ziele Vorbeugung, Beratung, Behandlung, Kontrolle, Ansprechpartner in den Schulen sind nicht zum Nulltarif zu bekommen. Die Forderungen aus unserem Antrag aus dem Jahr 2012 – auch wir LINKEN haben dazu einen Antrag gestellt – zielten darauf ab, unter Einbeziehung der Leistungserbringer der Droge Crystal mit Prävention, Beratung, Begleitung, Therapie und Nachsorge zu begegnen. Diese Forderungen haben wir schon 2012 gestellt.
Frau Staatsministerin, Sie haben eine aussagefähige Antwort gegeben. Aber die ist eben schon zwei Jahre alt.
Der letzte Satz.
Der 10-Punkte-Plan „Sachsen gegen Drogen“ und die Studie sind sicher eine Aktuelle Debatte wert. Aber die Studie zeigt auch: Ein Drittel konsumiert Crystal Meth seit elf Jahren.
Liebe Regierung, es ist 5 nach 12!
Sehr geehrter Herr Präsident! Auch ich möchte meine Rede zu Protokoll geben und das mit einem Dankeschön an die Besuchskommission verbinden.
Die Sächsische Staatsregierung legt einen Bericht der Besuchskommissionen nach § 3 Abs. 2 des Sächsischen Gesetzes über die Hilfen und die Unterbringung bei psychischen Krankheiten vor. Es ist eine Zusammenfassung der Arbeit der Besuchskommissionen und beschreibt somit die Arbeit von 2007 bis 2013. Die Kommissionen legten in diesem Zeitraum 435 Berichte vor. Das ist eine enorme Leistung. Dafür möchte ich persönlich und im Namen meiner Fraktion DIE LINKE danken.
Es werden psychiatrische Krankenhäuser und Abteilungen, Kliniken der Kinder- und Jugendpsychiatrie, Einrichtungen des Maßregelvollzuges und sozialtherapeutische Wohnstätten geprüft; insgesamt 84 Einrichtungen mit 4 716 Plätzen. Dazu kommen 573 stationäre Einrichtungen der Altenhilfe. Diese wurden zusätzlich besucht.
Natürlich gab es während dieser Zeit auch wiederholte Visiten, da einige aufgetretene Mängel abgestellt werden mussten und eine Nachprüfung verlangten. Das war eher die Seltenheit, dem wurde jedoch sehr konsequent nachgegangen. Und das ist gut so, wollen wir doch, dass es den Menschen, die unsere Hilfe brauchen, gut geht. Gravierende Fälle, in denen die Aufsichtsbehörde, also
die Heimaufsicht, informiert werden musste, gab es nicht. Das ist ein gutes Zeichen.
Eine Aussage des zusammenfassenden Berichtes hat mich dann doch schon etwas beunruhigt. Es heißt wörtlich: „Aus Sicht der Besuchskommissionen erfüllten die visitierten Einrichtungen im Allgemeinen die Mindeststandards der Behandlung und Betreuung psychisch kranker Menschen". Das sehe ich eher als eine kritische Einschätzung. Die Erfüllung des Mindeststandards muss selbstverständlich erwartet werden.
Probleme in den unterschiedlichen Einrichtungen werden im baulichen Zustand mancher Einrichtungen und den Platzkapazitäten einiger Einrichtungen gesehen.
Aber auch das Personal hat Sorgen: Fachpersonal fehlt in einigen Einrichtungen, so entsteht Unterbesetzung, die Arbeitsbelastung des Personals wird größer und zum Problem für das Pflegepersonal und deren Familien.
Es gibt enorme Unsicherheiten bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen in den Einrichtungen der stationären Altenhilfe beim Umgang mit Demenzkranken.
Die fehlenden Mitarbeiterinnen können natürlich durch die Besuchskommission nicht ersetzt werden, sie können nur darauf aufmerksam machen. Das Problem zu beseitigen ist Aufgabe der Staatsregierung. Und darüber haben wir hier schon des Öfteren diskutiert. Die Anerkennung des Pflegeberufes und deren Wertschätzung, die Ausbildung, die in vielen Fällen bezahlt werden muss, verschärft die Suche nach geeigneten Pflegekräften. Das ist nicht Aufgabe der Besuchskommission.
Was mir sehr gut gefällt an der Besuchskommission – sie hat ein Leitbild. Es sind fünf Punkte, die hier zusammengefasst die Arbeit dokumentieren:
1. Wir vertreten die Belange der Betroffenen.
2. Wir kontrollieren die quantitativen und qualitativen Grundstandards.
3. Wir erfassen die soziale Atmosphäre in den psychiatrischen Einrichtungen.
4. Wir kooperieren mit den Verantwortlichen der Einrichtungen.
5. Wir arbeiten in den Kommissionen kompetenzübergreifend zusammen und erreichen Konsensurteile.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Patienten und Patientinnen erwarten gute und sichere Krankenhausbehandlungen, die sich vorrangig an der Qualität und nicht an ökonomischen Interessen orientieren. Deshalb sind Krankenhausbedarfsplanung und Krankenhausfinanzierung eine wesentliche Grundlage der Daseinsvorsorge.
