Was derzeit auf dem Tisch liegt, reicht weder hinten noch vorne aus. Nur ein Beispiel. So soll aus dem Von-derLeyen-Bildungspäckchen die Lernförderung ausschließlich für versetzungsgefährdete Schüler finanziert werden, nicht in der Schule, sondern in einer Nachhilfeeinrichtung. Die privaten Anbieter werden sich auf die Gutscheine freuen. Nicht gefördert werden dagegen Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten oder mit dem Ziel des Übergangs zum Beispiel an das Gymnasium. Wer soll denn die Entscheidung darüber treffen: Du darfst und du darfst nicht zur Lernförderung? Warum wird das Geld nicht für eine fördernde Ganztagsschule aufgewendet, die allen Kindern zugute kommt?
Selbst die FDP hat mittlerweile erkannt, dass es so, wie es sich Frau von der Leyen denkt, nicht geht. Der Chefunterhändler der Länder im Vermittlungsverfahren, Herr Jürgen Bode, FDP, Niedersächsischer Wirtschaftsminister, geht davon aus, dass das geplante Bildungspaket durch die Kommunen umgesetzt wird. Er sagt, wir brauchen eine Lösung, mit der wir mehr Geld für Kinder und weniger für Bürokratie ausgeben. Recht hat er!
Meine Fraktion hat bereits in den Haushaltsverhandlungen im Dezember ein Bildungsbudget vorgeschlagen, das es vor Ort in den Schulen konkret bei den Kinder ermöglichen sollte, Bildungsteilnahme ohne umständliche Vorfinanzierungs- und Beantragungsverfahren zu ermöglichen. Vielleicht hat die CDU/FDP-Fraktion ja darauf gehofft, dass der Bund, dass Frau von der Leyen diese Kosten übernimmt. Nachdem Sie ja hier im Landtag abgelehnt haben, selbst tätig zu werden, setzen Sie sich jetzt bitte im Vermittlungsausschuss ein, dass der Bund diese Kosten übernehmen kann.
Zweitens fordert meine Fraktion die Landesregierung dazu auf, die Chance zu nutzen und Bildungsteilnahme durch Ausbau der Bildungsinfrastruktur für alle zu ermöglichen. Dazu gehört der konsequente Ausbau der Kitas mit
Unterstützung des Bundes. Nur das Geld muss bei den Kommunen und bei den Kindern ankommen, nicht wie in Sachsen im allgemeinen Haushaltsloch versinken. Aber dazu gehört zweifelsohne der seit dem Dresdner Bildungsgipfel 2008 geforderte Ausbau der Ganztagsschulen und in diesem Kontext die Ausstattung mit Schulsozialarbeitern an allen Schulen.
Es ist mittlerweile parteiübergreifend unstrittig, dass echte Ganztagsschulen, die unter anderem Förderangebote für leistungsstarke und leistungsschwache Kinder bereithalten, Schulversagen deutlich verringern können. Schulsozialarbeiter sind wichtige Partner der Kinder, der Lehrer und der Eltern. Sie kennen das soziale Umfeld der Kinder und ihrer Familien, ihre persönlichen Nöte und können präventiv und helfend eingreifen. Schulsozialarbeit muss professionell und verlässlich sein, vertrauensbildend gegenüber den Jugendlichen. Schulsozialarbeiter können die Brücke zu den Eltern sein, schon in den Kindertagesstätten, aber viel mehr noch in den Schulen und nicht nur an den Mittelschulen in sozialen Brennpunkten. Dazu müssen diese aber selbst unter verlässlichen Arbeitsbedingungen arbeiten dürfen und nicht nur mit Jahres- und Teilzeitverträgen.
Ich rate allen Abgeordneten, einmal den Bericht des Arbeitskreises „Schulsozialarbeit Leipzig“ zur Situation an den Grund- und Mittelschulen in der Stadt zu lesen. Dieser Bericht gibt einen tiefen Aufschluss über den dringenden Handlungsbedarf, und zwar nicht nur in der Stadt Leipzig und nicht nur für Kinder aus sozial- und einkommensschwachen Familien. Doch statt im Land selbst zu handeln, wurde von der Landesregierung und der CDU/FDP-Mehrheit im Landtag die Schulsozialarbeit durch die Haushaltskürzungen im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit und beim Kultusministerium für die wenigen Sozialarbeiterstellen in den Berufsschulzentren weiter der Boden entzogen. Aktuell laufen gerade die Kündigungen oder Kürzungen bei den Schulsozialarbeitern, da auch die Kommunen nicht bereit und in der Lage sind, die Landeslücke zu schließen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir fordern Sie als Landesregierung im Vorbild von den Ländern Niedersachsen und Saarland auf, dem CDU-Landesminister zu folgen und endlich tatsächlich die Finanzierung der Schulsozialarbeit vom Bund einzufordern. Damit würde der Bund auch einer Verpflichtung auf dem Bildungsgipfel zur stärkeren finanziellen Beteiligung an der Bildung nachkommen und das jahrelange Tauziehen um eine Umverteilung von Umsatzsteuerpunkten ein Ende haben.
