Protokoll der Sitzung vom 09.02.2011

(Andreas Storr, NPD: Indem man die Opferzahl gleich mal herunterrechnet!)

Von den Glocken war schon die Rede. Ich will auch daran erinnern, dass es Dresden gelungen ist, zwei außergewöhnliche Symbole – der Trauer, aber auch der Versöhnung – zu schaffen: Das eine ist die Frauenkirche mit dem Kuppelkreuz, das die Versöhnung ausdrückt. Das andere ist die wiedererrichtete Synagoge hier in Dresden mit jüdischem Leben – ein Wunder!

Ich selbst habe am letzten Samstag an der Prozession teilgenommen. Auch das kann ein ganz besonderes Zeichen werden, mit der Seligsprechung von Andritzki.

Dann kam das Jahr 2004. Sie von der NPD wurden in den Landtag gewählt, aus welchen Gründen auch immer.

(Zuruf von der NPD: Fragen Sie sich das mal als CDU!)

Mit Sicherheit sind Sie aber nicht in den Landtag gewählt worden, um hier – ich drücke es einmal so aus – auf der Trauer, auf dem Bemühen zur Versöhnung herumzutrampeln; denn das tun Sie seit 2004.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Andreas Storr, NPD: Das machen die CDU und die Linken!)

Das ist menschlich das Letzte, was man machen kann. Das ist menschlich das Letzte!

(Holger Apfel, NPD: Trauermärsche gab es schon viele Jahre vorher! – Zuruf von der NPD: Wenn man trauert, ja?)

Ich habe den Eindruck: Viele von Ihnen, auch Sie, Herr Apfel, reden hier wie eine Maschine; ich erkenne gar nicht den Menschen.

(Andreas Storr, NPD: Nein, wir argumentieren! Sie reden wie eine Maschine!)

Aber zwei aus Ihrer Fraktion sind jetzt nicht hier.

(Andreas Storr, NPD: Von der CDU fehlen aber auch einige!)

Ich würde gern Frau Schüßler und Herrn Dr. Müller als Sachsen fragen, wie sie es vor diesem Land, vor dieser Stadt und vor allen Dingen vor den Menschen, die hier trauern und sich längst versöhnt haben, verantworten können, darauf herumzutrampeln. Das würde ich sie gern mal fragen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Vereinzelt Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Nun müssen wir mit der entstandenen Situation, die nicht einfach ist, umgehen. Ich danke Helma Orosz, die diesen 13. Februar vorbereitet hat. Sie verfolgt das jetzt vom Krankenbett aus. Wir wünschen ihr von dieser Stelle aus gute Genesung. Wir danken ihr, dass sie viele Gespräche geführt hat und das Gedenken am 13. Februar, aber auch das deutliche Zeichen einer Menschenkette von Dresden aus dem Ansinnen der NPD entgegensetzt.

(Holger Apfel, NPD: Das sieht das Verwaltungsgericht aber anders!)

Ein Gericht hat geurteilt. Da geht es mir wie Ihnen: Manchmal versteht man Gerichtsurteile, manchmal nicht. Manchmal ärgert man sich.

(Holger Apfel, NPD: Manchmal passen sie einem nicht!)

Das alles beiseitegelegt, kann man auch zu dem Ergebnis kommen: Wie soll man denn anders entscheiden, um Versammlungsfreiheit zu gewährleisten? Von Versammlungsfreiheit halten Sie von der NPD übrigens überhaupt nichts.

(Zuruf von der NPD: Falsch! Sie halten nichts davon!)

Als Sie in Deutschland regierten, haben Sie die ganz schnell abgeschafft, und heute nutzen Sie sie bis zur Grenze aus!

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Aber, meine Damen und Herren: Auch aus Dankbarkeit für Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehört es dazu, dass wir die eine Gewalt, nämlich die Gerichte, achten und anerkennen, und es gehört dazu, der Polizei, die hier die vollziehende Gewalt ist, Anerkennung zu

zollen und sie heute eben nicht zu unangemessenem Handeln aufzufordern. Unsere Auffassung als CDUFraktion ist: Wir stehen hinter der Polizei. Wenn sie am 13. Februar wieder schwierige Entscheidungen trifft, dann trifft sie sie richtig. Wir unterstützen die Polizei.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine abschließende Botschaft: Seien wir alle uns bewusst, dass wir auch eine Gewalt, die gesetzgebende Gewalt, vertreten! Achten wir mit unserem Verhalten darauf, dass am Sonntag deutlich wird, dass wir das, was die Nazis veranstalten, verabscheuen, aber Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat über alles achten! Das ist unsere Aufgabe.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Zuruf von der NPD: Völliger Blödsinn! Nazis gibt es schon seit über 60 Jahren nicht mehr!)

Für die CDU-Fraktion sprach Herr Abg. Flath. – Ich sehe am Mikrofon 7 den Wunsch nach einer Kurzintervention durch den Abg. Storr.

Herr Flath, dass Sie sich nicht um Sachlichkeit bemühen, ist mir schon klar. Im Übrigen will ich hier noch einmal die Feststellung treffen, bezogen auf das letzte Jahr, dass die politisch Verantwortlichen – sprich: die Staatsregierung – der Polizei alles andere als politischen Rückhalt gegeben haben. Die Presseerklärung der Deutschen Polizeigewerkschaft hat dazu sehr klare Worte gefunden.