Als Kriterien für die Aufnahme und den Verbleib in den Plänen gelten bisher besonders die Belegungshäufigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser. Ob die erbrachten Leistungen qualitativ abgesichert sind, spielt kaum eine Rolle. Alle drei Jahre werden nach Sächsischem Krankenhausgesetz Krankenhäuser, Fachabteilungen und Betten gezählt und hin- und hergeschoben, was mit Betten und Abteilungen einfacher ist als mit Krankenhäusern. Diese kann man nur schließen – wie in Großenhain – oder privatisieren.
Verdient das wirklich den Begriff „Bedarfsplanung“? Wollen Sie wirklich so weiter planen? Die Qualität der Leistungen muss Kriterium für die Krankenhausplanung werden. Eine integrierte Qualitäts- und Bedarfsplanung muss das Ziel sein, also ein Rahmenplan. Strukturvorgaben sind ebenso zu berücksichtigen wie Belege guten Handelns – sprich: Prozess- und Ergebnisqualität – Grundbegriffe jeder guten Planung.
Sicher ist es nicht leicht, linken Ansprüchen zu genügen und bis 2030 zu planen – immerhin mehr als 15 Jahre. Aber Sie müssen doch eine Entwicklung, eine Perspektive für die Krankenhauslandschaft vorgeben können. Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie weiter Betten zählen oder regional übergreifend und sektorübergreifend planen, eben Strukturen und Qualität planen?
Werte Abgeordnete, die Ausbildung eines Facharztes dauert zehn bis zwölf Jahre. Wie soll die Gesundheitsversorgung dann in zehn bis zwölf Jahren aussehen, vor allem im ländlichen Raum? Wir brauchen die Krankenhäuser für eine regionale interdisziplinäre Versorgung. Dazu müssen Daten in Relation zu Raumordnung und Infrastruktur, also Bevölkerungsentwicklung und Erreichbarkeit, gesetzt werden. Auch die vorhandenen ambulanten Strukturen, die Rettungsdienste, die Notarztversorgung, Reha, Pflege, andere Gesundheitsberufe einschließlich der zu erwartenden Veränderungen müssen in die Planung einbezogen werden. Sie müssen die Krankenhäuser regional in die vorhandenen Struktur einbinden und diese langfristig weiterentwickeln. Das geht nicht losgelöst voneinander. Auf diese gute Planung kann eine gute Finanzierung aufbauen. Aber Ihnen fehlt im Moment beides.
Seit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz von 1972 teilen sich die Bundesländer und die gesetzlichen Krankenkassen die Finanzierung. Die Investitionskosten werden im Wege der öffentlichen Förderung durch die Bundesländer getragen. Die gesetzlichen Krankenkassen finanzieren die laufenden Kosten. Ab 2015 fallen in den neuen Bundesländern mit dem Auslaufen des Programms nach Artikel 14 des Gesundheitsstrukturgesetzes die Investitionszuschläge der Kassen weg.
Damit obliegen alle diese Investitionen allein den Ländern. Die gesetzlichen Krankenkassen haben durchaus Gesprächsbereitschaft signalisiert, sich an der Finanzierung der Investitionen der Krankenhäuser weiterhin zu beteiligen. Die Krankenkassen wieder ins Boot zu holen und weiter in die Finanzierung und die Planung einzubinden, das muss die Bundesebene leisten.
Sie als Regierung und auch als Koalition sind aber in der Verantwortung und müssen ein tragfähiges Investitionsprogramm immer wieder einfordern. Ihre Vorschläge sind auf Bundesebene nicht gehört worden. Geben Sie sich mit dieser Antwort zufrieden? Mir reicht das nicht. Wir haben in Sachsen noch eine gute Substanz, aber von der zehren
wir schon zehn Jahre. In Anbetracht der Entwicklung der medizinischen Versorgung haben die Krankenhäuser auch zukünftig einen wichtigen Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. Mit einer immer weiteren Ausdünnung der ambulant tätigen Haus- und Fachärzte im ländlichen Raum übernehmen die Krankenhäuser die Verantwortung für die medizinische Daseinsvorsorge. Das tun sie jetzt schon, selbstverständlich. 365 Tage im Jahr rund um die Uhr stationär und ambulant sind wohnortnah Ärzte und Ärztinnen sowie Pflegepersonal für uns da. Das verlangt nicht nur Achtung, sondern auch Bezahlung.
Diese Leistungsfähigkeit gilt es zu schützen und zu stärken, denn gerade in unserer alternden Gesellschaft wird Krankenhausmedizin immer wichtiger. Krankenhäuser brauchen eine gesicherte Finanzierung, auch bei Investitionen. Wir brauchen eine verantwortungsvolle Krankenhauspolitik. Die Krankenhausfinanzierung steht unserer Meinung nach in Sachsen nicht auf sicheren Füßen. In diesem Haushaltsplan stehen 101 Millionen Euro für Investitionen an und in Krankenhäusern zur Verfügung.
