(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE, und Stefan Brangs, SPD)
Glücklicherweise hat der Rechtsstaat mit seinen Mitteln auf diese Tat reagiert. Diese Tat darf für unsere Gesellschaft nicht ohne Folgen bleiben. Die Diskussion und das permanente, unqualifizierte Hineinrufen vom rechten Rand
zeigen Ihr menschenverachtendes Gedankengut. Man kann gegen Rechtsextremismus also nicht genug tun. Wir alle müssen aus dieser Tat den Auftrag mitnehmen, gegen Hass und Intoleranz immer und überall einzutreten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Andere Kulturen bereichern unsere Gesellschaft. Sie bereichern unser Land. Sie sind Teil unserer Gesellschaft. Deshalb vielen Dank an Herrn Prof. Gillo, weiterhin viel Kraft!
(Beifall bei der FDP, der CDU, den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von der NPD – Stefan Brangs, SPD: Quack, quack!)
Vielen Dank, Frau Jonas. – Von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hören wir jetzt den Redebeitrag von Frau Abg. Herrmann. – Frau Herrmann, bitte schön.
Danke, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch unsere Fraktion bedankt sich zu Beginn bei Frau Friederike de Haas, die zu dem Zeitpunkt, über den der Bericht schreibt, das Amt der Sächsischen Ausländerbeauftragten innehatte. In gleicher Weise bedanke ich mich bei ihren Mitarbeitern.
Wir sind sehr froh, dass die Übergabe des Staffelstabes von Frau de Haas an Herrn Gillo so gut gelungen ist. Herr Gillo hat schon verschiedentlich deutlich gemacht, wie er sich das Amt des Ausländerbeauftragten vorstellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Bericht ist immer eine Bestandsaufnahme und ein Ausgangspunkt, neue Ziele für die Zukunft zu formulieren. Ich denke, dass es an dieser Stelle wichtig ist, diesen Bericht über den vergangenen Zeitraum unter Frau de Haas in Zusammenhang mit verschiedenen Presseberichten zu setzen, in denen Herr Gillo deutlich gemacht hat, wie er dieses Amt erfüllen will.
Insbesondere die Pressemitteilung, die Herr Gillo nach den ersten hundert Tagen im Amt formuliert hatte, war ein sehr selbstbewusster Auftrag. Ich danke Ihnen dafür, Herr
Gillo. Sie erinnern sich, er hat sieben Punkte formuliert, die für ihn sehr wichtig sind, die er mit seinem Amt als Ausländerbeauftragter voranbringen will.
In dieser Pressemitteilung wurden Forderungen an die Integrationspolitik in Sachsen formuliert, die die volle Unterstützung unserer Fraktion finden. Auch in dem vorliegenden Bericht – gleich auf der Seite 5 in seinem Wort zum Geleit – stellt Herr Gillo seinen Anspruch an dieses Amt fest. Darin heißt es: „In den nächsten Monaten wird diese Rolle des Sächsischen Ausländerbeauftragten zum „Sächsischen Integrations- und Migrationsbeauftragten“ erweitert. Wir hoffen, dass Ihnen diese Erweiterung gelingen möge, Herr Gillo.
Ihren Anspruch haben Sie damit festgelegt und wenn wir uns ansehen, was Sie in der Presse formuliert haben, dann möchte ich einen Punkt aufgreifen, nämlich den Zuzug von Fachkräften. Im Bericht, Seite 5 unten haben Sie geschrieben: „Intelligente Integration ist eine der Antworten auf die Frage des Schrumpfens unserer Bevölkerung. Wer Sachsen auch in Zukunft als Wissensgesellschaft mit hoher Lebensqualität sehen will, der kommt an einer verbesserten Integration und intelligenten Immigration nicht vorbei.“
Man kann diesen Ausspruch im Zusammenhang sehen mit dem Bericht auf der Seite 7. Das ist eine Dokumentation, in der eine Veranstaltung beschrieben wird, in der es auch um die Weltoffenheit in Sachsen in der Vergangenheit und in der Zukunft geht und in der festgestellt wird, dass diese Weltoffenheit genau die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg war und auch zukünftig sein wird.
