Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ich habe Sie nur bestätigt. Ich habe auch Kenntnis darüber, wie die Renditen im Moment in Griechenland sind. Das stimmt einfach. Dann kann man das auch machen.

Wenn Sie sagen, Großbritannien wird dem Euroraum beitreten, weil das Land im Moment ein Problem mit seinen Immobilien hat, machen Sie genau den gleichen Denkfehler, den wir jetzt auch wieder machen. Großbritannien wird dem Euro beitreten, weil das die bessere Währung ist. Ich bin mit Ihnen einig, dass Großbritannien der Eurozone beitreten wird. Aber dieses Land wird nicht deshalb beitreten, weil es gerade ein Problem mit seinen Banken und mit seinen Immobilien hat. Das würde nämlich bedeuten, dass Großbritannien beitritt, damit wir dessen Schulden tilgen. Das machen wir nicht.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Peter Schowtka, CDU – Unruhe)

Die zweite Rednerrunde ist abgeschlossen. Gibt es aus den Fraktionen noch Redebedarf? – Ich sehe gerade, die CDU hätte noch Redezeit, ebenso die LINKE und auch die SPD. Die anderen haben ohnehin keine Redezeit mehr.

Ich sehe noch eine Wortmeldung in der dritten Runde. Es spricht Herr Kollege Patt für die CDU-Fraktion. Sie können gern nach vorn kommen, Herr Kollege. Oder ist das nur eine Kurzintervention?

Vielen Dank, Herr Präsident. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn in der Eile des Gefechts auch mir eben durchgerutscht sein sollte, dass Sie aufgrund meiner Rede vielleicht den Eindruck bekommen haben, ich wollte den Euro nicht, dann möchte ich das noch einmal klarstellen.

Ich denke, dass die europäische Idee auch ohne Euro lebbar ist. Wenn der Euro nicht funktioniert, können wir trotzdem an der europäischen Idee festhalten. Aber der Euro ist ein starkes Symbol nach außen. Das zeigt sich auch dadurch, dass er als Referenzwährung statt des Dollars für viele Länder eingesetzt wird. Wir sollten tun, was wir können, um ihn zu erhalten. Aber unser Wille ist nicht grenzenlos. Darauf habe ich hingewiesen. Im Zweifel muss halt ein Mitglied aus der Europäischen Union, das den Euro benutzt, aus dem EuroWährungsraum ausscheiden. Das geht durch einen Kreditschnitt genauso wie durch einen Währungsschnitt.

Das möchte ich noch einmal klarstellen, damit es keine Missverständnisse gibt.

(Beifall bei der CDU)

Das war in der dritten Rednerrunde Herr Kollege Patt von der CDU-Fraktion.

Ich sehe jetzt in dieser spannenden Debatte keinen weiteren Redebedarf aus den Fraktionen und gebe das Wort an die Staatsregierung. Bitte, Herr Staatsminister Unland, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Überschrift des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bezüglich der Aktuellen Stunde anschaut, dann ist das schon richtig: Die Europäische Union und der Euroraum haben schwere Aufgaben zu bewältigen. Weiterhin möchte ich deutlich machen, dass die Europäische Union nicht deckungsgleich mit dem Euroraum ist.

Warum steht sie vor einer schweren Aufgabe? Ich glaube, dass die Finanzkrise noch lange nicht vorbei ist. Wir stehen eigentlich mittendrin. Wenn man sich die Finanzkrise anschaut und versucht, sie zu analysieren, stellt man fest, dass es zwei Stränge gibt, die man unterscheiden muss.

Der erste Strang ist privatwirtschaftlich durchlaufen worden, wenn auch unter staatlichem Schutz. Das ging in den USA mit der Immobilienkrise los. Daraus entwickelte sich langsam die Bankenkrise, dann die Wirtschaftskrise, und jetzt haben wir das ganze Problem an die Staaten weitergereicht. Das heißt, wir sitzen in einer finanziellen Staatskrise.

(Andreas Storr, NPD: Unter Verantwortung der Politik! Sie ist daran beteiligt!)

Das ist die eine Richtung. Die zweite Richtung ist, dass es Staaten gab, die auch Kredite aufgenommen haben, weil sie über ihre Verhältnisse leben wollten.