Pro Jahr. Davon sind aber pro Jahr 44 Millionen Euro von den Krankenkassen per Gesetz geborgt. Das heißt, effektiv gibt es 57 Millionen Euro pro Jahr. Wie soll das weitergehen, Frau Ministerin, wenn Kassen nicht mehr mitfinanzieren? Sie müssen dafür Sorge tragen und im nächsten Doppelhaushalt 2015/2016 mindestens jährlich 150 Millionen Euro für Investitionen einstellen. Die Krankenhäuser selbst geben einen Bedarf von circa 240 Millionen Euro an, bei einem Investitionsstau von 350 Millionen Euro. Frau Ministerin, Sie selbst haben einen Bedarf von 140 Millionen Euro anerkannt.
Da sind doch unsere Ansprüche mit 150 Millionen Euro sehr moderat. Und sie sind notwendig für die Substanzerhaltung und die Zukunftssicherung. 2013, kurz vor der Bundestagswahl, trat das Beitragsschuldengesetz in Kraft. Das bedeutete für Sachsen eine Finanzspritze von 55 Millionen Euro. Dazu kommt noch die Anhebung des Basisfallwertes. Das wird nur zu einem Teil die Probleme der Krankenhäuser lösen. Das Land Sachsen muss seiner Investitionsverantwortung nachkommen. Ansonsten
schichten die Kliniken weiterhin Kassenmittel für Lohnkosten in Baumaßnahmen und Medizintechnik um. Das bedeutet schlechte Löhne und schlechte Behandlungsqualität.
Frau Ministerin, ich möchte Sie zum Abschluss fragen: Sind Krankenhäuser für Sie kommerzielle Wirtschaftsbetriebe oder Teile der Daseinsvorsorge? DIE LINKE steht für die Daseinsvorsorge.
Danke, Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Ich denke, der Tenor der Debatte zeigte schon ein sehr differenziertes Bild, was Planung eigentlich sein soll und muss. Wir müssen über die Bettenzahl, Standorte und Trägerfestlegungen hinausgehen. Wir brauchen eine moderne Planung, die mehr ist als Bettenzählen. Wir brauchen eine Reform der Krankenhausplanung. Wir brauchen Qualität. Das ist das wichtigste an der Planung. Die Schnittstellen, die ein Krankenhaus bieten kann, vor allem im ländlichen Raum, sind bei Weitem nicht ausgeschöpft. So kann die medizinische Versorgung im ländlichen Raum für die Zukunft funktionieren.
Die Angebote, die es im ländlichen Raum gibt, mit dem Krankenhaus zu vernetzen, das ist das Ziel, was mit einer Planung erreicht werden muss. Wir brauchen natürlich Investitionen für diese Krankenhäuser. Wir brauchen die Krankenhäuser. Wir brauchen sie stationär. Wir brauchen sie ambulant. Wir brauchen sie wohnortnah, regional übergreifend, sektorübergreifend. Ich denke, Sie stehen mit der Krankenhausplanung und mit der Krankenhausfinanzierung vor einer enormen Herausforderung.
Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Der Antrag der regierungstragenden Fraktionen verspricht im Titel eine umfassende Debatte zur Palliativpflege. Der Antrag hält jedoch nicht, was der Titel verspricht. Im Wesentlichen ist es ein Antrag zur Aus- und Weiterbildung in der Palliativpflege. Ihre Ausführungen stimmen mich jetzt ein wenig optimistischer.
Im Teil 1 steckt ein Berichtsantrag, der sicher eine gehaltvolle Kleine Anfrage geworden wäre. Aber Kleine Anfragen zur Aus- und Weiterbildung in der Palliativpflege gab es schon so viele, zum Beispiel von meinem Kollegen Horst Wehner oder von Elke Herrmann. Doch es gab auch dazu eine ausführliche und sehr spannende Anhörung, die viel breiter angelegt war als die Problematik heute. Nichtsdestotrotz ist das Thema der Verbesserung der Palliativpflege im Freistaat Sachsen insgesamt oder speziell für die Weiterbildung immer gut für eine spannende Debatte.
Der vorliegende Antrag soll Ihrer Meinung nach zur Darstellung der Ist-Situation beitragen. Das sind ziemlich kleine Brötchen, die Sie da backen.
Ich erwarte einfach mehr von regierungstragenden Fraktionen. Forschung und Entwicklung sind schnelllebig, das heißt, Ihr Antrag sollte über den Ist-Zustand hinausgehen und in die Zukunft blicken. Wie stellen Sie sich Palliativpflege in fünf oder zehn Jahren vor? Wie muss die Ausbildung in diesem Bereich entwickelt werden? Was brauchen wir dazu? Ja, wir brauchen gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte im ambulanten und stationären Bereich, die nicht nur gut ausgebildet sind, sondern auch Zeit haben und gut verdienen, Krankenkassen an der Seite der Patienten und deren Angehörigen. Ja, das alles kostet Geld, um das Netz der Angebote enger zu knüpfen oder um Brückenschwestern in ausreichender Anzahl zu bezahlen.
