Stephan Meyer
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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich schätze mich als einen sehr sachlichen Menschen ein. Ich habe zwischenzeitlich überlegt, meine Rede zu Protokoll zu geben, aber bei so viel Schwachsinn, den ich gerade gehört
und den ich vor allen Dingen in dem Antrag gelesen habe, muss ich mich doch zu Wort melden. Ich muss zugeben, dass ich selten einen Antrag gelesen habe, der so vor Lobbyismus und Unkenntnis strotzt wie dieser. Auch nach mehrmaligem Lesen dieses Antrags kann ich nicht wirklich erkennen, wie dieses Sammelsurium an Forderungen einen Strukturwandel in der Oberlausitz befördern soll.
Der Antrag stellt aus meiner Sicht eher den Versuch der Linksfraktion dar, die Planwirtschaft wieder einzuführen
und damit in der Oberlausitz zu beginnen. Ihre SEDVorgänger sind damit schon einmal gescheitert. Gerade die Oberlausitzer haben sich im Jahr 1989 sehr engagiert bei der friedlichen Revolution eingebracht. Von daher: Den Versuch brauchen Sie gar nicht zu unternehmen.
Es ist ein durchschaubarer Versuch. Ein Planungsbüro aus Dresden schreibt seine Forschungswünsche auf, die sage und schreibe 2 Millionen Euro kosten und die Menschen „vor Ort befähigen sollen, Entwicklungsmöglichkeiten abseits der gängigen Pfade selbst anzustoßen“, wie es in der Begründung des Antrags heißt.
Es ist aus meiner Sicht unerhört, dass die Linkspartei eine ganze Region auf das Thema Braunkohle reduziert,
ihr die Zukunftsfähigkeit abspricht und neunmalklug mit dem Vorschlag daherkommt, die Lausitz als Reallabor zu entwickeln. Damit schlagen Sie aus meiner Sicht all die Menschen vor den Kopf, die sich seit der Wiedervereinigung unseres Landes sehr engagiert für die Entwicklung der Region eingesetzt haben, die als Unternehmer selbst Arbeitsplätze geschaffen haben oder als Arbeitnehmer tagtäglich engagiert für Wertschöpfung sorgen.
Ich selbst komme aus der Oberlausitz und weiß daher sehr wohl Bescheid, was die Menschen umtreibt, weil ich mit den Leuten im Austausch bin und nicht, wie Sie wahrscheinlich, vom Dresdner Schreibtisch aus Vorstellungen entwickle. Wir Oberlausitzer sind keine weißen Mäuse, die von roten Ideologen gesagt bekommen müssen, wie sich die Region entwickeln soll. Auch im Gegensatz zur SPD sind wir Oberlausitzer „wir“ und nicht „ich“.
Dass Sie, Frau Dr. Pinka, das nicht wissen können, kann ich Ihnen nicht einmal zum Vorwurf machen. Sie kommen ja aus dem Erzgebirge und nicht aus der Oberlausitz.
Sie hätten aber erst kürzlich die Gelegenheit zu einem Besuch gehabt – der Nebensatz sei mir gestattet –, und zwar im Rahmen der Auszeichnung der ehrenamtlichen Naturschützer im Kloster Sankt Marienthal, bei dem die gesamte Opposition wieder einmal gefehlt hat. Das einmal als Nebenbemerkung.
Jetzt aber zu den Fakten. Ich bin regelmäßig Gast bei der Wirtschaftsinitiative Lausitz und kenne die durch das IfoInstitut erstellte Studie „Industrie- und Wirtschaftsregion Lausitz: Bestandsaufnahme und Perspektiven“. Das ist eine gute Lektüre, die ich Ihnen an dieser Stelle empfehle.
Wenn Sie sie einmal lesen würden, dann würden Sie feststellen, dass die Industrie ein maßgebliches Standbein
für die Lausitz ist. Sie umfasst 29,7 % der Bruttowertschöpfung. Damit liegt sie deutlich über dem Durchschnitt der ostdeutschen Flächenländer, der bei knapp 23 % liegt, und auch über dem Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer von knapp 27 %. Die Industrie ist Wachstumsmotor. Der Wachstumsbeitrag zwischen 1999 und 2010 zur Bruttowertschöpfung betrug über 10 Prozentpunkte. Das heißt, ohne das produzierende Gewerbe wäre die Lausitz statt um 19,7 % nur um 9,2 % gewachsen.
Obwohl die Industrie regelmäßig nicht einmal ein Viertel der Erwerbstätigkeit der Oberlausitz ausmacht, trägt sie rund die Hälfte des gesamten Wachstums. Von den insgesamt 135 500 Arbeitsplätzen sind 92 000 im Industriebereich angesiedelt. Dabei ist die Ernährungswirtschaft mit knapp 22 000 Arbeitsplätzen, der Bereich Chemie und Kunststoffe mit 14 500 Arbeitsplätzen, der Bereich Metall- und Maschinenbau mit 32 000 Arbeitsplätzen und der Bereich Bergbau und Energiewirtschaft mit 23 600 Arbeitsplätzen beteiligt.
Anhand dieser Beschäftigungszahlen wird deutlich, dass eine Reduzierung der Oberlausitz auf das Thema Braunkohle völlig an der Realität vorbeigeht. Sie sehen, dass die Industrie auch ohne den Bergbau mit 68 000 Arbeitsplätzen deutlich mehr Beschäftigte ausweist, als Sie in Ihrem Antrag unterstellen.
Gleichwohl ist es auch für unsere Region ein sehr wichtiger Beitrag, der auch in den kommenden Jahren eine große Rolle spielen wird. Das ist kein Selbstzweck, sondern eine Voraussetzung für eine versorgungssichere und bezahlbare Energieversorgung, solange Alternativen für die Braunkohlennutzung nicht zur Verfügung stehen. Dieser Wirtschaftszweig wird in der Region später eine Rolle einnehmen. Er ist auch in die Forschung eingebunden, beispielsweise an der BTU in Cottbus, aber auch an der Hochschule Zittau/Görlitz, die immerhin das gegenwärtig zweitgrößte Energieforschungseinzelprojekt des Freistaates Sachsen umsetzt.
Ihre Feststellungen zur Braunkohlennutzung kann ich demzufolge nicht teilen. Sie steht im Einklang mit unserem Energie- und Klimaschutzprogramm. Das muss immer im Zusammenhang mit dem technologischen Fortschritt und alternativen Nutzungen gesehen werden. Insofern ist Ihre Aussage, dass die Kohlequalität nicht ausreiche, sehr statisch gewählt. Sie müssen auch die Dynamik und die technologische Weiterentwicklung berücksichtigen.
In den Punkten II und III bestehen aus meiner Sicht inhaltliche Widersprüche. Einerseits sprechen Sie vom bürgerschaftlichen und privatwirtschaftlichen Partizipationskonzept. Andererseits fordern Sie auf, die Braunkohlenpläne zentral wieder aufzuheben. Sie wissen selbst, dass die regionalen Planungsverbände demokratisch durch Kreisräte aus der Region besetzt sind. Sie müssten auch wissen, dass Braunkohlenpläne immer unter Einbe
ziehung der Bevölkerung entwickelt und dass Gutachten diverser Art als Basis genommen werden.
Von daher stehen diese Forderungen durchaus im Widerspruch zueinander.
Gleichzeitig – aber das müssen Sie unter sich ausmachen – widersprechen Sie sich auch innerparteilich. Denn in Brandenburg, wo die Linkspartei in Regierungsverantwortung steht, wird die Braunkohlennutzung auch durch die Linkspartei getragen. Das müssten Sie zunächst selbst klären, aber nicht in diesem Hohen Hause. Das ist wohl eher eine innerparteiliche Schizophrenie.
Ansonsten strotzt dieser Antrag vor bunten und unkonkreten Worten sowie bereits in der Praxis umgesetzten Selbstverständlichkeiten, zum Beispiel der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, der Pflege der sorbischen Kultur oder der Ableitung von Entwicklungsschwerpunkten, die über die regionalen Koordinierungskreise im Bereich der LEADER-Förderung erfolgt. Insofern verfügen wir auch über Regionalbudgets, die Sie immer wieder einfordern. Diese Punkte werden vor Ort durch die Bürger entschieden. Wir wollen diesen Ansatz auch künftig beibehalten.
Auch die modellhafte Anpassung von Rahmenbedingungen im ländlichen Raum erfolgt bereits, unter anderem durch zahlreiche Ansätze im Rahmen des Demografieprogramms der Sächsischen Staatskanzlei oder auch durch die Möglichkeit des jahrgangsübergreifenden Unterrichts an Schulen. Beispielsweise arbeiten wir mit der Gemeinde Bertsdorf-Hörnitz gegenwärtig daran, solche modellhaften Ansätze in der Region auszufüllen, damit Orte attraktiv für junge Familien bleiben.
Auf die Forschung bin ich bereits eingegangen. Sie funktioniert. Damit haben wir auch das Thema Wissenschaftsregionen angesprochen, in denen Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam an einem Strang ziehen und Synergieeffekte gehoben werden. Von daher braucht es kein staatlich zentriertes Forschungsprogramm.
Auch die Beteiligung der lokalen Akteure kann nicht durch die Linken befohlen werden, sondern bürgerschaftliches Engagement wächst, Gott sei Dank von unten, und sollte auch so von uns unterstützt werden. Ich habe gemeinsam mit Franziska Schubert und Maik Hosang vor fünf Jahren das Bündnis Zukunft Oberlausitz ins Leben gerufen. Mittlerweile ist es ein Netzwerk von 700 Personen, das sich mit Themen wie den neuen Arbeitswelten, Rückwanderung, Bildung, Mobilität und Industrie auseinandersetzt. Am 21. August, dem Tag der Oberlausitz, werden wir unter Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich eine mehrtägige Veranstaltungsreihe dazu durchführen. Das ist bürgerschaftliches Engagement, bei dem sich Menschen aus der Region mit der Region befassen.
