Protokoll der Sitzung vom 04.11.2010

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte auf den dritten Punkt nur insofern eingehen – wir haben ja einen Änderungsantrag gestellt, weil dieser Punkt zwar ein mögliches Ziel darstellt, aber eigentlich inhaltsleer ist –, als ich darauf verweisen möchte, dass wir es noch mit anderen Kürzungen zu tun haben. Wir haben es nicht nur mit den Kürzungen bei den Landeszuweisungen zu tun, sondern auch mit den Kürzungen bei den Kulturraummitteln. Auch die nun etwas gemilderte Kürzung führt immer noch zu 3 Millionen Euro weniger in den Kulturräumen. Die kommunalen Musikschulen werden – Frau Fiedler hat es dargestellt – zum überwiegenden Teil von den Kommunen finanziert – aus kommunalen Mitteln und aus den Mitteln der Kulturräume –, zum anderen Teil von den Eltern und nur zum ganz kleinen Teil vom Land.

Was passiert also mit den Musikschulen, wenn die Kulturraummittel gekürzt werden? Sie sind eine der kulturellen Einrichtungen, bei denen am ehesten zu kürzen ist.

Ich möchte einen zweiten Teil nennen, von dem die Musikschulen betroffen sind: die Ganztagsangebote. Auch die Ganztagsangebote werden im Landeshaushalt um ein Drittel gekürzt. Unsere Musikschulen sind in die Ganztagsangebote eingebunden. Damit steht auch unser Projekt „JeKi“ auf tönernen Füßen, denn dann rasen die Musikschullehrer faktisch, ohne dass sie eine finanzielle Grundlage haben, durch das Land.

Bedenken Sie also bitte bei dem, was Sie jetzt mit dem Haushalt vorlegen, dass diese Rahmenbedingungen für die Musikschulen genau die Qualität, die Sie einfordern, nicht umsetzen können, wenn Sie nicht etwas bei den Finanzen zulegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Als nächster Redner Herr Dr. Gerstenberg für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Obwohl ich nur minimale Redezeit habe, muss Zeit für drei Vorbemerkungen sein. Erstens: Dank an die Linksfraktion für ihren Antrag, der die erwähnte Anhörung ermöglicht hat. Zur Strafe wurde er gestern in der Sammeldrucksache versenkt. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir hier eine Geschäftsordnung bekommen, nach der zumindest für ausgewählte Anträge Ausschussbehandlung und Behandlung im Plenum möglich wird.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Zweitens: totales Unverständnis. Das Kulturland Sachsen wurde hier wieder einmal erwähnt. In dieser Koalition müssen aber Musikschulen bzw. die Finanzierung der Musikschulen offensichtlich mühselig erkämpft werden – im Gegensatz zum Straßenbau, der alle Erkenntnisse der Enquete-Kommission Demografische Entwicklung einfach beiseite wischt.

Drittens: Angesichts dieser Situation Dank und Gratulation an die Kulturpolitiker der Koalition. Es ist offensichtlich eine Leistung gewesen. Die Kürzung der Musikschulförderung um ein Drittel wäre eine Katastrophe. Sie haben eine Aufstockung erreicht. Wasser in den Wein: Es ist zu wenig – das ist die Einschätzung aller Fachleute.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bedeutung der 25 Musikschulen in Sachsen ist unbestritten. Ich kann mir aus Zeitgründen ersparen, das alles zu wiederholen. Sie haben einen wichtigen kulturellen Bildungsauftrag. Die Landesförderung ist deshalb nicht nur seit Mitte der Neunzigerjahre erklärter Wille dieses Sächsischen Landtages gewesen; die Landesförderung ist auch eine finanzielle Notwendigkeit. Wenn sie reduziert würde, dann gäbe es folgende Alternativen in den Häusern: Erstens Personalreduzierung. Das würde heißen, dass die Wartelisten, die heute sachsenweit bereits 4 000 Schülerinnen und Schüler betreffen, schnell in den fünfstelligen Bereich wandern würden.