Sie leisten eine hochsensible, psychisch sehr belastende Arbeit. Nicht zuletzt geht es darum, die vielen Ehrenamtlichen in diesem Bereich zu würdigen und auch gut auszubilden. Die ehrenamtlich Tätigen kommen aus allen Berufsgruppen und müssen eine spezielle palliativmedizinische Ausbildung von 100 Stunden durchlaufen.
Werte Abgeordnete, das Thema einer speziellen Ausbildung für die Kinderhospiz- und Kinderpalliativversorgung fehlt in Ihrem Antrag ganz. Haben Sie dazu keine Fragen? Findet das in Ihrem Denken keinen Platz? Der schwierigste Teil der Palliativversorgung, die Versorgung von Kindern, Jugendlichen und deren Familien, findet bei
Ihnen nicht statt. Das gehört aber explizit in eine Weiterbildung und einen solchen Antrag.
Der Schwerpunkt liegt auf dem Erhalt einer bestmöglichen Lebensqualität für das schwerkranke oder sterbende Kind und dessen Familie. Es reicht nicht, wenn im Teil 2 Ihres Antrags gefordert wird, zu prüfen, ob Gesetze oder Verordnungen zu ändern sind. Sicherlich ist das wichtig für uns, das interessiert aber die Eltern nicht. Hier gehört einfach mehr Herz dazu.
Ich habe viele Einrichtungen gesehen, manche privat, manche als MdL. Ich habe nie schlechte Erfahrungen gemacht. Die Versorgung, die Aufopferung, die sensible Begleitung sind gut. In der Palliativmedizin orientieren sich die pflegerischen Maßnahmen nicht am medizinisch Möglichen, sondern an den individuellen Wünschen und Bedürfnissen der Betroffenen, zum Beispiel an der Versorgung schwerstkranker Kinder zu Hause. Mein Dank und der meiner Fraktion geht heute an diejenigen, die tagtäglich diese schwere Arbeit leisten. Diese Menschen, ob angestellt oder im Ehrenamt, kümmern sich aufopfernd darum, dass die Würde des Menschen bis zum Ende unantastbar bleibt.
Eine letzte Bemerkung: Der Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung ist auf Seite 84 ausdrücklich im Koalitionsvertrag beschrieben. Ich möchte Ihnen das nicht vorlesen, sondern Sie können das selbst lesen. Aber hier geht eben der Koalitionsvertrag wesentlich weiter als Ihr Antrag.
Werte Frau Ministerin, es hat sich den letzten Jahren viel getan in der Hospiz- und Palliativversorgung. Das erkennen wir an. Die Aus- und Weiterbildung ist auch ein wichtiger Punkt. Wir werden den Weg weiterhin kritisch begleiten. Deshalb stimmen wir trotz der Kritik diesem Antrag zu, obwohl er sehr halbherzig formuliert ist.
Danke.
Danke, Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben heute einen Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Diskussion vorliegen. Ich denke, es ist bitter notwendig, dass wir wieder einmal über das Petitionsrecht reden. Das Thema Petitionsrecht beschäftigt uns nun schon die ganze Wahlperiode. Ich glaube, das hätten wir einfacher haben können. Am Beginn der Wahlperiode haben wir mit kühnen Worten eine aus demokratischen Fraktionen zusammengesetzte überfraktionelle Arbeitsgruppe berufen mit dem Ziel, das sächsische Petitionsrecht moderner zu gestalten, den Petenten mehr Rechte einzuräumen.
Die Arbeitsgruppe war angesiedelt im Petitionsausschuss. Sie hat schon schwach begonnen, aber sie hat dann auch stark nachgelassen. So haben sich einige Oppositionsfraktionen auf den Weg gemacht, um selbst die Änderungen des Petitionsrechts im Sächsischen Landtag voranzutreiben, heute nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Umsetzung in diesem einen Punkt ist gut, der Gesetzentwurf greift die Verfahrensgrundsätze des Bundestages auf, indem er bei Sammel- und Massenpetitionen ein Quorum bei Anhörung von Petenten einräumt. Das sieht das sächsische Petitionsrecht nicht vor. Hier ist lediglich ein Ermessen des Petitionsausschusses für Anhörungen möglich.
Der vorliegende Gesetzentwurf sollte eine rechtlich verbindliche öffentliche Anhörung ab 2 500 Unterschriften festlegen, also dann, wenn ein öffentliches Interesse besteht. Dieses öffentliche Interesse bereits bei 50 Unterschriften anzusiedeln – Frau Jonas, Sie werden sicherlich etwas dazu sagen – und dann auch noch im Plenum die Anhörung anzusiedeln, ist nicht ehrlich und auch unrealistisch. Änderungen im Verfahren könnten kurzfristig durchaus auch in den Grundsätzen des Petitionsausschusses geregelt werden. Jedoch hat eine gesetzliche Normierung eine höhere Grundrechtsrelevanz und eine andere Außenwirkung. Der § 7 Sächsisches Petitionsausschussgesetz soll nicht nur ergänzt werden durch eine Verpflichtung zur öffentlichen Anhörung, es sind auch Ausnahmen geregelt, um für die Petenten Rechtssicherheit zu schaffen.
