Ja, Herr Schowtka, das ist wieder einmal … Es gab einmal eine sehr schöne Situation in der vergangenen Legislaturperiode. Da hat nämlich der Kollege Bartl von Think-Tank-Schowtka gesprochen. Wissen Sie, auf solch dumme Fragen, die nur Sie stellen können, brauche ich gar nicht zu antworten, die richten Sie mal an sich selbst. Ich bin Haushaltsexperte und nicht Familienexperte.
Vielen Dank. – Als Haushaltsexperte können Sie mir sicherlich sagen, Herr Schimmer, ob Sie schon einmal in den Einzelplan des Kultusministeriums geschaut haben, in den Entwurf der Staatsregierung für die kommenden beiden Jahre. Dann werden Sie mir sicherlich recht geben, dass in diesem Entwurf ungefähr 16 Millionen Euro drinstehen, die wir vom Bund bekommen und eins zu eins an die Kommunen zum Ausbau des Programms für Null- bis Dreijährige weiterreichen. Geben Sie mir dahin gehend recht, dass das so im Haushalt drinsteht? Ansonsten, wenn Sie mir darin nicht recht geben, sollten Sie vielleicht einmal den Haushalt lesen.
Herr Schreiber, ich habe den Haushalt gelesen, aber das Problem ist, dass diese 16 Millionen Euro bei Weitem nicht ausreichen. Deswegen finde ich es auch weiterhin albern, dass Sie uns die fehlende Kenntnis der Zahlen vorgeworfen haben, denn diese 16 Millionen Euro reichen nicht aus. Ich würde gern im Verlauf meiner Rede darauf zurückkommen, was wirklich vonnöten ist, wenn man die frühkindliche Betreuung in Sachsen wirklich flächendeckend gewährleisten will.
Wir halten also fest: Der Freistaat Sachsen hält sich schon bei der Kofinanzierung zurück, und der Bundesanteil in Höhe von 4 Milliarden Euro ist angesichts der zu erwartenden Mindestinanspruchnahme ebenfalls zu gering.
Jetzt zu den Zahlen. Selbst unter Annahme des derzeit gültigen ungünstigeren Betreuungsschlüssels, also bemessen am Status quo, gehen die kommunalen Spitzenverbände bei nur 50-prozentiger statt 35-prozentiger Inanspruchnahme von – hören Sie zu, Herr Schreiber! – zusätzlichen 180 Millionen Euro Investitionskosten und weiteren laufenden Betriebskosten von mindestens 83 Millionen Euro jährlich aus. Setzen Sie das in Bezug zu den 16 Millionen Euro, die nach Ihrer eigenen Aussage eingestellt sind, so ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie verscheißern die Kommunen und Familien! Das ist die Wahrheit.
Da diesbezüglich, bezogen auf eine Zahl von 83 Millionen Euro, jede Gegenfinanzierung fehlt, werden das genau die Kosten sein, auf denen die Kommunen dann sitzenbleiben und die sie sich auf vielfältige Weise von den Bürgern und insbesondere von den Eltern zurückholen müssen. So „gut“ ist dieses wahrhaft fortschrittliche Modell durch die Bundesregierung und die daran beteiligten Landesregierungen durchdacht, dass es geradezu danach schreit, an tatsächlichen Gegebenheiten zu scheitern, spätestens dann aber auf rechtlichem Wege gekippt zu werden.
Das dachte sich nämlich auch die NPD-Fraktion, als sie bereits im März dieses Jahres den vorliegenden Antrag einbrachte. Leider – so muss man fast schon sagen – waren wir in unserer wohlbegründeten Skepsis fast immer auf dem richtigen Dampfer; denn vor nunmehr gut drei Wochen platzte die Bombe. Am 12. Oktober gab erstmals der Verfassungsgerichtshof für das Land NordrheinWestfalen den Klagen von insgesamt 17 kreisfreien Städten statt. Er entschied, dass das Kinderförderungsgesetz mit der dortigen Landesverfassung nicht vereinbar sei, da es das Recht auf die kommunale Selbstverwaltung verletze. Die Voraussetzungen für die Anwendung des Konnexitätsprinzips seien erfüllt, da sich für die Kreise und kreisfreien Städte signifikante Änderungen bei der kommunalen Aufgabenwahrnehmung ergäben. Insbesondere hätten sich die Vorgaben für den quantitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung erheblich erhöht.
Sie können davon ausgehen, dass dieser Sachverhalt, der nicht mehr aus der Welt zu diskutieren ist, auf allen Ebenen von den zuständigen Gerichten ausgeurteilt und letztlich auch hier für uns im Freistaat Sachsen Bedeutung erlangen wird.
Die Umsetzung des Kinderförderungsgesetzes auf dem Rücken der Kommunen folgt einem verantwortungslosen Prinzip, das von uns Nationaldemokraten schon in unzähligen Anträgen und Redebeiträgen angeprangert wurde
Das System des Finanzausgleichs im föderalen Staat gehört grundsätzlich überdacht und auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Wir haben daher auch nicht vergessen, den Bund in die Verantwortung zu nehmen. Hierzu dient die im Antrag angestrebte Grundgesetzänderung, mit der wir auf die aktuellsten Fehlentwicklungen in der Lastenverteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen angemessen reagieren könnten, wenn Sie zustimmen würden.