Die zweite Alternative wäre Entgelterhöhung. Wir haben aber landesweit im Durchschnitt bereits 35 % der Finanzierung der Musikschulen, die durch die Entgelte und Gebühren erreicht werden. Das ist im kulturellen Bildungsbereich einmalig.

Die dritte Möglichkeit wäre, den Gruppenunterricht – das weiß ich intern – weiter auszubauen. Das ist immer in der Diskussion. Prof. Klemm hat es in der Anhörung sehr schön als „ganz perfide Variante eines rein kommerziellen Denkens“ bezeichnet und direkt eine Verbindung dazu hergestellt, dass die Hochschulbewerberzahlen für Orchesterinstrumente signifikant gesunken sind.

Das heißt, meine Damen und Herren, wir müssen uns unserer Verantwortung stellen. Ich appelliere an dieser

Stelle noch einmal ganz speziell an unsere Verantwortung gegenüber den ehemaligen Landesmusikschulen in Zwickau, Leipzig und Dresden. Die haben besondere Aufgaben, was Fachberatung, Weiterbildung und Angebote für spezielle Instrumente betrifft. Sie haben aber auch eine Situation, dass aufgrund der Stadt-UmlandBeziehung eine Sogwirkung da ist und sie Schülerinnen und Schüler weit über Ihr Stadtgebiet hinaus ausbilden. Die Ergebnisse bei den Preisträgern im Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ zeigen außerdem, dass dort konzentriert Spitzenleistungen erzielt werden.

Vor diesem Hintergrund ist eine Finanzierung allemal gerechtfertigt. Ich erinnere aber auch daran, dass wir diese drei ehemaligen Landesmusikschulen 1994 kommunalisiert bzw. privatisiert haben. Wir haben eine Finanzierungsverantwortung als Land, und das nicht nur übergangsweise. Ich plädiere hier für Kontinuität in dieser Frage. Wenn wir das leisten, sind auch die Kommunen in der Verantwortung. Da denke ich insbesondere an meine Heimatstadt Dresden, wo die Eltern jetzt bereits 43 % der Musikschule mit ihren Entgelten und Gebühren finanzieren müssen; Tendenz stark wachsend.

Der amerikanische Dichter Longfellow hat einst den schönen Satz geprägt: „Musik ist die gemeinsame Sprache der Menschheit.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns über eine angemessene Finanzierung unseren Beitrag leisten, dass möglichst viele Menschen in Sachsen diese Sprache verstehen und sprechen.

Wir werden diesem Antrag zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Müller für die NPD-Fraktion als abschließender Redner in der ersten Runde.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch bei mir herrscht ein bisschen Druck mit der Redezeit. Dennoch eine ganz kurze Vorbemerkung. Ich muss Frau Kollegin Stange recht geben. Dieser Antrag ist mit Blick auf die Nachverhandlungsliste zum Haushalt ein Schaulaufen der Koalitionsfraktionen, aber das ist auch irgendwie legitim in der Politik.

Die NPD-Fraktion wird dem Antrag selbstverständlich zustimmen. Musikschulen sind aus unserer Sicht ein unverzichtbarer Bestandteil der musischen Bildung der Kinder und Jugendlichen in unserem Land. Deshalb möchte ich noch zwei Punkte erwähnen, die uns besonders wichtig sind – erstens, dass es die Möglichkeit für alle interessierten Kinder gibt und es zukünftig nicht am Geld scheitert, ob ein Kind die Musikschule besuchen kann oder nicht, und zweitens die Frage der Verfügbarkeit im ländlichen Raum. Es muss auch zukünftig möglich sein, qualifizierte Musikschulen flächendeckend im Land zu besuchen, ohne dass das mit langen Wegen in die nächste Kreisstadt verbunden ist.