Ja, werte Abgeordnete, die Anzahl der öffentlichen Anhörungen in Sachsen hält sich in Grenzen. Gleichzeitig würden aber Ortstermine, die mit großem Aufwand geplant und durchgeführt werden müssen und durchaus hohe Kosten verursachen können, für diese Petition wohl nicht mehr benötigt. Ich gehe hier von einer relativen Kostenneutralität aus. Sammel- und Massenpetitionen haben aber in den letzten Jahren durchaus zugenommen. Aber ist es nicht genau das, was wir wollen oder wollen sollten, dass Menschen sich aktiv einbringen und teilnehmen am politischen Geschehen? Mal ehrlich gesprochen,
für Regierungsparteien wäre diese Ergänzung viel notwendiger. Es gibt Themen, die viele Menschen bewegen, Probleme, die sie nicht allein bewältigen können, Probleme, die in der Gesellschaft zu klären sind – Aufgaben von Politikerinnen und Politikern.
Werte Koalition, nehmen Sie doch einfach diesen Gesetzentwurf und den der Fraktion DIE LINKE zur Einführung öffentlicher Petitionen per Internet, machen Sie Ihr Gesetz daraus, wir würden auch zustimmen. Ja, es wäre ganz einfach. Eine gesetzliche Grundlage für die Ermöglichung der Mitzeichnung bei elektronischen Petitionen fehlt in Sachsen ganz. Es reicht nicht, die Anforderungen an die Einhaltung des § 35 Sächsische Verfassung an die Schriftform zu binden. Das beschränkt das Petitionsrecht. Die Einreichung von Petitionen über das zur Verfügung stehende Online-Formular stellt keine hinreichende Rechtsgrundlage dar. Die Möglichkeit, öffentliche Petitionen mitzuzeichnen, besteht weiterhin nicht. Aber so könnten wir sehen, ob wirklich ein öffentliches Interesse besteht und eine Anhörung wirklich notwendig ist. Ungenutzte technische Möglichkeiten bedeuten eine partielle Versagung des in der Sächsischen Verfassung gewährleisteten Petitionsrechts. Auch unter diesem Gesichtspunkt besteht gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Erst eine gesetzliche Regelung schafft die erforderliche Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Deshalb stimmen wir dem Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu.
Danke, Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordnete! Peter Ustinov sagte einmal: „Die Kindheit ist jene herrliche Zeit, in der man dem Bruder zum Geburtstag die Masern geschenkt hat.“ Das ist lange her, aber es ist nicht uninteressant.
Das Thema Impfschutz und Impfpflicht beschäftigt uns im Landtag nicht das erste Mal. Eine gesetzliche Grundlage mit einem umfassenden Impfschutz liegt mit dem Infektionsschutzgesetz vor. Dazu gibt es eine Verordnungsermächtigung auf Bundesebene mit dem Ziel, bei sehr gefährlichen Viren eine Impfpflicht einzuführen. Es ist also alles gesetzlich geregelt. Trotz dieser vorhandenen gesetzlichen Grundlagen bekommen Sie das Problem eines umfassenden Impfschutzes nicht in den Griff.
Unter dem Motto „Deutschland sucht den Impfpass“ erinnert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung daran, den eigenen Impfstatus bei Masern zu prüfen. Frau Jonas hat weitere Maßnahmen genannt, aber insgesamt reicht das nicht aus.
Die Kampagne richtet sich vor allen Dingen an Jugendliche und junge Erwachsene. Von den bisher circa 1 600 Fällen an Masernerkrankungen in Deutschland in diesem Jahr sind es knapp zwei Drittel im Alter zwischen zehn und 40 Jahren. Da Masern jedoch hoch ansteckend sind, können sie sich in Schulen, Universitäten, am Arbeitsplatz oder bei Großveranstaltungen sehr schnell ausbreiten.
Liebe Frau Clauß, schließen Sie deshalb bei Ihrer Berichterstattung im Punkt 2 zum Antrag der Koalition die Erwachsenen mit ein. Auch wenn es im Antrag nicht gefordert ist, wird es doch ein einheitliches Bild ergeben; denn die Durchimpfungsrate bei Erwachsenen liegt im Durchschnitt bei circa 70 %. Impfen schützt also nicht nur Kinder. Aber die Impfpflicht für Kinder ist die Grundlage, auf der alles aufbauen muss.
Die Infektionskrankheiten werden von vielen als Kinderkrankheiten angesehen, weil sie Kinder am häufigsten betreffen. Das bedeutet aber nicht, dass sie harmlos sind. Die Infektionen sind trotz moderner Medizin meist nur schlecht oder gar nicht behandelbar. Medikamente behandeln die Symptome, nicht die Erreger.
