Heiderose Gläß
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Koalitionsfraktionen, mit Ihrem Antrag fordern Sie die Staatsregierung auf, eine effektive und vernetzte Hilfe für traumatisierte Opfer von Gewalt zu ermöglichen. Neben der üblichen Berichterstat
tung werden sehr wichtige Forderungen an die Staatsregierung gerichtet, zum Beispiel, dass von Straftaten traumatisierten Opfern ein Zugang zu Anlaufstellen vermittelt wird, in denen traumatherapeutisch ausgebildete Fachkräfte verfügbar sind, dass Kooperations- und Koordinationsdefizite zwischen den öffentlichen und privaten Hilfseinrichtungen der Opferhilfe vermieden werden müssen und dass eine vernetze Opferversorgung durch Kooperationsvereinbarung erreicht werden muss.
Diese Forderungen sind richtig, denn vieles steht bis jetzt nur auf dem Papier oder im Internet, wenn man zum Beispiel ins „Traumanetzwerk seelische Gesundheit“ schaut. Ich glaube, ein traumatisiertes Gewaltopfer hat oft nicht die Kraft, sich im Internet sachkundig zu machen. Warum aber, liebe Mitglieder der Fraktionen von CDU und FDP, wurde es von Ihrer Staatsregierung bis jetzt noch nicht getan? Eine Berichterstattung bis zum 31.08. an den Sächsischen Landtag kann man eigentlich nur als Witz ansehen.
Dabei ist es im Freistaat enorm wichtig, die Hilfen für Gewaltopfer auszubauen und zu vernetzen. Wir brauchen Angebote für Frauen und Kinder, die Gewalt in der Familie erlebt haben, für Opfer rechter Gewalt, besonders für Opfer mit Migrationshintergrund, wir brauchen Hilfe für Betroffene von Zwangsprostitution und Menschenhandel, aber auch für traumatisierte Flüchtlinge. Hierfür sind Dolmetscher ebenso notwendig, sowohl in den Großstädten, aber auch in den grenznahen Gebieten.
Traumatisierte Opfer von Gewalttaten – gleich welcher Art – bedürfen sofortiger Hilfe, eines Ansprechpartners vor Ort und vor allem niederschwelliger Angebote. Auch das wurde schon von meinen Vorrednern betont. Oftmals ist die erste Anlaufstelle der Hausarzt; dieser kann zwar Erste Hilfe leisten, aber die Opfer brauchen die Hilfe von Spezialisten.
Psychotherapeuten, besonders für Kinder und Jugendliche, sind in Sachsen fast „Mangelware“, könnte man sagen, und schon heute überfordert. Wartezeiten von einem halben Jahr und länger sind keine Seltenheit. Das geht bei traumatisierten Gewaltopfern überhaupt nicht. Eine Übergangslösung wäre vielleicht eine Art Notsprechstunde, ähnlich der Sprechstunde für Schmerzpatienten beim Zahnarzt.
Oft verhindern Scham und Schuldgefühl, dass sich Opfer sofort Hilfe suchen. Meist liegt es daran, dass sie die psychischen Folgen der Tat zunächst nicht einschätzen können. Aber auch dann ist eine sofortige Hilfe notwendig. Hierfür müssen auch Polizistinnen und Polizisten sensibilisiert werden. Es müssen Angebote gemacht werden. Oftmals reicht vielleicht sogar ein kleines Kärtchen mit einer Telefonnummer oder einer Adresse.
Besonderes Augenmerk – ich betonte es schon – muss auf Kinder und Jugendliche gelegt werden. Bei ihnen können schwere, bleibende Schäden entstehen. Somit sind auch Pädagoginnen und Pädagogen, Einrichtungen der Jugendhilfe oder entsprechende Informationen in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern notwendig. Polizei, Jugend
ämter, Sozialämter, ehrenamtliche Opferberatungsstellen wie der Weiße Ring oder die Opferberatung der RAA, die Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt, auch Frauenschutzeinrichtungen oder das Antidiskriminierungsbüro in Sachsen müssen vernetzt zusammenarbeiten.
Die Eröffnung der Traumaambulanz der Uniklinik Dresden am Freitag ist ein wichtiger Schritt bei der Umsetzung des heute zu beschließenden Antrags. Die Ambulanz ist ein spezialisiertes Angebot der Diagnostik, der Beratung, der Unterstützung und der Behandlung von Menschen, die unter psychischen Folgen von extremen Belastungserfahrungen leiden. Die Kosten für die Leistungen der Traumaambulanz – so ist es auf der Internetseite zu lesen – werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen. Es kommt für alle traumatisierten Opfer darauf an, dass solche Krankenkassenangebote – wie soll man es sagen? – barrierefrei sind, also nicht erst Überweisungen eingeholt oder andere Zugangsvoraussetzungen vorhanden sein müssen.
Für Opfer von Gewaltdelikten übernimmt nach einer neuen Vereinbarung der Kommunale Sozialverband Sachsen auf der Basis des Opferentschädigungsgesetzes die Kosten. Wie aber im Antrag richtig begründet und hier schon gesagt, muss das den Behörden und Rechtsanwälten bekannt sein, denn nur so ist für Betroffene eine spürbare Hilfe bei der Bewältigung körperlicher, seelischer und wirtschaftlicher Tatfolgen möglich.
Die Traumaambulanz in Dresden und die angesprochenen Ambulanzen in anderen Städten oder zumindest die im Aufbau begriffenen sind nur ein erster Schritt. Angebote in weiteren Städten und besonders im ländlichen Raum müssen folgen.
Zum Schluss noch eines: Für den im Antrag geforderten Ausbau der Beratungsangebote und die Vernetzung müssen die notwendigen Finanzen unbedingt bereitgestellt werden. Sie müssen im neuen Haushaltsplan eingeplant werden. Denn nur so ist die Umsetzung der im Antrag aufgemachten Forderungen – wenn diese nicht wieder nur auf dem Papier stehen sollen und ernst gemeint sind – möglich. Unsere Fraktion wird diesem Antrag zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Szymanski, Sie haben es so schön gesagt: Der Titel Ihres Antrags ist ein Plagiat. Sie haben bei der CSU abgeschrieben. Ich wollte den Hinweis auf das Urheberrecht nach München schicken; dort wird man jetzt vielleicht mitbekommen, dass Sie hier so schön abschreiben können.
Ich glaube, Sie wollen mit Ihrem Antrag Ihre EUfeindlichen und rassistischen Parolen auch vom Podium des Plenums aus verkünden.
Es sind Stammtischparolen, die wir so kurz vor der EUWahl noch einmal hören müssen, damit Sie vielleicht noch ein, zwei Stimmen in Ihrer Anhängerschaft sammeln können.
Sie haben die Spargelstecher angeführt. Herr Abg. Krauß hat es bereits verdeutlicht: Diese Menschen arbeiten hier und zahlen hier Steuern. Warum sollen sie dann nicht auch für ihre Kinder Kindergeld bekommen?
Nur einem ganz geringen Teil der hier arbeitenden Ausländer – um die zwei Prozent – kann überhaupt Missbrauch von Sozialleistungen nachgewiesen werden. Ähnlich niedrig ist der Prozentsatz bei deutschen Arbeitslosen oder Hartz-IV-Empfängern. Wenn Sie hier so ein Fass aufmachen, wie groß angeblich der Schaden ist, der hier entsteht, dann bauen Sie nur Pappkameraden auf.
Eigentlich ist Ihr Antrag – auch das ist schon gesagt worden – gar nicht mehr nötig. Heute ist in der Presse veröffentlicht worden, welche Pläne die Bundesregierung hat.
Wir haben gehört, was vom EuGH zu erwarten ist. Bei allen Vorbehalten, die auch von unserer Seite sicherlich vorgebracht werden, werden viele dieser Vorhaben auch durchgesetzt.
Im Wahlkampf behaupten Sie immer, Sie seien nicht ausländerfeindlich, sondern inländerfreundlich. Hm! Wollen wir alle Inländer jetzt abschieben? Wollen wir versuchen, dass Hoeneß nicht in der JVA Landshut, sondern in Rumänien seine Strafe absitzen muss?
Ich möchte die Entrüstung der Bayern-München-Fans nicht unbedingt nach Dresden tragen.
Oder wohin wollen wir mit Staatsminister Morlok? Ist eine Rückführung nach Schwaben schon Strafe genug? Erhält er Einreiseverbot nach Sachsen? Oder Eierscheckeverbot?
Herrn Apfel sollten Sie unbedingt den Hinweis geben – es ist ja hier schon mehrmals gesagt worden –, dass er dort auch ordentlich Steuern zahlt. Sonst wird er vielleicht von Mallorca zurück nach Sachsen abgeschoben. Gott bewahre!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sicherlich haben Sie sich den Antrag angesehen, mit dem wir heute, also noch deutlich vor der Haushaltsdebatte zum Ende des Jahres, Gleichstellung auch in der Finanzplanung einfordern. Wir fordern in unserem Antrag, Voraussetzungen für die Förderung einer tatsächlichen Gleichstellung der Ge
schlechter im Bereich des Staatshaushaltes in Sachsen zu schaffen.
Bewusst haben wir nicht den Begriff Gender Budgeting in den Antragstitel genommen, denn das Wort Gender ruft bei einigen Fraktionen sofort wieder den bekannten Beißeffekt hervor.
Wir wollen, dass auch die öffentliche Hand stärker als bislang zu einer Gleichstellung der Geschlechter in der Gesellschaft beiträgt, und das nicht nur auf Internetseiten
oder in Sonntagsreden. Dazu ist gerade Gender Budgeting das Mittel, das im Kern das Ziel eines geschlechtergerechten Haushalts durch das Ermitteln und Offenlegen geschlechterspezifischer Auswirkungen von Haushaltspolitik erreichen will.