Aber damit Menschen den Schritt wagen, in einem fremden Land eine Arbeit zu suchen, damit sie sich dann dort wohlfühlen und sich in der Gesellschaft engagieren, bedarf es mehr als geringerer Hürden beim Zuzug und der notwendigen Anerkennung von Bildungsabschlüssen.
Es gibt eine Studie türkischer Akademiker und Studierender in Deutschland – das ist ein Beispiel –, in der ein Trend deutlich wird, der von verschiedenen Seiten immer wieder bestätigt wird: Obwohl Deutschland dringend Fachkräfte benötigt, wandern viele gut ausgebildete türkisch-stämmige Deutsche aus. Grund für diese Auswanderung ist oft eine fehlende Offenheit seitens deutscher Arbeitgeber gegenüber Bewerbern aus Familien mit Migrationshintergrund. Das Problem, dass Vorbehalte gegenüber Migranten eine Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt erschweren, besteht auch in Sachsen; meine Vorredner haben dafür Beispiele genannt.
Ich erinnere an dieser Stelle nur an eine Studie von Wolfgang Donsbach zur Xenophobie in Sachsen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, greift die Diskussion um Fachkräfte zu kurz. Es geht vielmehr darum, mit welcher Haltung wir Menschen aus anderen Ländern begegnen.
Deshalb dürfen wir nicht abwarten, wie sich die im Bericht genannten hervorragenden Schüler vietnamesi
scher Herkunft in Zukunft verhalten werden. Werden sie in Sachsen bleiben? Es wird sehr entscheidend sein für die Weltoffenheit in Sachsen, ob sich die Staatsregierung in der Pflicht sieht, auf ausländerfeindliche Tendenzen einzugehen und sie dafür zu sensibilisieren.
Ich denke, das ist eine der Aufgaben, Herr Gillo, die Sie haben. Sie haben das auch in dieser schon zitierten Pressemitteilung gemacht; darin sagen Sie nämlich: „Sachsens Weltoffenheit und Ruf in der Welt ist auch davon abhängig, wie wir mit Ausländern und fremden Kulturen umgehen – den hoch qualifizierten Menschen wie den sozial schwachen. Die Umsetzung meiner sieben Anregungen wären weitere wichtige Schritte auf Sachsens mutigem und erfolgreichem Weg zu mehr Weltoffenheit, und die ist in unserer aller Interesse.“
Dazu kann unsere Fraktion nur sagen: Genauso sehen wir das auch. Sie haben sich auch geäußert in diesen Punkten zur Unterbringung von Asylsuchenden und Leistungen für Asylsuchende als Sachleistungen. Genau das ist ein Beispiel für die fehlende Sensibilität im Umgang mit Menschen aus anderen Ländern – wie wir sie unterbringen und dass wir in manchen Landkreisen immer noch Sachleistungen beziehen. Deshalb begrüße ich, dass Sie sich dazu sehr eindeutig geäußert haben, auch jetzt von diesem Pult aus noch einmal. Das ist eine Veränderung gegenüber den Aussagen im vorliegenden Bericht, der dezentrale und zentrale Unterbringung als fallspezifisch angebracht bewertet.
Trotzdem, liebe Kolleginnen und Kollegen, geben die Landkreise Leipzig und der Erzgebirgskreis immer noch Gutscheine aus oder gestatten Asylsuchenden, nur in bestimmten Läden einzukaufen.
Außerdem hat die Berichterstattung in der Presse über die Art und Weise der Unterbringung von Asylsuchenden in Nordsachsen gezeigt, wie dringend das Problem der Unterbringung nach wie vor ist. Wie der Bericht selbst ausführt, wurden im Jahr 2009 immerhin über 200 Asylanträge bewilligt. Für diese Menschen ist bis zum Zeitpunkt der Bewilligung vielleicht schon viel Wille zur Integration verloren gegangen, nachdem sie in solchen menschenunwürdigen Unterkünften wohnen mussten.