Eine Impfung bietet die Möglichkeit, das Immunsystem an einem ungefährlichen Gegner zu trainieren. Infektionen dagegen können Kinder in ihrer Entwicklung zurückwerfen und schwere gesundheitliche Schäden verursachen. Deshalb ist die Impfung der wirksamste Schutz.
Der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte stellt fest: Dies ist eine alte Forderung unseres Berufsverbandes. Die hohe Zahl von Masernerkrankungen in Deutschland zeigt, dass die bisherigen Impfkonzepte nicht genügend wirken. Damit richten sie ihre Forderungen an die Politik.
Wir als Abgeordnete müssen uns stärker für ein nationales Impfkonzept einsetzen, um die Ziele der WHO, insbesondere die Ausrottung der Masern, zu erreichen.
Werte Abgeordnete! Impfzwang hat in Deutschland Tradition. Schon 1807 wurde in Bayern die obligatorische Pockenschutzimpfung eingeführt. Seit 1875 musste jedes Kleinkind gegen Pocken geimpft werden. Um in eine Schule aufgenommen zu werden, musste ein Impfschein vorgelegt werden.
Der Erfolg gab dem Gesetzgeber recht. Der letzte natürliche Pockenfall in Deutschland trat 1972 ein. Weltweit sind die Pocken seit 1980 ausgestorben. Bei Masern gibt es keine Impfpflicht und auch keine solche Erfolgsgeschichte.
Seit es Impfungen gibt, gibt es auch Menschen, die dem skeptisch gegenüberstehen. Das ist okay so. Etwa 10 % der deutschen Bevölkerung stehen Impfungen kritisch gegenüber. Knapp 3 % sind erklärte Impfgegner. Aber:
Wollen junge Menschen in den USA studieren oder ein Auslandspraktikum absolvieren, haben sie einen Impfschutz nachzuweisen, ohne Ermessen.
Die Impfquote bewegt sich in Deutschland zwar auf hohem Niveau, reicht aber nicht aus, um Krankheitsausbrüche zu verhindern. Um die Krankheit zu eliminieren, wäre eine Höchstzahl von 80 Fällen möglich. Im 1. Halbjahr gab es aber circa 1 100 Fälle. So ist das Ziel der WHO, bis 2015 Masern auszurotten, in Deutschland nicht zu schaffen. Die Einführung einer Impfpflicht für Masern scheint hierfür ein notwendiges Mittel zu sein.
Das rechtliche Instrumentarium mit dem Infektionsschutzgesetz und der Verordnungsermächtigung zur Impfpflicht muss umsetzbar sein, denn es wird immer ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit sein. Aber wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist, muss die Allgemeinheit ausreichend Schutz erfahren. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits 1959 den Impfzwang für verfassungsmäßig erklärt.
Zusammenfassend muss ich sagen: Die Impflücken bei Erwachsenen sind sicherlich problemlos statistisch nachzuweisen, aber nicht problemlos zu schließen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.07.1959 ist auf seine Aktualität zu prüfen und auch anzuwenden.
Besonders begrüße ich in Ihrem Antrag, dass der Impfschutz für Flüchtlinge und Asylbewerber angeboten werden soll; denn Viren machen an Ländergrenzen keinen Halt. Da unser Antrag jedoch der weitreichendere ist, werden wir uns bei Ihrem Antrag enthalten, und da eine Impfpflicht für Masern sicher unausweichlich ist, stimmen Sie bitte unserem Antrag zu.
Danke.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Die ostdeutschen Länder hatten den Vorteil der Erfahrung, denn das Krebsregister der DDR diente als Vorbild.
Das 1952 gegründete Nationale Krebsregister war mit den Informationen von 1,8 Millionen Patienten weltweit eine der größten Datensammlungen auf dem Gebiet der Onkologie. An diese Stelle trat vor 20 Jahren das gemeinsame Krebsregister der ostdeutschen Länder. Es leistete Schrittmacherdienste für ein bundesweites Krebsregister. 1995 folgte das Krebsregistergesetz des Bundes, befristet für fünf Jahre.
Das am 9. April 2013 in Kraft getretene Krebsfrüherkennungs- und Registergesetz schafft nun endlich den notwendigen gesetzlichen Rahmen, um die Krebsfrüherkennung weiterzuentwickeln sowie die medizinische Versorgung der Krebspatientinnen und Krebspatienten in Deutschland zu verbessern.
Es ist gut und richtig, Krebsregister aufzubauen, zu evaluieren und fortzuschreiben und damit auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. Jetzt, nach 20 Jahren, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen wird höchste Zeit. Das alles sind aber Dinge, die im Hintergrund laufen, also ungesehen. Im Vordergrund steht der Mensch. Dabei sind wichtige Aufgaben der Krebsfrüherkennung die Weiterentwicklung der onkologischen Versorgungsstrukturen,
die Sicherstellung der Behandlung bis hin zur Sicherstellung von Medikamenten und die Stärkung der Patientenorientierung. Sie merken selbst, dass trotz der Fortschritte in der Krebsbekämpfung Verbesserungspotenziale bestehen.
