Sehr verehrte Damen und Herren! Ich eröffne die 33. Sitzung des 5. Sächsischen Landtages. Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Nolle, Frau Herrmann, Frau Dietzschold, Herr Hartmann, Herr Scheel, Herr Heidan, Herr Schowtka, Frau Neukirch, Herr Weichert und Frau Bonk.
Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 2 und 3 sowie 5 bis 7 festgelegt: CDU bis zu 75 Minuten, DIE LINKE bis zu 50 Minuten, SPD bis zu 36 Minuten, FDP bis zu 36 Minuten, GRÜNE bis zu 30 Minuten, NPD bis zu 30 Minuten und die Staatsregierung bis zu 50 Minuten. Zum Tagesordnungspunkt 3 hat außerdem der Ausländerbeauftragte um Worterteilung gebeten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf diese Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.
Wie angekündigt, haben die Fraktionen von SPD und GRÜNE am 21. März 2011 die Themen der von ihnen beantragten Aktuellen Debatten geändert. Sie lauten nunmehr wie folgt: 1. Antrag der SPD-Fraktion zum Thema „Nach der japanischen Tragödie – zurück zum Atomausstieg“ und 2. Antrag der Fraktion GRÜNE zum Thema „Der Ausweg aus der Atomsackgasse – Sachsen umsteuern in Richtung 100 % erneuerbarer Strom“. Die Fraktionen und die Staatsregierung wurden von diesen Änderungen unmittelbar informiert.
Mir liegt ein als dringlich bezeichneter Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/5332 „Ergebnisse der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst unverzüglich auf Beamte und Beamtinnen und Richter und Richterinnen in Sachsen übertragen“ vor. Der Landtag hat die Möglichkeit, gemäß § 53 Abs. 3 der Geschäftsordnung die Dringlichkeit des vorliegenden Antrages festzustellen. Dann müsste dieser Antrag noch in dieser Sitzung abschließend behandelt werden. Voraussetzung für eine
Dringlichkeitserklärung ist, dass im üblichen Verfahren eine rechtzeitige Entscheidung des Landtages über den Antrag nicht mehr erreichbar ist. Ich bitte deshalb um die Begründung der Dringlichkeit und erteile Herrn Bartl am Mikrofon 1 das Wort.
Danke, Herr Präsident. – Wir hatten diesen Antrag am 16. März 2011 eingebracht, zu einem Zeitpunkt, als noch nicht absehbar war, dass sich das Kabinett mit der Materie befassen wird. Wir wollten, dass zeitgleich die Ergebnisse des Arbeitskampfes, Tarifverhandlungen vom 10. März 2011, aufgrund der verfassungsrechtlichen Lage auf die Beamtinnen und Beamten und Richterinnen und Richter übertragen werden.
Wir haben mit Freude zur Kenntnis genommen, dass das Kabinett sich am vergangenen Dienstag mit der Materie befasst hat. Wenn das immer so gut funktioniert, dass die Hinweise der Opposition sofort aufgegriffen werden,
haben wir kein Problem, den Weg zu gehen und dem Parlament Zeit zu gewähren. Es ist erklärt, dass das Kabinett einen Gesetzentwurf zur Besoldungsanpassung in Auftrag gegeben hat, der in das Parlament kommt. Demzufolge hat sich die Dringlichkeit dieses Antrages erledigt. Wir würden ihn dem normalen Geschäftsgang überantworten und dazu noch entsprechende Anträge stellen.
Vielen Dank, Herr Kollege Bartl. – Damit müssen wir hier nicht über die Dringlichkeit abstimmen. Der Antrag ist im normalen Geschäftsgang.
Ich sehe jetzt keine weiteren Änderungsvorschläge oder gar Widerspruch gegen die Tagesordnung. Ich möchte noch ankündigen, dass nach der Aktuellen Stunde – so wurde das im Präsidium vereinbart – eine 45-minütige Mittagspause eingeordnet wird. Die Tagesordnung der 33. Sitzung ist damit bestätigt.
2. Aktuelle Debatte: Der Ausweg aus der Atomsackgasse – Sachsen umsteuern in Richtung 100 % Erneuerbarer Strom
Die Verteilung der Gesamtredezeiten der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 30 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 17 Minuten, FDP 12 Minuten, GRÜNE 15 Minuten, NPD 10 Minuten und Staatsregierung 20 Minuten, wenn gewünscht.
Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion der SPD das Wort. Ich bitte Herrn Kollegen Dulig zum Mikrofon.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Schicksal der Menschen in Japan lässt uns innehalten. Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, denn die Nachrichten und die Bilder beschäftigen uns alle. Ich verneige mich vor den Opfern der Tragödie von Japan, verneige mich vor dem Mut und der Tapferkeit des japanischen Volkes in dieser schweren Zeit, wo sie unter Einsatz ihrer Gesundheit und ihres Lebens bis zum Schluss kämpfen, um den möglichen Super-GAU zu verhindern. Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen – ein solches Ereignis hat globale Auswirkungen wie mindestens auch die Katastrophe von Tschernobyl oder der 11. September. Deshalb ist es richtig, dass wir hier darüber reden und die richtigen Konsequenzen ziehen.