Von daher braucht es diesen Antrag wirklich nicht; denn wir kommen, so meine ich, ganz gut selber klar und brauchen keine Linkspartei, die auf besserwisserische Art und Weise mit Dogmen daherkommt.
Wir sind selbstbewusst und schon durch manchen Strukturwandel durch harten Wind gegangen. Wir brauchen keine politisch von oben verordneten Forschungsprogramme, sondern wir möchten die Menschen vor Ort unterstützen. Auch Sie, Herr Gebhardt, sollten sich dessen vielleicht einmal annehmen.
Wir unterstützen die Unternehmen durch aktive Wirtschaftsförderung und bringen Wissenschaft und Wirtschaft zusammen, damit dadurch wettbewerbsfähige Produkte entwickelt und vor Ort von den Unternehmen produziert werden können.
Aus unserer Sicht gilt es, eine Zukunftschance zu ergreifen, indem wir eine leistungsfähige Infrastruktur herstellen – das betrifft das vorhergehende Thema – und vor allem den Breitbandausbau weiter fördern, um die Chancen der Digitalisierung auch für die Oberlausitz konkret zu nutzen.
Das sind konkrete Handlungsschwerpunkte für eine Strukturentwicklung der Oberlausitz.
Wir können uns gern bilateral unterhalten.
Wir brauchen keine Forschungsprogramme im Wolkenkuckucksheim, sondern die aktive Begleitung engagierter Menschen. Mein Wahlspruch ist: „Weil wir hier leben wollen.“ Er kommt, meine ich, ganz gut an.
Der Antrag ist aus unserer Sicht entbehrlich und wird, wie ich deutlich begründet habe,
unsere Zustimmung nicht finden.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kallenbach, in einem Punkt haben Sie vollkommen recht: Wir leben im besten und schönsten Freistaat Deutschlands. Diese Auffassung teile ich.
Sachsen ist ein lebenswertes Land. Aber als Sie angefangen haben, habe ich mich gefragt, ob wir in der gleichen Welt leben, im gleichen Freistaat oder auch in dem Freistaat, der sich jetzt im 24. Jahr nach der friedlichen Revolution derart entwickelt hat, dass ich konstatieren kann, dass sich die Natur deutlich verbessert hat und gerade die Landwirtschaft heutzutage nicht mehr diese großen Flächen aufweist, wie es zu DDR-Zeiten der Fall gewesen ist. Diese Horrorszenarien, die Sie eingangs gebracht haben, haben mich wirklich fragen lassen, ob wir hier im gleichen Raum leben.
Der Freistaat Sachsen verfügt nicht nur über eine vielfältige Natur, deren Eigenheit und Schönheit bewahrt werden soll, sondern auch über eine große Anzahl von qualitativ wertvollen Schutzgebieten, die über 15 % der Landesfläche einnehmen. Zu deren Erhalt und Einbindung in ein landesweites Biotopverbundsystem für die Zielarten soll vor allem der kooperative Naturschutz in Zusammenarbeit mit den Flächennutzern beitragen. Gerade das Stichwort Flächennutzer blenden Sie aus meiner Sicht viel zu sehr aus.
Wir werben deshalb für die Umsetzung und Weiterentwicklung des Maßnahmenplanes zur biologischen Vielfalt und werden uns auch in der jetzigen EU-Förderperiode für praxisgerechte und kostendeckende Naturschutzmaßnahmen starkmachen. Am 7. April 2009 ist dem Landtag ein Programm zur biologischen Vielfalt übermittelt worden, in dem auf 12 Handlungsfeldern in den Bereichen Naturschutz, Land-, Fischerei- und Forstwirtschaft sowie der Jagd Maßnahmen festgelegt wurden. In diesen Maßnahmenplänen mit konkreten Einzelmaßnahmen – die wiederum mit Prioritäten versehen wurden – ist die Umsetzung des Biotopverbundes auch beschrieben.
Von daher reden wir jetzt nicht über etwas völlig Neues, wie Sie es hier dargestellt haben, sondern es ist ein Programm, das sich in der Umsetzung befindet und über das im vergangenen Jahr unter dem Titel „Biologische Vielfalt 2020“ berichtet wurde. Dass sich in diesem Bereich nichts tun würde, ist also völlig falsch.
Der Antrag der GRÜNEN greift demzufolge ein Thema auf, das sich bereits in der Umsetzung befindet. Man kann natürlich darüber streiten, ob es schnell genug geht, aber für uns ist es wichtig, dass wir die Menschen mitnehmen und die Akzeptanz dafür schaffen und nicht von oben herab irgendwelche Dinge festlegen.
Sie wissen auch, dass das ganze Thema Biotopverbund ein bundesweites Thema ist, wonach 10 % der Landesfläche mindestens einen Biotopverbund aufweisen sollen. Von daher ist es ein Thema, das andere Bundesländer genauso berührt. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, im Jahr 2015 diesen Biotopverbund zu realisieren.
Bezüglich der auszuweisenden Kernflächen wird sich durch die Einbeziehung von Großschutzgebieten und Naturschutzgebieten diese 10-%-Forderung termingerecht erfüllen lassen – allen Unkenrufen der Opposition zum Trotz.
Die aktuellen Maßnahmen im Landesentwicklungsplan weisen eine flächendeckende Kulisse aus, die nunmehr durch die regionalen Planungsverbände ausgefüllt wird. Aus unserer Sicht besteht keine Veranlassung, die Arbeit dieser regionalen Planungsverbände infrage zu stellen und das Ganze neu aufzuziehen. Der Antrag bringt nichts Neues, deshalb haben Sie hier auch eine Grundsatzdebatte geführt und nicht wirklich zum Antrag gesprochen. Von daher werden wir – das werde ich noch ausführlicher begründen – ihn ablehnen.
Im Übrigen ist auch wieder ganz typisch ablesbar, dass die GRÜNEN den Dirigismus als ihren Lösungsansatz verkaufen. So soll ein Landesprogramm Biotopverbund mit konkreten Vorgaben auf die lokale Ebene aufgelegt werden, wie zum Beispiel die Schutzgebietsverordnungen aussehen – sie müssen wesentlich stringenter sein –, bis hin zu einer Begrenzung der Schlaggrößen für die Landwirtschaftsbetriebe. Ich gehe davon aus, dass Sie auf diese Weise für das Thema nicht die Akzeptanz bekommen werden, die wir in dieser Beziehung brauchen.
Außerdem gehen Sie in Ihrem Antrag über finanzielle Restriktionen großzügig hinweg. Das im Antrag geforderte Entschneidungsprogramm, wonach Brücken, Amphibientunnel und Ähnliches aus dem Verkehrshaushalt finanziert werden sollen, klingt aus Ihrer Sicht vielleicht populär; aber es ist realitätsfern. Ich als jemand, der aus dem ländlichen Raum kommt, sage: Der ländliche Raum muss attraktiv gehalten werden. Dazu gehört eine gute Infrastruktur. Es kann nicht sein, dass eine Großstadtpartei wie die GRÜNEN uns vorschreibt, dass wir Infrastrukturmaßnahmen zugunsten von sogenannten Entschneidungsmaßnahmen zurückfahren. Das kann so nicht sein.
Der Freistaat Sachsen ist ein dicht besiedeltes Kulturland. Das mag für manche Region nicht ganz zutreffen, aber in Summe ist das der Fall. Sachsen ist keine Wildnis. Von daher kann der Naturschutz, den die GRÜNEN fordern, immer nur mit den Menschen vor Ort erfolgen, nicht aber ideologisch, wie wir es von der grünen Großstadtpartei oft erleben.
Mit dem Ziel der Umsetzung des Biotopverbundes fördern wir seit Jahresbeginn den Landesverband Landschaftspflege, der sich um eine kreisüberschreitende Umsetzung bemüht und derzeit regionale Handlungsschwerpunkte erarbeitet. Gestützt wird das Ganze durch Studien des LfULG, sodass auch die Freistaatsebene fachlich eingebunden ist. Ab dem Jahr 2015 sollen Projekte zur Sicherung und Verbesserung der Wirksamkeit des Biotopverbundsystems durchgeführt werden.
Ich will noch auf drei inhaltliche Punkte des Antrags eingehen.
Unter Punkt III.5 sprechen Sie die Verbundkorridore an. Der Landesentwicklungsplan legt in Kapitel 1.5 die Verbindungs- und Entwicklungsachsen fest und formuliert
dort Grundsätze und Ziele der raumordnerischen Kategorien.
Für den Biotopverbund werden in Kapitel 4.1 – Freiraumschutz – als Ziele die Festlegung, die Sicherung und die Kennzeichnung eines länderübergreifenden Biotopverbundsystems formuliert. Auf Karte 7 des Landesentwicklungsplanes werden dafür auch die Kulissen zur Verfügung gestellt. Aber eine besondere Regelung für die Verbundkorridore des Biotopverbundes sieht der Landesentwicklungsplan nicht vor.
In den Verbundkorridoren müssen durch die Regionalen Planungsverbände die Verbindungsflächen und Korridore identifiziert und beschrieben werden. Schon aus fachlichen Gründen – es gibt beispielsweise über hundert landesweit bedeutsame Zielarten mit unterschiedlichsten Ansprüchen – lassen sich solche verbindlichen Zielachsen mit Sicherheit nicht definieren. Im Übrigen gab es zahlreiche Anhörungen zum Landesentwicklungsplan, und diese Forderung wurde meines Wissens von niemandem erhoben.