Dem gemeinsamen Bundesausschuss obliegt die inhaltliche und organisatorische Weiterentwicklung. Die derzeitigen Krebsfrüherkennungsuntersuchungen richten sich an gesunde Menschen mit einem nach Altersgruppe und Geschlecht durchschnittlichen Krebsrisiko. Für Menschen mit einem solchen erhöhten Krebsrisiko sind diese Maßnahmen teilweise unzureichend oder – bezogen auf das Lebensalter – setzen zu spät ein.
Werte Abgeordnete! In einem festgelegten Zeitraum sollten die bestehenden Früherkennungsuntersuchungen in organisierte Programme, wie das MammografieScreening, mit einem persönlichen Einladungswesen sowie durchgängiger Qualitätssicherung und Erfolgskontrolle überführt werden. Durch die neuen gesetzlichen Regelungen werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die bestehenden Angebote mit einer höheren Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit durchgeführt und von mehr Menschen, natürlich unter Beachtung ihrer Entscheidungsfreiheit, in Anspruch genommen werden können.
Die Krebsfrüherkennungsprogramme werden hinsichtlich ihres Nutzens unter Einbindung der Landeskrebsregister evaluiert. Dazu gehören die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen, eine einheitliche und transparente Evaluation der gesetzlichen Früherkennungsprogramme auf Landesebene, die zeitnahe Publikation und die Weiterentwicklung der Programme auf Grundlage der Evaluationsergebnisse sowie die finanzielle und organisatorische Sicherung einer fortlaufenden und umfassenden vergleichenden Evaluation der Krebsfrüherkennungsprogramme.
Wir werden diesem Antrag zustimmen. Aber wir werden Sie in der nächsten Haushaltsplanung daran erinnern.
Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Runde Tisch Pflege lädt auch heute – wie jedes Jahr im Oktober – zu einer Demo vor dem Landtag ein. Unter dem Motto „Pflege braucht Zukunft“ wollen und müssen Pflegekräfte ein Zeichen für notwendige Veränderungen in der Pflege hier in Sachsen setzen.
DIE LINKE schließt sich diesen Protesten gern an, denn wir brauchen dringend ein Bündnis für eine gute Pflege,
wie es die SPD in ihrem Antrag fordert. Dazu sind wir bereit.
Wir bedanken uns bei all denen, die heute vor dem Landtag auf der Straße stehen oder ihren Dienst tun; bei denen, die tagtäglich für Menschen da sind, die diese Hilfe brauchen – ob im ambulanten, teilstationären oder stationären Bereich oder Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, mit oder ohne Unterstützung.
Sie alle brauchen unsere Hilfe – ja, auch unsere Hilfe – in Form von tragfähigen Gesetzen, Verordnungen, einer ausreichenden Finanzierung und Wertschätzung.
Frau Neukirch, ich sehe die Antworten der Staatsregierung etwas kritischer. Reicht Anschieben? Ist ein umfassendes Bündnis für die Pflege wirklich gewollt, oder reicht das, was jetzt da ist? Genau deshalb gehen die Menschen heute auf die Straße, hier vor dem Landtag.
Wenn Sie einen kurzen Blick in die Entwicklung der Gesetzgebung der letzten Jahre werfen, werden Sie wissen, warum: Es sind Bundesgesetze, aber mit wesentlichen Auswirkungen auf Sachsen.
Ein paar Stichpunkte:
2008 das Pflegeweiterentwicklungsgesetz; darin Schaffung von Pflegestützpunkten: in Sachsen nicht umgesetzt;
Qualitätsprüfung in stationären Einrichtungen: Auch hier gibt es nur gute Noten in den Einrichtungen; hier müssen Qualitätsstandards und Prüfinhalte dringend überarbeitet werden.
Ambulante Dienste werden nicht geprüft. Das betrifft auch die Kontrolle bei Komapatienten. Im Krankenhaus sind Ärzte notwendig – im ambulanten Versorgungsbereich nicht.
2012 das Familienpflegezeitgesetz: In Sachsen gab es fünf Anträge mit vier Bewilligungen; es besteht kein Rechtsanspruch, das Gesetz ist auf ganzer Linie gescheitert.
2013 das Pflegeneuordnungsgesetz. Sie merken, die Einschläge werden in kürzeren Abständen über uns hereinbrechen – wie im Gesundheitswesen. Das Pflegeneuordnungsgesetz ermöglicht Zeitvergütungen im
ambulanten Bereich. Die Verhandlungen zur Umsetzung zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern gibt es in Sachsen noch nicht.
Auch das Projekt Nachbarschaftshilfe läuft in Sachsen noch nicht, es fehlen Verordnungen.
Die Pflege soll in den nächsten Jahren durch Modellvorhaben und neue Pflege- und Versorgungsstrukturen unterstützt werden. Aber auch zu ambulanten betreuten Wohnformen fehlt die Verordnung, denn im – kurz gesagt – Heimgesetz stehen sie nicht drin.