Das sind die zwei Anliegen, die die NPD-Fraktion rüberbringen möchte. – Ansonsten vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Ich frage die Staatsregierung, ob sie nach der ersten Runde das Wort ergreifen möchte. – Das kann ich nicht erkennen. Damit würde ich eine zweite Runde eröffnen. Ich frage die CDU-Fraktion. – Kein Redebedarf. Ich frage die weiteren Fraktionen. – Kein Redebedarf. Somit entfällt eine zweite Runde. Ich frage die Staatsregierung, ob sie das Wort ergreifen möchte. – Dann dürfen Sie, Frau Staatsministerin von Schorlemer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Die sächsischen Musikschulen leisten einen erheblichen und unverzichtbaren Anteil zur kulturellen Bildung. Sie sind öffentliche Bildungseinrichtungen, die Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Musik vertraut machen und auch zu eigenem Musizieren anregen. Mit qualifiziertem Fachunterricht schaffen die Musikschulen vielfach eine Grundlage für eine lebenslange Beschäftigung mit Musik. Die Musikschulen eröffnen ihren Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten zum gemeinschaftlichen Musizieren in der Musikschule, in den allgemeinbildenden Schulen, in der Familie, aber natürlich auch in vielfältigen Formen des Laienmusizierens.

Die Einrichtungen sichern neben der hohen Qualität der künstlerischen Breitenausbildung zugleich auch die Herausbildung eines zukünftigen Konzertpublikums. Mit ihrer Ausbildung bereiten sie vertiefende Studien vor und gewährleisten so auch das Heranwachsen eines professionellen Musikernachwuchses, der höchsten Ansprüchen gerecht wird.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Besonders begabte Schülerinnen und Schüler erhalten gezielt eine Begabtenförderung.

Auch in der öffentlichen Anhörung zur Bedeutung und Perspektive der Musikschulen im Freistaat Sachsen am 27. September in diesem Hohen Haus haben verschiedene Fachleute verdeutlicht, dass die Musikschulen eine der herausragenden, flächendeckend vorhandenen Institutionen auf dem Gebiet der kulturellen Bildung sind. Sie ermöglichen Kindern und Jugendlichen eine hochwertige Ausbildung und zugleich eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung.

Auch die steigenden Schülerzahlen verdeutlichen das wachsende Interesse an einer Musikschulausbildung. So erhöhten sich im Vergleich zu 1992 die Zahlen von circa 31 000 Schülern auf heute mehr als 43 000 Schüler. Diese Entwicklung ist vor dem Hintergrund der rückläufigen Geburtenrate durchaus bemerkenswert.

Festzustellen ist: Die Heranführung von Kindern und Jugendlichen an die kulturelle Bildung ist eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Aufgaben unserer Zeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Insbesondere das gemeinschaftliche Musizieren ermöglicht jungen Menschen das Erlernen von Verhaltensweisen, die auf Miteinander und Toleranz gerichtet sind. Gerade Musikschulen und deren Angebote für die heranwachsende Generation sind ein wichtiger Faktor für das gesellschaftliche und kulturelle Miteinander in der Zukunft.

Die Musikschulen haben zur Beförderung der kulturellen Bildung eine ganze Reihe neuer Unterrichtsangebote entwickelt. So wird für die Allerjüngsten die musikalische Früherziehung und auch die elementare Musikpädagogik in Kindertagesstätten und auch in Eltern-Kind-Gruppen vermittelt, aber die Musikschulen beteiligen sich natürlich auch seit dem Schuljahr 2009/2010 an dem Modellprojekt „Jedem Kind ein Instrument“ im Freistaat Sachsen, mit dem jeweils circa 1 000 Erstklässler, unabhängig vom sozialen Hintergrund, an die kulturelle Bildung herangeführt werden.

Grundlage für die Mitfinanzierung der Musikschulen ist die Richtlinie des sächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst zur Förderung der Musikschulen im Freistaat Sachsen, deren Überarbeitung geplant ist. Nach gegenwärtigem Stand ist in der Neufassung vorgesehen, bewährte Förderungsgegenstände wie die Begabtenförderung inhaltlich zu belassen sowie neue Fördergegenstände, insbesondere die Fachberatertätigkeit und die Weiterbildung von Lehrkräften, neu aufzunehmen. Auch ist die bisher geltende Berücksichtigung sozialer Aspekte auf Inhalt und Aktualität zu prüfen. Ja, Frau Dr. Stange, es ist im Prinzip eine ergebnisoffene Prüfung unter Würdigung der sozialen Aspekte, die bedeutsam sind.