Schon in den Entschließungsanträgen in den Debatten zu den Doppelhaushalten 2011/2012 und 2013/2014 hatte unsere Fraktion die Einführung des Gender-BudgetingPrinzips in die sächsische Haushaltsplanung beantragt, mit bekanntem Ausgang. Deshalb wollen wir jetzt deutlich früher darauf hinweisen. Wir beschränken uns aber in unserem Antrag nicht nur auf die Analyse von vorgelegten Haushaltsplänen, sondern wollen auch Einfluss auf die Erstellung von Haushaltsplanungen nehmen, um bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern sowie die ungleiche Nutzung von Budgets zu beseitigen und damit mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen.
Grundlage dafür ist natürlich eine geschlechterdifferenzierte Datenerhebung in vielen – eigentlich allen – Bereichen. Das grundsätzliche Problem für einen geschlechtergerechten Haushalt in Sachsen ist nämlich, dass es für zahlreiche Politik- wie Lebensbereiche keine oder ungenügende geschlechterdifferenzierte Daten gibt. Sie sind nicht vorhanden oder werden nicht erhoben; das haben wir schon 2010 angemahnt. Die Staatsregierung gibt sich mit dieser Situation zufrieden. Das hat sie in ihrer ablehnenden Stellungnahme zu unserem Antrag auch wieder deutlich gemacht.
Man sollte sich aber durchaus fragen, welche Auswirkungen ressourcenwirksame Entscheidungen auf die vielfältigen Situationen von Frauen und Männern haben. Wer profitiert von welchen Ausgaben – direkt oder indirekt? Wer trägt wie zu welchen Einnahmen bei? Welche Auswirkungen haben Einsparungen? Wer trägt die Lasten, die dadurch entstehen? Welche ressourcenwirksamen Entscheidungen und Maßnahmen verfestigen oder verändern auch Geschlechterrollen – positiv wie negativ? Da ist es schon ein Unterschied, ob das Geld zum Beispiel in den Straßenneubau oder den öffentlichen Nahverkehr gegeben wird. Denn beides – Auto wie ÖPNV – wird unterschiedlich von den Geschlechtern genutzt. Da muss man sich fragen, welcher Betrieb öffentliche Gelder, also Fördermittel, erhält oder nicht – und wenn er sie bekommt, wofür. Welche Studienrichtungen und Fachbereiche einer Uni oder einer Hochschule bleiben erhalten oder werden abgewickelt? Auch das hat Auswirkungen auf die Geschlechter. Welche Sportarten erhalten wie viel staatliche Förderung? Auch da sind die Verhaltensweisen von Frauen und Männern rechtlich unterschiedlich – und somit auch die Auswirkungen dieser Gelder.
Um nur einige Beispiele zu nennen: Sie werden mir sicher recht geben, dass Frauen und Männer bei aller Gleichstellung, die wir anstreben, doch noch recht unterschiedlich von all diesen Entscheidungen betroffen sein können. Dazu ist es auch notwendig, den Rahmen der amtlichen Statistik anzupassen, um ausreichend differenzierte Daten
zu den unterschiedlichen Lebenslagen für das Gender Budgeting im Haushaltsverfahren nutzbar machen zu können.
In anderen Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, Berlin, Baden-Württemberg, Brandenburg oder Nordrhein
Westfalen – auch in Kommunen wie Freiburg oder Münster – ist die Nutzung von Gender Budgeting schon eine Selbstverständlichkeit – oder es gibt zumindest Projektgruppen, die die Einführung vorbereiten oder auch schon durchführen.
Ja.
Also bei Damenstrümpfen, Kollege Krauß, würde ich sagen: Da müsste man überlegen, ob die Förderung von Damen- und Herrenstrümpfen etwas ist, was man durch Fördermittel beeinflussen muss.
Hier geht es aber darum, welche Unternehmen bestimmte Förderungen erhalten. Sind es Betriebe, in denen hauptsächlich Männer beschäftigt sind? Sind es Betriebe, in denen hauptsächlich Frauen beschäftigt sind? Hier könnte man überlegen. Gerade in Krisenzeiten sind in Bereiche, in denen Männer beschäftigt werden – in der Metallbranche, in der Autoindustrie –, sehr viel Unterstützungen staatlicherseits geflossen, was bei Pflegeeinrichtungen und anderen Betrieben, in denen hauptsächlich Frauen beschäftigt sind, nicht so gewesen ist. Soweit ich mich erinnere, sind in den Strumpffabriken größtenteils Frauen beschäftigt, also geben Sie dort die Fördermittel hin, dann haben die Frauen die Förderung erhalten.
Zurück zu meinem Gedanken: Gender Budgeting ist in vielen Ländern entweder schon Selbstverständlichkeit, oder es existieren Projektgruppen, die dieses einführen. Auch die EU empfiehlt diese Form der geschlechtergerechten Haushaltsplanung. Übrigens: Schon 2002 beschloss die EU-Finanzministerkonferenz zur Umsetzung der geschlechtergerechten Politik die Einführung von Gender Budgeting bis 2015. Aber das gilt für Sachsen sicherlich nicht; vielleicht liegen wir nicht mehr in der EU.
Die Universität Leipzig hat im März dieses Jahres auf einer interessanten Tagung einen Erfahrungsaustausch
und eine Debatte zum Für und Wider von Gender Budgeting in öffentlichen Haushalten organisiert. Vertreterinnen und Vertreter vieler deutscher Universitäten – auch aus sächsischen Kommunen – waren dort anwesend. Sie haben die Berichte der österreichischen Gäste mit besonderer Spannung verfolgt. Dort, im Alpenland, ist das Prinzip Gender Budgeting seit 2009 in der Verfassung verankert und für alle öffentlichen Haushaltsplanungen bindend. Vertreterinnen und Vertreter der Staatsregierung wurden auf dieser Tagung, glaube ich, nicht gesichtet – warum auch?
Zu den konkreten Forderungen unseres Antrags „Für eine geschlechtergerechte Haushaltsplanung in Sachsen“
werden wir in der zweiten Runde von unserem Fachmann mehr hören.
Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Michel, wir stimmen in einer Sache überein: Wir wollen einen langfristigen Strukturwandel. Das haben Sie richtig erkannt. Aber man muss auch einmal mit dem Strukturwandel anfangen. Wenn solche Forderungen der Lächerlichkeit preisgegeben werden, so ist das, denke ich, nicht der richtige Weg, um einen Ansatz dafür zu finden.
Es soll keine Symbolpolitik, sondern ein Einstieg in die Form der geschlechtergerechten Haushaltsführung sein. Das wurde auch von meinem Kollegen Scheel sehr gut dargestellt. Ich habe ihm zugeflüstert, er habe hier nach dem Motto argumentiert: „Wie sage ich es meiner CDU“. Man sagt ja sonst: „Wie sage ich es meinem Kinde“. Er hat es Ihnen sehr deutlich und mit einfachen Worten dargelegt. Vielleicht verstehen Sie es dann besser. Aber Sie wollen es eben nicht. Und wenn man etwas nicht will – das ist wie ein kleines Kind, das etwas nicht essen will –, dann macht man es eben nicht.
Die Kollegen der FDP haben die Gleichstellungspolitik wieder auf Familie, Kitas und Kinderbetreuung eingeengt. Das ist ein Ansatzpunkt, aber das ist nicht alles, was Gleichstellungspolitik ausmacht.
Wir haben es alle Jahre wieder angesprochen. Unterschiedliche Fraktionen haben diese Anträge immer wieder eingebracht.
Ja, es ist richtig: Bei der Datenerhebung sind wir nicht ein Stückchen weitergekommen. Diese Forderung wurde 2012 von den GRÜNEN aufgebracht, wenn ich mich recht erinnere. In anderen Anträgen haben wir es im Zusammenhang mit verschiedenen Rahmenprogrammen zur Gleichstellung eingefordert. Aber es wird immer wieder gesagt: Das machen wir nicht; das wollen wir nicht, und wir brauchen das nicht. – Bei EUFördergeldern wird es gefordert, sonst bekommt man diese Gelder überhaupt nicht. Herr Staatsminister, Sie haben es jetzt auch so dargelegt: Da sind die Förderrichtlinien und die Forderungen so, und wenn ich an die Knete will, dann mache ich es auch. – Aber wir sollten überlegen, ob es nicht doch einmal in Ansätzen probiert werden sollte. Wir sollten dann tatsächlich über eine Analyse
feststellen, ob es etwas gebracht hat. Aber wenn Sie von vornherein sagen, dass Sie schon wissen, dass es nichts bringt, und gar nicht erst an die Sache herangehen, ist das sehr einseitig und ein bisschen störrisch, möchte ich sagen.
Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Erstes – damit es auch im Protokoll steht: Ich freue mich für die vielen Frauen, die ab 1. Juli mehr Geld bekommen, die eine höhere Rente bekommen. Ich weiß, dass viele von ihnen auch in Erwartung dieses Versprechens der Mütterrente ihr Kreuz bei der vergangenen Bundestagswahl bei einer bestimmten Partei gemacht haben. Aber ich freue mich für sie, dass sie diesen Zuschlag bekommen, den sie auch verdient haben.
Frau Ministerin, Sie haben uns durchaus auf Ihrer Seite. Es wurde Ihnen von der SPD schon gesagt: Kämpfen Sie weiter um die Finanzierung dieser Rentenerhöhung für die Frauen aus Steuermitteln. Das ist der richtige Weg, und auch wir wollen das.
