Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 38. Sitzung des 5. Sächsischen Landtags.

Für die heutige Sitzung haben sich keine Kolleginnen oder Kollegen entschuldigt. Ich denke, es war noch nie der Fall, dass wir alle gesund und munter hier waren.

Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 2 bis 7 festgelegt: CDU bis zu 96 Minuten, DIE LINKE bis zu 67 Minuten, SPD bis zu 42 Minuten, FDP bis zu

40 Minuten, GRÜNE bis zu 35 Minuten, NPD bis zu 35 Minuten, Staatsregierung 67 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf diese Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.

Änderungsanträge zur Tagesordnung liegen nicht vor. Es erhebt sich auch kein Widerspruch gegen die Tagesordnung. – Die Tagesordnung der 38. Sitzung ist damit bestätigt.

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Gegen grüne Denkverbote – Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit verteidigen

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

2. Aktuelle Debatte: Bei Anruf Überwachung – die Verantwortung der Staatsregierung für das rechtswidrige Ausspähen von Handydaten am 19. Februar 2011 in Dresden

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen und der Staatsregierung hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 25 Minuten, SPD 12 Minuten, FDP 14 Minuten, GRÜNE 10 Minuten, NPD

10 Minuten; Staatsregierung 20 Minuten, wenn gewünscht.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

1. Aktuelle Debatte

Gegen grüne Denkverbote – Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit verteidigen

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Als Antragstellerinnen haben zunächst die Fraktionen der CDU und der FDP das Wort. Die weitere Reihenfolge in der ersten Runde: DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht.

Wir eröffnen die Runde der Redner mit Herrn Kollegen Meyer. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer kennt es nicht, das alte deutsche Volkslied über die Gedankenfreiheit:

„Die Gedanken sind frei, wer kann sie erraten, sie fliegen vorbei, wie nächtliche Schatten. Kein Mensch kann sie

wissen, kein Jäger erschießen mit Pulver und Blei. Die Gedanken sind frei.“

(Beifall bei allen Fraktionen)

Im 19. Jahrhundert wurde dieses Lied zur Einforderung der akademischen Freiheit nach den Karlsbader Beschlüssen gesungen. Auch in unserem Grundgesetz – Artikel 5 Abs. 3 – ist geschrieben: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“

(Zuruf von der NPD: Papier ist geduldig!)

Für uns gilt die Freiheit von Lehre und Forschung auf der Basis unserer freiheitlichen demokratischen Grundord

nung. Solange das auf dem Boden des Grundgesetzes geschieht, dürfen wir daran nicht mit blindem Aktionismus rütteln.

Dass nun ausgerechnet BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als Partei der Bürgerrechtsbewegung

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE – Johannes Lichdi, GRÜNE: Sehr gut!)

dogmatisch die Wissenschaftsfreiheit infrage stellt, verwundert mich schon sehr.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege?

Bitte, Frau Klepsch.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Meyer, Sie haben gerade das uns allen bekannte Lied „Die Gedanken sind frei“ zitiert. Meine Frage in dem Zusammenhang: Stimmen Sie mit mir überein, dass das, was das Sozialministerium macht, nämlich sich von einzelnen Verbänden deren Pressemitteilungen vorher vorlegen zu lassen, genau Ihrem Anspruch, dass die Gedanken frei sind, entgegensteht?

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Christian Piwarz, CDU: Zum Thema!)

Ich spreche gerade zu einem anderen Thema. Den Sachverhalt, den Sie geschildert haben, kann ich an dieser Stelle nicht kommentieren, weil es hier nicht herpasst.

(Christian Piwarz, CDU: Falsche Debatte, Frau Klepsch!)

Forschung und Wissenschaft sollten niemals wieder durch politische Entscheidungen eingeschränkt werden. Die negativen Erinnerungen an die Vergangenheit sollten für uns alle eine Mahnung sein.

Wenn wir konkret über die Energiewende sprechen, dann ist bei diesem Thema das Risiko einer der wesentlichen Aspekte. Aber gerade die Kernsicherheitsforschung hat insoweit wesentliche Leistungen vollbracht. Deswegen ist es aus meiner Sicht völlig schizophren, gerade die Forschung, die dafür Sorge trägt, dass wir weltweit hohe Sicherheitsstandards im Bereich der Kernenergienutzung haben, jetzt dogmatisch abzuschaffen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die nukleare Energieerzeugung ist im Übrigen kein deutsches Privileg, sondern ein europäisches und sogar ein globales Vorhaben. Wir tun gut daran, international weiterhin aktiv mitzuarbeiten, damit wir uns auch an den Diskussionsprozessen beteiligen können. Von daher ist es sehr wichtig, die Nuklearforschung fortzuführen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Lichdi?

Ja, gestatte ich.

Bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer! Da Sie die deutsche Atomsicherheitsforschung angesprochen haben, möchte ich Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, dass kein deutsches Atomkraftwerk nach dem Stand von Wissenschaft und Technik betrieben wird, und dass kein deutsches Atomkraftwerk nach dem Sicherheitsstandard betrieben wird, der seit 1994 im deutschen Atomgesetz steht?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist doch gerade wichtig, dass die Sicherheitsstandards vorangetrieben werden und dass wir uns auch dafür einsetzen, dass die Kraftwerke nach diesen Sicherheitsstandards weiterlaufen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gestatten Sie eine Nachfrage?