Jetzt stellen wir fest, dass diese Staaten diese Kredite vielleicht nicht mehr so einfach zurückzahlen können. Wir sollten diese beiden Stränge separat untersuchen und überlegen: Was läuft da zurzeit ab und was kann man tun? Ich möchte deutlich machen: Die Ursachen für beide Stränge sind gleich, nämlich: Es haben Privatpersonen, Organisationen und Staaten Kredite bekommen, bei denen man von vornherein die Ahnung hatte, dass sie vielleicht diese Kredite nicht zurückzahlen könnten. Das hat dazu geführt, dass wir heute mitten in einer Vertrauenskrise stecken.

Das Problem ist jetzt: Wie können wir den Euro stabilisieren – ich rede jetzt nicht über die Außenwertung des Euro –, wie können wir mit den hochverschuldeten europäischen Staaten umgehen und – das ist ein neuer Aspekt, der aber immer stärker wird – verhindern, dass die gesamte europäische Idee jetzt allmählich ins Wanken gerät. Das heißt, wir haben eine Überlagerung von dem Eindruck, den wir hier alle haben, nämlich die Vorteile der Europäischen Union und auch des Euro-Raums einerseits und auf der anderen Seite die schlechten Nachrichten, aber auch zum Teil die destruktiven Diskussionen zur Schuldenkri

se. Denn nicht alle Vorschläge dienen dazu, aus dieser Krise herauszukommen.

Ich möchte aber eines ganz deutlich sagen: Der größte Profiteur der Europäischen Union und des Euro-Raums ist Deutschland. Ich schaue mir an, wie lange wir Frieden haben. Es ist kaum noch darstellbar,

(Andreas Storr, NPD: Originelle Schallplatte, Herr Minister!)

in welch guten Zeiten wir leben, welche wirtschaftlichen Vorteile wir daraus gewonnen haben. Aber ich denke auch an unsere Menschen. Wir können heute dort hinreisen, wohin wir gern möchten, wir brauchen keinen mehr zu fragen.

(Andreas Storr, NPD: Aber wie lange!)

Wir können heute dort arbeiten, wo wir gern möchten. Auch dort brauchen wir keinen mehr zu fragen. Die Frage ist jetzt: Wie können wir das Vertrauen der Bürger zurückgewinnen? Ich möchte vielleicht nur auf zwei Maßnahmen eingehen, die die unterschiedlichen Pfade ansprechen.

Ich möchte auf die staatlich verursachte Finanzkrise kommen. Der Europäische Rat hat beispielsweise Ende März eine sehr interessante Sitzung gehabt und folgenden Beschluss gefasst: Es wurde noch einmal die Defizitgrenze von 3 % beschlossen, allerdings mit zwei sehr interessanten Ergänzungen, nämlich, dass damit verbunden sein muss, einen mittelfristig ausgeglichenen oder nahezu ausgeglichenen Haushalt vorzuweisen und das Zweite: Wenn der Stabilitätspakt verletzt wird, wirken die Sanktionen dann automatisch.

(Andreas Storr, NPD: Ob das jetzt noch hilft, ist aber fraglich!)

Das ist bemerkenswert. Es gibt leider eine kleine Ausrede bei diesem Umsetzen der Sanktionen: Die Mehrheit des Europäischen Rates kann diese Sanktionen stoppen.

(Andreas Storr, NPD: Das werden die wohl auch machen, wenn die Not da ist!)

Interessant ist weiterhin, dass dieses Mal ein Strafenkatalog verabschiedet worden ist. Und zwar können Finanz- und Geldstrafen verhängt werden. Aber was noch viel interessanter ist – ich habe durch gute Freunde erlebt, dass das inzwischen auch angewandt wird –: dass dann auch mittelfristig EU-Mittel gestrichen werden, wenn diese Dinge nicht umgesetzt werden. Das ist bemerkenswert.