Ich will auch anmerken, dass ich es für sehr problematisch halte, dass im Vorfeld der Veranstaltung in diesem Jahr bereits seit Monaten Blockadeaufrufe in der Öffentlichkeit verbreitet werden. Das sind Aufrufe zu Straftaten; denn es geht wieder darum, die Wahrnahme der verfassungsrechtlich garantierten Versammlungs- und Meinungsfreiheit durch Blockaden zu verhindern, dass Sie sich hier durch Ihr Schweigen im Grunde genommen zum Komplizen von linksextremistischen Terroristen machen!

(Beifall bei der NPD)

Wer sich im letzten Jahr mit dem Umfeld der Versammlungen am 13. Februar beschäftigt hat, konnte feststellen, dass die Teilnehmer des Trauermarsches sehr friedlich, sehr diszipliniert waren, sich nicht durch Steinwürfe und andere Dinge haben provozieren lassen und dass die Gewalt eindeutig von links kam. Dass Sie darüber, über die linksextremistische Gewalt in diesem Land, nicht sprechen, macht Sie letztendlich auch zu Mittätern von Gewalttätern.

(Christian Piwarz, CDU: Jetzt schreit ja der Nächste!)

Sie stehen damit eben nicht hinter der Polizei, sondern Sie konterkarieren letztlich die Aufgabe der Polizei, die Recht und Gesetz durchzusetzen hat, auch in diesem Jahr.

(Arne Schimmer, NPD: Ganz genau! – Holger Apfel, NPD: Vorbeugende Gewahrsamnahme, Dr. Hahn!)

Gibt es eine Reaktion auf diese Kurzintervention?

(Zuruf von der NPD: Da gibt es nur betretenes Schweigen im Raum!)

Das kann ich nicht feststellen. – Als Nächster hat Herr Kollege Dulig für die Fraktion der SPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Flath, Respekt und Anerkennung für die Klarheit in Ihrem Redebeitrag!

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Holger Apfel, NPD: Für die Arschkriecherei gegenüber der Linken!)

Dieses Thema ist nicht dazu geeignet – das haben wir in den letzten Jahren durchaus erlebt –, dass man sich auseinandertreiben lässt, sondern es erfordert, dass man hier gemeinsam agiert. Das ist das Entscheidende.

(Arne Schimmer, NPD: Gemeinsam für linke Gewalt!)

Wissen Sie, dass wir überhaupt über das Thema in der Art reden müssen, liegt an Ihnen, an niemand anderem. Es gibt eine ganz einfache Lösung, wie Blockaden, Gegendemonstrationen und sonstige Aktivitäten verhindert werden können: Hören Sie doch auf! Verschwinden Sie aus Dresden! Machen Sie nicht Ihre Aktionen! Dann wäre das Problem erledigt.

(Beifall bei der SPD, der CDU, den LINKEN, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Andreas Storr, NPD: Sie machen sich zum Komplizen von Steinewerfern!)

Das, was in Dresden seit Jahren passiert – Trauern, Erinnern, Versöhnen –, das passiert auch bei den Dresdnerinnen und Dresdnern in der Verantwortung vor der eigenen Geschichte. Das gehört dazu. Wenn man nicht die Verantwortung für die eigene Geschichte trägt, wird Erinnern sogar gefährlich, weil man in gute und schlechte Opfer einteilt. Genau das darf nicht passieren. Ich erinnere an dieser Stelle an die Rede meines geschätzten Vorgängers Cornelius Weiss am 21. Januar 2005: „Am Ende kehrte das Feuer in das Land der Brandstifter zurück, so wie es Heinrich Heine einmal in hellseherischer Voraussicht gesagt hatte. Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.“

(Jürgen Gansel, NPD: Zitieren Sie lieber Gerhart Hauptmann, das ist angemessener!)

Das ist die Verantwortung, in der wir den 13. Februar begehen. Deshalb möchte ich meine Anerkennung und meinen Dank an Helma Orosz dafür aussprechen, dass sie im letzten Jahr mit an der Spitze stand und dass es eine gemeinsame Aktivität gegeben hat. Meine Anerkennung gilt genauso Gewerkschaften, Kirchen, den demokratischen Parteien und vielen Initiativen. Nur ich sage auch, wir müssen aus dem letzten Jahr mindestens zwei Konsequenzen ziehen.

Zum einen. Die Menschen, die sich aktiv in den unterschiedlichsten Formen beteiligen, um gegen den braunen Mob aufzustehen, müssen das auch mit Sicherheit tun können. Ich erinnere an die Schlägereien an einer thüringischen Raststätte, wo Gewerkschafter und Sozialdemokraten im Krankenhaus gelandet sind. Das heißt, die Sicherheit muss über die Landesgrenzen hinaus gewährleistet sein. Es geht auch darum, dass das Urteil, das wir jetzt haben, richtig bewertet wird. Ich weiß, es geht dabei eigentlich um die Landeshauptstadt als Versammlungsbehörde, aber in der Fürsorgepflicht gegenüber unseren Beamtinnen und Beamten der Polizei muss man eine Berufung prüfen. Ich fordere Sie auf, dies aktiv zu tun und in Berufung zu gehen.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)