Aber – und das wurde schon mehrfach von vielen Rednerinnen und Rednern gesagt – es ist keine Gleichstellung, die mit dieser Mütterrente erreicht wird. Es gibt keine Gleichstellung für die Kinder, die vor 1992 und nach 1992 geboren wurden. Die einen bekommen zwei Rentenpunkte, die anderen drei. Es ist keine Gleichstellung zwischen Ost und West. Im Osten sind es 25,73 Euro, im Westen sind es 28,13 Euro, also ein Unterschied von 2,40 Euro, der gerade bei dieser Mütterrente durch nichts gerechtfertigt ist.
Wir schaffen eigentlich eine Vier-Klassen-Kinder
gesellschaft. Ein Westkind vor 1992 ist 56,26 Euro wert, ein Westkind nach 1992 84,39 Euro. Ein Ostkind vor 1992 ist 51,46 Euro wert und ein Ostkind nach 1992 77,19 Euro. Mit diesen Zahlen werden wir vielleicht einmal den Leuten sagen müssen, wie doch recht unterschiedlich und ungerecht die einzelnen Kinder beurteilt werden.
Wenn ich mir meine Enkelinnen ansehe, stelle ich fest: Die erste ist 1991 geboren, wird ihrer Mutter also fast zwei Punkte bringen, die zweite Enkelin, 2006 in Düsseldorf geboren, wird drei Punkte bringen. Glücklicherweise wurde dann das Stellwerk in der Oberlausitz in Reichenbach abgerissen, sodass sie bei Renteneintritt ihrer Mutter alle beide „Westkinder“ sein werden, das wäre gut.
Warum aber, Frau Ministerin, hat sich Sachsen der Initiative von Thüringen, Sachsen-Anhalt und anderen ostdeutschen Ländern nicht angeschlossen, gerade bei der Mütterrente keinen Unterschied mehr zwischen Ost und West zu machen? 25 Jahre nach dem Fall der Mauer könnte man wenigstens da anfangen, eine gewisse Angleichung von Ost und West in Kauf zu nehmen.
Aber es gibt auch noch andere Ungerechtigkeiten bei der Mütterrente. Sie haben vielleicht den Beitrag von der Betriebskrankenschwester aus Großenhain gelesen. Sie hat festgestellt, dass ihr die Kindererziehungszeiten – also dieses eine Jahr, das sie bekommt – nicht voll ausgezahlt werden, weil die Rentenpunkte der Mütterrente bei Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder sofort wieder arbeiten gehen, auf den Verdienst angerechnet werden. Das trifft in großem Maße wieder die ostdeutschen Frauen, weil hier eine Kinderbetreuung möglich war und die Betriebe und Einrichtungen ihre Frauen natürlich gebraucht haben. Deshalb wird es hier wieder zu weiteren Ungerechtigkeiten kommen, und zwar schon dadurch, dass die sogenannten Bestandsrentnerinnen und -rentner den vollen Punkt berechnet bekommen, aber die Frauen, die nach dem 1. Juli 2014 Rente beantragen, diese Verrechnung mit den Arbeitsentgelten bekommen.
Wir sehen, dass die sogenannte Mütterrente sehr viele Ungerechtigkeiten beinhaltet: Ost, West, Jung, Alt, Bestandsrentnerinnen und -rentner oder Frauen, die in Rente sind, und Frauen, die erst in Rente gehen werden. Für mich bedeutet das: Gut, meine Enkelin wird ihrer Mutter nicht so viel einbringen. Da meine Tochter im Westen nach zwölf Wochen wieder arbeiten gegangen ist und der Vater die Erziehungszeit genommen hat, wird sich die kleine West-Schwester der großen Ost-Schwester einigermaßen wieder annähern.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Pünktlich im Monat März befassen wir uns mit einem Frauenthema, auch wenn das Thema „Schutz von Frauen vor Gewalt“ nicht gerade ein Frauentagsthema ist. Oder doch?
Als wir im vergangenen Herbst den Antrag in den Geschäftsgang brachten, konnten wir nicht ahnen, welch prominente Unterstützung er bei seiner Behandlung hier im Plenum bekommen würde. Sicherlich haben viele von Ihnen den Bericht der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, der in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde, zur Kenntnis genommen. Auch das EUParlament hat sich Ende Februar intensiv mit dem Thema „Gewalt gegen Frauen“ befasst und eine entsprechende Entschließung verabschiedet. Sie sehen also: ein hochaktuelles Thema.
Vonseiten des Europäischen Parlaments und der FRA werden die Mitgliedsstaaten mit verschiedenen Handlungsempfehlungen bedacht. So sollen die EU-Mitgliedsstaaten das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, die „Istanbul-Konvention“, ratifizieren. In den nächsten drei Jahren soll ein Europäisches Jahr zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen ausgerufen werden. Die EU-Mitgliedsstaaten werden weiterhin aufgefordert, Gewalt in der Partnerschaft als gesellschaftliches und nicht als privates Problem anzuerkennen.
Die EU-Erhebung verdeutlicht: Es ist an der Zeit, dass politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger Maßnahmen gegen diese weitverbreitete Gewalt ergreifen. Hierbei müssen die Bedürfnisse und die Rechte der Gewaltopfer nicht nur auf dem Papier berücksichtigt,
sondern auch in der Praxis umgesetzt werden. So heißt es vonseiten der Grundrechteagentur, wenn man das im Internet verfolgt.
Vielleicht noch einige Zahlen aus dem Bericht: 33 % der Frauen haben seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren. 22 % der Frauen haben körperliche oder sexuelle Gewalt in der Partnerschaft erlebt. 43 % der Frauen waren – entweder durch den aktuellen oder einen früheren Partner – durch psychische Gewalt bedroht. Diese besteht vor allem darin, dass Frauen öffentlich bloßgestellt werden, das Haus nicht verlassen dürfen oder eingesperrt werden oder dass ihnen Gewalt angedroht wird.
Doch nun zu unserem Antrag: Wir fordern die Staatsregierung auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass endlich ein Rechtsanspruch auf Hilfe für von häuslicher Gewalt Betroffene formuliert wird.
Ja, es ist richtig, wie es in der Stellungnahme der Staatsregierung steht, dass das auch in dem Bericht der Bundesregierung zur Situation der Frauenschutzhäuser und Fachberatungsstellen für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder nachdrücklich unterstrichen wird. Deshalb muss auch die Sächsische Staatsregierung hier aktiv werden und Entsprechendes einfordern.
Eine bundeseinheitliche Finanzierung von Hilfeangeboten für Betroffene ist schon lange eine Forderung – nicht nur hier in Sachsen! Es darf nicht vom Bundesland abhängen, wie und in welchem Umfang Hilfe gewährt werden kann.
Ja, Frau Ministerin Clauß, wir reagieren mit unserem Antrag auf den Hilferuf der LAG der Frauenschutzhäuser vom vorigen Jahr. Wir haben uns die Forderungen dieser Fachfrauen zu eigen gemacht. Wie Sie in Ihrer Stellungnahme zutreffend feststellen, ist das auch unsere Aufgabe. Wir müssen solche Forderungen von Fachleuten auch hier in das Parlament tragen.
Zudem hat sich der Landesfrauenrat dieses Themas angenommen und die demokratischen Fraktionen um Unterstützung gebeten.
Wir wissen, dass sich die Fälle von häuslicher Gewalt in den vergangenen zehn Jahren verfünffacht haben; Minister Ulbig hat in einer Presseerklärung im November darauf hingewiesen. 2 728 Fälle gab es im Jahr 2012. Wir wissen auch – das wurde schon in den Haushaltsverhandlungen 2011/2012 und 2013/2014 deutlich –, dass die Frauenschutzhäuser und die anderen Hilfsangebote unter einer chronischen Unterfinanzierung leiden. Diese hat sich durch die gestiegenen Betriebs-, Sach- und Personalkosten weiter verschärft. So ist auch das Netz der Einrichtungen im Vergleich zu den 1990er-Jahren ständig löchriger geworden.
Es ist zudem notwendig, erweiterte Betreuungs- und Beratungsangebote für die Frauen, aber besonders auch für die mitbetroffenen Kinder, die häusliche Gewalt miterlebt haben und dann besondere psychologische Betreuung brauchen, anzubieten und zu finanzieren. Eine Hilfestruktur, aber auch ein eigenständiger Bedarf für betroffene Kinder und Jugendliche muss in den Förderrichtlinien festgeschrieben werden, wird doch das Geld für deren Betreuung derzeit von den Mitteln, die für die Frauen zur Verfügung stehen, einfach abgezwackt, wie es mir einige Gleichstellungsbeauftragte erst kürzlich, am Rande des Empfangs zum Frauentag am vergangenen Sonnabend, wieder bestätigten.
Die gegenwärtige Begrenzung der maximalen Fördersumme für Frauenschutzhäuser auf 50 000 Euro je Einrichtung und Jahr führt besonders in den drei Großstädten zu einer deutlichen Unterfinanzierung, zumal in diesen Einrichtungen auch oft Hilfesuchende aus den umliegenden Landkreisen mitbetreut werden, weil es dort keine oder nur wenige Schutzplätze gibt. Die Begrenzung ist somit nicht sachgerecht und muss sich den tatsächlichen Gegebenheiten anpassen.
Außerdem ist festzustellen, dass der Personalschlüssel für Frauenschutzhäuser von einer Fachkraft auf maximal acht Schutzplätze dem stark gestiegenen Beratungsbedarf nicht mehr gerecht wird. Den multiplen Problemlagen der von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen und deren Kinder – oftmals mit Migrationshintergrund und/oder schweren gesundheitlichen, insbesondere psychischen Problemen – wird dieser Schlüssel bei Weitem nicht mehr gerecht.