Ziel der Novellierung soll auch die Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens und die Sicherung und der Ausbau von Qualitätsstandards sein. In Fortführung der bisherigen Förderrichtlinien könnten unter anderem Qualitätsstandards als Grundlage der Musikschularbeit definiert werden, wie zum Beispiel ein kontinuierliches Unterrichtsangebot in den musikalischen Grundfächern, Instrumental- und Vokalfächern, Ensemble- und Ergänzungsfächern oder auch, dass die musikalisch-pädagogische Musikschulleitung durch einen Leiter mit künstlerisch-pädagogischer Hochschulausbildung zu geschehen hat, oder auch, dass Lehrkräfte an Musikschulen in der Regel die staatliche Prüfung als Musiklehrer absolviert haben müssen oder über einen vergleichbaren Abschluss verfügen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgehend von dem positiven Resümee, aber natürlich auch dem bildungspolitischen Stellenwert der Musikschulen in unserer Gesellschaft möchte ich abschließend meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass im Rahmen der gegenwärtig laufenden Haushaltsverhandlungen im Sächsischen Landtag eine gute und für alle zufriedenstellende Lösung gefunden wird. Positive Anzeichen hat es ja in den letzten Wochen bereits gegeben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin.

Meine Damen und Herren! Kann ich davon ausgehen, dass die Aussprache beendet ist? – Ich sehe keine Wortmeldung. Wir kommen zum Schlusswort. Frau Abg. Fiedler, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist genügend deutlich geworden, welche hohe Bedeutung die Musikschulen für unser Kulturland haben und dass keiner auf sie verzichten kann, wenn auch durch die Fraktionen in ganz unterschiedlicher Weise ausgedrückt.

Frau Klepsch, vielleicht eine Anmerkung noch zu Ihrer Aussage, dass es nicht notwendig sei, die Förderrichtlinie zu novellieren. Ich war in der Anhörung sehr aufmerksam, in der Herr Anders nicht nur sieben Punkte zur Qualitätssicherung vorgelegt hat, die sich bislang nicht in der Förderrichtlinie wiederfinden, sondern auch gesagt hat: „Wir befürworten eine Förderrichtlinie, die höchste Transparenz aller Einzelpositionen in sich birgt, denn Transparenz erhöht auch die Wertschätzung einzelner Leistungen.“ Das ist ein überzeugendes Plädoyer dafür, die Förderrichtlinie in Angriff zu nehmen. Vielleicht könnten Sie Ihre bisherige Ablehnung in eine Zustimmung umwandeln.

Beim Punkt 2, Haushaltsaufstockung, ist deutlich geworden, dass die Finanzierung der Musikschulen auf solide Füße gestellt worden ist. Ich will es noch einmal sagen: Wir sind damit deutschlandweit mit an der Spitzenposition. Das ist aller Ehren wert.

Frau Dr. Stange, wir wollen auch für die Kulturraummittel etwas tun. Sie wissen aber, dass die Finanzierung der Kulturräume etwas mit den Landesbühnen zu tun hat. Diese Anmerkung sei mir an dieser Stelle gestattet. Wenn das SMWK unter Ihrer Führung schon mit der Umstrukturierung ein Stück weitergekommen wäre, würden wir auch da an einem anderen Punkt stehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das ist aber eine Diskussion, die wir sicherlich an einer anderen Stelle noch einmal vertiefen werden. Heute haben wir mit einer breiten Zustimmung zu diesem Antrag zu rechnen. Damit machen wir unsere Wertschätzung gegenüber den Musikschulen deutlich. Das ist ein gutes Argument, diesem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.