Herr Tillich ist zwar momentan nicht da, aber ich nehme an, dass er es hört. Springen Sie endlich über Ihren parteipolitischen Schatten im Interesse von Kindern und Jugendlichen in Sachsen! Nutzen Sie die Chance des sinnvollen Zusammenwirkens von Bund und Ländern jetzt im Vermittlungsausschuss bei der Schaffung gerechter Bildungsbeteiligung für alle Kinder.
Als nächster Redner für die CDU-Fraktion spricht der Abg. Alexander Krauß. Herr Krauß, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte einsteigen mit dem, was alles unter dem Wort „Bildungspaket“ zu verstehen ist, da vielleicht nicht jeder von uns tagtäglich mit der Materie vertraut ist.
Dieses Bildungspaket hat verschiedene Teile. Der erste sind 100 Euro Schulbedarf je Schuljahr, die Familien bekommen, die Arbeitslosengeld-II-Empfänger sind. Es sind zweitens Kosten für den eintägigen Schulausflug, die das Jobcenter bezahlt; es ist drittens die Lernförderung. Komplette Förderkurse sind hier möglich; es liegt viel im Entscheidungsspielraum der Jobcenter, Frau Kollegin, das ist nicht alles so vorgegeben, wie Sie es hier darzustellen versucht haben, so, als ob es keinen Spielraum gebe. Es gibt wahnsinnig viel Spielraum zu entscheiden, was notwendig ist und was nicht, und es geht nicht nur darum, zu einem privaten Anbieter zu gehen.
Es gibt zum Vierten das Mittagessen in Schulen oder Kindertageseinrichtungen, das für diese Familien bezahlt wird bei lediglich 1 Euro Selbstbeteiligung. Es gibt fünftens die Teilhabe – teilzuhaben an Sport- oder Kulturvereinen, Flötengruppen oder wo auch immer man hingehen will –; dass der Staat sagt, das bezahlen wir diesen Familien; sie bekommen den Mitgliedsbeitrag bezahlt. Und sechstens ist es unter Umständen möglich, dass die Schülerbeförderungskosten bezahlt werden, soweit sie nicht anderweitig abgedeckt sind.
Die Kommunen haben auch einen gewissen Spielraum. Sie können mit den Jobcentern Verträge abschließen, um individuelle Lösungen zu finden, die vielleicht für eine Kommune genau passfähig sind, um dort nicht alles über das Antragsverfahren in ganz komplizierten Verfahren laufen zu lassen, bei denen jeder Antrag bei den Jobcentern einzureichen ist. Dort ist eine Menge möglich.
Jetzt höre ich von der SPD, das seien ja alles Bildungshäppchen, die da kommen, und ich habe mich einmal gefragt: Wer hat denn eigentlich Hartz IV eingeführt und wie sah das damals aus?
Da waren noch nicht einmal Häppchen dabei, da haben Sie überhaupt nichts für den Bereich gemacht. Damals hätten Sie diese Vorschläge machen können, die Sie heute bringen. Damals haben Sie versagt und nichts gemacht.
Sich jetzt hinzustellen und zu sagen, das sind Häppchen und wir wollen noch wesentlich mehr haben, ist unredlich.
Wie ist derzeit der Sachstand? Das Gesetz ist im Bundestag verabschiedet worden und es gibt eine Blockade der SPD im Bundesrat, was das Bildungspaket betrifft; denn wenn die SPD hier nicht aus parteitaktischen Gründen blockieren würde, wären ja zum Beispiel auch die höheren Hartz-IV-Sätze schon längst bei den Betroffenen angekommen.
Sie blockieren diese Umsetzung und Sie würden den Betroffenen einen großen Gefallen tun, wenn Sie für Rechtssicherheit sorgen und das erst einmal akzeptieren und Ihre Blockade aufgeben würden; wenn Sie den Wahlkampf auf dem Rücken der Schwächsten aufgeben würden.