Ich glaube, das alles sind Gründe, unserem Antrag durchaus zuzustimmen.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Frau Ministerin, von der Kürze her hätte Ihr Beitrag das Schlusswort sein können. Aber ich glaube, wir müssen trotzdem noch einmal das Wort ergreifen; denn, ja, wir sind zu vielen gemeinsamen und gleichen Feststellungen gekommen, sowohl vonseiten der Koalition als auch vonseiten der Opposition. Aber ich glaube, es sind sehr unterschiedliche Schlussfolgerungen aus den Erkenntnissen gezogen worden.
Es ist viel getan worden. Seit dem Gewaltschutzgesetz 2002 – Frau Neukirch hat das angesprochen – sind sehr viel mehr solcher Fälle von häuslicher Gewalt zur Anzeige gekommen. Wir haben es auch geschafft, im Laufe dieser Legislaturperiode den Wegweisungszeitraum von einer auf zwei Wochen zu erhöhen, was auch eine ganz schöne Zeit gedauert hat. Wir haben es im Freistaat geschafft, die Polizei zu sensibilisieren. Wir müssen auch weiter daran arbeiten, neue Tatbilder, zum Beispiel Stalking, immer mehr ins Bewusstsein der Bearbeiterinnen und Bearbeiter zu bringen. Die Kommunen sind eingebunden, aber die Kommunen – wie soll ich sagen – pfeifen auf dem letzten Loch. Sie sind in so viele Aufgaben eingebunden und wissen oft nicht, woher sie das Geld nehmen können.
Es ist gut, dass Frau Herrmann die Frage der behinderten Frauen noch einmal angesprochen hat. Hier werden in großem Maße noch Mittel notwendig sein, um überhaupt entsprechende Bedingungen zu schaffen, dass auch Behinderte den Zugang sowohl zu den Interventionsstellen als auch zu den Schutzeinrichtungen haben.
Wir warten nun auf die neue Förderrichtlinie, die Sie auch in Ihrer Stellungnahme angekündigt haben. Aber ich denke, Sie sollten die Forderungen bzw. auch unseren Antrag mit auf den Weg nehmen, um zu sehen, was alles in diese Förderrichtlinien aufgenommen werden muss.
Wir haben in den letzten Wochen viele Gespräche geführt. Ich bin in Frauenschutzhäusern gewesen. Ich habe mit Gleichstellungsbeauftragten gesprochen, und sie haben alle gesagt, dass es bitter notwendig ist, eine Veränderung beizubringen.
Im letzten Haushaltsplan wurde geringfügig gekürzt. Aber es ist in diesem Bereich gekürzt worden. Wir müssen sehen, dass es eine deutliche Erhöhung geben muss. Sonst wird weiter auf Verschleiß gefahren. Eines Tages sind dann diese Einrichtungen nicht mehr zu betreiben oder auch nicht mehr mit der entsprechenden Sicherheit zu betreiben.
Was die Betreuung und die Beratung gerade von Kindern anbelangt, so ist von vielen Seiten etwas dazu gesagt worden. Hier gilt es wirklich, ein dichtes Netzwerk zu betreiben. Aber wenn die Fragen der Jugendhilfe, wie wir es heute früh diskutiert haben, auch so hart an der Grenze gefahren werden, müssen wir sehen, dass wir diese Aufgaben nicht noch zusätzlich der Jugendhilfe aufdrängen können. Also, hier ist Handlungsbedarf angesagt, und ich denke, mit unserem Antrag könnten wir entsprechende Pflöcke einschlagen.
Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem nun Väter und Mütter hier ihre Erfahrungen in der Familienarbeit und in
der Kinderbetreuung von sich gegeben haben, möchte auch einmal eine Großmutter ihre Gedanken dazu äußern,
also eine Generation, die von Ihnen, Frau Staatsministerin, gestern immer wieder in vielen Beispielen genannt wurde, die sehr viel dazu beiträgt, dass Familien funktionieren können.
Es ist nicht immer möglich, oft sind Omas und Opas weit weg – bei mir sind es über 600 Kilometer –, oder Omas und Opas müssen auch noch arbeiten, neuerdings ja bis 67, also ansteigend.
Der Vorschlag der neuen Familienministerin war schon richtig. Er wollte den Familien ein wichtiges Gut geben, das gestern immer als Zweites genannt wurde, nämlich Zeit: die Verkürzung der Arbeitszeit auf 32 Stunden. Wenn Kinder betreut werden, sollte die Arbeitszeit reduziert und die Verdienstlücke geschlossen werden – das belastet kein Unternehmen – aus Steuermitteln. Der Aufschrei war groß.
Wenn Sie einmal die online-Diskussion der verschiedenen Medien verfolgt haben –das ging von begeisterter Zustimmung bis zu völliger Ablehnung, je nach ideologischer Ausrichtung der einzelnen Internetseiten.
Der Wunsch der jungen Eltern, der Eltern und auch der Großeltern, besonders aber der Wunsch junger Frauen nach Teilzeit wird schon erfüllt, aber auf Kosten der Frauen, auf Kosten der Familien, denn sie arbeiten freiwillig in Teilzeit. Oft, weil es für den Betrieb günstiger ist, wird dann ein Minijob angeboten. Das hat dann aber sehr viel damit zu tun, dass man Geld einbüßt, dass man in die Zukunft die Armut fortschreibt; denn was ein Minijob für die Rente einer Frau bedeutet, haben wir an diesem Pult schon ausdiskutiert.
Aber es ist auch noch etwas anderes. Die Auswirkungen der Teilzeit sind besonders bei Alleinerziehenden oft so groß, dass sie sich – das hat meine Kollegin Werner gestern dargelegt – oft entscheiden, doch nicht einen Arbeitsplatz anzunehmen, und dann versuchen, die Familie besser zu betreuen, und damit in den Sozialleistungen und Hartz IV landen. Fast 70 % der Alleinerziehenden in Sachsen sind auf Sozialleistungen, auf den Bezug von Arbeitslosengeld, Wohngeld und Ähnlichem angewiesen.
Im ländlichen Raum sind diese Prozesse noch einmal verschärft. Man kann die Familienzeit, Frau Schütz, auch damit verbringen, dass man mit seinen Kindern im Bus dann schöne Spiele treibt wie „Ich sehe was, was du nicht siehst“, wenn man den weiten Weg vom Arbeitsplatz über die Kita nach Hause zum Wohnort vor sich hat. Bei dem ÖPNV im ländlichen Raum kann das ein Problem sein.
Herr Patt, das sind sicherlich die Probleme der Entleerungsräume, die Sie hier ansprechen wollten. Die Öffnungszeiten der Kitas sind nicht an die Arbeitszeiten der in gewisser Entfernung arbeitenden Mütter und Väter
angepasst und die Fahrzeiten der Busse und Bahnen, wenn es noch welche gibt, sowieso nicht.
Über die Finanzierung durch Steuermittel wurde viel gewettert. Sie ist aber, glaube ich, der richtige Weg, denn die gesamte Gesellschaft hat etwas von Kindern, die gesamte Gesellschaft muss auch dazu beitragen, dass die Kinder in entsprechenden Lebensbedingungen aufwachsen können.
Das Verantwortungsbewusstsein der sächsischen Unternehmen ist gar nicht so groß, wie es hier von Frau Schütz und anderen Rednern immer dargestellt wurde. Ich habe auch gelesen, dass 75 % der Unternehmen zumindest flexible Arbeitszeiten für Eltern anbieten, wenn es nötig ist. Aber nur 25 % entscheiden sich für eine Flexibilisierung des Arbeitsortes, also das berühmte Homeoffice, das Herr Krauß angesprochen hat. Nur 1 % der sächsischen Unternehmen hat eine betriebseigene Kita. Frau Clauß, Sie haben gestern, glaube ich, die Zahl 26 genannt. 3 % haben Belegplätze in einer Kita und 4 % beteiligen sich an der Finanzierung einer Tagesmutter. Das ist die andere Seite.
Ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Arbeitgebern und Eltern sehe ich sehr problematisch, denn die Freiwilligkeit ist immer begrenzt. Ich nenne nur das Wort Frauenquote, da ist mit Freiwilligkeit nicht viel zu machen.
Ich bewundere jede junge Familie, die es schafft, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.
Ich habe es in meiner Familie erlebt, wie zwei Fahrdienstleiter in Schichtarbeit versucht haben, ein Kind bis zum dritten Lebensjahr zu betreuen. Das ist ein Kraftakt. Da wären 16 Stunden schon ein großes Geschenk gewesen.
Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Was will ich jetzt hier? Ich sage Ihnen Folgendes: Pflege ist weiblich. Na klar, werden Sie sagen. Es heißt ja die Pflege. Ich möchte mich aber in keinen grammatischen Diskurs begeben, sondern diese Aussage im übertragenen Sinn beleuchten.
Mehr als zwei Drittel der pflegebedürftigen Menschen sind weiblich. Die Pflegenden sind meist ebenfalls Frauen. Deshalb ist dieser Bereich in zweifacher Hinsicht aus Geschlechterperspektive zu betrachten und interessant zu beleuchten.
In verschiedenen Studien des besagten Statistischen Landesamtes und auch auf Veranstaltungen wie zum Beispiel auf einer Fachtagung zum gleichen Thema vor einem Jahr in Freiberg wird schon lange darauf hingewiesen, dass gerade Pflegeberufe und Pflegetätigkeiten Bereiche sind, die hauptsächlich von Frauen besetzt sind. Das beginnt mit der häuslichen Pflege von Kindern, Kranken, Behinderten sowie älteren Angehörigen und spiegelt sich ebenso in der Belegschaft von ambulanten Pflegediensten und stationären Einrichtungen wider. Über zwei Drittel der pflegebedürftigen Menschen werden im häuslichen Umfeld gepflegt. Das ist heute betont worden. Mit der Übernahme der Pflege eines oder einer Angehörigen ergibt sich für die Pflegenden eine enorme zeitliche, psychische und teils physische Belastung.
