Protokoll der Sitzung vom 30.09.2010

Herr Schreiber, gestatten Sie eine Nachfrage?

Die Nachfrage kommt von Frau Klepsch.

Ich würde gern erst einmal die Frage beantworten.

Sie haben außerdem gefragt, ob ich Ihnen recht gebe, dass es Geld kostet. Natürlich kostet es Geld. Wie wir heute Morgen bereits besprochen haben, befinden wir uns

momentan in den Haushaltsverhandlungen. Wir haben den Entwurf von Frau Clauß für den Sozialbereich vorliegen. Wir als Landtagsfraktion sind dabei, über diesen Entwurf zu beraten und zu befinden. Schauen wir einmal, was Ende Dezember, wenn wir über diesen Haushalt beschließen, herauskommt. Ich lade Sie übrigens gern dazu ein, diesem zuzustimmen. Wir werden sehen, was darin steht.

Nun würde ich gern erst einmal fortfahren.

Sie gestatten keine weitere Zwischenfrage von Frau Klepsch?

Es gibt noch eine weitere Nachfrage. Möchten Sie diese zulassen?

Herr Jennerjahn, bitte schön.

Herr Jennerjahn, Sie können Ihre Frage stellen.

Herr Schreiber, Sie müssen mir nur signalisieren, ob Sie die Zwischenfrage zulassen, und ich erteile dem Abgeordneten die Möglichkeit, seine Zwischenfrage zu stellen. Das sind die Spielregeln.

Vielen Dank, Herr Kollege Schreiber. Sie haben die Absenkung des Haushaltstitels im SMS mit den Ist-Zahlen begründet. Stimmen Sie mir zu, dass der schleppende Mittelabfluss in dem betreffenden Haushaltstitel möglicherweise nicht am fehlenden Bedarf liegt, sondern an der schlechten Programmumsetzung im zuständigen Fachministerium?

Herr Jennerjahn, vielen Dank für die Frage. Ich kann nicht nachvollziehen – mir liegen andere Informationen vor –, welche Dinge aus dieser Haushaltsposition finanziert werden. Ich habe mit Vertretern anderer Träger gesprochen, die beispielsweise aus dieser Haushaltsposition Geld bekommen und dementsprechend ihre Arbeit leisten. Ich habe nirgends etwas von schleppenden oder verschleppten Mittelabrufen und -abfragen gehört.

Der Fakt ist und bleibt: In dieser Haushaltsposition steht 1 Million Euro. Im Jahr 2009 wurden 1 086 000 Euro aus dieser Haushaltsposition abgerufen. Es scheint so – das ist die Aussage aus dem SMS –, als bewegten wir uns bei den Ist-Zahlen 2010 in gleicher Höhe. Damit ist für mich das Argument, wir würden hier um 50 % kürzen, hinfällig. Aber bitte: Noch einmal die Aufforderung, wir sind in Haushaltsverhandlungen, wir haben einen Vorschlag und wir gehen jetzt mit diesem Vorschlag um.

Es wird einen Gegenvorschlag geben! – Danke.

Ich fahre in meinen Ausführungen fort. Meine Damen und Herren der Linksfraktion!

Ihr Antrag löst aber bei Weitem nicht das Problem der immer weniger werdenden Kinder und Jugendlichen im ländlichen Raum und damit einer immer geringeren Mittelzuweisung an die Landkreise in Form der Jugendpauschale. Das, sehr geehrte Damen und Herren von links, ist das eigentliche Problem, das wir in der Kinder- und Jugendarbeit im ländlichen Raum haben. CDU und FDP haben sich dieses Problems angenommen, so wie wir es im Übrigen in der Diskussion im März dieses Jahres hier zugesagt haben. Wir sind mit den Kommunen deshalb im Gespräch und werden Ihnen schon bald einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten, wie wir dieses Problem beheben können.