Dieser Vorschlag folgt einem ganz einfachen Grundsatz, dem auch Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, und die Mitglieder der Staatsregierung sich nicht verschließen sollten: Wer die Musik bestellt, der muss sie auch zahlen. Springen Sie ein einziges Mal über Ihren Schatten und stimmen sie diesem vernünftigen Antrag zum Wohle des Freistaates zu.
Meine Damen und Herren! Gibt es weiteren Redebedarf? – Das vermag ich nicht festzustellen. Ich frage die Staatsregierung. – Frau Staatsministerin von Schorlemer, bitte. Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Angesichts der klaren Worte, die der Abg. Schreiber hier bereits gefunden hat, möchte ich die Stellungnahme der Staatsregierung zu Protokoll geben.
Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, damit ist die Aussprache beendet. Erhebt sich hiergegen Widerspruch? – Das kann ich nicht feststellen. Wir kommen zum Schlusswort; Herr Abg. Storr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gern einige Diskussionsbeiträge aufgreifen. Ein Vorwurf speziell von Frau Giegengack war ja, dass wir hier ganz offensichtlich unsere Position sehr widersprüchlich vertreten würden.
Das ist aber nur scheinbar so. Ich werde also in einem zweiten Anlauf versuchen, Ihnen noch einmal deutlich zu machen, dass dieser Widerspruch gar kein Widerspruch ist. Denn das Problem ist – und das sage ich insbesondere zu Frau Giegengack, auch wenn sie wahrscheinlich über die eigentlichen Dinge keine Kenntnis hat –, dass sich die sogenannte Frankfurter Schule zur Aufgabe gemacht hat, auch die Familie aufzulösen, weil angeblich die Familie der Hort von Autorität sei.
Wir haben heute in der Tat die Situation, dass die Familie oft schon als gesellschaftliche Institution, als Lebensgemeinschaft zerstört ist. An diesem Tatbestand kommt natürlich auch nationale Politik nicht vorbei. Leider ist es so, dass auch Politik der Macht des Faktischen unterliegt. Insofern sehen wir natürlich Kinderbetreuung und Fremdbetreuung von Kindern nicht als das Endziel der Politik an, sondern nur als einen Zwischenschritt, durchaus auch als einen Akt der Anerkennung der Realitäten.
Wir haben als Nationaldemokraten nicht das Bewusstsein, dass Politik sich darin erschöpft, den Verhältnissen – schon gar nicht, wenn wir die Verhältnisse ablehnen – hinterherzurennen, sondern wir vertreten die Auffassung, dass Politik klare Ziele benennen muss. Nationale Politik heißt für uns vor allem, eine Familienpolitik zu betreiben, die selbstverständlich darauf ausgerichtet ist, dass unser Volk nicht etwa schrumpft und irgendwann tatsächlich stirbt, dass wir als Deutsche nicht zu einer Minderheit im eigenen Land werden,
sondern wir sehen, dass es eine der Grundvoraussetzungen deutscher Politik sein muss, dass eine Bestandserhaltung des deutschen Volkes gewährleistet ist.
Mit welchen Mitteln wir dieses Ziel erreichen, ist letztlich eine Frage der Lage, in der wir uns befinden. Insofern ist dieser Widerspruch, den Sie hier behaupten, kein Widerspruch. Insofern bitte ich noch einmal um Zustimmung.
Herr Storr, wenn Sie hier so begeistert über Familie sprechen, frage ich: Warum haben Sie selbst keine?
Ja, das ist richtig. Ich bin ledig. Aber ich sage einmal so: Ich stehe nicht aus persönlicher Betroffenheit hier vorn, sondern aus Verantwortung gegenüber meinem Volk.
Ich vertrete hier das, was ich für den Inhalt einer richtigen Politik halte. Politik fühlt sich immer dem Allgemeinen verpflichtet, und nationale Politik heißt: Wir unterstützen den Lebenskampf unseres Volkes.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über die Drucksache 5/1793. Wenn Sie dem Antrag zustimmen möchten, bitte ich Sie um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen? –
Gibt es Stimmenthaltungen? – Meine Damen und Herren, diesem Antrag ist mit großer Mehrheit bei wenigen Stimmen dafür nicht entsprochen worden.
Zu I. Nach den aktuellsten Zahlen aus der Bundesstatistik der Kinder- und Jugendhilfe für 2010 ergibt sich in Sachsen eine Betreuungsquote für die unter Dreijährigen von 42,8 %; für die Altersstufe von ein bis drei Jahren wurde sie mit 55,2 % berechnet.
Die NPD fordert die Staatsregierung nun auf, den Stellenbedarf unter Annahme einer Inanspruchnahme im Bereich null bis drei Jahre von 66 % zu berechnen.