In Statistiken ist abzulesen, dass 73 % der häuslich pflegenden Personen Frauen sind. Ihr Durchschnittsalter liegt zu Beginn der pflegenden Tätigkeit zwischen 50 und 60 Jahren. Sie geben häufig ihre Erwerbsarbeit auf, schränken sie ein – arbeiten also Teilzeit – oder waren überhaupt nicht berufstätig. Nur 27 % der in häuslicher Umgebung Pflegenden sind Männer. Diese pflegen im
Vergleich zu den Frauen vorwiegend nur ihre Partnerinnen. Bei den Frauen sind es auch andere Angehörige. Sie tun dies sehr selten während der Erwerbsphase. Im Durchschnitt sind sie fast 80 Jahre, wenn sie die Pflege übernehmen. Sehr häufig werden sie fast durchgängig durch ambulante Pflegedienste unterstützt.
In der ambulanten Pflege arbeiten 88 % Frauen, nur 35,2 % von ihnen arbeiten in Vollzeit. In der stationären Pflege und -einrichtung sind es etwa 85 % Frauen. Davon arbeiten sogar nur 24,2 % in Vollzeit. Die Ministerin hat erkannt, dass etwas geändert werden muss. Wer die heutige Presse einmal verfolgt hat, findet viele Aussagen von Frau Clauß dazu, dass dieser Anteil an Vollzeitarbeit erhöht werden muss. Wir wissen, was das für die Rentenentwicklung der Frauen bedeutet. Die Teilzeitarbeit und oft unterbrochene Berufstätigkeit, um Teilzeit und Pflege durchführen zu können, wirkt sich auf die Rente aus. Deshalb ist es eine ganz wichtige Stufe, die eingeführt werden muss.
Sie wissen alle – das haben wir auch heute wieder angesprochen –, dass Pflegeberufe unterbezahlt sind sowie Pflegearbeit gering und diffus bewertet wird. So liegen Stundenlöhne von Fachkräften – diesen Wert habe ich gefunden – mit 12,44 Euro fast 20 % unter vergleichbaren männerdominierten technischen Instandhaltungsberufen. Deshalb sind Forderungen nach Equal Pay und einer Lohnangleichung bei dem Pflegepersonal in Sachsen an den Bundesdurchschnitt, einer Verbesserung der Aufstiegschancen zur Verhinderung der weiteren Abwanderung von Fachpersonal, aber vielleicht auch zur Gewinnung von jungen Männern für den Pflegeberuf, einer Vereinbarkeit von Beruf und Familie, einer Erhöhung des Pflegesatzniveaus in der ambulanten und stationären Pflege und einer finanziellen Unterstützung für demografisch besonders benachteiligte Kommunen, wie sie in den Anträgen der beiden Fraktionen von SPD und auch von LINKEN formuliert sind, ein deutliches Zeichen dafür, dass die Probleme erkannt sind. Nun müssen wir gemeinsam daran arbeiten.
Ein weiterer Aspekt, auch das wurde heute angesprochen, ist zu beachten. Wenn die Negativentwicklung bei den Neurentnerinnen und Neurentnern – der zukünftigen Rentnerinnen- und Rentnergeneration –, bedingt durch die unterbrochene Erwerbsbeteiligung, die hohe Arbeitslosigkeit und besonders durch Kürzungen und vorzeitigen Renteneintritt, so weitergeht, dann wird sich kaum noch eine oder einer den Aufenthalt in einem Pflegeheim leisten können, ohne dass es staatlicherseits eine ganz massive finanzielle Unterstützung geben muss. Das will sicher keiner hier im Saal. Wir könnten auch darüber reden, dass wir die Standards in den Einrichtungen senken.
Wir steuern also aus mehreren Richtungen auf einen Pflegenotstand zu. Frau Ministerin hat einiges dazu schon erkannt. Sie wird uns heute darlegen, dass sie entsprechende Dinge eingeleitet hat, oder sie wird uns sagen – Frau Schütz hat da schon vorgebaut –, dass in der Pfle
gesituation in Sachsen eigentlich alles ganz hervorragend ist und wir das wieder viel zu schwarz malen.
Aber ich stelle die Frage: Überall? – Wie ist der Unterschied zwischen den Großstädten, dem ländlichen Raum oder einzelnen Regionen im Freistaat Sachsen überhaupt? – Ich wage aber auch zu fragen: Wie lange noch, wenn wir weiter die Augen vor der drohenden Entwicklung des Personal- und besonders des Fachkräftemangels in den Pflegeberufen verschließen? – Steuern wir also jetzt gegen! Auch das wäre ein Schritt von gestalteter Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit, Frau Ministerin; denn die Pflege ist weiblich. Dabei meine ich nicht das grammatische Geschlecht des Substantivs.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschlechtergleichstellung ist und bleibt nicht nur eine von der Sächsischen Verfassung gebotene Querschnittsaufgabe. Artikel 8 der Sächsischen Verfassung stellt fest, dass die Förderung der rechtlichen und tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern Aufgabe des Landes ist. Geschlechtergleichstellung ist und bleibt eine Frage der Gerechtigkeit, Demokratie und Ökonomie. Angesichts bevorstehender Aufgaben ist die Nutzung der Potenziale tatsächlicher Geschlechter- und Gleichstellungsförderung eine große Chance.
Wie ich schon bei der Einbringung des Gesetzentwurfs feststellte, wird die Staatsregierung dem Verfassungsgebot der Gleichstellung in unzureichender Weise gerecht. Wir wollen für diese politische Gleichstellungsquerschnittsaufgabe eine neue gesetzliche Regelung. Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf Maßstäbe setzen für die Arbeit
auf dem Gebiet der Gleichstellung, denn es gibt viel Arbeit.
Das bisherige Frauenfördergesetz aus dem Jahr 1994 ist seit Inkrafttreten nicht oder kaum geändert worden. Im Geltungszeitraum des Frauenfördergesetzes – also seit fast 20 Jahren – gab es umfassende und umfangreiche Änderungen auf EU- und Bundesebene. Ziel unseres Gesetzes ist deshalb unter anderem auch, die Anpassung an Bundes- oder EU-Recht darzustellen.
Die Staatsregierung verspricht uns seit Jahren eine Novelle des Sächsischen Frauenfördergesetzes. Mit unserem Gesetz könnte es diese nicht nur geben – das ist uns in den verschiedenen Anhörungen in Ausschüssen und außerhalb dieser bestätigt worden –, nein, wir hätten ein modernes Instrument der Gleichstellungsförderung noch in dieser Legislaturperiode.
Der Gesetzentwurf besteht aus vier wesentlichen Teilen: Der erste Teil, Artikel 1, umfasst den Bereich des öffentlichen Dienstes im weitesten Sinne. Er ist Ersatz des Sächsischen Frauenfördergesetzes durch ein modernes
Gesetz zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, das in allen Bereichen staatlichen Einflusses gilt.
Nicht zuletzt durch die neue Gesetzesbezeichnung soll ausgedrückt werden, dass ein Übergang von der reinen Frauenförderung zur Förderung der Gleichstellung für Frau und Mann beabsichtigt ist, wobei selbstverständlich auch weiterhin Frauenförderung im Fall der Unterrepräsentanz von Frauen, wie zum Beispiel in Führungspositionen, eine wesentliche Säule der Gleichstellungsarbeit ist.
Das Gesetz gilt – wie bisher – für Behörden, Gerichte und sonstige öffentlich-rechtliche Einrichtungen des Freistaates, für die kommunalen Träger der Selbstverwaltung sowie für die sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen öffentlichen Rechts.
Das Gesetz gilt weiterführend auch für Betriebe mit Landesbeteiligung, und es gelten Regelungen des Gesetzes fort bei Privatisierung, also Verkauf solcher Betriebe oder bei der Ausgliederung einzelner Teile.
Des Weiteren gibt es Regelungen im Gesetz für Auftragsvergabe durch den Freistaat, die auch an die Umsetzung von Gleichstellung gebunden ist.
Wir wollen die bisherigen Frauenbeauftragten – das haben wir bereits in der 1. Lesung betont – durch Gleichstellungsverantwortliche ersetzen, ihre Funktion deutlich stärken und schon in der Bezeichnung unseren erweiterten Politikansatz deutlich machen.
In allen Bereichen besteht die Pflicht zur Erarbeitung von Gleichstellungsplänen. Auch besteht Berichtspflicht über die Umsetzung dieser Pläne.
Zum Gesetz gehört auch die Vorschrift zur Anwendung einer geschlechtergerechten Sprache in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Freistaates und im Dienstverkehr. Es ist in meinen Augen mittelalterlich, wenn ich vom Juristischen Dienst des Landtags belehrt werde, dass in einem Antrag oder einem Gesetzentwurf nicht „Richterinnen und Richter“ stehen darf, sondern nur „Richter“, da in Sachsen im Dienstverkehr das generische Maskulinum gilt.
Ein zweiter Teil des Gesetzentwurfs – genauer gesagt, die Artikel 2 und 3 – befasst sich mit der kommunalen Ebene. Wir wollen die Landkreis- und Gemeindeordnung dahin gehend erweitern, dass den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten der Landkreise die volle regelmäßige Arbeitszeit zur Verfügung steht und sie nicht noch mit anderen Stellenanteilen für andere Aufgaben wie zum Beispiel Frauenbeauftragte des Landratsamtes oder Behindertenbeauftragte betraut werden. Denn durch die Zusammenlegung von drei oder vier Kreisen infolge der Verwaltungsreform sind die zu betreuenden Territorien groß, ja, sehr groß geworden.