Aus diesem Grund werden wir Ihren Antrag heute ablehnen. Darüber hinaus versuchen Sie mit diesem Antrag außerdem, haushalterische Beschlüsse heute und hier zu erzwingen, wohl wissend, dass wir uns – wie ich eben ausführte – in allen parlamentarischen Gremien derzeit in den Haushaltsverhandlungen befinden. Sie wollen wieder einmal Ausgaben erzwingen, völlig losgelöst von jeglichen Gesamtdiskussionen. Das ist unserer Meinung nach unverantwortlich und hat mit nachhaltiger Politik für die kommende Generation nichts zu tun.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht als nächster Redner der Abg. Homann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben in fünf Jahren SPD-Regierungsbeteiligung in Sachsen Gutes getan. Mit der Erhöhung der Jugendpauschale haben wir die Jugendarbeit vor Ort substanziell verbessert. Mit der Einführung des Programms „Weltoffenes Sachsen“ und der Verankerung der Strukturprojekte haben wir Maßstäbe in der Bekämpfung des Rechtsextremismus gesetzt. Diese Leistung ist anerkannt. Doch wie versuchte damals unser Koalitionspartner, seine schwindende Reputation auf diesem Gebiet zurückzugewinnen? Mit dem Programm „Flexibles Jugendmanagement“. Dieses traf – zunächst koalitionsintern – auf unsere Skepsis.

Diese möchte ich kurz begründen. Nicht zuletzt die in diesem Jahr erfolgten massiven Kürzungen der Jugendpauschale zeigen: Wir brauchen eine bedarfsgerechte Regelförderung statt immer neuer Modellprojekte. Eine berechenbare und an den Bedarfen orientierte Regelförderung schafft die Grundlage für eine kontinuierliche, professionelle und nachhaltige Jugendarbeit. Die Tendenz in Sachsen aber heißt: Immer neue Modellprojekte. Nach Ablauf der Modellphase werden diese aber meist nicht in die Regelförderung des Freistaates und der Kommunen übernommen.

Das Beispiel „Flexibles Jugendmanagement“ und die Debatte heute zeigen: Während viele Kreisjugendringe die über ihre Regelfinanzierung in den letzten Jahren finanzierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigen müssen, diskutieren wir hier über ein Modellprojekt „Flexibles Jugendmanagement“. Das zeigt – und deshalb sagen wir –, Modellprojekte und ergänzende Angebote müssen zwingend auf einer ausreichenden Regelförderung fließen. Diese muss Priorität haben.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens. Der Aufbau zusätzlicher Strukturen benachteiligt und ersetzt hervorragende, erfahrene und über 20 Jahre gewachsene Strukturen in manchen Landkreisen.

Herr Homann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Schreiber, bitte.

Danke, Herr Kollege Homann. Können Sie mir neben dem „Flexiblen Jugendmanagement“ vielleicht einmal drei Modellprojekte nennen, von denen Sie sprechen, die über das, was in den letzten Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe, wie Sie sagen, hier implementiert wurden, hinausgehen? Nur drei Stück.

Sie sind doch ein Fachkenner der Szene. Ich würde sagen, schauen Sie selbst nach und ersparen Sie uns diese Nachfragen. Danke schön.

(Gelächter bei der CDU – Zuruf von der CDU: Sie müssen schon wissen, wovon Sie reden!)

Vielen Dank für keine Antwort.

Bitte schön. – In der Regel gibt es in den Regionen und vor Ort Vereine, welche über jahrelange Erfahrungen in der Jugendarbeit und über Netzwerke verfügen. Diese Akteure vor Ort gilt es zu unterstützen. In einigen Landkreisen ist den Bürgermeistern vorgegaukelt worden – dafür kann ich Ihnen Beispiele nennen –, dass sie durch das „Flexible Jugendmanagement“ in den nächsten drei Jahren Jugendarbeit quasi zum Nulltarif, aber zumindest wesentlich billiger als über die bisherigen Anbieter, bekommen könnten. Das hätte, wenn das Programm tatsächlich in Gänze umgesetzt worden wäre, dazu geführt, dass bestehende Verträge mit Trägern vor Ort gekündigt bzw. nicht erneuert worden wären. Dies ist eine klare konzeptionelle Schwäche.