Unter Punkt III.7 des vorliegenden Antrags wird „ein umfassendes Entschneidungsprogramm“ gefordert. Diese Entschneidungen und Isolierungen für einen Teil von Zielarten an Verkehrswegen sind in Sachsen aufgrund von Sicherheitsvorgaben nur an Bundesautobahnen und für großflächig wandernde Wirbeltiere in unterschiedlicher Auswirkung festzustellen. Das SMUL hat ein Projekt initiiert, welches auf der Grundlage einer Analyse Vorschläge für weitere Querungshilfen formuliert.
Das Vorkaufsrecht, um das es unter Punkt III.12 geht, wird immer wie eine Monstranz vor sich hergetragen nach dem Motto: „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und des Bürokratieabbaus – Frau Kallenbach, Sie haben die Bürokratie als Hindernis benannt – wurde das Vorkaufsrecht, das zudem kaum zur Anwendung kam, abgeschafft. An der Abschaffung halten wir fest.
Das in § 66 des Bundesnaturschutzgesetzes vorgesehene Vorkaufsrecht wurde unter Nutzung der Abweichungskompetenz außer Kraft gesetzt. Die Wiedereinführung würde der Zielstellung, die wir verfolgen, zuwiderlaufen.
Im Übrigen gilt auch hier der Grundsatz, dass Vorkaufsrechte nicht für einen gezielten Ankauf von notwendigen Flächen geeignet sind. Außerdem ist mit dem Kauf solcher Flächen – das haben Sie selbst gesagt – noch lange nichts für den Biotopverbund getan. Es geht darum, die Flächen entsprechend zu gestalten und zu bewirtschaften. Hier stellt sich dann auch die Frage nach den damit verbundenen Kosten für den laufenden Unterhalt.
Eines stößt mir mittlerweile ganz besonders auf – damit meine ich insbesondere die GRÜNEN in diesem Haus –: Ihre Forderung, man müsse die Naturschutzpraktiker einbeziehen. Da kommt mir ein Bibelspruch in den Sinn: Sie predigen Wasser, trinken aber Wein. Wo waren Sie
beispielsweise im vergangenen Jahr, als der Sächsische Naturschutztag – in Leipzig! – stattfand? Ich habe Sie dort nicht gesehen. Eigentlich habe ich niemanden gesehen, außer den Vizepräsidenten des Sächsischen Landtages. Ich verweise auch auf gewisse Veranstaltungen der Landesstiftung Natur und Umwelt. Dort treffen sich die Fachleute, dort treffen sich vor allem die ehrenamtlichen Naturschützer. Mit denen sind Sie nicht im Gespräch. Wenn ich mich mit Umweltschützern unterhalte, wird mir häufig erzählt: „Die GRÜNEN kommen bei uns vorbei – aber meist nur alle fünf Jahre, wenn Wahljahr ist.“
Wir als CDU-Fraktion pflegen den kontinuierlichen Austausch mit den Umweltverbänden, auch wenn wir nicht immer einen hundertprozentigen Konsens mit ihnen finden. Aber dieser Austausch ist sowohl für uns als auch für die Verbände wichtig, um letztlich für Aufklärung sorgen zu können.
Sie von den GRÜNEN schreiben zwar immer die Floskel, man müsse die Naturschutzpraktiker einbeziehen, in Ihre Anträge, aber dass Sie das tun, kann ich nicht so richtig wahrnehmen.
Sie haben auch die Naturschutzstationen angesprochen. Ich kann dazu nur sagen, dass auf meine Initiative hin der Landesnaturschutzbeirat Sachsen sich mit diesem Thema fachlich beschäftigt hat. Dort gehört das Thema auch vernünftigerweise hin.
Wir haben uns in unserem Arbeitskreis für Umwelt und Landwirtschaft mit dem Thema beschäftigt. Ich muss jedoch deutlich sagen, dass wir nicht im Vorgriff auf den zu verhandelnden Doppelhaushalt 2015/2016 Festlegungen treffen können, da unser aller Mandat am 31. August dieses Jahres endet. Es wäre aus meiner Sicht vermessen, wenn wir jetzt irgendetwas festzurren würden, was eigentlich die dann gewählten Parlamentarier zum Abschluss bringen müssen.
Ich will damit nur zum Ausdruck bringen, dass dieses Thema innerhalb der CDU-Fraktion schon lange vor den GRÜNEN bearbeitet wurde.
Auch wir sind letztlich bestrebt, den Biotopverbund zügig zu realisieren. Aber so einfach, wie Sie es sich machen, ist es eben nicht.
Kurzum: Der Antrag bringt aus unserer Sicht die Realisierung des Biotopverbundes nicht wirklich voran; er ist entbehrlich. Wir sollten uns daran halten, zügig den Maßnahmenplan „Biologische Vielfalt 2020“ umzusetzen, und nicht neue Forderungen aufzustellen, die sich noch dazu widersprechen. Ich kann nicht landesweite Vorgaben machen, die plötzlich auf der lokalen Ebene unter Einbeziehung der Naturschutzpraktiker umgesetzt werden sollen. So wird das Ganze nicht funktionieren.
Ich empfehle Ihnen, mit den Praktikern tatsächlich zu sprechen statt hier im Plenum unausgegorene Anträge zu präsentieren. Wir können diesem Antrag nicht zustimmen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem wir in der letzten
Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft intensiv über den Umweltbericht 2012 gesprochen und ihn als umfassend, aber auch kritisch formuliert bewertet haben, habe ich mir jetzt vorgenommen, den Rest meiner Rede zu Protokoll zu geben.
Einmal in der Legislaturperiode legt die Sächsische Staatsregierung einen Bericht zur Situation der Umwelt im Freistaat Sachsen vor. Der vorliegende Umweltbericht 2012 gibt einen umfangreichen Überblick über sämtliche Umweltthemen und die relevanten Felder sächsischer Umweltpolitik.
Generell ist festzuhalten, dass sich der Zustand der Natur in Sachsen seit dem Zusammenbruch der DDR erheblich verbessert hat: In unseren Flüssen schwimmen wieder Fische, die Luftqualität hat sich wesentlich verbessert und es wurde eine funktionierende Kreislaufwirtschaft etabliert, welche unsere Ressourcen effizient zu nutzen versteht.
Wir haben bereits im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft intensiv über den Umweltbericht gesprochen, sodass ich mich in dieser Rede nur auf wesentliche
Feststellungen konzentrieren möchte. Positiv ist – stellt der Umweltbericht fest –, dass es zu einer Stabilisierung von ehemals vom Aussterben bedrohten Arten gekommen ist. So haben beispielsweise der Seeadler oder die Grüne Keiljungfer eine gute Artenentwicklung genommen.
Der Flächenanteil von Naturschutzflächen wurde im Betrachtungszeitraum gesteigert, was in einem dicht besiedelten Kulturland wie dem Freistaat Sachsen keineswegs selbstverständlich ist. Ebenfalls erfreulich ist, dass sich 58 % der Lebensraumtypen in einem günstigen Erhaltungszustand befinden. Ein direkter Vergleich zum Jahr 2006 ist nicht möglich, da sich die statistischen Grundlagen verändert haben.
Auch die Sensibilisierung der Unternehmen konnte verbessert und durch die Staatsregierung unterstützt werden. So wirken fast tausend Unternehmen mittlerweile
in der Umweltallianz Sachsen mit. Unternehmen dazu zu motivieren, mehr für die Umwelt zu tun, kann nur durch Kooperation und Unterstützungsmaßnahmen des Staates gelingen. Wettbewerbsvorteile wie „ökologisches Engagement“ und „Maßnahmen zur Nachhaltigkeit“ müssen aktiv genutzt und offensiv fortentwickelt werden.
Kritische Ausführungen sind im Umweltbericht 2012 in Bezug auf die nach wie vor hohe Feinstaubbelastung zu lesen. Daher ist es wichtig, das Emissionskataster fortzuführen, um eine valide Datengrundlage zur Ableitung von Gegenmaßnahmen verfügbar zu haben. Ebenso nicht zufrieden müssen wir mit der Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie sein, da sich nur rund 6 % der Gewässer in einem guten ökologischen Zustand befinden.
Wir haben darüber hinaus ein wichtiges Handlungsfeld im Bereich der Umsetzung der FFH-Managementpläne, um dem Rückgang der biologischen Vielfalt – insbesondere der Bodenbrüter – durch geeignete Maßnahmen Einhalt zu gebieten. Ebenso nicht nachlassen dürfen wir bei den Anpassungsstrategien für den Klimawandel, wozu nicht zuletzt auch der Hochwasserschutz gehört.
Ich bin zuversichtlich, dass der kritische Umweltbericht und ein nahezu verdoppeltes Budget für Naturschutzmaßnahmen im Rahmen der künftigen ELER-Förderung dazu beitragen, dass die genannten Herausforderungen im Umweltbereich einer Lösung zugeführt werden können.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Ausführungen von Frau Kallenbach muss ich meine Rede doch ein bisschen umstellen. Ich möchte erst einmal voranstellen, dass wir sogar im Grundsatzprogramm der sächsischen Union stehen haben, dass die Flächeninanspruchnahme auf unter 2 Hektar pro Tag reduziert werden soll. Das ist auch einhellige Meinung in dieser Koalition.
Ich habe aber vor, jetzt ein bisschen mit den Dingen, die Frau Kallenbach aus Sicht der Großstadt äußert, aufzuräumen. Erst einmal ist es wichtig, dass wir beim Thema Flächenversieglung definieren, was wir darunter verstehen.