Der demografischen Entwicklung – besonders im ländlichen Raum – Rechnung tragend, wollen wir Gleichstellungsbeauftragte in Gemeinden schon ab 10 000 Einwoh
nern statt wie bisher 20 000 verbindlich festschreiben. Bei Städten mit über 100 000 Einwohnern fordern wir eine volle Planstelle, nicht nur eine festgeschriebene Hauptamtlichkeit, die auch nur eine halbe Planstelle, also 50 % der Tätigkeit, sein kann.
Wir haben einen Änderungsantrag zu unserem Gesetzentwurf. Darauf gehe ich später noch einmal ein.
Laut Artikel 4 soll das Sächsische Statistikgesetz dahin gehend verändert werden, dass grundsätzlich alle auf natürliche Personen bezogenen statistischen Merkmale nach ihrer geschlechtsspezifischen Ausprägung erhoben und veröffentlicht werden. Damit erhalten wir eine fundierte Grundlage für politische Entscheidungen, insbesondere aus gleichstellungspolitischer Sicht.
Artikel 5 schließlich schlägt Veränderungen des Sächsischen Wahlgesetzes vor. Die Zusammensetzung der sächsischen Bevölkerung soll auch im Parlament widergespiegelt werden. Wie aber die Zusammensetzung des Landtags mit einem Frauenanteil von etwa 30 % zeigt, sind dazu gesetzliche Regelungen notwendig, da Freiwilligkeit nicht zum Erfolg führt. So wollen wir, dass bei allen zur Wahl stehenden Parteien jeweils zur Hälfte Frauen und Männer kandidieren und die Landesliste jeder Partei dafür abwechselnd mit Frauen und Männern besetzt wird.
Wir haben bei der Anhörung des Gesetzentwurfs im Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz, aber auch in anderen Veranstaltungen, auf denen wir unseren Gesetzentwurf zur Diskussion gestellt haben, viel Lob und Zuspruch, aber auch viele Hinweise zur Konkretisierung oder für genauere Formulierungen erhalten. Wir möchten uns bei allen Sachverständigen, die an der Anhörung teilgenommen haben, nochmals ausdrücklich dafür bedanken. Auf die vorgenommen Änderungen, in die wir die Hinweise der Sachverständigen aufgenommen haben, werde ich bei der Einbringung unseres Änderungsantrages noch einmal eingehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich werbe nochmals um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf, um auch in Sachsen die Gleichstellungspolitik auf eine moderne gesetzliche Grundlage zu stellen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die 1. Lesung des Gesetzentwurfs liegt natürlich schon eine Weile zurück. Deswegen – das habe ich vorhin schon in meiner Rede betont – haben wir an diesem Gesetzentwurf weiter gearbeitet.
Wir haben viele Anregungen aus den Anhörungen, besonders aus der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz, aufgenommen. Sie fand vor etwa einem halben Jahr statt. Mit unserem Änderungsantrag wollen wir auf die Anregungen der Sachverständigen eingehen. Wir hatten in den Ausschüssen, in den beratenden und auch im federführenden Ausschuss, 17 Änderungsanträge. Wir haben das für das Plenum in einem Änderungsantrag zusammengefasst, der mehrere Abschnitte und Teile hat. Ich möchte auf einige kurz eingehen; die Begründungen sind ja beigefügt.
Zu I. In den Abschnitten 1 und 3 wollen wir eine Klarstellung, dass die Regelungen, die dort festgelegt sind, auch für die kommunale Ebene und nicht nur für die Landesebene verbindlich sind. In Punkt 2 wollen wir für den § 2 Abs. 2 darauf hinweisen, dass es eine sprachliche Vereinfachung gibt, damit auch eingetragene Lebenspartnerschaften eingeschlossen sind. Das hatten uns die Vertreter des Juristinnenbundes gesagt.
Wir wollen einen neuen Abs. 4 in den § 2 einführen, um die Erweiterung der Grundsätze entsprechend als GenderMainstreaming-Konzept im Leitprinzip darzustellen.
Wir haben bei den Punkten 4, 6 und 9 die §§ 7, 13 und 22 etwas verändert, damit wir alle Vertretungen der Belegschaft berücksichtigen. Wir haben in den Punkten 4, 8 und
10 die §§ 7, 20 und 23 dahin gehend verändert, dass es eine Klarstellung für die Rechte und Pflichten der Gleichstellungsverantwortlichen gibt.
Wir haben bei Punkt 7 mit der Einführung eines Satzes im § 16 auch einen niedrigeren Schwellenwert bei der Auftragsvergabe eingeführt. Es ist uns besonders von der Gewerkschaft dargestellt worden, dass das mit dem Vergabegesetzentwurf einhergehen muss.
Wir haben bei II erklärt – dabei möchte ich auf die Arbeitszeitregelung eingehen –, dass es um die volle, regelmäßige Arbeitszeit der Gleichstellungsbeauftragten in den Kreisen und III auch in den Städten, geht. Wir haben die Änderung auch dahin gehend aufgenommen, dass wir unseren Vorschlag für eine hauptamtliche Stellvertretung aufgegeben haben. Wir haben die Kritik aufgenommen, dass es dabei große Probleme mit der Finanzierung geben würde. Mit dem Änderungsantrag haben wir das aus unserem Gesetzentwurf herausgestrichen.
Wir denken, dass wir die Hinweise der Sachverständigen aufgenommen und in unseren Gesetzentwurf ordentlich eingearbeitet haben.
Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit unserer Großen Anfrage „Zu ausgewählten Lebenslagen für Frauen in Sachsen“ wollten wir auf vielfältige Probleme aufmerksam machen. Beispielsweise ist es für Frauen noch immer unattraktiv, in Sachsen zu arbeiten und teilweise auch zu leben. Frauen sind schon heute deutlich stärker als Männer von
Armut betroffen. Bei der drohenden Armut künftiger Rentnergenerationen werden Frauen wesentlich häufiger als Männer davon betroffen sein.
Die Antworten der Staatsregierung und die intensive Auswertung der angehängten Übersichten und Tabellen machen deutlich, dass wir damit richtig lagen. Seitens der Staatsregierung konnten 18 Fragen nicht beantwortet oder keine Angaben gemacht werden, weil keine Erkenntnisse oder Daten dazu vorlagen.
Ich komme zu einigen Fakten. Es kann festgestellt werden, dass der Frauenanteil an der Gesamtbevölkerung in den vergangenen 20 Jahren in Sachsen um 2,5 % gesun
ken ist. Das betrifft die Großstädte genauso wie ländliche Gebiete. Nach wie vor ist die jährliche Abwanderung von Frauen größer als der Zuzug nach Sachsen, auch wenn das Tempo in den letzten zwei bis drei Jahren nachgelassen hat.
Die Gründe für den Weggang von Frauen sind vielfältig. Aus den Antworten auf unsere Große Anfrage sind einige zu erkennen. Noch immer sind es die fehlende Arbeit bzw. im Wunschberuf gesuchte Lehrstellen. Stärker aber sind es noch finanzielle Gründe. Besonders die niedrigen Verdienstmöglichkeiten in den typischen Frauenberufen seien hier genannt.
Wir wissen alle – und die Antworten auf die Große Anfrage bestätigen das –, dass gerade die Berufe im Dienstleistungssektor, hier beträgt der Frauenanteil 83,5 %, im Handel und Gaststättenbereich, hier arbeiten mehr als 91 % Frauen, aber auch im Gesundheitswesen und Pflegebereich, in dem 92 % der Beschäftigten Frauen sind, wesentlich niedriger als die Berufe zum Beispiel im produzierenden Gewerbe bezahlt werden.
Zwar ist die sogenannte Gender Pay Gap – die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen – für vergleichbare Berufe mit 9 % wesentlich niedriger als bundesweit mit 23 %. Dennoch haben wir schon mehrfach betont, dass auch 9 % noch 9 % zu viel sind. Gerade hierbei wird deutlich, dass Sachsen seinem Ruf als Niedriglohnland immer wieder gerecht wird. Nur weil die Männerberufe deutlich unterbezahlt sind, kommen wir auf diese geringe Geschlechtereinkommenslücke von nur 9 %, worauf die Staatsregierung stolz ist.
Meine Damen und Herren! Das schafft sowohl für Frauen als auch für Männer Armut. Prekäre Arbeit – das ist eine weitere Erkenntnis aus den Antworten zu unserer Großen Anfrage – ist ein Markenzeichen für die Berufstätigkeit von Frauen in Sachsen. Die statistisch ausgewiesene Erwerbstätigkeit von Frauen ist in den letzten zehn Jahren angestiegen. Sie betrug im Jahr 2000 37,7 % und stieg bis zum Jahr 2010 auf 42,7 % an.
Allerdings sank im gleichen Zeitraum die Zahl der versicherungspflichtig beschäftigten Frauen von 730 000 auf 699 000. Auch stieg die Zahl der in Teilzeit arbeitenden Frauen von 168 000 auf 263 000. Dass von den in Teilzeit Arbeitenden 83 % Frauen sind, ist auch der Großen Anfrage zu entnehmen. Ein weiterer meist von Frauen besetzter Beschäftigungssektor ist der der Minijobs. Ein Jahr Arbeit im Minijob von 400 Euro – das haben wir schon einmal hier betont – begründet einen Rentenanspruch von sage und schreibe 3,11 Euro. Übrigens beträgt der durchschnittliche Verdienst im Minijob 285 Euro, also von 400 Euro noch weit entfernt. Leider habe ich diese Zahlen nur bundesweit – das konnte in Sachsen nicht erhoben werden.