Drittens. Das „Flexible Jugendmanagement“ kann, aber muss nicht Doppelstrukturen schaffen. Die Beratung von Kommunen, wie Kinder und Jugendliche besser demokratisch beteiligt werden können und damit das demokratische Bewusstsein gestärkt wird, leisten zum Beispiel das Kulturbüro Sachsen oder die mobilen Beratungsteams seit Jahren in einer ausgezeichneten Art und Weise. Weitere Inhalte der Richtlinie und ihrer Zielstellung sind täglicher

Inhalt der Jugendarbeit und der Träger vor Ort und gehören zum Selbstverständnis eines jeden professionellen Trägers freier Jugendarbeit. Das Konzept „Flexibles Jugendmanagement“ ist auch an dieser Stelle unscharf und irreführend.

Doch wie sieht das „Flexible Jugendmanagement“ in der Praxis aus? Nach der Ausschreibung des „Flexiblen Jugendmanagements“ machten sich die Stadt- und Kreisjugendverbände daran, in vielen ehrenamtlichen Stunden Konzepte für ihre Landkreise zu schreiben. Kaum waren die Konzepte fertiggestellt, betrafen die schon damals unnötigen und ungerechten Kürzungsmaßnahmen der Staatsregierung auch das „Flexible Jugendmanagement“.

Als Vorstandsmitglied eines Kreisjugendringes in Mittelsachsen möchte ich mich an dieser Stelle noch einmal herzlich beim Sozialministerium für das Glanzstück an Demotivation und Frustrierung ehrenamtlicher Vorstände bedanken. Vielen Dank noch mal. Klasse Sache!

(Beifall des Redners)

Ich möchte aber an dieser Stelle nicht falsch verstanden werden. Ich kenne inzwischen zwei der drei Modellprojekte des „Flexiblen Jugendmanagements“ in Sachsen aus eigener Erfahrung. Sie leisten eine hervorragende Arbeit. Es sind die gut ausgebildeten und über das übliche Maß hinaus engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die gemeinsam mit den Erfahrungen der Kreisjugendringe durchaus zeigen, wie ein „Flexibles Jugendmanagement“ die Jugendhilfelandschaft sinnvoll ergänzen kann.

Wir Sozialdemokraten glauben deshalb, dass ein „Flexibles Jugendmanagement“ in einigen Landkreisen dabei helfen kann, spezifische Probleme in der regionalen Jugendhilfelandschaft abzubauen. Wir unterstützen deshalb die Weiterführung der Modellprojekte und deren umfassende Evaluierung.

Zusammenfassend: Wir stehen dem „Flexiblen Jugendmanagement“ grundsätzlich positiv gegenüber. Wir sind darüber hinaus der Überzeugung, dass jeder Euro in der Jugendarbeit potenziell eine sinnvolle Investition in die Zukunft dieses Landes ist. Wir sehen aber konzeptionelle Schwächen, die wir im Rahmen der Programmevaluierung ausräumen wollen.

1. Das Konzept „Flexibles Jugendmanagement“ kann nur auf einer ausfinanzierten Jugendhilfestruktur aufbauen.

2. Es darf bestehende Jugendhilfeprojekte nicht gefährden und

3. wir wollen keine Doppelstrukturen, die letztlich auch dazu führen, dass das „Flexible Jugendmanagement“ zum Beispiel gegen das „Weltoffene Sachsen“ oder die Strukturprojekte ausgespielt wird.

Ich beantrage deshalb hiermit im Namen meiner Fraktion eine punktweise Abstimmung. Wir werden uns bei den Punkten 1 bis 3 enthalten und beim Punkt 4 zustimmen, denn: Wir wollen das „Flexible Jugendmanagement“, aber sinnvoll.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die nächste Rednerin für die FDP-Fraktion ist die Abg. Kristin Schütz.