In dem Antrag wird das häufig nicht deutlich gemacht, sondern es wird vermischt. Flächenversiegelung oder Bodenversiegelung heißt letztendlich, dass durch Bauwerke, die teilweise auch unterirdisch sein können, die Wasserdurchlässigkeit verhindert wird. Letztlich hat das auch Auswirkungen auf den Wasserhaushalt, auf Nährstoffeinträge und Ähnliches.
Deshalb ist es ein wichtiges politisches Ziel, und es muss auch deutlich gesagt werden, dass wir uns diesem Thema widmen müssen. Ich will mit ein paar Punkten, die Zuwächse betreffend, aufräumen, die Frau Kallenbach hier fälschlicherweise dargestellt hat.
Im Jahr 2012 hatten wir eine Siedlungs- und Verkehrsfläche von über 234 000 Hektar. In den letzten zehn Jahren gab es in der Tat einen Zuwachs um gut 10 %.
Aber 44 % dieser Fläche sind Erholungsflächen. Man muss bei dem gesamten Thema immer berücksichtigen, dass Siedlungs- und Verkehrsfläche nicht gleich bedeutet, dass das alles versiegelt ist und kein Wasser durchdringen kann. Dort sind auch Erholungsflächen und Hausgärten dabei. Das muss man alles berücksichtigen.
Wenn das Thema Verkehr angesprochen wird, dann geht mir manchmal – ehrlich gesagt – der Hut hoch. Ich bin sehr dankbar, dass wir Verkehrsinfrastruktur entwickeln, weil sie für uns im ländlichen Raum – ich komme aus dem Zittauer Bereich – sehr wichtig ist.
Sie ist wichtig, um die Lebensqualität und die Wirtschaftsfähigkeit im ländlichen Raum zu erhöhen. Ich bin dem Verkehrsminister sehr dankbar, dass er das Thema B 178 energisch vorantreibt. Ich gebe Ihnen aber recht, dass wir durchaus darüber nachdenken müssen, die eine oder andere Straße und Verkehrsinfrastruktur, die im Zusammenhang mit der Errichtung leistungsfähiger Netze vielleicht nicht mehr gebraucht wird, zurückzubauen. Aber Verkehrsinfrastruktur gänzlich auszuschließen, wie Sie es soeben gemacht haben, ist der völlig falsche Weg.
Ja.
Ich kann Ihrer Rechnung intellektuell nicht ganz so schnell folgen. Es ist aber theoretisch möglich, dass die neuen Siedlungs- und Verkehrsflächen ausschließlich Erholungsflächen sind. Das ist denkbar. Das ist aber jetzt nicht der Fall. Ich wollte nur deutlich machen, dass der Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsfläche fast zur Hälfte aus Erholungsflächen besteht. Es ist wichtig, das noch einmal deutlich zu machen.
Ich lasse sie zu.
Wir müssen den Begriff der Flächenneuinanspruchnahme klar definieren. Wenn man Flächenneuinanspruchnahme mit Bodenversiegelung
gleichsetzt, ist das ein Fehler, der auch im Antrag gemacht wird. Da reden wir jetzt noch gar nicht über die Statistik. Wenn in dieser Statistik die Begrifflichkeit klar definiert ist, dann wissen wir auch, welche Flächen diese umweltschädliche Bodenversiegelung tatsächlich ausweisen. Das ist im Antrag nicht deutlich zum Ausdruck gekommen und das ist, glaube ich, der Punkt, den Sie mit Ihrer Frage verdeutlichen wollen.
Ja.
Ich glaube, ich habe in der vorhergehenden Antwort auf die Frage von Frau Dr. Pinka deutlich gemacht, dass ich die Zahlen nicht für falsch halte. Wir müssen aber die Definition dieser Zahlen ganz klar berücksichtigen. Das sollten Sie von den GRÜNEN auch tun, wenn Sie Anträge formulieren, indem Sie klar und deutlich machen, wovon Sie sprechen.
Frau Kallenbach ist ja ein Stück weit darauf eingegangen, dass die Entsiegelung – darauf will ich in meiner Rede noch eingehen – von Brachflächen, von Altlastenflächen durchaus ein wichtiges Thema ist, um die Gesamtversiegelung zu reduzieren. Deshalb möchte ich in meiner Rede fortfahren, um noch einmal auf diese Punkte einzugehen.
Aus Ihrer Sicht ist die Neuversiegelung das ganz große Thema. Ich aus meiner Sicht erachte die Entsiegelung von versiegelten Flächen und die Rückgabe landwirtschaftlicher Flächen als viel, viel wichtiger. Das würde ich gern in meiner Rede noch weiter ausführen.
Wenn es der Sache dienlich ist, ja.
Da haben Sie mich nicht richtig verstanden. Ich hatte deutlich gemacht, dass es darum geht zu definieren, was für die Umwelt tatsächlich schädlich ist, und das ist die Bodenversiegelung.
Wir müssen schauen, dass wir die Neuversiegelung, die tatsächliche Versiegelung von Bodenflächen, auf unter 2 Hektar pro Tag reduzieren. Ich habe nicht die Statistik kritisiert. Sie ist uns allen bekannt. Bei der Diskussion muss uns immer bewusst sein, dass diese Statistik eben auch Flächen aufweist, die nicht absolut versiegelt werden, zum Beispiel Erholungsflächen und Hausgärten, die in diese Siedlungs- und Verkehrsflächen mit hineinzählen. Dass Sie das bei Ihrer Diskussion mehr oder weniger alles über einen Kamm scheren, ist, glaube ich, deutlich geworden.
Herr Präsident, ich würde gern fortfahren. Ich bin darauf eingegangen, wie wichtig die Verkehrsinfrastruktur und insbesondere eine neue, leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur für den ländlichen Raum ist.
Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir schon im September 2011 auf Initiative der Koalition hier im Sächsischen Landtag debattiert haben, und zwar zu dem Antrag „Anpassung der Eingriffsregelung für die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzfläche“. Es ging uns insbesondere darum, dass landwirtschaftliche Nutzfläche durch Fotovoltaikanlagen mehr oder weniger auch versiegelt wird, auch wenn es sich nicht um eine absolute Versiegelung handelt. Es muss auch deutlich gemacht werden, dass diese Versiegelung unserer Landwirtschaft letztlich viel Fläche wegnimmt. Die Landwirtschaft versucht, sich das durch Grünlandumbruch wieder zurückzuholen. Von daher sind beim Thema Neuversiegelung Regenerative-Energien-Ziele manchmal kontraproduktiv.
Sie haben das Thema Ökokonto angesprochen. Dabei habe ich herausgehört, dass Sie dieses Instrument nicht verstanden haben. Wenn Sie das Ökokonto als ein Instrument kritisieren, das räumlich nicht nahe bei der Maßnahme auch die Entsiegelung vornimmt, dann sage ich: Das Ökokonto ist aus meiner Sicht ein sehr sinnvolles Instrument; denn es schafft die Voraussetzungen, dass man größere Maßnahmen, die sonst nicht angepackt würden, anpacken kann.
Wenn ich mir das Bundesnaturschutzgesetz und die Eingriffsregelungen anschaue, dann steht dort sinngemäß,
dass ein Eingriff ausgeglichen werden muss. Von daher – das ist beim Klima das Gleiche wie bei der Bodenversiegelung – ist es doch sinnvoller, wenn man die Maßnahmen bündelt und schaut, wo man einen größeren Mehrwert erzielt, als wenn man irgendwo die tausendste Streuobstwiese schafft, die in einigen Jahren dann auch nicht mehr gepflegt wird und aus der Sicht des Naturschutzes nicht mehr ihren tatsächlichen Sinn erfüllt.
Wir haben eine ganze Reihe von tickenden Zeitbomben in Sachsen, wo noch von früher chemische Anlagen stehen und der Boden nach wie vor extrem belastet ist. Wir haben teilweise auch im Bereich der Flüsse noch Stellen, an denen Betonierungen, Versteinerungen oder andere Bauwerke die Natürlichkeit der Flüsse behindern. Das alles sind Punkte, bei denen ich denke, dass man darüber sprechen muss, wie räumlich definiert ein solcher Eingriff stattfinden muss.
Zu Ihren Vorschlägen, Sie sind auch selbst noch einmal darauf eingegangen: Die Minister Kupfer und Buttolo haben – nicht im September 2009, sondern viel früher – ein Handlungsprogramm zur effizienten Flächennutzung verabschiedet. Es ist wichtig, dass das ressortübergreifend passiert. Wir sind der Meinung, dass Ihre vorgesehenen Programme keinen Mehrwert schaffen, sondern es muss im operativen Vollzug passieren, dass dort ressortübergreifend gehandelt wird und Flächen effizient genutzt werden.
Wir haben auf der anderen Seite dieses schon viel besprochene 2-Hektar-Ziel, bei dem es auch darum geht, dass das nicht der Freistaat Sachsen allein machen kann, sondern wir müssen ganz eng mit den Kommunen im Rahmen der Selbstverwaltung zusammenarbeiten, damit dieses Handlungsprogramm umgesetzt wird.
Den Landesentwicklungsplan möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal erwähnen. Dort ist schon als Leitbild ausgeführt, dass wir eine effiziente Flächennutzung haben wollen, aber auch auf den Seiten 18 und 19 gibt es entsprechende Passagen dazu. Unsere Handlungsschwerpunkte sind, dass wir zunächst erst einmal die Brachflächen in Sachsen erfassen. Sie wollen ja konkrete Maßnahmen wissen. Wir haben neun Förderprogramme, die man in Anspruch nehmen kann, und es gibt noch die Altlastenfreistellung als Instrument. Diese Programme werden dann eingesetzt, um für diese Brachflächen eben Entsiegelungsmaßnahmen durchführen zu können.