Sie haben sich auch zur Residenzpflicht geäußert. Die Residenzpflicht ist ein ähnliches Beispiel wie die Unterbringung von Asylsuchenden. Sie war ursprünglich als bloßes Mittel zur Abschreckung von Asylsuchenden gedacht und ist nach wie vor einzigartig in Europa. Inwiefern Sie, Herr Gillo, innerhalb Ihrer Fraktion und beim Koalitionspartner mit Ihrer Forderung, die Bewegungsfreiheit auf das ganze Land Sachsen auszudehnen, Gehör finden, wird sich in der Zukunft zeigen. Ich wünsche Ihnen das – ich wünsche es uns allen.
In vielen Bundesländern gibt es ja Bewegung in Bezug auf die Residenzpflicht. Das freut uns natürlich, weil es schon lange eine Forderung unserer Fraktion ist.
Was mich besonders gefreut hat: dass im Bericht auf Seite 22 die Frage gestellt wird: Wie offen ist eigentlich
die sächsische Verwaltung? Dabei wird auch die Verantwortung des öffentlichen Dienstes bei der Integration betont. Geärgert hatte ich mich ursprünglich, dass hier keine Ziele für die Zukunft formuliert werden, aber wenn ich mir jetzt den Leitbildprozess der sächsischen Ausländerbehörden ansehe,
dann hat auch dort ein Umdenken begonnen und ich freue mich wirklich darüber, dass es dazu gekommen ist, ein neues Leitbild zu entwickeln. Die Verwaltung und auch andere staatliche Organe sind definitiv nicht allein für die Integration verantwortlich, aber gleichwohl haben sie eine Vorbildwirkung. Der Fall des Verweises einer Schülerin aus einem Gericht in Dresden, weil sie ein Kopftuch trug, zeigt doch wohl, dass wir hier noch einiges nachzuholen haben.
Gestatten Sie mir noch ein Wort zu den Integrationskursen. Der Bericht weist auf Seite 14 darauf hin, dass es auch in Sachsen Probleme bei der Umsetzung der Integrationskurse gibt. Natürlich ist es gut zu hören, dass es in Sachsen spezielle Kurse für Mütter und für Alphabetisierung gibt – auch wenn diese wohl eher in der Verantwortung der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Chemnitz liegen.
Es ist vor diesem Hintergrund besonders interessant, dass im Moment die Debatte darüber geführt wird, ob und wie viele Migranten die Teilnahme an Integrationskursen verweigern. Im Bericht 2009 wird jedenfalls auf die Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Kurse hingewiesen, und Fordern und Fördern richtet sich eben nicht nur an Migranten, sondern wir müssen das Augenmerk darauf legen, was die Gründe dafür sind, dass manche Migranten nicht an diesen Kursen teilnehmen oder sie abbrechen.
Zum Schluss möchte ich Sie noch zitieren, Herr Gillo. Sie haben in der „Sächsischen Zeitung“ am 28.10. gesagt: „Unsere Leitkultur hat fünf Elemente: Demokratie, Laizismus, die Aufklärung, also das Primat der Vernunft im Umgang miteinander, die Menschenrechte und die Zivilgesellschaft.“
– Es ging um die Beschlussempfehlung, nicht um den Jahresbericht des Sächsischen Ausländerbeauftragten zum Jahr 2009, Herr Brangs, nur zu Ihrer Information.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem wir jetzt unisono und begeistert vom angeblichen segensreichen Wirken des Sächsischen Ausländerbeauftragten gehört haben, gestatten Sie mir einige kritische Äußerungen; denn Sie alle wissen ja – und werden auch nicht müde, es zu betonen –: Demokratie lebt vom Widerspruch.
Sehen Sie mir bitte nach, dass ich Ihnen, wenn in weiten Passagen auch nur stellvertretend für Ihre Vorgängerin, fundamental widersprechen möchte, Herr Prof. Gillo, und zwar genau dort, wo aus der Sicht der NPD Ihre illusionären Einschätzungen mit Ihren eigenen Statistiken nicht übereinstimmen.
Zunächst einmal ganz generell: Wir brauchen nicht mehr Zuwanderung, sondern wir müssen dringend dafür sorgen, dass in unserem Land der Anteil der Ausländer in der sozialen Hängematte, die unter vielen von Ihnen herbeigeführten und geduldeten Aufenthaltstiteln auf Kosten der deutschen Steuerzahler ein auskömmliches Dasein haben, verringert wird und nicht noch weiter zunimmt.