Protokoll der Sitzung vom 03.11.2010

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, DIE LINKE)

Ich finde es gut, dass die Staatsministerin das Ehrenamt in den verschiedenen Bereichen gelobt hat, und ich weiß nicht, wieso man das nicht auch einmal anerkennen kann. Das kann man doch auch machen, wenn man in der Opposition ist.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Die Ministerin muss doch kämpfen!)

Das hat die Frau Staatsministerin auch getan. Gerade beim Thema Ehrenamt ist das auch sehr erfolgreich gewesen.

Kommen wir zu Frau Dr. Franke. Ich unterstreiche, was Sie, Frau Dr. Franke, gesagt haben, dass diese ehrenamtliche Arbeit, die wir hier in Sachsen auch bei den Tafeln und in vielen anderen Bereichen haben, ein Segen ist. Ich würde aber nicht unbedingt sagen, dass es ein Verwirrspiel gab. Da muss ich Patrick Schreiber recht geben. Die Ankündigung ist schon vor längerer Zeit erfolgt. Das können Sie auch auf der Internetseite der TAURISStiftung nachlesen. In den Januar-Mitteilungen 2009 ist schon gesagt worden, dass ein Auslaufen zum Jahresende 2010 erfolgt. Da stand auch nichts von 2012, sondern es war immer von 2010 die Rede. Wer das gelesen hat, konnte sich darauf einstellen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE)

Ich möchte noch einmal erwähnen, dass es Möglichkeiten gibt, das fortzuführen. Es mag sein, dass es bei einigen Tafeln mit dem LOS-Projekt vielleicht nicht klappt. Wir haben auch gesagt, die TAURIS-Stiftung möge bitte darauf hinweisen, dass die Ehrenamtsförderung natürlich infrage kommt. Ich vermute, dass das bei Ihnen schon genutzt worden ist, und ich hoffe auch, dass es dann noch mehr Anträge als in diesem Jahr gab.

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Es wurde doch gekürzt!)

Es wurde überhaupt nicht gekürzt. Da haben Sie bei meinem ersten Redebeitrag nicht zugehört. Ich habe gesagt: Im Vergleich zu diesem Jahr sind die Mittel bei der Ehrenamtsförderung um 1,7 Millionen Euro gestiegen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE)

Entschuldigung, das habe ich vor einer halben Stunde gesagt. – Da mag es auch den einen oder anderen geben, der dann aus dem Bereich der Tafeln dort reinkommt.

Also, lassen sie mich zum Abschluss kommen. Wir haben in Sachsen eine sehr gute Ehrenamtsförderung und werden sie auch fortführen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Tino Günther, FDP)

Das war für die CDUFraktion in der zweiten Rederunde der Abg. Krauß. – Gibt es bei der SPD weiteren Redebedarf? – Sie haben auch keine Redezeit mehr. FDP? – GRÜNE? – NPD? – Auch nicht.

Wir würden, wenn Redebedarf bei der einbringenden Fraktion besteht, eine dritte Runde eröffnen. Ich sehe, dass es diesen Redebedarf gibt. Bitte, das Wort hat die Abg. Gläß.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte nie gedacht, dass ich mal an einem Rednerpult stehen und das Projekt TAURIS verteidigen würde, denn bei seiner Einführung war es ein Ersatz für das damals auslaufende Projekt „Aktion 55“ und es war wesentlich niedriger dotiert. Viele, gerade ältere Beschäftigte oder nicht Beschäftigte, im Ehrenamt Arbeitende hatten mit diesen Projekten vielleicht einen Übergang in die Rente.

Der Wegfall von TAURIS ist eigentlich nur ein Fortführen der Kürzungen der Ehrenamtsförderung in diesem Jahr. Die Ehrenamtsförderung wurde von zwölf Monaten auf sieben Monate zurückgefahren. Die Vereine versuchten, das irgendwie mit einer Kürzung der Mittel, die die ehrenamtlich Tätigen monatlich bekamen, aufzufangen. Es war schon im vergangenen Jahr, als das Programm

„Kommunal-Kombi“, das vielen Vereinen zugute kam, eingestellt wurde.

Jetzt also TAURIS. Es ist für viele Vereine fast ein Überlebenskampf, immer wieder Möglichkeiten zu finden, um die ehrenamtliche Arbeit fortzusetzen. Der Verweis auf das Projekt „LOS“ ist schon erfolgt, aber damit ist eine direkte Förderung von Personen nicht möglich.