Den fundamentalen Unterschied unserer Auffassung im Hinblick auf das Ökokonto habe ich schon einmal deutlich gemacht. Von daher, glaube ich, ist auch deutlich geworden, dass wir Ihren Antrag, den ich hier auch wieder als Schaufensterantrag im Wahlkampf einordnen möchte, weil wir im Jahr 2011 zu diesem Thema schon ausführlich debattiert haben, als Koalition ablehnen.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Innovation unterscheidet den Vorreiter von den Verfolgern“ – mit diesem Zitat von Steve Jobs haben wir den kürzlich im Landtag beschlossenen Enquete-Bericht zur Technologie- und Innovationspolitik überschrieben. Dieses Zitat bringt sehr deutlich zum Ausdruck, wohin auch Sachsen sich orientieren muss.
Kurz zur Definition: Was versteht man unter Innovation? Es ist ein geflügeltes Wort, das häufig verwendet wird. Von Innovation spricht man bei wesentlich verbesserten Produkten oder Produktionsverfahren, also sowohl Produkten als auch Prozessen.
Ein anderer wichtiger Satz zum Einstieg: Wir in Sachsen haben uns immer für Technologieoffenheit ausgesprochen – das ist auch eine Grundaussage des Enquete-Berichts –, weil nur diese Offenheit Kreativität und Innovationskraft freisetzt.
Neben Technologieoffenheit hat sich aber gerade im Mittelstand eine gewisse Branchenfokussierung herausgebildet. Ich verweise auf die Schlüsseltechnologien, die künftig durch die Europäische Union besser unterstützt werden.
Da ich mir vorstellen kann, dass die nachfolgenden Redner der Opposition fragen werden, ob wir nichts Wichtigeres zu tun hätten, als über Innovation zu sprechen, und was daran aktuell sei, möchte ich drei Beispiele allein aus diesem Monat nennen, warum dieses Thema nach wie vor aktuell ist:
Das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst hat in diesem Monat die 250. Innovationsprämie überreicht. Sie ging an die Gummitechnik Ziller GmbH, ein Unternehmen aus Dresden-Langebrück.
Wir haben in diesem Monat den Start des sächsischen Wissenschaftsforums erleben können. Es dient als Plattform für den Austausch zwischen Wissenschaft, Unternehmen und Kultur. Ziel ist es, Synergieeffekte zu heben. Mein Kollege Prof. Schneider wird noch intensiver darauf eingehen.
Am 22.11.2013, also auch in diesem Monat, erhielten wir die Mitteilung, dass die Deutsche Forschungsgemein
schaft zwei weitere Sonderforschungsbereiche – an der TU Chemnitz und der TU Dresden – fördern wird.
Das sind aktuelle Beispiele aus diesem Monat, die zeigen, wie innovativ Sachsen ist. Wir stellen unter Beweis, dass wir Innovationsland sind.
Eine Randbemerkung angesichts der sozialen Wohltaten, über die in Deutschland gegenwärtig so oft gesprochen wird: Es ist wichtig, immer wieder zu verdeutlichen, aus welchen Mitteln diese sozialen Wohltaten überhaupt verteilt werden können. Sie werden verteilt aus Steuermitteln, die vor allem durch mittelständische Unternehmen erwirtschaftet werden. Deswegen ist es auch wichtig, deutlich zu machen, dass sich mittelständische Unternehmen nur mit marktfähigen Produkten etablieren können, wenn sie innovativ sind. Das ist auch ein Hintergrund, warum wir heute diese Aktuelle Debatte beantragt haben.
Ich möchte in dieser ersten Runde ein paar Zahlen zur Einordnung nennen. Der Freistaat Sachsen steht auf Platz 14 im europäischen Innovationsindex. Jetzt wird man sagen, Platz 14 ist nicht unbedingt überragend. Ich denke, er ist überragend, wenn man sich überlegt, dass wir vor 20 Jahren noch in einem anderen Wirtschaftssystem unser Dasein fristen mussten, und jetzt in der sozialen Marktwirtschaft hat es Sachsen geschafft, als europäische Region auf Platz 14 zu kommen. Das ist schon eine sehr, sehr gute Entwicklung. Wir haben einen Anteil von über 7 % an Unternehmen, die Forschung und Entwicklung betreiben. Zur Erinnerung: 2001 lag der Wert noch bei 3 %, und der Bundesdurchschnitt liegt bei 5 %. Auch das ist ein Zeichen, dass die sächsischen Unternehmen innovativ sind und Forschung und Entwicklung kontinuierlich betreiben.
Auch der Anteil der Beschäftigten im Bereich von Forschung und Entwicklung ist überdurchschnittlich. Wir haben in Sachsen über 4,4 %, während der Bundesdurchschnitt bei 3 % und der ostdeutsche Durchschnitt bei unter 3 % liegen. Auch hier sind wir deutlich besser als die Nachbarbundesländer. Es ist auch wichtig zu nennen, dass sich der Umsatz der Unternehmen, die sich kontinuierlich mit Forschung und Entwicklung beschäftigen, zwischen 2000 und 2008 nahezu verdoppelt hat. Auch das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass Innovation sich auch wirtschaftlich bemerkbar macht. Wenn man überlegt, dass immerhin 35 Weltmarktführer aus dem Freistaat Sachsen kommen – die sogenannten Hidden Champions –, ist das auch ein Indikator, dass Sachsen mit seiner Wirtschafts- und Wissenschaftslandschaft sehr gut dasteht.
Das soll es in der ersten Runde gewesen sein. Ich denke, es ist deutlich geworden, dass die Aktuelle Debatte ihren Namen verdient hat. Wir werden in den nächsten Runden darüber sprechen, warum es notwendig ist, weiter auf Technologiepolitik in Sachsen zu setzen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Es gibt durchaus noch einmal Redebedarf, denn einiges – insbesondere, was Prof. Besier erwähnt hat – kann man so nicht stehen lassen.
Ich denke, der Spruch „Wer lesen kann, …“ – bzw. zuhören – „… ist klar im Vorteil.“ bewahrheitet sich hier auch wieder, denn: Wenn man sich die Innovationsstrategie der Staatsregierung anschaut, wird man feststellen, dass es dort eben nicht einen rein produkt- oder rein technologieorientierten Innovationsbegriff gibt, sondern dass das Thema Innovationskultur und insbesondere Innovationskultur in Unternehmen eine ganz wichtige Rolle spielt. Auch im Hinblick auf die nächste Förderperiode, bezüglich derer wir alle wissen, dass der ESF vermutlich stärker als der EFRE-Bereich gefüllt sein wird, ist das ein deutliches Indiz dafür, dass man dort über die Köpfe Innovationen unterstützen möchte.
Von Prof. Schmalfuß und Günther Schneider ist eine ganze Reihe von Punkten angesprochen worden.
Ich will dazu noch ein paar Dinge nennen. Wir wollen beispielsweise Instrumente über den ESF konstruieren, wodurch es auch gelingt, Erfahrungspotenzial, also erfahrenes Personal, in die Innovationsprozesse einzubeziehen, dass man sozusagen die Brücke schlägt zwischen der Wissenschaft und der Industrie, der Wirtschaft, dass es gemeinsame Arbeitsgruppen gibt, die unterstützt werden. Das Wichtige ist vor allem, dass die KMU von ihren Kapazitäten her nicht in der Lage sind, eigene Forschungsprojekte auflegen zu lassen, oder insbesondere Handwerksunternehmen das nicht schaffen. Es gibt Instrumente wie den Innovationsassistenten, aber auch eine ganze Reihe von neuen Instrumenten in der künftigen ESF-Periode, die das ermöglichen sollen.
Die Kritik am EFRE kann ich ebenfalls nur bedingt teilen. Es ist schon wichtig, dass man auch Infrastruktur unterstützt, das ist auch Wirtschaftsförderung und genauso wichtig wie Innovation. Wenn ich mir meine Region
anschaue, den Zittauer Bereich, da ist es ganz entscheidend, dass wir auch über gute Straßenverbindungen an die Zentren angebunden sind. Was nutzt es, wenn wir dort eine innovative Firma haben, die ihre Produkte nicht an den Markt bringen kann, weil sie eben keine Straßen hat? Ich finde es ein bisschen weit hergeholt, dass man dazu den EFRE so in Kritik bringt.
Was war der Ansatz der Enquete-Kommission, warum – Frau Dr. Pinka, das noch einmal zu Ihrem Verständnis – haben wir uns überhaupt zusammengesetzt?
Wir haben das getan, weil wir wissen, dass die Förderperiode nicht mehr so üppig ausgestattet sein wird, wie das gegenwärtig der Fall ist, und dass wir mehr privates Geld für Forschung und Entwicklung akquirieren müssen. Ich glaube, da haben wir noch einiges zu tun, um Wagniskapital nach Sachsen zu holen. Wir müssen die steuerlichen Anreize für Wagniskapital setzen.
Wir müssen es schaffen, dass die Risikokapitalfonds besser und einheitlicher vermarktet werden, damit Deutschland ein Standort in der Welt ist, der für solche Kapitalgeber attraktiv ist. Wir müssen es auch schaffen, dass wir privates Geld über Stiftungen hereinbekommen, über Fundraising, über die Schwarmfinanzierung, Crowdfunding, Business Angels, aber auch revolvierende Instrumente. Das sind alles Punkte, über die wir reden sollten. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir heute darüber reden.
Wir müssen die steuerliche Forschungsförderung – das sage ich hier noch einmal ganz deutlich – weiterhin als Ziel fassen. Das ist ein ganz wichtiges Thema, weil es auch den Mittelstand unterstützt.