Der Vermittlungsausschuss sucht derzeit nach einem Kompromiss und wenn man einen Kompromiss sucht, dann muss man immer überlegen, wie man herangeht. Wenn man einen Kompromiss sucht, ist es immer schlecht, mit Vorfestlegungen heranzugehen, weil man dann keinen Kompromiss findet.
Insofern halte ich es für keine gute Idee, dass wir der Staatsregierung heute einen Auftrag geben, eine Vorfestlegung einzugehen. Ich bin mir sehr sicher, dass die Staatsregierung einen guten Kompromiss finden wird – mit den anderen Bundesländern und mit dem Bundestag zusammen –, und deswegen sollten wir sie verhandeln lassen. Ich glaube, Herr Kollege Beermann ist auch unterwegs und wird in diesem Bereich aktiv. Schon aus dieser systematischen Frage heraus macht es aus meiner Sicht keinen Sinn, Ihrem Antrag zuzustimmen. Wir sollten keine Vorfestlegungen machen.
Danke schön. – Herr Krauß, ist Ihnen bekannt, mit welchen Verhandlungspunkten unsere Landesregierung derzeit im Vermittlungsausschuss sitzt?
Das ist uns, denke ich, allen bekannt. Wenn wir Zeitung lesen, dann können wir feststellen, worum es geht, welche strittigen Punkte und welche Positionen dort sind. Ich habe großes Vertrauen in die Staatsregierung, in die Vertreter des Freistaates Sach
Herr Krauß, vielleicht habe ich nicht die gleiche Zeitung gelesen wie Sie. Können Sie mir vielleicht nur einmal zwei Punkte nennen, welche Positionen unsere Landesregierung in diesen Vermittlungsverhandlungen vertritt?
Wir haben eine ganze Menge von Themen, die dort diskutiert werden. Es geht los beim Thema Mindestlohn, das andere Parteien mit eingebracht haben und wo die Position der Staatsregierung vertreten wird. Es wird um die Frage gehen, die Sie auch bewegt: Wird das Bildungspaket auf andere ausgedehnt?
Ich halte nichts davon, dass man über diese Fragen jetzt öffentlich debattiert und hier Verhandlungspositionen offenlegt. Das macht aus meiner Sicht keinen Sinn, weil man einen Kompromiss suchen muss. Wenn wir jetzt hier auf Vorfestlegungen eingehen und heute große Mauern aufbauen, über die man dann nicht mehr drüber springen kann, dann tut es der Sache nicht gut.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich auf den zweiten Punkt des Antrages zu sprechen kommen, in dem Sie formuliert haben: die Bildungsstruktur konsequent ausbauen. Ich denke, das brauchen wir nicht mehr zu beschließen, weil wir das in Sachsen konsequent getan haben, wenn wir zum Beispiel sehen, wie weit wir bei den Kitas sind, wo andere, insbesondere alte Bundesländer, uns deutlich hinterherhängen; oder auch bei dem Thema Schulen: Wir sind PISA-Sieger, wir sind wahnsinnig gut aufgestellt.
Ich habe kürzlich beim Googlen eine Überschrift der nun weiß Gott nicht unbedingt CDU-lastigen Tageszeitung, der „taz“, gefunden, die in Bezug auf die Bildung geschrieben hat: „Sachsen in der Weltspitze“. Sie hat das richtig wiedergegeben, und insofern brauchen wir in diesem Bereich keine Nachhilfe einzugehen.
Wir brauchen diese Nachhilfe übrigens auch nicht dem Bund zu geben. Wir können uns einmal anschauen, wie der Koalitionsvertrag überschrieben wird. Dort kann man interessehalber immer mal hineinschauen: Was hat denn Rot-Grün gemacht, was stand denn dort drüber? Im Koalitionsvertrag stand in der Überschrift nicht Bildung drin. Bei uns ist sie drin, weil uns das ein wahnsinnig wichtiges Anliegen ist; weil wir wissen, dass über Bildung der soziale Aufstieg stattfindet. Das ist für uns
Wie Sie jetzt schon unschwer erleben konnten, sind wir der Ansicht, dass der Antrag nicht sehr sinnvoll ist. Ich würde mir wünschen, dass die SPD die Blockadepolitik aufgibt, denn das ist keine gute Politik. Sie tun zu wenig dafür, dass es zu einer guten Lösung kommt, und ich würde mir wünschen, dass Sie wirklich einen Kompromiss suchen, dass Sie einmal im Sinne der Betroffenen entscheiden.