Ich muss nun nicht betonen, dass damit Altersarmut von Frauen vorprogrammiert ist. Schon jetzt bekommen Frauen wesentlich niedrigere Renten als Männer. In der Großen Anfrage wird festgestellt, dass im Jahr 2011 Frauen eine Rente von 674,09 Euro bekamen und damit
circa 200 Euro weniger als Männer. Da waren es durchschnittlich 866,64 Euro. Die Rentenhöhe hat sich von 2000 auf 2011 bei den Männern um 86 Euro und bei den Frauen nur um 9 Euro verringert. Bei der Wertung dieser Zahlen muss aber vom deutlich niedrigeren Ausgangsniveau der Frauenrenten ausgegangen werden. Außerdem haben gerade Frauen deutlich häufiger noch die sogenannten Auffüllbeträge, die nach und nach abgeschmolzen wurden und werden. Von 34 840 Personen, die 2011 noch einen solchen Betrag bekamen, waren nur 2,4 % Männer. Die gebrochenen und abgebrochenen Erwerbsbiografien und Erwerbsverläufe von Frauen – bedingt durch Arbeitslosigkeit, Familienzeit, freiwillige Teilzeitarbeit und dann nicht wieder möglichen Übergang zur Vollzeitarbeit, aber auch ungewollte Unterbrechung der Berufstätigkeit durch fehlende Kinderbetreuung – werden für zukünftige Rentnerinnen die Altersarmut deutlich ansteigen lassen. Ansatzweise ist das der Großen Anfrage zu entnehmen.
Ein wichtiger Aspekt ist für uns auch die Situation der Alleinerziehenden in Sachsen. Wir haben mit den Antworten feststellen müssen, dass 22 % der Frauen mit Kindern unter 15 Jahren alleinerziehend sind. Es sind in Sachsen circa 66 000. Besonders besorgniserregend ist aber dabei die Tatsache, dass mehr als 38 000 der alleinerziehenden Frauen vollständig oder ergänzend auf Arbeitslosengeld II, also auf Hartz IV, angewiesen sind. Der Anteil von 58 % Langzeitarbeitslosen oder Geringverdienenden unter den alleinerziehenden Frauen liegt deutlich über dem Durchschnitt aller sonstigen Betrachtungen.
Aus den Antworten, aber auch den Nichtantworten auf die einzelnen Fragen in unserer Großen Anfrage ergeben sich aus meiner Sicht viele Aufgaben für die Staatsregierung. So denke ich, dass eine geschlechtergetrennte Datenerfassung und eine geschlechtersensible Analyse von Daten unbedingt notwendig sind. Ein ressortübergreifendes frauen- und gleichstellungspolitisches Handlungskonzept für den Freistaat Sachsen in allen Bereichen und auf allen Ebenen muss erarbeitet werden. Ein Landeskonzept zur Armutsbekämpfung unter besonderer Berücksichtigung der Frauenarmut und der Altersarmut von Frauen ist notwendig. Dabei müssen besonders die Situation von alleinerziehenden Frauen betrachtet und Maßnahmen zur Verbesserung der Erwerbssituation Alleinerziehender initiiert werden.
Noch ein Wort zum sächsischen Frauenförderungsbericht – ich bezeichne ihn kurz so, der andere Begriff ist zu lang.
Die Staatsregierung hat gemäß dem Sächsischen Frauenfördergesetz die Pflicht, alle vier Jahre den Landtag über die Umsetzung des Frauenfördergesetzes im öffentlichen Dienst zu informieren. Dieser Bericht liegt nun vor. Leider ist das Datenmaterial alt, zum Teil sehr alt. Es betrachtet den Zeitraum von 2004 bis 2008. Die Einbeziehung von Semesterarbeiten von Studierenden der Hochschule Görlitz-Zittau hat sich sehr positiv und aktualisierend ausgewirkt.
Der Anteil der Frauen bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst liegt bei 65,7 %, aber – und da trifft eine von uns oft betonte Aussage zu –, je höher die Ebene, desto niedriger wird der Frauenanteil. Das hat die Auswertung der Großen Anfrage ergeben und wird auch von der Staatsregierung in diesem Vierten Frauenförderungsbericht festgestellt. In obersten Leitungsfunktionen sind Frauen unterrepräsentiert. Das betrifft alle Bereiche, die Kommunalverwaltungen wie die Ministerien, die Krankenhäuser wie die Hochschulen und die Polizei. Deshalb möchte ich noch einmal die schon oft vorgetragene Forderung nach einer Frauenquote auf allen Ebenen des öffentlichen Dienstes wiederholen, und zwar als Schlussfolgerung aus unserer Großen Anfrage und als Schlussfolgerung aus dem Vierten Frauenförderungsbericht der Sächsischen Staatsregierung.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass sich der Saal allmählich wieder füllt, deshalb kurz zu unserem Entschließungsantrag: Im Grunde genommen fasst er die Feststellungen, die ich auch in meinem Beitrag genannt habe, zusammen.
Da in der Großen Anfrage festgestellt werden muss, dass der Anteil der Frauen in Sachsen weiter gesunken ist, schlagen wir vor, detaillierte Untersuchungen zu diesen Veränderungen anzustellen und geschlechterspezifische Schwerpunktsetzungen, zum Beispiel in der Wirtschaftsförderung besonders bei der Förderung von Frauenberufen, anzuwenden. Die Situation der Alleinerziehenden in Sachsen ist besorgniserregend; ich habe dies dargestellt. Die Daten von Alleinerziehenden sollten auch in der Erwerbs- bzw. der Erwerbslosenstatistik mit erfasst und Maßnahmen zur Verbesserung der Erwerbsteilnahme gerade für diesen Personenkreis erreicht werden.
Unterschiede in der Erwerbs- und Einkommenssituation sind in der Großen Anfrage deutlich geworden. Hier sollte die Staatsregierung dort, wo sie die Möglichkeit hat, Einfluss zu nehmen, dies auch tun. Sowohl im öffentlichen Dienst, bei der Fördermittelvergabe, als auch bei der Auftragsvergabe sollten gleichstellungspolitische Forderungen eine wichtige Entscheidungsquelle für die Vergabe solcher Gelder sein. Die Armutsgefährdung – wir haben es angesprochen – ist deutlich aus den Antworten auf die Große Anfrage zu erkennen. Wir fordern ein Landeskonzept zur Bekämpfung von Armut.
Besonders unter Beachtung von Frauenarmut und Altersarmut von Frauen sollte dieses Konzept entsprechend ausgearbeitet und eingebracht werden.
Danke schön.
Kurz eine Antwort darauf – wir könnten uns ausführlicher darüber unterhalten –: Es gibt Untersuchungen, dass gerade in der Krisenzeit die Branchen und Zweige, in denen Männer arbeiten, viel stärker gefördert worden sind. Zum Beispiel ist die Automobilindustrie – ich denke nur an die berühmte Abwrackprämie – viel stärker gefördert worden als die Bereiche, in denen Frauen tätig waren: Gesundheitsberufe, der Pflegebereich usw. Hier sollte in die Wirtschaftsförderung eingegriffen werden, damit Bereiche, in denen Frauen tätig sind, entsprechend gefördert werden, um gerade in Krisenzeiten die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
Ich rufe auf zur namentlichen Abstimmung in der 62. Sitzung am 26. September 2012 über die Drucksache 5/10178. Wir beginnen mit dem Buchstaben S.
Befindet sich ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete im Saal, die nicht aufgerufen wurden?
Ich bitte um Entschuldigung und gehe zurück zum Buchstaben H. Herrmann, Elke?
Ja. – Ich wiederhole meine Frage: Befindet sich jemand im Saal, der nicht aufgerufen wurde? – Das ist nicht der Fall. Wir beginnen mit der Auszählung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Antragsteller fordern die Staatsregierung auf, ein breites Spektrum gleichstellungspolitischer Instrumente von ständiger Analyse über daraus abgeleitete Zielsetzungen und Aufgaben bis hin zur Personalplanung und speziell der Frauenförderung zu nutzen, um an sächsischen Hochschulen wirkliche Chancengleichheit für Frauen zu schaffen.
In der Stellungnahme der Staatsregierung und auch im Beitrag von Herrn Prof. Schneider haben wir gehört, dass man diese Ratschläge nicht braucht, dass man alles selbst weiß und auch macht. Die Mittel des Professorinnenprogramms werden genutzt und neun Professorinnen an vier Hochschulen werden dadurch gefördert. Gender-Aspekte werden in allen Bereichen beachtet, und die Einführung von Gender Budgeting ist nicht sinnvoll. Das haben wir an anderen Stellen auch schon gehört. Gleichstellungspläne oder Frauenförderpläne sind an den Hochschulen erstellt und werden fortgeschrieben. Kinderbetreuung wird auf dem Campus oder in Kooperation mit den Kommunen angeboten. Familienfreundlichkeit gehört zum Leitbild fast jeder sächsischen Hochschule.
Wenn das alles so wunderbar ist, ergibt sich für mich die Frage, warum nur sechs von 34 Rektoren, also 17,6 %, weiblich sind, warum in Leitungsfunktionen an Hochschulen nur 16 % Frauen arbeiten, warum nur 18,8 % der Professuren von Professorinnen besetzt werden. Steigerungen in den letzten zehn Jahren sind feststellbar – ja, das haben wir gehört –, aber auf sehr, sehr niedrigem Niveau, zwischen 1 bis maximal 10 % in den verschiedenen Bereichen der Hochschulen. Das geht aus der Großen Anfrage unserer Fraktion hervor. Die Steigerungen sind also wesentlich zu gering. So liegen sie deutlich unter den Zielen, die sich die Hochschulen teilweise selber gestellt haben oder das Erreichen ihrer Ziele ist noch in weite Ferne gerückt.