Sie haben gefragt, was seit Mai konkret passiert ist. Da ist schon eine ganze Menge passiert. Die Staatsregierung arbeitet gegenwärtig an der Umsetzung der Innovationsplattform. Es gibt Gespräche zwischen den Hochschulen und dem Wissenschaftsministerium, wo es um die anwendungsorientierte Lehrstuhlunterstützung für Technologietransfer und Gründungsgeschehen geht. Wenn man sagt, dass seit Mai nichts passiert ist, dann ist das wohl eine Übertreibung. Das ist ein relativ kurzer Zeitraum.
Ich möchte zurückkommen zu dem Spruch: „Sozial ist, was Arbeit schafft.“ Ich glaube, das ist aktueller denn je. Nur innovative Unternehmen können langfristig marktfähige Produkte etablieren und damit die Arbeitsplätze schaffen, die so notwendig sind. Ich finde es nicht in Ordnung, wenn andere Leistungen gegen Innovations- oder Technologieförderung ausgespielt werden. Ich glaube, dieser Spruch hat Aktualität. Deswegen muss unser aller Fokus darauf liegen, dass wir eine engere Vernetzung der gut aufgestellten Wissenschaftslandschaft mit den kleinen und mittelständischen Unternehmen hinbekommen.
Wir haben da viel zu tun. Ich fordere alle auf, konstruktiv mitzuwirken. Von daher, so denke ich, hat die Debatte das Thema wieder in den Fokus gerückt. Wir sind in der Lage, konkrete Umsetzungen vorzunehmen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde einmal versuchen, mit ein paar dieser ganzen ideologischen Floskeln, die von den Linken und auch von Herrn Lichdi vorgebracht wurden, aufzuräumen.
Zum einen, Nachhaltigkeit: Wir befinden uns nach wie vor im Jahr der Nachhaltigkeit, aber wenn man sich einmal an den Begriff erinnert, dann werden wir alle feststellen, dass das ein dreidimensionaler Begriff ist. Es gibt nämlich nicht nur die ökologische, sondern auch eine soziale und ökonomische. Wenn man jeweils nur eine Seite betrachtet, dann verspielen wir, denke ich, auch unsere hohe gesellschaftliche Entwicklung. Wir sind ein technologisch führendes Industrieland. Wenn man sich aber jetzt von dieser ganzen Dreiteilung verabschiedet, setzen wir das Ganze aufs Spiel.
Man kann auf der anderen Seite das eine wollen, diesen Einzelgänger – Ausstieg aus der Kernenergie –, und das andere gleichzeitig auch noch wollen: Wir steigen aus der zweiten, sprich, wir steigen aus der zweiten grundsatzfähigen Energie, aus der Braunkohle, aus und trotzdem soll der Strom noch aus der Steckdose kommen.
Herr Lichdi, die sogenannte Alternative, die Sie hier benennen, ist aus meiner Sicht ein Märchen. Wir müssen einfach auch einmal deutlich sagen, wir haben eine
Energiewende. Dazu stehen wir auch. Aber das braucht seine Zeit. Sie braucht auch eine Begleitung durch konventionelle Energien, durch einen sinnvollen Energiemix, und dazu gehört letztlich die Braunkohle.
Worüber wir jetzt schon die ganze Zeit sprechen, ist ja nicht nur die Braunkohleverstromung – Herr Herbst ist schon darauf eingegangen –, wir sehen ein Stück weiter. Wenn man es weltweit betrachtet, haben wir 17 Millionen Tonnen Erdöl, die eingesetzt werden, Ölprodukte und Chemikalien herzustellen. Auch da ist die Braunkohle, mittelfristig betrachtet, eine sinnvolle Alternative, eine Alternative, die auch in Deutschland als heimischer Energieträger zur Verfügung steht. Das muss man bei der Thematik hier, wenn wir über Braunkohle sprechen, immer mit im Blick haben.
Es geht nicht nur um die Verstromung. Verstromung ist aber ein wichtiges Stichwort, was Technologie angeht. Zu DDR-Zeiten hatten wir einen Wirkungsgrad von Kraftwerken, der so um die 33 % lag. Jetzt sind wir bei 45 %. Bei Pilotanlagen gehen wir an die 50 % heran. Man sieht, was hier geleistet wird, wenn ich an die CCS-Technologie denke, die in Deutschland auch wieder ideologisiert wird. Dabei haben wir auch eine Antwort darauf, wie man Braunkohle, wie man Braunkohlenutzung umweltfreundlicher gestalten kann. Ich bin ja selber Oberlausitzer. An dieser Stelle will ich auch einmal mit dem Stichwort „Lausitz“ aufräumen. Ich kann es einfach nicht mehr hören. Es gibt eine Oberlausitz, es gibt eine Niederlausitz. Daher kann man hier auch nicht von der Lausitz sprechen.
Aber die Umsiedlungen jetzt als das einzige Thema zu benennen, das finde ich schon etwas schwierig, weil wir nämlich bei der Energieversorgung nicht nur die Region und die zugegebenermaßen schwierigen Umsiedlungen im Blick haben, sondern wir müssen unsere Bundesrepublik Deutschland betrachten und da gehören bekanntermaßen noch ein paar mehr Leute dazu.
Mitwirkung von Regionen war zu DDR-Zeiten mehr oder weniger ausgeschlossen. Da hat man in Plattenbauten zwangsumgesiedelt. Zittau wäre, wenn die DDR weiter bestanden hätte, jetzt schon gar nicht mehr existent.
Man muss, glaube ich, auch ganz deutlich sagen, dass es vor Ort sehr viele Anhörungen von Experten und Verbänden gegeben hat. Der Planungsverband hat es sich auch nicht leicht gemacht. Von den demokratisch legitimierten Verbandsräten wurden Entscheidungen durch Einzelgespräche herbeigeführt. Man muss diese demokratische Entscheidung jetzt akzeptieren, aber gleichzeitig auch deutlich machen, was der Planungsverband gesagt hat, nämlich, er wolle diesen Bergbau begleiten.
Wir haben Ziele festgelegt, die auch die Menschen und deren Lebenssituation im Blick haben. Das wird begleitet und auch kritisch evaluiert. Es ist nicht so, dass man das jetzt beschlossen hat und sagt, dann ist es so, sondern es gibt da auch entsprechend aus meiner Sicht sehr wichtige Begleitung.
Ich will damit aufräumen, dass es hier um Vattenfall geht. Es geht nicht nur um einen Konzern, sondern es geht um ein Thema, das in Deutschland ganz wichtig ist, nämlich um eine verlässliche, bezahlbare, wirtschaftliche Energieversorgung. Deshalb ist dieser Wink, der immer in Richtung eines Unternehmens geht, völlig fehl am Platz.
Entgegen allen Kritikern, die sagen, CCS ist etwas, das sich verabschiedet, will ich auch sagen, dass die EU im Frühjahr beschlossen hat, dieses Thema beispielsweise noch stärker zu fördern. Ich finde es auch wichtig, dass wir als Sächsischer Landtag uns zu dieser Thematik bekennen und, wenn wir über Kohle sprechen, wir auch immer die Umweltverträglichkeit mit in die Diskussion nehmen. CCS ist für mich nach wie vor kein totes Thema, sondern ein sehr wichtiges, das auch als Technologietransfer in unserer Region mit zu betrachten ist. Das will ich an dieser Stelle erwähnen.
Meine Redezeit ist zu Ende. – Ich denke, wir haben heute unter Tagesordnungspunkt 6 noch genügend Zeit, uns intensiv mit Ihrem Antrag auszutauschen. Die Debatte hat für mich jetzt keine neuen Erkenntnisse gebracht. Aber ich denke, wir sollten aufhören, dieses ganze Thema zu ideologisieren.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da hier gerade wieder eine allgemeine Energiediskussion geführt wurde, will ich mich doch wieder auf den Antrag beziehen. Als umweltpolitischer Sprecher meiner Fraktion muss ich natürlich auch aus dem Blickwinkel der Umwelt und des Naturschutzes klar benennen, dass die Braunkohlenutzung vor diesem Hintergrund problematisch ist. Es klar zu benennen gehört zur Ehrlichkeit im Umgang mit dem Thema dazu, denn es handelt sich nun einmal um einen Eingriff in Natur und Umwelt, der besonders langfristig und gravierend ist.
Ich bin heute früh darauf eingegangen, dass Nachhaltigkeit drei Dimensionen hat und dass es auch wichtig ist, soziale und wirtschaftliche Dimensionen mit zu betrachten und nicht einseitig das ganze Thema zu behandeln, wenn man verantwortungsvolle Politik betreiben will.
Ich habe so den Eindruck, wenn ich die Anträge der LINKEN und der GRÜNEN hier lese, dass das wieder davon zeugt, dass sehr viel Polemik dabei ist, dass letztlich das, was ich von der Opposition erwarte, nämlich
konstruktive Vorschläge, nicht zu finden ist, sondern dass die Energiepolitik hier wieder einmal ideologisiert wird.
Während in der DDR die Mitwirkungsrechte und Möglichkeiten der Bewohner prinzipiell überhaupt nicht vorgesehen waren – vorherrschende Praxis war, dass man die Betroffenen in Neubaublöcke, also die Plattenbauten, umgesiedelt hat –, geht heute damit ein ganz umfangreicher Diskussions- und Problemlösungsprozess einher. Deswegen ist die Forderung unter II Punkt 2 der LINKEN, dass man noch mehr Umfragen zur Akzeptanz machen und die Umsiedlung noch einmal behandeln sollte, aus meiner Sicht nicht stichhaltig, weil es transparent ist. Von daher kann man diesen Punkt schon einmal ablehnen.