In der vergangenen Woche haben die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten dargelegt, dass den Kommunen mit dem Wegfall solcher Fördermöglichkeiten und mit der Umstellung auf Projektförderung nicht geholfen ist. Denn es sind gar keine Vereine, gar keine Träger vorhanden, die die Projekte durchführen können. Aus dieser Sicht ist also solch eine Projektförderung nicht der richtige Weg. Unser Weg sollte eine institutionelle Förderung, mit Projektförderung gekoppelt, wie Frau Kollegin Werner dargestellt hat, sein.

Ich möchte ganz kurz noch, da meine Redezeit sehr abnimmt, aus einem Brief des Vereins Neue Heimat Oberlausitz zitieren. Herr Lehmann hat diesen Brief vielleicht auch bekommen. Die Aussiedler dieses Vereins schreiben:

„Mit Unterstützung von TAURIS-Projekten ist es uns in den letzten Jahren gelungen, die ehrenamtliche Basis für nachhaltige Integrationsarbeit im Bereich von Kinder-, Jugend-, Frauen- und Seniorenarbeit zu schaffen. Das bricht alles weg.“

Der Verein Neue Heimat Oberlausitz wendet sich an uns Landtagsabgeordnete, nach Möglichkeiten zu suchen, ihn zu unterstützen. Sie alle haben sicherlich auch die älteren Arbeitslosen und den älteren Schlosser gesehen, der einmal in der Woche zum Eisenbahnverein nach Löbau fährt und dort noch eine sinnvolle Tätigkeit ausführt. Für viele Langzeitarbeitslose ist gerade diese ehrenamtliche Tätigkeit die Ermöglichung der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Durch die kleine Aufwandsentschädigung – damit können sie sich eine Fahrkarte kaufen, damit haben sie überhaupt die Möglichkeit, zu ihrem Verein zu kommen – wird die Brücke zur gesellschaftlichen Teilhabe geschaffen. Diese wird jetzt weggeschlagen, diese wird weggesprengt. Ich meine, es sollte noch einmal darüber nachgedacht werden, ob eine Fortführung der TAURISStiftung, die zu 75 % aus EFS-Mitteln gefördert wird, nicht doch möglich ist.

(Beifall bei den LINKEN)

Das war Frau Kollegin Gläß für die einbringende Fraktion DIE LINKE. – Ich frage jetzt die CDU-Fraktion: Gibt es weiteren Redebedarf? Es ist noch Redezeit vorhanden. – Ich frage die SPD-Fraktion. – Die FDP-Fraktion hat auch noch Redezeit. – Die Fraktion der GRÜNEN? – Niemand. Die NPD hat keine Redezeit mehr. – Damit hat die Staatsregierung das Wort. Bitte, Frau Staatsministerin Clauß.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der heutigen Debatte bringt es auf den Punkt: Wir wertschätzen, fördern und sichern das bürgerschaftliche Engagement.

Wir wertschätzen das bürgerschaftliche Engagement, denn wir pflegen eine sehr hohe Anerkennungskultur. Auch das haben wir schon sehr häufig gehört. Ich benenne noch einmal die Veranstaltung in der vergangenen Woche, als wir die sächsische Annen-Medaille an 20 verdienstvolle Bürgerinnen und Bürger überreicht haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich glaube, dass diese Bürgerinnen und Bürger, wenn sie einige der Argumente, die hier angeführt worden sind, hören würden, diese nicht verstehen könnten. Ich hatte auch einige von Ihnen eingeladen. Ich danke dem Herrn Vizepräsidenten und anderen Abgeordneten dafür, dass sie mit vor Ort gewesen sind. Denn wenn Sie diesen Menschen in die Augen schauen und mit ihnen ins Gespräch kommen, dann wissen Sie sehr wohl, was bürgerschaftliches Engagement, was Ehrenamt bedeutet.

(Beifall des Abg. Horst Wehner, DIE LINKE)

Wir werden auch in diesem Jahr im Dezember wieder den „Sächsischen Ehrenamtstag“ gemeinsam mit 120 Ehrenamtlichen in diesem Hohen Haus begehen. Auch eine gemeinsame Rundreise in alle Landkreise – diese wurde im Jahr 2009 mit dem damaligen Justizminister durchgeführt – werden wir mit Kollegen Martens in der kommenden Zeit wiederholen. So haben wir es abgesprochen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

All diese Beispiele zeigen, dass die Staatsregierung und der Freistaat immer wieder bestrebt sind, Ehrenamtlern zu danken und deren Ehrenamt auch öffentlich zu würdigen.

Wir fördern seit vielen Jahren das ehrenamtliche Engagement. Unsere Förderrichtlinie „Wir für Sachsen“ – auch das haben wir gehört – ist einmalig. So wird für Menschen, die sich in völlig verschiedenen Bereichen engagieren, eine kleine, aber sehr wohl feine finanzielle Anerkennung ausgereicht.