Die TU Dresden konstatiert in ihrem Gleichstellungskonzept: Die Geschlechterquoten im Qualifizierungsverlauf entsprechen dem gesamtdeutschen Phänomen des abnehmenden Frauenanteils mit steigender Qualifikationsstufe. Schöner Satz, gefällt mir, obwohl gerade die TU Dresden im Vergleich zu anderen Technischen Universitäten seit einigen Jahren mit circa 46 % auf einen sehr hohen Studentinnenanteil verweisen kann. Uns begegnen in Diskussionen immer wieder die Argumente, dass man sehr gute Pläne hat, die Frauen aber nicht wollen, dass die Frauen nicht bereit sind, Führungsfunktionen zu übernehmen. Für mich ergibt sich daraus die Frage: Warum? Schieben wir doch nicht gleich den Frauen den Schwarzen Peter zu, sondern schaffen wir in Sachsen an den Hochschulen, aber nicht nur dort, Möglichkeiten, die es Frauen leichter machen, ihre Chancen zu nutzen.
Die im Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen sind daher durchaus sinnvoll, um Änderungen anzuschieben und
vorausschauend zu agieren, um auch nach dem Auslaufen von europa- und bundesweiten Programmen und Förderungen gleichstellungspolitische Ziele zu erreichen. Ich kann daher vonseiten unserer Fraktion nur Zustimmung signalisieren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 28.03. stand in der „Süddeutschen Zeitung“: „Millionen Frauen droht die Altersarmut.“ Am 30.03. stand in der „Freien Presse“: „Frauen riskieren Altersarmut.“
Aber das Thema ist nicht aktuell. Wir haben es nur aus Jux und Tollerei auf die Tagesordnung gesetzt. Es ist heute schon viel gesagt worden. Minijobs führen zu Minirenten. Niedriglöhne führen zu Niedrigrenten. Teilzeitarbeit führt zu Teilrenten. Das alles sind Formen von Frauenarbeit. All das sind prekäre Formen, die auch zu prekären Renten führen werden. Diese Formen sind größtenteils weiblich, haben also ein weibliches Gesicht. Es ist gesagt worden, dass die Minijobs hauptsächlich von Frauen ausgeführt werden. Etwa 63 % der Minijobbenden sind Frauen.
Mein Kollege Pellmann hat bereits ausgeführt, dass man mit einem Jahr Minijob nur reichlich 3 Euro Rente im Monat erarbeiten kann. Nun will ich das Wort Schlecker nicht groß aufbauen, aber es ist gesagt worden, dass die Schlecker-Frauen sehr schnell wieder in Arbeit kommen können. Es gibt ja Arbeitsplätze, gerade im Handel. Wir wissen aber auch, dass auf einen Vollzeitjob im Handel 29 arbeitslose Verkäuferinnen kommen. Die meisten Jobs im Handel sind nämlich Minijobs. Da schließt sich der Kreis. Die Schlecker-Frauen sollen also in diese Minijobs und driften aus tarifbezahlter Arbeit in diese Formen ab.
Teilzeit ist eine deutliche Frauendomäne. Über 80 % der Teilzeitstellen sind von Frauen besetzt. Sind Frauen freiwillig in Teilzeit? Herr Krauß hat das dargestellt. Frauen mit Kindern können in Teilzeit arbeiten, um Betreuung und Arbeit unter einen Hut zu bringen. Aber Frauen sind nicht freiwillig in Teilzeit. Sicherlich mal für ein Jahr, für zwei Jahre, aber gerade im öffentlichen Dienst stecken Frauen in Teilzeit fest, wenn sie einmal hineingegangen sind. Oft sehen Frauen auch keine andere Möglichkeit, als in Teilzeit zu arbeiten, besonders im ländlichen Raum, wie zum Beispiel die schon so oft erwähnten Schlecker-Frauen. Die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten, gerade im ländlichen Raum, machen es nicht möglich, Vollzeit zu arbeiten, gerade im Handel.
Es ist der oft katastrophale und prekäre ÖPNV im ländlichen Raum, der es nicht möglich macht, in die nächstgelegene Kleinstadt zu fahren und in Vollzeit zu arbeiten. Dann schafft man es nämlich nicht, sein Kind wieder aus der Kita abzuholen. Und einen eigenen Pkw haben viele Frauen nicht, da der Mann ihn braucht, um im ländlichen Raum zur Arbeit zu fahren. Wenn wir uns die Spritpreise anschauen, ist es vielleicht gut, wenn man ihn zurzeit nicht einsetzt.
Es ist viel über die unterbrochenen Erwerbsbiografien gesagt worden. In den letzten 20 Jahren sind die Frauen vom ersten Arbeitsmarkt sehr schnell verdrängt worden, gerade Anfang der Neunzigerjahre. Sie sind, wir haben es heute vom Minister schon gehört, im zweiten Arbeitsmarkt „geparkt“ worden. Von einer ABM zur anderen, von einem befristeten Projekt zum nächsten. Wenn es dafür kein Geld mehr gab, dann blieb noch das Ehrenamt mit einer Aufwandsentschädigung von 40 Euro im Monat. Aber auch dafür muss man sich schon mächtig strecken, um heranzukommen.
Das alles hat prekäre Auswirkungen auf die Rente. Studien der Freien Universität Berlin haben festgestellt, dass gerade von den Frauen, die in den Sechzigerjahren in Ostdeutschland geboren sind, bis zu 40 % ein Rentenniveau unter dem Grundsicherungsniveau erreichen werden. Ich glaube, da ist es schon angesagt, dass vonseiten der Staatsregierung etwas getan werden muss. Es gibt Überlegungen, das erkenne ich ebenso wie mein Kollege Pellmann an, darauf Einfluss zu nehmen, aber es darf nicht nur ein Pfeifen sein, sondern es müssen konkrete Vorschläge kommen. Es gibt Maßnahmen, die möglich sind: die Abschaffung von Niedriglöhnen, die Einführung eines Mindestlohns. Es gibt die Möglichkeit der Versicherung der Arbeit vom ersten verdienten Euro an. Das sind einige Dinge, die man sich auf die Fahnen schreiben könnte. Mein Kollege Pellmann wird dann sicher noch einige andere Ideen an diesem Pult verkünden.
Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Saborowski-Richter, mich hat Ihr letzter Satz ein wenig enttäuscht.
Aufgrund Ihrer Darstellungen hatte ich gedacht, Sie stimmen diesem Antrag zu; denn eigentlich spricht alles, was Sie aufgezählt haben, für diesen Antrag. Aber gut, das ist sicherlich Ihr Geheimnis. Vielleicht können Sie uns das noch erklären.
Am 23. März 2012 werden viele Frauen am Brandenburger Tor und auf zentralen Plätzen in verschiedenen Städten, auch hier in Dresden, mit roten Taschen und Beuteln darauf aufmerksam machen, dass Frauen, statistisch gesehen, bis zu diesem Tag hätten arbeiten müssen, um so viel zu verdienen, wie die Männer bis zum 31.12.2011 bekamen.
Dieser symbolische Tag zeigt, wie groß die Einkommenslücke zwischen den Geschlechtern bei gleichwertiger Arbeit ist. Circa 23 % – dies wurde bereits mehrfach erwähnt – beträgt dieser Equal pay gap, die Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern, in Deutschland seit Jahren. Wenn wir uns dabei noch vor Augen halten, dass der europäische Equal Pay Day am 2. März, also 21 Tage vorher, begangen wurde, macht dies deutlich, dass Deutschland in Fragen der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im hinteren Drittel rangiert.
2010 war es der drittletzte Platz in Europa.
Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, haben schon im vergangenen Jahr die Staatsregierung aufgefordert, bundesweit aktiv zu werden, um gegen diese Ungerechtigkeiten vorzugehen. Das ist notwendig und deshalb werden wir diesem Antrag zustimmen.
Eine geschlechterspezifische Analyse der Lohn- und Einkommenssituation, wie im Antrag gefordert, und damit auch die von uns schon seit Langem geforderte geschlechterspezifische Datenerhebung könnten helfen, aufzuklären und Lösungsansätze zu finden.
Frauen arbeiten oft unfreiwillig in Teilzeit, haben befristete Arbeitsverträge und müssen sich Minijobs suchen. Sie sind aber auch die Ersten, die auf der Straße stehen, wenn die Konjunktur wieder schwächelt. Außerdem geht es um Entgeltgleichheit vergleichbarer Tätigkeiten. Warum soll eine Krankenschwester weniger verdienen als ein Auto
schlosser? Ist die Reparatur eines Menschen weniger wert als die einer Maschine?
Die Gewerkschaften haben zum Beispiel die Tätigkeiten einer Verkäuferin und eines Elektrikers verglichen. Sie haben versucht, mit verschiedenen Punkten Kompetenzen, die notwendig sind, Tätigkeiten, die ausgeführt werden, Belastungen körperlicher und psychischer Art zu vergleichen und sind darauf gekommen, dass diese Berufe faktisch gleichwertig zu beurteilen sind. Aber schauen Sie sich einmal die Entgeltunterschiede an!
In ihrer Stellungnahme betont Frau Staatsministerin Clauß, dass die Einkommenslücke in Sachsen nur 9 % beträgt. Das ist wahr. Aber auch hier sollten wir uns nicht übermäßig auf die Schultern klopfen; denn erstens kann es an den niedrigeren Löhnen auch für Männer hier in Sachsen in fast allen Branchen liegen und zweitens sind auch 9 % zu viel. Es gibt keine Begründung, warum Frauen weniger verdienen sollen als Männer.
Im Antrag werden weiterhin Initiativen zur gesetzlichen Verankerung einer Frauenquote auf Bundesebene und im Land gefordert. Wir wissen – das steht auch in der Stellungnahme der Frau Ministerin –, dass die Sächsische Staatsregierung eine starre gesetzliche Frauenquote in Aufsichtsräten, Vorständen in der Privatwirtschaft, aber auch bei der Gremienbesetzung im öffentlichen Dienst ablehnt.