Die Umwandlung der Braunkohle in Energie bedeutet einen Verlust eines wertvollen Rohstoffes durch Verbrennung und Erzeugung von großen Mengen CO2. An dieser Stelle sollten wir uns Gedanken machen, wie wir diesen wertvollen Rohstoff Braunkohle noch sinnvoller und effizienter einsetzen können. Ich habe die Zahlen noch einmal hier. Wir benötigen gegenwärtig pro Jahr 16 Millionen Tonnen Erdöl, die für Erdölprodukte eingesetzt werden, und 9 Millionen Tonnen, die für Chemikalien eingesetzt werden sollen. Das würde, wenn wir Kohle einsetzen, bedeuten, dann können wir die 75 Millionen Tonnen auch dafür verbrauchen. Das ist übrigens eine Expertise, die auch aus Sachsen kommt. Die hat mein Namensvetter Prof. Dr. Meyer an der Bergakademie in einer Studie mit benannt. Das ist, glaube ich, einmal eine Denkrichtung beim Thema Braunkohle, die man mit in den Blick nehmen sollte.
Das Institut für Energiewirtschaft und rationelle Energieanwendung der Universität Stuttgart hat in Bezug auf die energiewirtschaftliche Bedeutung der Braunkohlenutzung im Rahmen der europäischen Klimapolitik auch eine Studie angefertigt und die unterschiedlichen energiepolitischen Rahmenbedingungen mit abgeschätzt. Diese Untersuchung, die sich bis auf das Jahr 2030 bezieht, zeigt, dass es eine stabile Braunkohlenachfrage in Deutschland von circa 160 bis 170 Millionen Tonnen geben wird. Damit wird die Braunkohle nach wie vor gefragt sein und sie wird auch, das sagt die Studie aus, unter Betracht der europäischen und nationalen Klimaschutzziele als Instrument wettbewerbsfähig sein. Die Nutzung der Braunkohle steht – so sagt das IER – nicht im Gegensatz zu den gegenwärtig implementierten Mechanismen zur Erreichung der Treibhausgasreduktionsziele.
Darüber hinaus gehen von der Braunkohlenutzung positive Wirkungen auf den Strompreis aus, und diese wiederum wirken sich aufgrund der wirtschaftlichen Verflechtung der Braunkohleindustrie auch positiv auf Beschäftigung und Wirtschaftswachstum aus. Es ist ein Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung, der vom IER kumuliert auf 340 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 eingeschätzt wird, und zusätzlich bietet die Braunkohle in diesem Zeitfenster 180 000 Arbeitsplätze. Das muss man bei der Diskussion immer berücksichtigen.
Es gilt natürlich, weil unser Energie- und Klimaschutzprogramm schon das Szenario, das wir hier gerade besprechen, enthält. Das Ziel ist auch immer vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich Technologien weiterentwickeln. Ich komme zwar später noch einmal darauf zurück, kann es aber an dieser Stelle schon einmal sagen, dass beispielsweise der Wirkungsgrad von Kraftwerken heutzutage bei 43 % liegt. Vor 20 Jahren waren es noch etwa 33 %. In Zukunft werden wir wohl an die 50 % herangehen.
Wir haben auf der anderen Seite auch das klare Bekenntnis, dass wir uns für saubere Kohletechnologien einsetzen, sprich CCS an dieser Stelle. Das sind alles Punkte, die dort mit hineinzählen. Wir stehen zur Energiewende, das heißt, dass der Ausbau der regenerativen Energien stattfindet. Wir haben immer gesagt, wir brauchen dazu einen verlässlichen Energiemix, der wirtschaftlich und bezahlbar ist, und demzufolge braucht es noch eine konventionelle Energie. Das ist nun mal, nachdem man aus der Kernkraft ausgestiegen ist, die Braunkohle.
Ja.
Unter anderem. Ich habe gerade ausgeführt, dass die Ziele ein umfangreicher messbarer Katalog sind, die hier im Klimaschutzpapier stehen. Diese Ziele gehen gleichzeitig einher mit dem Ausbau regenerativer Energien. Das ist alles klar beschrieben. Ich weiß nicht, warum Sie da noch einmal nachfragen.
Ich fahre mit meiner Rede fort, weil wir heute bereits ausreichend darüber diskutiert haben. Wir können danach bilateral noch einmal darüber sprechen.
Ich komme noch einmal zum Punkt II und auf die neuen Umfragen mit Blick auf die Betroffenen, die transparenter gestaltet werden sollen, zu sprechen. Das ist die schon oft angewandte Verschleppungstaktik der LINKEN. Es fanden in der Region intensive Diskussionen mit den betroffenen Bürgern und den Gemeinderäten sowie Bürgerversammlungen statt. Sie sind sehr intensiv in die Entscheidungsfindung der – ich sage es noch einmal – demokratisch legitimierten Verbandsräte einbezogen worden.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf das Entwicklungskonzept für das Kirchspiel Schleife zu sprechen kommen, welches hinsichtlich neuer Erfordernisse und Vorhaben immer mit betrachtet wurde. Ebenso wurde die Mitwirkung der Bevölkerung festgeschrieben. Darüber hinaus bestehen für die Bürgerinnen und Bürger vielfältige Möglichkeiten zur Information, Beratung, Vermittlung und zum Erfahrungsaustausch, wie sie zum einen durch die bergbaubedingt verstärkte Gemeindeverwaltung und zum anderen durch das gesamte soziale Netzwerk geleistet werden.
Entsprechend wurden die Entscheidungen mit großer Mehrheit in Abstimmung zwischen den Bergbauunternehmen und den Bürgern getroffen. Es fanden Behörden-, Verbands- und Öffentlichkeitsbeteiligungen sowie Anhörungen, Erörterungen und Einzelgespräche statt. Ich weiß, dass der Verbandsvorsitzende Landrat Lange sehr intensive Gespräche – auch Einzelgespräche – geführt hat. Er hat sich intensiv eingebracht. Letztlich ist das ein Verfahren, das in der Entscheidungsfindung heutzutage obligatorisch ist. Ich bin der Auffassung, dass die Entscheidung des Verbandes von der Landespolitik akzeptiert werden sollte, auch wenn das vielleicht dem einen oder anderen im Parlament nicht passt.
Im Detail gibt es noch zahlreiche Veränderungen des Braunkohleplans im Zuge dieser Anhörungen. Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen. Das ist zum Beispiel die Berücksichtigung von Anlagen der Fotovoltaik als Zwischennutzung, über eine an die Bergbauverhältnisse angelehnte und gleichzeitig standörtlich und dem späteren Klima angepasste Baumartenzusammensetzung bis hin zu dem Gipsdepot, welches als Landschaftsbauwerk mit einer Schutz- und Rekultivierungsschicht, die auch boden-, wasser- und naturschutzgerecht ist, eingebracht wird.
Nicht zuletzt hat der Umweltbericht einige Ergänzungen erfahren, zum Beispiel die Überarbeitung des Kapitels über die planerischen Alternativen, die Betrachtung vom Abbaugebiet 1 und die Darlegung zur Vereinbarkeit des Gesamtvorhabens mit den Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Darüber hinaus gab es auch weitere Betrachtungen, die die Staubentwicklung und das Schutzgut Grundwasser einschließlich Trink- und Oberflächenwasser mit im Blick hatten.
Ich komme nun zum Punkt II.3, in dem es um die Verkleinerung des sorbischen Siedlungsgebiets geht. Ich selbst bin kein Sorbe. Es ist jedoch so: Wenn man Sorbe ist, gibt es keine Bezugnahme auf ein bestimmtes Siedlungsgebiet. Vielmehr ist es ein Bekenntnis, welches man abgibt. Es gilt das Bekenntnis und nicht das Territorialprinzip. Darüber hinaus unterstützt der Freistaat Sachsen das sorbische Volk und seine Traditionen in sehr vielfältiger Art und Weise. Ich möchte hier auf den Einigungsvertrag eingehen, beispielsweise Artikel 35. Dort ist festgeschrieben, dass das Bekenntnis zum sorbischen Volk und zur sorbischen Kultur frei ist, dass die Bewahrung und Fortentwicklung der sorbischen Kultur und der sorbischen Tradition gewährleistet werden. Angehörige des sorbischen Volkes und ihrer Organisationen haben die Freiheit zur Pflege und zur Bewahrung der sorbischen Sprache im öffentlichen Leben. Die grundgesetzliche Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Bund und den Ländern bleibt unberührt.
Ich gestatte gleich eine Zwischenfrage. Ich führe den Satz noch zu Ende aus.
Genau diese Punkte werden auch bei der Erschließung weiterer Tagebaue und gemeinsamer Umsiedlungen des Kirchspiels Schleife nicht infrage gestellt. Man kann also nicht von einer Missachtung der Belange des sorbischen Volkes sprechen.
Jetzt lasse ich die Zwischenfrage zu.
Ich bin bereit, dies zur Kenntnis zu nehmen. Ich bin aber gerade darauf eingegangen, was das Bekenntnisprinzip bedeutet. Es ist eben kein Territorialprinzip. Es ist wichtig, dass der Gemeindeverband beisammenbleibt und die Umsiedlung im Gemeindegebiet des Kirchspiels Schleife vollzogen wird, sodass die Brauchpflege, die Pflege der Sprache und der Zusammenhalt der Sorben – darum geht es letzten Endes; es geht nicht nur um das Gebiet, sondern um die letztgenannten Punkte – bewahrt werden. Es ist wichtig, das an dieser Stelle zu betonen.
Ich bin bei der Zwischenfrage von Herrn Lichdi schon einmal auf die Belange des Energie- und Klimaprogramms eingegangen. Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter darauf eingehen. Ich halte es für wichtig, dass wir den Umbau unserer Energiewirtschaft hin zu regenerativen Energien durch einen Energiemix begleiten, der nach wie vor auch konventionelle Energieträger beinhaltet. Ansonsten bekommen wir es nicht hin, von Nachhaltigkeit zu sprechen, und wir schaffen es nicht, die wirtschaftliche und soziale Komponente bei diesem Thema ausreichend zu betrachten.
Auf das Thema der Speicherkapazitäten ist Staatsminister Morlok heute Morgen bereits eingegangen; dazu werde ich nichts mehr ausführen. Darüber hinaus ist, wie gesagt, schon bevor wir diese Debatte geführt haben, in unserem Energie- und Klimaprogramm festgeschrieben, dass die Braunkohle für uns nach wie vor das Potenzial hat, zukünftig eine tragende Säule der leistungsstarken Energiewirtschaft in Deutschland und Sachsen zu sein.
Vielleicht sage ich noch ein paar Punkte zum Abschluss. Gerade im Braunkohlenplan ist es so, dass das Thema Kulturlandschafts-, Arten- und Biotopschutz, Waldmehrung, aber letztendlich auch das, was nach der Braunkohle kommt – die entsprechenden Landschaftselemente sowie die Gestaltung der Landschaft –, mit betrachtet werden. Der Naturschutz steht im Vordergrund. Ich möchte Folgendes noch einmal deutlich sagen, auch als umweltpolitischer Sprecher: Ein Industrieland wie die Bundesrepublik Deutschland benötigt kontinuierlich Energie, um den Wirtschaftsmotor anzutreiben und damit Wertschöpfung zu erzeugen, welche wir nutzen können, um soziale und ökologische Leistungen zu finanzieren. Wir brauchen Versorgungssicherheit und auch Wettbewerbsfähigkeit, um weiterhin die finanziellen Mittel für diese Leistungen zu erwirtschaften. Mittelfristig führt aus meiner Sicht, weil wir aus der Kernkraft aussteigen, an der Nutzung des heimischen Rohstoffes Kohle kein Weg vorbei.
Ich bin auf die Probleme eingegangen. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diese in unserer hoch entwickelten Gesellschaft auf einem sehr hohen Niveau mindern
werden. Ich halte die Ideologisierung, die von den LINKEN und den GRÜNEN in ihren Anträgen vorgenommen wird, nicht für zielführend. Es zeigt, dass sie anscheinend nicht ernsthaft an einer ganzheitlichen Energiepolitik interessiert und damit auch nicht regierungsfähig sind. Als politisch Verantwortliche müssen wir dafür sorgen, dass es gelingt, die mit der Braunkohle verbundenen Herausforderungen in abgewogene Regierungsentscheidungen einzubeziehen und für eine wirtschaftlich und sozial ausgewogene und die Umweltauswirkungen in den Blick nehmende Energiepolitik zu sorgen.
Vielen Dank.
Ich möchte darauf antworten. Ich bin darauf eingegangen, dass wir auch ganz klar für CCS stehen. Sie haben das Thema Emissionshandel angesprochen: Da sprechen Sie mit dem Richtigen, denn das war ja Gegenstand meiner Doktorarbeit. Sie wissen, dass im Energiesektor auch flexible Mechanismen zur Verfügung stehen, damit man auch in anderen Ländern Emissionen reduzieren kann. Daran glaube ich, denn die Potenziale in China oder auch in der Ukraine sind deutlich größer als in Deutschland. Das ist auch etwas,
lassen Sie mich bitte ausreden, Herr Lichdi, ich habe Sie auch ausreden lassen –, was in Summe die Reduktion, die Sie genannt haben, erbringen kann. Wir haben, wenn wir über das Klima sprechen, kein regionales, sondern ein weltweites Problem. Deswegen ist es sinnvoll, einen weltweiten Emissionshandel einzuführen. Alles andere ist Augenwischerei. Wie gesagt, im weltweiten Maßstab ist es durchaus möglich, im Energiesektor diese Ziele über flexible Mechanismen – Joint Implementation – zu erreichen.
Frau Pinka, Sie haben anscheinend nicht zugehört. Ich habe nicht gesagt, dass wir so dreckig sein können, wie wir wollen, und die anderen
sollen ihren CO2-Ausstoß senken. Wir haben die klare Verpflichtung, unsere Emissionen zu senken. Zu diesen Verpflichtungen stehen wir auch. Die stehen im Energie- und Klimaschutzprogramm.
Aber wir haben an dieser Stelle eine weltweite Betrachtung anzustellen. Deswegen ist auch klar, dass man das einmal benennen muss. Da können Sie vielleicht mit Ihrer politischen Vergangenheit, mit Ihren politischen Freunden überall in der Welt, in diesen Ländern, wo es noch viel mehr Emissionen gibt, einmal sprechen und sich deutlich dafür einsetzen und dahinterklemmen. Das wäre vielleicht eine Aufgabe, die Sie als LINKE machen könnten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Angesichts dessen, dass Herr Lichdi schon das Wesentliche gesagt hat, mir sehr daran gelegen ist, dass wir heute pünktlich zum Schluss kommen und ich etwas aktiv für das Klima tun und Emissionen vermeiden möchte, gebe ich jetzt meine Rede zu Protokoll.
Wenn DIE LINKEN Handel – genauer gesagt, den Europäischen Emissionshandel – „wiederbeleben“ wollen, dann lässt mich dies natürlich aufhorchen. Aber schon der Debattentitel zeigt, dass es wiederum um Planwirtschaft geht, weil die Handelsergebnisse nicht dem entsprechen, was man sich zu Beginn der Handelsperiode erhofft hat.
Ich habe mich im Rahmen meiner Dissertation eingehend mit dem Emissionshandel und den flexiblen Mechanismen beschäftigt und halte dieses marktwirtschaftliche Instrument für grundsätzlich geeignet, um umweltpolitische Ziele zu erreichen.
Gegenwärtig kann man jedoch nicht von einem Handel sprechen, wofür vielerlei Gründe verantwortlich sind: die Prognose der Emissionsentwicklung ging von einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung in Europa aus, ein Großteil der Emissionsreduktion resultiert schlicht aus ausgebliebener Produktion und damit ausgebliebenen Emissionen. Die angenommenen Wachstumsraten sind ausgeblieben und daher funktioniert das Gesamtsystem auch nicht. Darüber hinaus konterkariert der ordnungspolitische Ansatz des Zubaus an Regenerativen über das EEG den marktwirtschaftlichen Ansatz über den Emissionshandel, da hoch subventionierter regenerativer Strom
an der Börse gehandelt wird und der Bedarf an zugewiesenen CO2-Zertifikaten logischerweise sinkt.
Diese Fehlallokation ist nicht ausreichend bedacht worden. Vereinfacht ausgedrückt: Das sogenannte „Cap“, also der Deckel, ist nicht passend gewählt worden; und so braucht das zu kochende Wasser im Topf, also der Handel, schlichtweg länger, bis es siedet, also bis der Handel einsetzt.
Ich zitiere an dieser Stelle Kanzlerin Angela Merkel, die das Problem auf den Punkt bringt: „Wir haben rund 25 Gigawatt Windenergie installiert. Wenn in Deutschland die Sonne scheint, dann weht meistens auch ein bisschen Wind. Das heißt, wir haben Stunden, in denen wir fast den gesamten Energiebedarf aus erneuerbaren Energien decken können. Wir haben aber auch viele Stunden am Tag, in denen wir die grundlastfähigen Kraftwerke brauchen, weil wir nicht ausreichend viele Speicher haben und auch noch nicht ausreichend viele Leitungen gebaut haben. Deshalb sagt die deutsche Wirtschaft: Wir sind bereit, auch über Backloading zu diskutieren. Wir wollen aber nicht alles einzeln regeln, sondern wir brauchen ein Gesamtsystem.“
Wir brauchen eben ein solches Gesamtsystem und eine Gesamtbetrachtung – Europa muss sich um weltweite Lösungen bemühen, um nicht einseitig in Wettbewerbsnachteile zu kommen. Ich halte daher auch den Vorschlag von Energiekommissar Oettinger für sinnvoll, einen Kombi-Ansatz – das heißt Ziele für die Minderung der Treibhausgase und den Ausbau der Regenerativen Energien für das Jahr 2030 gleichermaßen – festzulegen. Diese Gesamtbetrachtung hat auch die Sächsische Staatsregierung mit dem Energie- und Klimaprogramm 2012 vorgenommen, da man die beiden Aspekte eben nicht trennen darf.
Ich persönlich halte es für erwägenswert, die Emissionsmenge einmalig – ich betone einmalig – zu verknappen, also einen passenden Deckel zu wählen, um dann über den künstlichen Markt des Emissionshandels Emissionen dort zu reduzieren, wo es am günstigsten ist und eben nicht staatlich dirigistisch diese Bereiche vorzuschreiben.
Es darf aber nicht sein, dass ständig Änderungen vorgenommen werden. Wir brauchen Investitionssicherheit für die Wirtschaft, und wir brauchen daher auch Zielwerte für das Jahr 2030, da der Zeitrahmen bis 2020 für viele Investitionsentscheidungen der Energieunternehmen
bereits zu kurz ist.
Emissionshandel heißt aber nicht, dass es keine Kohlekraftwerke mehr geben soll. Der Handel ist vielmehr Anreiz, in saubere Kohletechnologien zu investieren und beispielsweise durch die Abscheidung und Speicherung von CO2 Emissionen zu reduzieren und dennoch grundlastfähige Energieerzeugung vorzunehmen. Die Grundlastfähigkeit ist eine wesentliche Prämisse eines industriellen Energiesystems. Nur ein verlässlicher Rahmen wird die Investitionen auslösen, welche zur Erreichung der Klimaschutzziele erforderlich sind.