Wenn wir uns den zweiten Strang anschauen, nämlich die privat verursachten Finanzprobleme, dann laufen dort doch eine ganze Reihe Dinge, die sehr interessant sind, und ich denke, sie werden auch wirken. Durch die Vereinbarung zu Basel III muss jetzt deutlich das Sicherheitspolster in den Banken erhöht werden, und das wirkt auch in Sachsen. Wir haben ja nach wie vor eine große Bank, die SAB, und dort haben wir gerade beschlossen, das Eigenkapital in großem Umfang zu erhöhen, um diese Anforderung zu erfüllen. Des Weiteren hat die europäi

sche Bankenaufsicht beschlossen, jährlich einen Stresstest bei den Banken durchzuführen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass alle diese Maßnahmen einen Beitrag zur Stärkung des Euro und damit auch weiterhin zur Stärkung der Europäischen Union leisten werden.

Ich will allerdings auch nicht verhehlen, dass ich bei dem einen oder anderen etwas strengere Maßstäbe angelegt hätte. Aber es ist ja noch nicht endentschieden, nämlich ob es nicht doch möglich ist, private Geldgeber, das heißt private Gläubiger, an den Kosten der Schuldenkrise zu beteiligen. Ich verstehe allerdings auch, dass eine Bundesregierung eine Politik betreiben muss, die sich an dem Machbaren orientiert; denn machen wir uns nichts vor: Die Maßnahmen sind leicht gesagt, aber wenn Sie es sich in letzter Konsequenz einmal durch den Kopf gehen lassen, hat das massive Auswirkungen. Ich sage deutlich: Es wird auch massive Auswirkungen auf jeden einzelnen Bürger haben.

Ich kann zuletzt nur eine Empfehlung abgeben. Wir sollten hier in Sachsen eine solide Haushalts- und Finanzpolitik weiterführen. Ich glaube, langfristig werden wir damit gut fahren und eine Insel der Stabilität –

(Zuruf von der SPD-Fraktion)

in diesen unsicheren Zeiten sein. In diesem Sinne Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Andreas Storr, NPD: Das war aber wieder mal Wischiwaschi!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Staatsregierung sprach der Finanzminister, Herr Prof. Unland. Wir sind am Ende der Debatte angekommen. Die Debatte ist abgeschlossen. Dieser Tagesordnungspunkt ist beendet. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat eine Mittagspause beschlossen, die sich hier anschließt. Ihre Dauer beträgt 45 Minuten. Ich bitte Sie, dass Sie sich alle 13:15 Uhr – wir sind großzügig – bitte wieder hier in diesem Saal einfinden.

(Unterbrechung von 12:28 bis 13:15 Uhr)

Meine Damen und Herren!

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 2

Situation der Nicht-Heterosexuellen in Sachsen

Drucksache 5/5009, Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und die Antwort der Staatsregierung

Als einbringende Fraktion spricht zunächst die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es folgen in der ersten Runde: CDU, DIE LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn sie dies wünscht. Ich bitte Frau Jähnigen, die Große Anfrage einzubringen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einmal Folgendes vor: Sie spazieren am Wochenende mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner Hand in Hand in einer sächsischen Kleinstadt durch die Fußgängerzone. Sie erfreuen sich am nahenden Sommer und hören plötzlich von hinten eine Stimme: Solche wie euch hätten die unter Hitler vergast! Sie würden Ihren Ohren nicht trauen – zu Recht. Leider gehört genau das jetzt noch zum Alltag von Schwulen und Lesben – gerade in ländlichen Regionen von Sachsen.

(Andreas Storr, NPD: Genau, der Faschismus ist überall!)

Das berichten Beratungsstellen und Betroffene. Eine wissenschaftliche Studie zur Gewalterfahrung von Schwulen und Bisexuellen zeigte gerade für Sachsen besonders stark eine Homophobie auf. Die MANEO-Umfrage von Fedkenheuer und Lippl stellte 2006/2007 fest, dass in Sachsen tatsächlich doppelt so viel Gewalt gegen

Schwule wie in den Nachbarländern Sachsen-Anhalt und Thüringen ausgeübt wurde. Das ist ein Alarmsignal. Hoffentlich haben wir insoweit einen Konsens in allen demokratischen Fraktionen.

(Andreas Storr, NPD: Den haben wir nicht!)

Allgemeine Toleranzappelle genügen aber nicht. Der Freistaat Sachsen und wir als Parlament, die Regierung, Verwaltung und Justiz haben die Pflicht und Schuldigkeit, alles dafür zu tun, dass es keine Diskriminierung von Menschen bei uns gibt, die eine andere sexuelle Identität haben und sie auch leben wollen.