Die Verbesserung der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung in Pflegeheimen: 47 Ärzte haben Verträge mit
der KV abgeschlossen. Damit werden 10 % der Heime besser versorgt. Das ist nicht viel.
Im Landespflegeausschuss wird eine Kampagne zur Pflege geplant.
Ist das alles?
Ja. Wir fordern eine tiefgründige Pflegebedarfsplanung und darauf aufbauend ein umfassendes Landespflegegesetz. Wir fordern eine zeitnahe Verabschiedung eines bereits sehr lange geforderten Pflegebedürftigkeitsbegriffes auf Bundesebene als eine politische Entscheidung. Es ist notwendig und es wird Geld kosten. Wir brauchen dazu aber keine verpflichtende private Zusatzversicherung. Und wir brauchen auch keinen Pflege-Bahr.
Nein. Wir brauchen eine solidarische Bürger(innen)Versicherung.
Das wäre ein wesentlicher Beitrag dafür, die Pflegeversicherung auf solide finanzielle Fundamente zu stellen. Wir brauchen die Schaffung vielfältiger wohnortnaher Angebotsformen und Unterstützungsangebote wie ambulant betreute Wohnformen, und – besonders wichtig – wir brauchen die Sicherung des Berufsnachweises und die Förderung der Attraktivität des Pflegeberufes durch eine gute Ausbildung, durch gerechte Bezahlung, durch Vollbeschäftigung und durch Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege.
Genau deshalb stehen heute Menschen vor der Tür, und das seit vielen Jahren immer wieder und zu Recht, denn sie sehen tagtäglich, wie Pflege in Sachsen funktioniert oder eben nicht funktioniert. Hören Sie endlich auf diese Menschen draußen vor der Tür! Sie wissen es besser! Zu den Pflegenden, die heute hier auf der Straße stehen, wird dann Frau Gläß noch etwas sagen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Die Pflege ist zurzeit auch ein Thema der Verhandlungen in Berlin. Die Reform der Pflege wird deutschlandweit in den nächsten Jahren ein zentrales Reformthema sein. Das können Sie nicht wissen, Frau Schütz. Sie sitzen nicht mehr mit dabei.
Deshalb noch einmal meine Forderungen: Sichern Sie den Berufsnachwuchs hier in Sachsen durch gute Ausbildung, gute Arbeit und gutes Geld! Nehmen Sie die Pflegebedarfsplanung, nicht die Statistik, und ein Landespflegegesetz noch in dieser Wahlperiode in Angriff! Dringen Sie in Berlin auf einen Pflegebedürftigkeitsbegriff!
Werte Abgeordnete! Wir werden alle älter.
Das ist gut so, und wir werden alle helfende Hände brauchen – früher oder später, Herr Pellmann. Die Menschen mit diesen helfenden Händen stehen heute noch mit ausgestreckten Händen vor der Tür. Sie wollen mit uns, mit Ihnen, Frau Ministerin, gemeinsam diesen Weg in eine gute Pflege gehen. Nehmen Sie diese ausgestreckte Hand für ein Pflegebündnis in Sachsen und stimmen Sie unserem Antrag zu.
Herr Präsident! Werte Damen und Herren Abgeordneten! Es ist jedes Jahr eine Herausforderung, etwas Neues aus einem Jahr Arbeit des Petitionsausschusses zu berichten. Der Bericht des Petitionsausschusses ist zudem selbstredend, und die Qualität wird von Jahr zu Jahr besser. Es gibt alljährlich nur noch sehr wenige Diskussionspunkte im Vorfeld der Veröffentlichung des Berichtes.
Warum ist das so? Natürlich sind wir uns im Laufe eines Jahres nicht immer einig, wie eine Petition beantwortet werden soll, muss oder kann. Aber eine Diskussion ist es immer wert, um das Beste für die Petenten zu sichern. Das können die Mitglieder des Petitionsausschusses oft auch über Fraktionsgrenzen hinweg. Daran Anteil haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien, die zu jeder Petition eine Stellungnahme an den Petitionsausschuss geben. Das ist viel Arbeit.
Oft haben die Abgeordneten noch Fragen, ergänzende Stellungnahmen sind notwendig, Termine vor Ort haben weitere Nachfragen oder Akteneinsichten zur Folge. Das alles kommt dann bei den wenigen Mitarbeiterinnen des Petitionsdienstes an. Sie haben die Verbindung zwischen den Abgeordneten und den Ministerien zu halten und somit viel Papier zu bewältigen. Es geht nichts verloren.
Es sind Ortstermine zu planen, Akteneinsichten zu organisieren und Fragen über Fragen an die Ministerien zu kanalisieren. Ich habe es auch noch nicht erlebt, dass etwas bei den Mitarbeiter(inne)n des Petitionsdienstes nicht geht. All dies sind Mitarbeiter, die hinter den Kulissen ganz selbstverständlich und immer nett und freundlich für uns Abgeordnete arbeiten. Von der Fraktion DIE LINKE, von meinen Mitstreitern im Ausschuss und von mir ein großes Dankeschön.