Es geht nicht darum, ob die Katastrophe 8 871 Kilometer von Dresden entfernt passiert ist. Es ist schon fast zynisch, wenn man sagt, es kommt ja nicht zu uns. Es muss uns aber betreffen, denn es geht darum, dass wir die richtigen gesellschaftspolitischen Weichenstellungen vornehmen. Man kann sich auch nicht verstecken. Man kann sich auch nicht hinter einem Moratorium verstecken. Man kann sich auch nicht hinter einer Bundeskanzlerin verstecken. Man kann sich auch nicht hinter den fünf Ministerpräsidenten verstecken, die eingeladen wurden, um allein mit der Kanzlerin darüber zu reden.
Man kann sich nicht hinter Berlin verstecken, denn auch wir in Sachsen haben viele energiepolitische Diskussionen geführt. Ich erinnere an die erste Auseinandersetzung,
die wir zum Beispiel in der Koalition zum Energiekonzept von Thomas Jurk in der letzten Legislaturperiode hatten. Das wurde deshalb zurückgepfiffen, weil die Kernenergie, die die CDU-Fraktion wollte, dort nicht vertreten war. Ich erinnere auch an die Diskussionen hier im Landtag. Kollege Heidan meinte noch am 30. September letzten Jahres, dass wir doch gemeinsam neue Standorte für Atomkraftwerke aussuchen sollten.
Ich erinnere an die legendäre Forderung des Kollegen Lehmann vom 23. Juni 2005: „Mit größeren Freiräumen, Sonderregelungen und Experimentierklauseln könnte es möglich werden, dass in Zukunft preiswerter Strom beispielsweise von dem in Hirschfelde an der Neiße errichteten modernsten, sichersten Atomkraftwerk der Welt erzeugt wird.“
Kollege Wöller ist auch in den Chor eingefallen. Im „Fokus“ meinte er Anfang Januar 2008, den Neubau von Kernkraftwerken nicht grundsätzlich auszuschließen, und Heinz Lehmann legte noch einmal in der „Sächsischen Zeitung“ nach. Er meinte: „Atomkraftwerke sind geeignet, den zukünftig stark steigenden Grundlastbedarf an Elektroenergie decken zu helfen. Es müssten in Deutschland dazu zahlreiche neue Großkraftwerke errichtet werden.“ Von diesen Träumen können Sie sich verabschieden. Es gibt keine Sicherheit in dieser Frage. Deswegen möchten wir endgültig die Konsequenzen ziehen.
Risiko Atomkraft heißt Ausstieg, und zwar so schnell wie möglich. Verstecken Sie sich nicht hinter einem Moratorium, das weder politisch noch juristisch haltbar ist. Sie
Es ist ja interessant, wenn von Ihnen Widerspruch kommt. Selbst Ihr Bundeswirtschaftsminister war inzwischen der Meinung – das hat er ja dem BDI in einer Versammlung mitgeteilt; Sie können es heute in der „Süddeutschen Zeitung“ nachlesen, da ist das Protokoll auszugsweise zitiert –, dass eben die Bundesregierung reagiert hat, weil die Landtagswahlen anstehen.
Ich möchte die Debatte hier mit Ihnen führen, weil ich wissen will, wie Ihre Redebeiträge in drei Monaten aussehen, ob das, was Sie heute zu der Frage sagen, noch in drei, vier oder fünf Monaten Gültigkeit hat.
Es geht schlichtweg darum, dass wir jetzt bei der Frage Atomkonsens sogar noch über das hinausgehen, was RotGrün damals beschlossen hatten. Wir hatten einen Beschluss, dass wir bis 2022 aussteigen.
Einen kleinen Moment. Ich bin der Meinung, dass wir sogar sehen müssen, dass wir noch vor diesem Datum von 2022 aussteigen und alle Möglichkeiten prüfen, so schnell wie möglich aus dieser risikoreichen Energie auszusteigen.
Herr Dulig, wenn die Atomenergie so unsicher ist, wie Sie es jetzt hier beschreiben, würde mich interessieren, warum ein Siegmar Gabriel und ein Jürgen Trittin das nicht so gesehen und den Ausstieg nicht so vorangetrieben haben, wie Sie das in Ihrer Rede hier gerade tun.
Das ist ja nun absoluter Schwachsinn. Es war doch Rot-Grün, die einen Ausstieg festgemacht haben, und zwar auf einer gesetzlichen Grundlage.