Wir bieten einen ausreichenden Versicherungsschutz, damit kein ehrenamtlich Engagierter ein besonderes Risiko eingehen muss.

Wir entwickeln unsere Ehrenamtskarte immer weiter, damit in jedem Jahr für unsere Ehrenamtler einige Vergünstigungen mehr hinzukommen. Wir haben immer gesagt, dass es ein wachsendes Projekt ist. Wenn wir ein Resümee ziehen, werden einige, die vor einigen Monaten noch gesagt haben, es sei alles nichts, erstaunt sein, wie letztlich für unsere Ehrenamtlichen Prioritäten gesetzt wurden.

Wir sichern das Ehrenamt, und das auch finanziell – trotz mancher Einschnitte, die mit dem entsprechenden Doppelhaushalt verbunden gewesen sind. Aber wir führen das Programm fort, denn unser Ziel ist es, mehr Menschen für

das bürgerschaftliche Engagement zu gewinnen. Denn das steht außer Frage

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Mit weniger Geld!)

zu den Finanzen komme ich noch –, denn das lässt das Herz unserer Gesellschaft schlagen.

Aber wir müssen dabei auch andere Dinge beachten. Erstens gibt es noch andere Formen als das klassische Ehrenamt: die Jugendfreiwilligendienste, die Freiwilligendienste für Erwachsene, das kurzfristige Projektmanagement und auch die Selbsthilfe. Auch was die Selbsthilfe anbelangt, werden wir finanziell weiterhin unserer Verpflichtung nachkommen. Die Selbsthilfe wurde in eine andere Richtlinie aufgenommen – deshalb haben Sie die Position sicherlich im Haushalt nicht erkannt –, sie ist aber explizit aufgeführt.

Die Synergieeffekte hinsichtlich der Zusammenlegung des Freiwilligen Sozialen Jahres und des Freiwilligen Ökologischen Jahres werden auf alle Fälle ebenfalls Auswirkungen haben. Denn gerade die Freiwilligendienste braucht unsere Gesellschaft. Auf der einen Seite sollen sie, jetzt Bundesfreiwilligendienste genannt, die Lücke schließen, die aufgrund der Abschaffung des Zivildienstes entsteht. Hierzu werden Entscheidungen auf der Bundesebene vorbereitet und es werden Gleichstellungen mit anderen sozialen und ökologischen Diensten erfolgen. Wir brauchen unsere Freiwilligendienste, um zum einen dem demografischen Wandel und der veränderten familiären Struktur Rechnung zu tragen, und wir müssen jetzt Strukturen aufbauen, die unseren Kindern die Sicherheit geben, sozialen Zusammenhalt zu leben und auch sozialen Zusammenhalt erleben zu können. Das ist meist nicht nur mit Geld möglich, das hat wenig mit Geld zu tun. Wir brauchen die Strukturen, die uns und unsere Kinder die Kunst lehren, kein Egoist zu sein.

Wir müssen das bürgerschaftliche Engagement weiterentwickeln und der Realität anpassen. Das wissen wir und dazu haben wir uns auch positioniert. Aber schauen wir noch einmal kurz zurück. Vor circa 20 Jahren war das Ehrenamt immer noch das Ehrenamt im eigentlichen Sinn des Wortes. Da hat keiner erwartet, eine finanzielle Entschädigung für sein Engagement zu erhalten. Diese Einstellung gibt es zum Glück heute noch bei sehr vielen, oft in aller Stille und Bescheidenheit. Sie erbringen damit eine Leistung, die weit über das Normale hinausgeht.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Diese Menschen engagieren sich aus Überzeugung und nicht, weil sie von klein auf konditioniert wurden, etwas für Hilfe zu bekommen.

Dennoch gibt es sehr wohl gute Gründe, um auch finanzielle Entlastungen beim Ehrenamt zu gewährleisten. Denn wir wollen zum einen mehr Menschen zum Engagement bewegen, die bisher wenig aktiv sind. Wir wollen das klassische Ehrenamt nicht nur von denen unterstützt wissen, die bereits vielfach im gesellschaftlichen Leben eingespannt sind.

(Beifall bei der CDU und der FDP) Damit komme ich zum Dritten: Ehrenamt kann keine Erwerbsarbeit sein. Natürlich hilft bürgerschaftliches Engagement – – Präsident Dr. Matthias Rößler: Für die Staatsregierung sprach Frau Staatsministerin Clauß. Wir sind jetzt – – (Zuruf des Abg. Miro Jennerjahn, GRÜNE)

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Herr Präsident!)

Ich habe Ihnen zugehört, jetzt hören Sie mir bitte auch zu. – Ich sehe gerade, Kollege Pellmann, Sie wollen sicher vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen.