Carsten Biesok

Sitzungen

5/4 5/6 5/7 5/8 5/9 5/10 5/11 5/13 5/15 5/16 5/19 5/21 5/22 5/23 5/24 5/25 5/29 5/30 5/31 5/32 5/35 5/36 5/37 5/38 5/40 5/41 5/42 5/44 5/45 5/46 5/47 5/48 5/49 5/51 5/52 5/53 5/54 5/55 5/56 5/57 5/59 5/60 5/62 5/63 5/64 5/65 5/67 5/68 5/70 5/71 5/72 5/73 5/74 5/75 5/76 5/77 5/78 5/79 5/80 5/81 5/82 5/83 5/84 5/85 5/86 5/88 5/89 5/90 5/92 5/93 5/94 5/95 5/96 5/97 5/98 5/99 5/100

Letzte Beiträge

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf zeigt sehr deutlich die Innovationskraft der Linksfraktion. Mangels eigener neuer Ideen kopiert man einfach das Konzept der Landesmutter aus den Regierungstagen von Kurt Biedenkopf, ist auch noch stolz darauf und nimmt in seiner Rede darauf Bezug, um so auch noch Sympathien bei der CDU-Fraktion zu wecken.
Damals sah man das, was Frau Biedenkopf gemacht hat, ein bisschen kritischer. Ich möchte den damaligen und
heutigen rechtspolitischen Sprecher der Linksfraktion, Herrn Klaus Bartl, aus einer Pressemitteilung vom 27. August 2001 zitieren: „Schon zu DDR-Zeiten – ich spreche aus eigener Erfahrung – waren Eingaben für die Betroffenen oft wirkungsvoller als das Beschreiten des üblichen Dienstweges. Nach der Wende wurde die Willkürlichkeit des Eingabewesens zu Recht durch das Instrument des Petitionsrechts ersetzt. Damit sollte die Möglichkeit gegeben werden, über die normalen Mittel von Recht und Politik hinaus Menschen in besonders schwierigen Lagen zu helfen, allerdings auf durchschaubare Weise, durch demokratisch legitimierte Volksvertreter im Petitionsausschuss bzw. zuständige Stellen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen, Herr Bartl.
Und genau weil das so ist, Herr Bartl, lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab. Sie aber gehen einen anderen Weg. Sie nehmen diese uralte Idee, bereiten sie neu auf und denken sich: Mensch, ich habe doch einmal etwas von der „zuständigen Stelle“ gesagt; damit könnte man das doch retten. – Jetzt versuchen Sie, eine zuständige Stelle zu schaffen, um nachträglich rechtsstaatlich das Büro Ingrid Biedenkopf zu legitimieren. Damit scheitern Sie an Ihrem eigenen Anspruch, ein durchschaubares und transparentes Verfahren für diese Eingaben zu schaffen.
Selbstverständlich.
Ich kann keine Motivforschung für andere Bundesländer machen, aber Sie haben ausdrücklich auf Ihre Erfahrungen verwiesen, die Sie hier im sächsischen Parlament gesammelt haben. Daher gehe ich davon aus, dass das Ihr Beweggrund gewesen ist, diesen Gesetzentwurf vorzulegen.
Wenn man sich ganz konkret mit dem beschäftigt, was Sie hier vorhaben, kommen schnell Zweifel auf, ob Ihr Gesetzentwurf auch Ihren eigenen Ansprüchen genügt, ein transparentes und durchschaubares Verfahren zu machen. Sicher, beim ersten Lesen Ihres Gesetzentwurfs kann man durchaus positive Assoziationen haben. Sie kommen mit Bürgerfreundlichkeit und Unabhängigkeit und bringen so zwei positive Begriffe. Eine Bürgerfreundlichkeit im Umgang mit der Lösung von Bürgeranliegen und eine Unabhängigkeit, in einer Verwaltungsbehörde auch einmal unpopuläre Entscheidungen zu treffen, um
einem Bürger zu helfen, erwarte ich jedoch von jeder Verwaltungsinstanz, wobei sie einen Ermessensspielraum hat, den sie für den Bürger und nicht gegen ihn ausüben soll. Deshalb ist das meines Erachtens eine Grundvoraussetzung für Verwaltungshandeln, und dafür brauchen wir keinen Bürgerbeauftragten.
Die von Ihrer Seite mit der Schaffung des Bürgerbüros beabsichtigte Verbesserung der Bürgerfreundlichkeit werden Sie meines Erachtens mit dem von Ihnen gewählten Verfahren auch nicht erreichen. Sie haben hier einen Zwiespalt zwischen dem Bürger und der Verwaltung aufgebaut, den man nur schwer wieder auflösen kann. Symptomatisch wird das an dem von Ihnen erwähnten Zitat von Dr. Hagen Matthes, in dessen Zusammenhang Sie in Ihrem Vorwort ausgeführt haben, der Bürgerbeauftragte sei das personalisierte Korrektiv des Bürgerschutzes gegen eine expandierende Verwaltung.
Meine Damen und Herren, wenn man so ein Bild von Verwaltung hat, braucht man sich nicht zu wundern, dass die Verwaltung in ein negatives Licht gerückt wird und man ihr ein Korrektiv zur Seite stellen muss. Meines Erachtens ist die Verwaltung für den Bürger da. Die Verwaltung muss so ausgerichtet sein, dass sie das Bürgeranliegen von sich aus aufnimmt. Wenn man dieses Verständnis nicht hat, dann kann man es sich auch nicht so einfach machen, wie Sie es sich hier gemacht haben, indem Sie versucht haben, durch ein „Best of“ von anderen Bürgerbeauftragten ein Potpourri zu machen, wobei man sagt: Na ja, da könnte man die Zusammenarbeit zwischen Bürger und Staat entsprechend verbessern.
Das funktioniert nicht. Sie haben einfach geschaut, wo man etwas abschreiben kann, und dabei haben Sie gar nicht verstanden, dass es eigentlich zwei ganz unterschiedliche Modelle gibt. Einerseits gibt es ein Modell aus Schweden, bei dem man versucht, durch eine Kontrollfunktion des Bürgerbeauftragten der Verwaltung ihre Grenzen zu weisen. Andererseits gibt es ein dänisches Modell, das eher auf Mediation ausgelegt ist. Das sind aber zwei ganz unterschiedliche Paar Schuhe. Sie versuchen das in einem Entwurf zusammenzuführen, und dabei torpedieren Sie selber den Versuch, eine Mediation entsprechend herbeizuführen.
Sicher, Sie haben mit Ihrem Änderungsantrag das schärfste Schwert aus Ihrem Antrag herausgenommen, nämlich die Beanstandungsklage. Damit hätten Sie jede Form der Mediation von vornherein ausgeschlossen. Die Grundkonzeption in Ihrem Gesetzentwurf bleibt aber auf Konfrontation ausgerichtet, und das ist einer Mediation nicht zuträglich.
Weitere Unstimmigkeiten finden sich in Ihrem Entwurf, wenn Sie sich mit dem Verhältnis zwischen Petitionsausschuss und Bürgerbeauftragten beschäftigen. Sie haben in der zitierten Presseerklärung die hohe Funktion des Petitionsausschusses hervorgehoben. Wie sehen Sie den
Petitionsausschuss jetzt? Ist er nicht mehr wirksam? Hat er seine Zeit überdauert? Wollen Sie eine Parallelität zwischen Petitionsausschuss und Bürgerbeauftragtem? Wollen Sie eine Doppelzuständigkeit? Wollen Sie dadurch die Verwaltungswege noch komplizierter machen? Wollen Sie dadurch eine weitere Intransparenz erreichen? Ich kann nicht erkennen, wie Sie das lösen wollen, was Sie hier an Problemen aufbauen.
Herr Bartl, in der Anhörung wurde ganz deutlich: Die meisten Probleme, die ein Bürgerbeauftragter in anderen Bundesländern gelöst hat, waren Probleme aus der kommunalen Selbstverwaltung. Ich frage Sie: Wollen Sie wirklich die Probleme, die auf der Ebene der Kommunen entstanden, auf die Landesebene hochziehen, damit sich eine staatliche Behörde dieses Problems annimmt und dort entsprechend einschreitet? Meines Erachtens sind die Kommunen der bessere Ort, um subsidiär die Probleme der Bürger zu lösen. Oft genug kennen sich die Akteure dort, können entsprechend handeln und dann auch eine vernünftige Lösung finden. Dazu brauchen wir keinen Bürgerbeauftragten.
Meine Damen und Herren, Ihrer Neuauflage des Büros Ingrid Biedenkopf werden wir nicht zustimmen. Wir brauchen ein solches Büro nicht, sondern wir möchten daran arbeiten, dass die Verwaltung bürgerfreundlich wird und bleibt, und deswegen werden wir hier kein zusätzliches Gesetz verabschieden.
Vielen Dank.
Frau Kollegin, geben Sie mir recht, dass es nicht die vornehmste Aufgabe des Petitionsausschusses ist, die Regierung zu kontrollieren, sondern dass es die Aufgabe des Parlaments ist, die Regierung zu kontrollieren?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Dr. Gerstenberg, ich bedauere es außerordentlich, dass Sie politische Schärfe in diese Diskussion gebracht haben, zu der wir eine politische Auseinandersetzung um die Sache hätten führen müssen.
Wir als FDP-Fraktion haben uns sehr intensiv mit der Frage beschäftigt, wie es mit dem Stasiunterlagenbeauftragten weitergehen soll. Es ist keineswegs so, dass wir uns gegen eine Veränderung verwehren. Wir sind in der Analyse auch weitgehend mit Ihnen einig. Wir haben gesehen, wie häufig der Stasiunterlagenbeauftragte in der Vergangenheit kontaktiert wurde. Er hatte bislang mindestens 1 250 Gespräche geführt, meistens mit Betroffenen, die selbst Opfer von Stasimachenschaften geworden sind. Er hat sie beraten, er war für sie da.
Wir sehen die Veränderung, die sich daraus ergibt, dass die Generation, die selbst von der Stasidiktatur betroffen war, älter wird, sich irgendwann nicht mehr mit ihren eigenen Anliegen an den Beauftragten wenden kann und an die Stelle dessen ein höherer Bildungsauftrag gelten muss, um das, was gewesen ist, an die Generation zu vermitteln, die es nicht mehr aus eigenem Erleben beurteilen kann.
Wir müssen überlegen, wie wir mit dieser Situation umgehen und wo man den Stasiunterlagenbeauftragten ansiedelt. Das ist die institutionelle Frage. Ferner müssen wir uns fragen, was er inhaltlich machen soll. Auch in der inhaltlichen Analyse sind wir uns weitestgehend einig. Auch wir sind der Auffassung, dass sich der Stasiunterlagenbeauftragte breiter aufstellen soll und sich nicht allein auf die Stasimachenschaften beziehen sollte, sondern auf all das, was zu dem Repressionssystem in der ehemaligen DDR dazugehört hat, unter dem die Menschen gelitten haben, unter dem sie ihrer Freiheit beraubt worden sind und von dem sie heute noch traumatisiert sind.
Das will ich nicht nur an der Stasi festmachen. Wir sind uns auch einig, dass wir diese Inhalte an junge Generationen vermitteln müssen, damit dieses Wissen nicht verloren geht und dies nicht nur ein Punkt im Geschichtsbuch ist, den man einfach mal auswendig lernt nach dem Motto „Da gab‘s mal was!“, sondern dass man damit authentisch
etwas verbinden kann. Diesbezüglich haben wir in den neuen Bundesländern eine ganz besondere Verantwortung. Dort, wo es auseinandergeht, ist die Frage: Sollte man den Stasiunterlagenbeauftragten verselbstständigen? Sollte man ihn höher ansiedeln als er es jetzt ist, oder sollte man eine besondere, eine neue Konstellation suchen?
Wir halten es für falsch, dem Stasiunterlagenbeauftragten die gleiche Position zuzuweisen wie sie der Datenschutzbeauftragte hat. Das ist der einzige Dissens, den wir haben. Herr Dr. Gerstenberg, wenn Sie glauben, dass man sich bei einer solchen Frage politisch profilieren kann und dass es für uns eine Frage der Profilierung ist, wie wir in der Öffentlichkeit auftreten, dann haben Sie nichts, aber auch gar nichts kapiert. Uns geht es darum: Wie kommen wir bei diesem sehr sensiblen Thema, über das wir im Landtag schon häufig diskutiert haben, zu einer bestmöglichen Lösung, und wie gehen wir damit für die Zukunft sachgerecht um? Das ist unser Anliegen.
Herr Prof. Besier hat zitiert, was ich im Ausschuss gesagt habe. Ich sage das gern noch einmal: Wir müssen uns überlegen, wie man die Funktion des Stasiunterlagenbeauftragten mit einem erweiterten Spektrum der Zuständigkeit, mit einem erhöhtem Bildungsauftrag am besten einordnet. Meines Erachtens: nicht dort. Man muss sich überlegen, ob er nicht vielleicht bei der Landeszentrale für politische Bildung gut aufgehoben ist, und zwar mit einer herausgehobenen Funktion – nicht als Referent –, mit der eine deutliche Aufwertung seiner Aufgaben erfolgt, er aber auch die Möglichkeiten hat, seine Bildungsarbeit, besonders für junge Menschen, gut zu machen.
Junge Menschen kommen nicht in den Landtag, um mit dem Stasiunterlagenbeauftragten zu sprechen, aber die Landeszentrale für politische Bildung hat erhebliche Möglichkeiten, politische Bildung im Freistaat Sachsen zu machen. Das wäre meiner Ansicht nach eine gute Ansiedlung.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Auch wenn im Moment der Stasiunterlagenbeauftragte von einem FDP-geführten Ministerium ressortiert – daran hängen wir nicht. Wir möchten, dass die Informationsvermittlung und die Arbeit gut funktionieren. Dafür möchten wir die richtige Lösung suchen.
Wenn es Konsens zwischen den anderen Fraktionen war zu sagen, wir möchten den Stasiunterlagenbeauftragten als Beauftragten des Landtages in die gleiche Funktion heben wie den Datenschutzbeauftragten, dann halte ich es für legitim für eine demokratisch gewählte Fraktion zu sagen: Wir teilen die Analyse, aber wir ziehen andere Konsequenzen daraus, und deshalb wollen wir diesen Weg nicht mitgehen.
Marko Schiemann sagte, dass es eine der vordringlichsten Aufgaben ist, uns in der nächsten Legislaturperiode damit zu beschäftigen. Vielleicht braucht es auch noch etwas
Zeit. Vielleicht ist diese Konstellation, die wir jetzt haben, immer noch das geeignete Medium, die geeignete Position und die geeignete Aufgabenstellung, um besonders für die Betroffenen da zu sein, um ihnen ein entsprechender Ansprechpartner zu sein. Vielleicht dauert es aber auch noch ein paar Jahre, bevor man den Wechsel weg von der Beratung der Opfer hin zu einem deutlich verstärkten Bildungsauftrag vollziehen kann.
Diese Zeit sollten wir uns nehmen und ohne parteipolitische Häme und den Vorhalten von Profilierungssüchtigen uns darüber unterhalten, was der richtige Weg ist, wohin wir gehen sollten und was dabei die beste Lösung für den Freistaat Sachsen, um mit diesem sensiblen Thema umzugehen, ist.
Ich danke Ihnen.
Wie gesagt, ich möchte dieses Thema nicht zu einer politischen Diskussion machen. Ich möchte nur so viel sagen: Wenn die Einladung zu einer gemeinsamen Beratung ausgesprochen wird, sich im Wesentlichen alle schon einig sind und dann noch einer mit ins Boot genommen wird, ist das schwierig.
Wenn man dieses Thema jetzt nicht politisieren will, dann frage ich mich: Warum wird in der vorletzten Sitzung des Landtages ein Antrag, der schon so alt ist, auf das Trapez gehoben?
Wenn es wirklich um die Diskussion in der Öffentlichkeit gegangen wäre, wenn man gemerkt hätte, dass man unter den demokratischen Fraktionen dieses Landtages keinen Konsens erzielen kann, ist doch die Frage: Warum bringt man den Antrag nicht dann ins Plenum, wenn die Situation so ist, um hier eine offene Diskussion zu führen und die Argumente abzuwägen?
Herr Dr. Gerstenberg, ich habe nicht gesagt, dass ich den Stasiunterlagenbeauftragten in der Landeszentrale für politische Bildung „versenken“ möchte, sondern ich habe ausdrücklich gesagt, dass ich ihn dort mit einer herausgehobenen Funktion versehen möchte, damit er seine Arbeit wirksam umsetzen kann. Ich denke, das ist ein Vorschlag, der nicht dazu führt, seine Position zu schwächen, sondern das ist ein Vorschlag, seine Position zu stärken.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich möchte Ihnen, Frau Präsidentin, danken, dass Sie gleich am Anfang der Aussprache zu dem Bericht an die Opfer des NSU erinnert haben. Während wir darüber diskutieren, wenn wir politisch bewerten, was hier passiert ist, ob es ein Staatsversagen gegeben hat oder nicht, haben diese Menschen ihren Vater, ihre Kinder oder ihren Ehemann verloren, und das sollten wir berücksichtigen, wenn wir uns hier darüber streiten, was schiefgegangen ist.
Ehrlich gesagt, Frau Köditz, wenn Sie sich in Anbetracht der zehn Morde hier in diesem Zusammenhang tatsächlich hinstellen und die Extremismusklausel ansprechen, damit weiterhin linksextreme Gruppen, die sich nicht zur
freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen
wollen, Staatsknete bekommen, dann finde ich das unter aller Sau.
Meine Damen und Herren, vor etwas mehr als zwei Jahren hat der Sächsische Landtag auf Initiative der Fraktionen DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses mehrheitlich beschlossen. Es sollte insbesondere geklärt werden, ob es mögliche Versäumnisse oder Fehlverhalten der Staatsregierung und deren nachgeordneter Sicherheitsbehörden gegeben haben soll, was dort gemacht wurde und welches Wirken es gegeben hat, die es ermöglicht haben, dass dieses Trio hier so lange unerkannt bleibt.
Wir haben uns im Untersuchungsausschuss mit Vertretern von Polizei und Verfassungsschutz beschäftigt, wir haben viele Zeugen vernommen und Sachverständige angehört. Wir haben den Innenminister gehört und namhafte Repräsentanten vernommen, die damals für die Bekämpfung des Rechtsradikalismus im Freistaat Sachsen zuständig waren.
Wir haben teilweise in geheimer Sitzung Akten studiert, wir haben uns sehr intensiv mit den Vorgängen im Verfassungsschutz beschäftigt und wir haben dort jederzeit Auskunft bekommen.
Ich möchte hier betonen: Ich hatte an keiner Stelle den Eindruck, dass die Staatsregierung einschließlich des Landesamtes für Verfassungsschutz versucht hat, die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu behindern, ganz im Gegenteil. Ich möchte Ihnen, Herr Staatsminister Ulbig, ausdrücklich danken, mit welcher Offenheit Sie diesen Untersuchungsausschuss unterstützt haben. Es gab ganz andere Untersuchungsausschüsse hier im Freistaat Sachsen, bei denen der Untersuchungsausschuss mühselig jede Akte, die er haben wollte, einklagen musste. Das Gegenteil war hier der Fall: Was an Akten vorhanden war, das haben wir auch zügig bekommen.
Auch als die Aufklärung gewesen ist, habe ich das eine oder andere kritisiert, was an Informationspolitik vom Ministerium gekommen ist und dass wir teilweise von der Presse Informationen bekommen haben und wir als Abgeordnete erst danach darüber unterrichtet worden sind.
Aber einem möchte ich auch entgegentreten: dass hier Informationen nur scheibchenweise geflossen seien. Das war in der Natur der Sache begründet. Wenn der Staatsminister des Innern nach dem Auffliegen des NSU-Trios in seine Behörden gegangen wäre und dort einen Aktenschrank, wo „NSU“ draufstünde, mit einem vollständigen Akteninhalt hätte, den er hätte herausnehmen können, dann hätten wir es in der Tat mit einem Staatsversagen zu
tun gehabt; dann hätte man nämlich die Zusammenhänge erkannt und hätte nicht gehandelt. Man musste sich aber erst einmal die Zusammenhänge erschließen.
Es ist einfach, mit dem Wissen von heute zu sagen, wo die Zusammenhänge gewesen sind. Wenn man erst einmal die Zusammenhänge erkennen muss, dann findet man etwas, was man vielleicht bei der ersten Suche nicht gefunden hat – so bedauerlich das manchmal auch ist.
Frau Köditz, wenn Sie hier die Untersuchungsarbeit aufgreifen, die wir im Untersuchungsausschuss geleistet haben, möchte ich betonen: CDU und FDP haben alle Ihre Beweisanträge mitgetragen. Wir haben uns enthalten. Wir haben es bei keinem Beweisantrag weggestimmt.
Wir haben bei keinem Antrag von Ihnen dafür gesorgt, dass er so verschoben wird, dass wir ihn nicht behandeln konnten, weil wir jederzeit Ihre Rechte, die Sie als Opposition in einem Untersuchungsausschuss haben, gewahrt haben. Wir haben uns in Obleuterunden, die manchmal nicht ganz erfreulich waren von ihrer Dauer und von ihrem Ablauf her, darauf verständigt, wie wir möglichst schnell vorankommen und wie wir die Zeugen dann hören.
Und – das muss man hierbei auch einmal sagen – wir haben hier ein Verfahren gewählt, mit dem wir jeder Fraktion so viel Raum zum Fragen gegeben haben, wie sie gern fragen möchte. Sie haben davon ausführlich Gebrauch gemacht, Frau Köditz, und darin liegt auch zum Teil begründet, dass wir einige Zeugen nicht mehr hören konnten. Wenn wir uns auf ein Verfahren verständigt hätten, wie es beispielsweise der Bundesuntersuchungsausschuss gemacht hat, dann hätten wir ein ganzes Stückchen mehr bewältigen können, aber dann hätten wir vielleicht mal das eigene „Hobby“ nicht ganz so weit ausleben können.
Für mich als Obmann meiner Fraktion gibt es zwei wesentliche Schlussfolgerungen, die aus der Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss zu ziehen sind: Behörden des Freistaates Sachsen haben dem NSU-Trio keine Unterstützung beim Untertauchen und beim Verbergen oder sogar beim Begehen und Vertuschen von Mordtaten geleistet.
Zweitens. Anders als Sie, Frau Köditz, möchte ich mir in der Gesamtschau des Materials nicht anmaßen, zu der Feststellung zu kommen, dass es frühzeitig möglich gewesen wäre, Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe in Sachsen zu fassen. Es gibt nicht die Entscheidung, die die Behörden hätten anders treffen können oder müssen, und alles wäre anders gekommen.
Wir müssen heute aufpassen – und da wiederhole ich mich gern –, dass wir nicht mit dem Wissen von heute das Wissen der Vergangenheit bewerten. Das Trio war damals unbekannt – bis zu dem Selbstaufdecken, als in Zwickau die Explosionen waren. Die Behörden mussten damals
noch nicht davon ausgehen, dass es sich um ein rechtsextremistisches Terrornetzwerk handelt; sondern man ist erst einmal davon ausgegangen, dass man Einzeltaten hat, dass man Banküberfälle und Mordfälle hat und dass es ein Trio gab, das vor sehr langer Zeit in Thüringen abgetaucht ist.
Völlig abwegig und ungeheuerlich sind die Ausführungen, die wir hier teilweise von der NPD-Fraktion zu dem Thema gehört haben, wo von einem geheimdienstlichen Terrornetzwerk gesprochen und versucht wird, dem Staat anzuhängen, dass er dieses Netzwerk praktisch erfunden habe, um hier die Bekämpfung von Rechtsradikalismus zu legitimieren.
Auch dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte, auch wenn Sie das stets wiederholen.
Nein, das gibt es nicht.
Meine Damen und Herren, eine Erkenntnis zieht sich für mich wie ein roter Faden durch die Ausschussarbeit und wird immer wieder erneuert von Zeugenaussagen von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes und der Polizei: Bei der jahrelangen Suche nach dem Aufenthaltsort der drei Gesuchten fand nur eine ungenügende Zusammenarbeit der verschiedenen Polizei- und Verfassungsschutzbehörden statt. Eine zentrale Koordination der Maßnahmen hat es nicht gegeben. Informationen wurden nicht oder nur ungenügend ausgetauscht und erst recht nicht zusammengeführt.
Es gab vielfach die Situation, dass Behörden nur ein kleines Puzzleteilchen eines Mosaiks vorlag und sie deshalb nicht das Gesamtbild erkennen konnten. Dies hatten wir allerdings schon in dem Abschlussbericht der PKK festgestellt.
Anhaltspunkten wurde in Teilen nicht mit der genügenden Gründlichkeit nachgegangen; vor allem wurde das Unterstützerumfeld des Trios aus dem Netzwerk „Blood & Honour“ oder der „Kameradschaft Weißes Erzgebirge“ nicht erkannt. Das sind Versäumnisse, die damals aufgetreten sind. Heute können wir das erkennen, weil wir den Gesamtzusammenhang sehen.
Es gab noch andere Versäumnisse. Meine Vorredner haben sie teilweise schon angesprochen, aber auch ich möchte sie ausdrücklich noch einmal nennen, weil wir sonst in dem Verdacht stehen, die Sachen nicht klar genug aufzudecken.
Das LKA Sachsen war nicht über die Observationsmaßnahmen im Hinblick auf die Fahndung im Zusammenhang mit den „Kripo live“-Sendungen von 1998 und 2000 informiert. Informationen des Verfassungsschutzes Thüringen, dass die Untergetauchten kein Geld mehr benötigten, wurden nicht nach Sachsen weitergegeben, obwohl
hierdurch Verbindungen zu den Banküberfällen in Chemnitz und Zwickau hätten erkannt werden können.
Ebenfalls flossen keine Informationen, wenn eine Behörde auf dem Territorium eines anderen Bundeslandes tätig gewesen ist. Man hat denjenigen, die dort unterwegs waren, einfach nicht gesagt, welche Erkenntnisse man selbst hatte.
Neben diesen Problemen, die in einigen Berichten schon aufgetaucht sind, möchte ich einen persönlichen Eindruck aus der Zeugeneinvernahme durch den Untersuchungsausschuss vortragen. Wenn ich in Erinnerung rufe, was in einer Zeugenaussage über die Personalrekrutierung im Landesamt für Verfassungsschutz Anfang der Neunzigerjahre gesagt wurde, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, was wir als Ergebnis erhalten haben. Wenn ich mir einige vernommene Polizeibeamte in Erinnerung rufe, dann frage ich mich, ob diese ihren Fähigkeiten und ihrer Eignung entsprechend eingesetzt wurden.
Was sind nun die Schlussfolgerungen aus diesen festgestellten Mängeln? Die einsetzende Opposition unterbreitet bekanntlich Vorschläge. So will DIE LINKE das Landesamt für Verfassungsschutz als „unreformierbar“ abschaffen; wir haben es gerade eben wieder gehört. Dafür gab es nur Applaus von der NPD – die wissen, warum –, nicht einmal von Ihrer eigenen Fraktion.
Diesen Vorschlag hatten Sie bereits im Laufe der letzten Haushaltsverhandlungen unterbreitet. Sie werfen dem Verfassungsschutz vor, sein Wirken könne niemals transparent sein. Zugegeben: Vollkommene Transparenz des Verfassungsschutzes werden wir nie haben. Das verträgt sich auch nicht mit dessen Aufgabe. Aber, meine Damen und Herren, wir haben eine wehrhafte Demokratie. Einer wehrhaften Demokratie müssen wir Mittel in die Hand geben, damit sie sich schützen kann. Dazu gehört nun einmal die Beobachtung von Extremismus.
Ich möchte es noch einmal deutlich sagen: Das ist nicht nur eine Frage des Extremismus von rechts. Wir müssen weiterhin auch auf dem linken Auge wachsam sein. Wir dürfen nicht den Fehler machen, der teilweise in der alten – Bonner – Republik gemacht wurde: nur auf den Linksterrorismus zu sehen und auf dem rechten Auge blind zu sein. Wir dürfen jetzt nicht komplett umschwenken und uns nur noch „rechts“ anschauen.
Ich erinnere daran: Aus der 68er Bewegung sind sowohl die GRÜNEN als auch die RAF hervorgegangen.
Deshalb muss man genau nachschauen, ob es auch in anderen Bereichen Bestrebungen gibt, die sich extremistisch entwickeln können.
Auch der Vorschlag der GRÜNEN, das Landesamt für Verfassungsschutz zumindest teilweise durch ein Institut für Demokratieforschung zu ersetzen, kommt mir sehr bekannt vor. Aber auch das ist letztlich nichts anderes als
die Abschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz, da die Forschungseinrichtung ohne nachrichtendienstliche Mittel arbeiten würde. Das funktioniert meines Erachtens nicht.
Diese Vorschläge sind als Konsequenzen aus den Versäumnissen in der NSU-Affäre nicht tauglich. Was wir hier brauchen, sind eine viel stärkere Analysefähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz sowie eine verstärkte föderale Zusammenarbeit aller Sicherheitsbehörden.
Genau diese Maßnahmen finden sich derzeit schon in den Empfehlungen der sogenannten Harms-Kommission; sie werden entsprechend umgesetzt.
Lassen Sie es mich an dieser Stelle wiederholen – ich habe es im letzten Plenum schon gesagt –: Ich bin sehr froh darüber, was sich in den letzten Monaten im Landesamt für Verfassungsschutz an Umstrukturierungsmaßnahmen ergeben hat, wie dieses Amt jetzt arbeitet und dass es offen kommuniziert.
Maßnahmen wie die Schaffung eines bundesweiten Gemeinsamen Abwehrzentrums Rechts oder eines Gemeinsamen Informations- und Analysezentrums von Landeskriminalamt und Verfassungsschutz sind in Arbeit bzw. werden bereits umgesetzt. Auch das ist eine Konsequenz aus dem, was wir hier an Versäumnissen erkannt haben.
Ich persönlich würde noch einen Schritt weitergehen und dazu auffordern, zu überdenken, ob es heute noch sinnvoll ist, 16 selbstständige Landesämter für Verfassungsschutz zu haben oder ob man diese nicht zusammenführen sollte, und zwar auch mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Militärischen Abschirmdienst.
Meine Damen und Herren! Extremisten machen nicht an den Grenzen von Bundesländern halt. Das haben wir auch im NSU-Komplex gesehen. Es war denen egal, ob sie in Thüringen oder in Sachsen waren. Aber es haben zwei Behörden ganz unterschiedlich gearbeitet, und man hat die Erkenntnisse nicht zusammenführen können.
Wünschenswert ist für mich auch die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes. Dies wird auch in dem Harms-Bericht kurz angesprochen. Wir täten gut daran, wenn wir in der nächsten Legislaturperiode darüber nachdenken würden, wie wir die parlamentarische Kontrolle besser bewerkstelligen können.
Abschließend möchte ich eines bemerken: Wir sollten nicht darüber spekulieren, ob das Vorliegen einer vorbildlichen bundesweiten Zusammenarbeit, länderübergreifender Information und ausgebauter Kontrolle dazu geführt hätte, dass dieses Trio hätte ergriffen werden können. Das wäre Spekulation; daran möchte ich mich nicht beteiligen.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kurz bevor der Wahlkampf beginnt, hat sich die NPD noch einmal entschieden, die Sachsen vor der angeblich bevorstehenden Überfremdung und einem drohenden Vielvölkerstaat zu warnen. Jetzt haben wir sogar gehört, es gäbe Völkerverschiebungspläne. Das ist die neueste Variante, um noch einen obendrauf zu setzen. Dabei haben wir hier in Sachsen einen verschwindend geringen Ausländeranteil von ungefähr 2 %. Aber mit der Angst vor Überfremdung kann man in Ihrer Klientel Stimmung machen, man kann Ängste schüren und versuchen, eine Stimmung aufzubauen, die von Ihnen für die Wahlkämpfe einsetzbar ist.
Wir Demokraten werden Ihnen aber niemals den Gefallen tun, auf diesen Leim zu gehen. Wir werden nicht aufhören, Ihre menschenverachtenden und rassistischen Themen immer wieder aufs Neue anzuprangern und zurückzuweisen.
Das, was Sie hier gerade vorgetragen haben, Herr Schimmer, ist unterstes Niveau gewesen. Sie wissen überhaupt nicht, wovon Sie reden. Sie wollen hier einfach nur Stimmung machen.
Sie haben es wieder auf das Asylrecht abgesehen, das für Sie ein absolutes Grundübel ist. Die Unterschiede zwi
schen Menschen, die bei uns Asyl suchen, und solchen, die zu uns kommen, weil sie beispielsweise als Fachkräfte gebraucht werden, versuchen Sie gar nicht erst herauszuarbeiten. Für Sie sind alle bei uns lebenden Menschen nichtdeutscher Herkunft Asylbetrüger. Dabei ist es Ihnen egal, dass unsere Wirtschaft teilweise händeringend Fachkräfte sucht oder dass wir Menschen bei uns haben, die vor Bürgerkrieg, Verfolgung und menschenverachtenden Systemen fliehen.
Das von Ihnen verachtete Grundübel des Asylrechts möchten Sie abschaffen. Das steht zwar nicht in Ihrem Antrag, aber eine Novellierung mit Streichung der Einklagbarkeit und die damit bezweckte Degradierung des Asylrechts zu einem reinen Gnadenrecht käme einer Abschaffung gleich. Sagen Sie doch deutlich, was Sie wollen, und vertreten Sie das hier, damit man weiß, woran man bei Ihnen ist.
Es schert Sie auch nicht, dass das Menschen- und Grundrecht des Asyls in Artikel 16a des Grundgesetzes unter die Ewigkeitsgarantie des Artikels 79 Abs. 3 des Grundgesetzes fällt,
also schlichtweg gar nicht so verändert werden kann, dass von diesem Grundrecht nicht mehr der Kernbestand übrig bleibt. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben sich damals aus gutem Grund dafür entschieden, das Asylrecht so hoch anzuhängen und so weit zu schützen. Sie hatten noch allzu gut in Erinnerung, dass das Wirken Ihrer geistigen Väter viele Menschen dazu gezwungen hat, Deutschland zu verlassen und bei anderen Schutz zu suchen, weil sie nämlich politisch von einer Partei verfolgt wurden, die Ihnen sehr nahesteht. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hatten die Vision eines anderen Deutschlands vor Augen, eines Landes, das politisch verfolgten Menschen einen Schutzraum bietet. Sie wollten verhindern, dass die geistigen Erben dieser Verbrecher auch nur die minimale Chance erhalten, dieses Recht auszuhöhlen.
Das einklagbare Grundrecht auf Asyl ist ein fester Bestandteil unseres Gemeinwesens. Als Demokraten werden wir nicht nachlassen, dieses kostbare Erbe zu verteidigen.
Lassen Sie mich zum Abschluss meiner Rede noch einige Worte zur Einwanderung sagen.
Wer unsere Werte akzeptiert, wer sich an unsere Regeln hält, wer für seinen Unterhalt sorgt und sich um seine Familie kümmert, den fragen wir nicht, woher er kommt, den möchten wir fragen, wohin wir gemeinsam mit ihm gehen können.
Ich danke Ihnen.
Ich möchte gern eine Kurzintervention machen. Kurz zur Abschaffung des Asylrechts. Artikel 79 legt in der Tat fest, dass Artikel 1 und Artikel 20 nicht geändert werden können. In Artikel 1 Abs. 3 steht aber drin: „Die nachfolgenden Grundrechte binden die staatliche Gewalt.“ Somit ist klargestellt, dass diese Grundrechte nicht abgeschafft werden können, weil sie ebenfalls von der Ewigkeitsgarantie umfasst sind.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich den Titel der Aktuellen Debatte anschaut – „… Wer schützt unsere Verfassung vor dem Verfassungsschutz …“ –, denkt man, dass es etwas Neues gibt oder dass zumindest ein Bezug zur Verfassung gesucht wird; dass zumindest einmal schlüssig dargelegt wird, wo es ein Schutzbedürfnis der Verfassung vor dem Verfassungsschutz gibt. Eine derartige Darlegung ist dem Kollegen Schimmer leider nicht gelungen, und ich glaube, dazu ist er auch intellektuell nicht in der Lage.
Lassen Sie mich die Aufgaben des Verfassungsschutzes noch einmal kurz darlegen. Der Verfassungsschutz schützt uns vor Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus, er schützt uns vor Linksextremismus und Linksterrorismus, er schützt uns vor Ausländerextremismus und Ausländerterrorismus.
Die NPD ist ganz klar einzuordnen: Sie ist rechtsextremistisch und hat sicherlich auch Beziehungen zum Rechtsterrorismus gehabt. Sie versuchen hier dadurch, dass Sie den NSU in die Ecke des Verfassungsschutzes und irgendwelcher nachrichtendienstlichen Tätigkeiten rücken,
Ihre eigene Nähe zum NSU zu leugnen und die Verantwortung in andere Bereiche zu schieben.
Auch wenn es keinen Spaß macht: Verfolgt man die Pressemitteilungen auf der Homepage der NPD-Fraktion, so bekommt man den Eindruck, dass es sich beim NSU um eine Erfindung staatlicher Behörden zur Rufschädigung der NPD handelt, um nichts anderes. Das ist schlicht gelogen.
Ich möchte hier eine Bemerkung zitieren – sie ist die prägnanteste: „Die Kartenhäuser über das NSU-Phantom brechen in sich zusammen.“
Meine Damen und Herren, der NSU ist kein Phantom und auch keine Erfindung des Verfassungsschutzes, sondern Sie versuchen hier einfach nur Ihre Verstrickung in diesen Gesamtkomplex zu leugnen.
Ihre Motivation ist dabei klar: Sie wollen selbst Ihre rechte Gesinnung damit leugnen. Sie wollen leugnen, dass Sie selbst zu Recht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehen. Sie wollen sich hier als Märtyrer und als
Opfer präsentieren, obwohl Sie es nicht sind. Sie sind nahe dran gewesen an den Tätern, und das ist hier deutlich hervorzuheben.
Die FDP hat sich sehr kritisch mit der Position des Verfassungsschutzes auseinandergesetzt.
Ja, das haben wir schon mehrmals gesagt, und wir haben auch deutliche Missstände festgestellt; ich habe auf diesem Podium deutlich dazu Stellung genommen. Wir sind der Meinung, dass es hier einen Restrukturierungsbedarf gibt. Das bedeutet aber nicht, dass wir davon ausgehen, dass der Verfassungsschutz in irgendeiner Weise so gehandelt hat, dass er der Verfassung geschadet hat und dass sich hieraus ein Bedürfnis herleitet.
Wir treten dafür ein, dass es innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen eine bessere Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt für Verfassungsschutz und den Kriminalitätsbekämpfungsbehörden im Freistaat Sachsen gibt. Gerade diese Verzahnung hat nicht genügend stattgefunden und dadurch haben sich Aufklärungsdefizite ergeben, als es um die Aufbereitung oder die Verfolgung des NSU ging.
Meine Damen und Herren, ich möchte diese Aktuelle Debatte auch dazu nutzen, zu Herrn Meyer-Plath Stellung zu nehmen. Mein Vorredner hat die Position, die Herr Meyer-Plath im Landesamt für Verfassungsschutz bei der Führung von V-Leuten hatte, deutlich überzogen. Nach dem, was wir wissen, ist er nicht der V-Mann-Führer gewesen, und er hat nicht aktiv eingegriffen.
Ich bin Herrn Meyer-Plath sehr dankbar dafür, was er mit dem Landesamt für Verfassungsschutz gemacht hat, wie er es umstrukturiert hat. Ich bin ihm sehr dankbar dafür, wie er offen kommuniziert und dieses Landesamt für Verfassungsschutz aus der Ecke einer „drögen Behörde mit Schlapphüten“ herausführt in eine kommunikative Behörde, die darüber aufklärt, wie Extremismus hier im Freistaat Sachsen funktioniert.
Ich möchte es an dieser Stelle sagen, auch wenn es eine NPD-Debatte ist: Ich bin, ehrlich gesagt, entsetzt, Frau Köditz und Herr Jennerjahn, wie Sie eine Gesinnungsschnüffelei betreiben, weil Herr Meyer-Plath einer studentischen Burschenschaft angehört.
Ich habe selbst in einer alten Universitätsstadt mit vielen Burschenschaften studiert – mir persönlich war das fremd –; aber ich habe auch Burschenschaftler kennengelernt, die sehr, sehr auf dem Boden dieser Verfassung stehen und die jederzeit und im vollen Umfang für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehen, und hierzu zähle ich auch Herrn Meyer-Plath.
Meine Damen und Herren von der NPD, schauen Sie sich einmal Artikel 117 der Verfassung an. Der Artikel 117 unserer Verfassung gibt uns einen Auftrag, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Wenn Sie hier schon über die Verfassung richten und die Korrelation zur Verfassung herstellen, dann arbeiten Sie bitte einmal Ihre eigene historische Vergangenheit, Ihre Bezüge zur NSDAP auf. Ich glaube, dann wären Sie näher dran an der Verfassung als mit dieser Debatte, die Sie hier zu führen versuchen.
Ich danke Ihnen.
Herr Schimmer, noch einmal zum Verständnis: Ein V-Mann bekommt Geld dafür, dass er Informationen liefert. Er bekommt kein Geld dafür, dass er Organisationen steuert. Das ist schon einmal der grundsätzliche Unterschied.
Sie haben hier vorgetragen, Sie hätten weitergehende Informationen über Herrn Meyer-Plath. Mir liegen auch Informationen vor, aber ich halte mich an Verschwiegenheitsregeln, die mir im Rahmen der PKK auferlegt sind.
Daran halte ich mich. Das unterscheidet mich auch von einigen Kollegen, die hier im Plenum sitzen; da gehen nämlich Informationen – rein zufällig – heraus, weil da ein sehr enger Zusammenhang auch in zeitlicher Hinsicht bestanden hat.
Ich wehre mich nicht dagegen, dass man diese Fragen thematisiert. Ich wehre mich dagegen, dass man versucht, eine Mordserie mit terroristischem Hintergrund so darzustellen, als sei sie ein Produkt staatlicher Behörden. Das war es nicht.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern haben wir hier im Landtag das E-Government-Gesetz behandelt, heute beraten wir einen weiteren Baustein aus dem langfristigen Projekt der Staatsmodernisierung hier im Hohen Haus. Wir beraten über die Einsetzung eines Sächsischen Normenkontrollrates.
Herr Kollege Bartl, Sie kritisierten gerade in Ihrer Rede, dass das erst jetzt kommt. Ich denke, wenn man einen Koalitionsvertrag macht, dann ist das ein Arbeitsprogramm für fünf Jahre. Sie kennen vielleicht noch Fünfjahrespläne, die Ihnen vertrauter sind als mir. Man muss sich hier fragen, wie man das Einzelne eintaktet. Wir hatten zum Beispiel auch einige Gesetzesvorhaben aus dem Justizministerium, ich nenne nur die Strafvollzugsgesetze, das Jugendstrafvollzugsgesetz, das Untersuchungshaftvollzugsgesetz und Ähnliches, bei denen man sagt, das haben wir mit einer höheren Priorität versehen, weil dort auch entsprechende Fristen mitliefen.
Nichtsdestotrotz ist es ein wichtiger Baustein der Staatsmodernisierung, weil wir denken, neben einer schlanken, effektiven und bürgerfreundlichen Verwaltungsstruktur erwarten die Bürger und Unternehmen in Sachsen auch, dass der Staat nur dort regulierend eingreift, wo dies wirklich notwendig ist. Dazu haben wir in dieser Legislaturperiode schon einige Sachen erledigt. Wir haben zum Beispiel bis zum 1. Januar 2014 bereits 814 Vorschriften, das sind 28 %, abgebaut und damit ein Ziel des Koalitionsvertrages, also unseres Fünfjahresplanes, unterschritten, bevor ein Planende überhaupt erreicht ist.
Wir müssen noch einen Schritt weiter gehen. Wir müssen meines Erachtens bei Rechtsetzungsvorhaben frühzeitig in den Blick nehmen, welche Auswirkungen und welcher Aufwand durch dieses Gesetzgebungsvorhaben entsteht. Wir müssen mit im Blick haben, welche Zeit und welche Kosten die Bürger und die Unternehmen hier im Freistaat Sachsen haben, wenn wir hier im Hohen Hause etwas beschließen. Es gibt aus der Gesetzgebungspraxis eine ganze Reihe von Beispielen, wo Normen gemacht wurden, die nachträglich im Vollzug einen erheblichen Aufwand bedeuten. Ich möchte einmal bewusst ein Beispiel aus einem anderen Bundesland nennen.
In Nordrhein-Westfalen gibt es seit circa zwei Jahren zum Beispiel das neue Tariftreue- und Vergabegesetz. In Unternehmen, die sich um öffentliche Aufträge bereits ab 20 000 Euro bewerben, ist der tarifliche Mindestlohn zu zahlen. Darüber hinaus müssen die Bewerber Frauen- und Familienförderung, den Klimaschutz oder den Einsatz der nachhaltigen Materialien gewährleisten und das in einem Verfahren auch nachweisen. So musste etwa bei der Ausschreibung eines Auftrages der Stadt Dortmund für die elektronische Aktenvernichtung im Wert von 300 000 Euro der Bieter sicherstellen, dass auch ihre ausländischen Subunternehmer ihren Beschäftigten einen Mindestlohn von 8,62 Euro zahlen. Die Frage ist, wie er das tun soll, wie er so etwas in einem Ausschreibungsverfahren nachweisen soll.
Das zeigt, dass kleine und mittelständische Unternehmen mit solchen Gesetzgebungsvorhaben, womit man vielleicht etwas Gutes haben möchte, gerade aus linker Sicht, vor ganz große Probleme gestellt werden. In der Folge werden mittelständische Unternehmen nicht über zentrale Stabs- und Planungsabteilungen verfügen und dadurch
weniger Aufträge erhalten und können somit am Wirtschaftskreislauf nicht mehr entsprechend teilnehmen.
In einer Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsorganisation Price Waterhouse Coopers sehen Dreiviertel der befragten Manager die Überregulierung als das größte und das am meisten von der Politik beeinflussbare Problem für ein nachhaltiges Wachstum. Die Überregulierung ist eine Wachstumsbremse; daran kann es nicht liegen. Wir brauchen Wachstum, um uns unseren Wohlstand hier im Freistaat Sachsen zu erhalten, damit auch zukünftige Generationen davon entsprechend profitieren können. Deshalb brauchen wir auch flexiblere und anwendergerechte Normen. Ich denke, mit dem Normenkontrollrat schaffen wir dazu ein entsprechendes Instrument.
Der Normenkontrollrat soll die Staatsregierung bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen unterstützen mit dem Ziel, eine bessere Rechtsetzung zu erlangen. Bewusst hat man deshalb ein verwaltungsexternes, ein unabhängiges Gremium gewählt, damit auch diese Expertise mit in das Gesetzgebungsverfahren hineinkommt und man nicht immer nur im eigenen Saft schmort, sondern praktisch als eine Art Perspektivwechsel von anderer Seite einmal sieht, wie dieses Gesetz dann auch wirken kann. In dem sechsköpfigen Kontrollrat werden Mitglieder aus den Bereichen Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und der Kommunen vertreten sein, also gerade diejenigen, bei denen als Erstes die Normsetzungsbefehle wirken.
Es steht im Ermessen des Rates, zu welchen Entwürfen Prüfungen durchgeführt werden, wie hoch der Erfüllungsaufwand sein soll. Ausdrücklich besitzt der Normenkontrollrat die Möglichkeit, Anhörungen durchzuführen oder Gutachten in Auftrag zu geben, um sich so weiterer Expertisen zu bedienen.
Übrigens kann die Staatsregierung dem Normenkontrollrat nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzentwurfs bereits bestehende landesrechtliche Regelungen zur Prüfung vorlegen. Herr Bartl, da sind wir uns einig, dass das sicherlich eine sinnvolle Sache ist und man sagen kann: Okay, wir geben das jetzt einmal zur Prüfung und sehen, was dabei herausgekommen ist. Da hat man eine deutlich bessere empirische Basis, wenn man aus der Anwendung des Gesetzes schon deutlich herleiten kann, wie die Sachen sind, und man kann sie vom Sachverstand des Gremiums entsprechend bewerten lassen.
Ich halte es ebenso wie Sie für eine richtige Entscheidung, den Normenkontrollrat im Bereich des Justizministeriums zu verankern. Dort wird bereits im Rahmen der Normenprüfung sowieso im Gesetzgebungsprozess gearbeitet, und da haben wir neben der Rechtsförmlichkeitsprüfung auch eine Auswirkungsprüfung der Norm. Ich denke, das ist eine kompetenzgerechte Ansiedlung, und das sollten wir auch so machen.
Die Erkenntnisse des Normenkontrollrates werden im Fall einer Gesetzgebungsinitiative bei der Einbringung in den Landtag hier mit beigefügt. Somit ist das Verfahren transparent. Wir kennen das von anderen Gesetzgebungsverfahren, bei denen die Stellungnahmen von angehörten
Verbänden mit aufgeführt werden. So sollten wir das auch handhaben.
Ich sehe es etwas anders, wenn es darum geht, dass ein Gesetzgebungsvorhaben nicht durchgeführt wurde. Ich glaube, es ist ein positives Internum, wenn man einem Gremium einmal einen Entwurf vorlegen kann und fragt, was es darüber denkt. Man bekommt ein Feedback und sagt: Okay, wir verfolgen es nicht weiter. Damit bei der Staatsregierung keine Scheu besteht, den Normenkontrollrat nach seiner Expertise zu fragen, denke ich, dass es die richtige Entscheidung ist, wenn man das Gesetzgebungsverfahren dann nicht angeht und auch nicht die Einschätzung des Normenkontrollrates nach außen gibt. Der Normenkontrollrat soll gerade unterstützen und nicht ein Ministerium dafür an den Pranger stellen, dass es vielleicht ein Gesetzgebungsverfahren angestoßen hat, bei dem die Folgen viel zu hoch sind und man deshalb dieses Verfahren nicht weiter verfolgt.
Sie haben die Evaluierung angesprochen, Herr Bartl. Ich gebe Ihnen recht, dass das eine sehr kurze Frist ist, die wir gewählt haben. Ich denke, dass wir auch innerhalb einer kurzen Frist eine erste Indikation erhalten, wie sinnvoll das ist. Es ist überhaupt nicht schädlich, dass man zu einem späteren Zeitpunkt in der nächsten Legislaturperiode sagt, diese Frist ist uns zu kurz, um zu sagen, wir entfristen das Gesetz vollkommen, sondern man kann auch die Befristung nach hinten verschieben. Aber das sollte man bewusst entscheiden.
Wir sind als FDP-Fraktion immer dafür eingetreten, befristete Gesetze zu machen, weil man nur dann, wenn man ein befristetes Gesetz hat, auch die positive Möglichkeit hat zu entscheiden, ob wir dieses Gesetz weiterführen wollen. Von daher sind die Fristen meines Erachtens angemessen, und wenn wir merken, dass wir mehr Zeit brauchen, dann werden wir sie uns auch nehmen.
Zusammen mit der erfolgreichen Online-Bürgerbeteiligung zu Gesetzen im Internet, wie wir sie zum Beispiel bei der Errichtung des Landesentwicklungsplanes gehabt haben, wird die Einrichtung des Normenkontrollrates mithelfen, eine bürger- und unternehmerfreundlichere Gesetzgebung hier im Freistaat Sachsen zu ermöglichen. Daher bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner haben es zum Teil schon hervorgehoben: Mit der Föderalismusreform aus dem Jahr 2006 wurde die Gesetzgebungszuständigkeit für das Meldewesen von einer gemischten Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern auf den Bund übertragen. Wir bekommen in Sachsen lediglich die Möglichkeit, bestimmte Regelungsbestände weiter auszuführen.
Wir beseitigen damit die Situation, dass uns der Bund mit einem Mantelgesetz lediglich einen Rahmen vorgibt, der in den Ländern unterschiedlich ausgeführt wird, was dazu führt, dass es unterschiedliche Fristen, unterschiedliche Handhabungsweisen und unterschiedliche Verfahren gibt.
Mit der Föderalismusreform wurde die ausschließliche Kompetenz für das Meldewesen auf den Bund übertragen. In § 55 des Bundesmeldegesetzes ist vorgesehen, dass die
Länder eigene Regelungen schaffen können. Wir haben mit diesem Gesetzentwurf, den wir Ihnen heute vorlegen, diese Möglichkeiten genutzt. Wir haben Regelungen aufgenommen, die der Durchführung des Gesetzes weiter dienen.
Ich möchte noch einmal daran erinnern – auch Frau Köditz hat es gerade angesprochen: Das Bundesmeldegesetz war keine Sternstunde des Parlamentarismus in der Bundesrepublik Deutschland. Als das Gesetz damals zustande kam, war, glaube ich, auch Fußballzeit und man hat sich mehr an der Sportbar des Bundestages vergnügt, als darauf zu achten, welche datenschutzrechtlichen Regelungen man dort einführt. Wir haben in Sachsen – auch ich persönlich – sehr deutlich unsere Stimme erhoben, dass wir mit der Weitergabe von Daten, die unter einer Sperrung des Bürgers liegen, nicht einverstanden sind.
Ich bin Markus Ulbig sehr dankbar, dass er das Thema sofort aufgenommen und die gesamte Staatsregierung darauf eingewirkt hat, dass im Bundestag diese Regelung fällt.
Die Vorstellung eines kommunalen Handels mit Meldedaten für kommerzielle Werbezwecke ist mit liberalem Verständnis von Bürgerrechten und Datenschutz unvereinbar, und das wurde beseitigt.
Wir haben nach der Einschaltung des Vermittlungsausschusses eine gute Regelung gefunden. Man hätte vielleicht noch ein wenig mehr machen können, aber ich denke, es ist ein guter Kompromiss zwischen den Interessen des Einzelnen am Schutz seiner personenbezogenen Daten und den Interessen von Unternehmen, Daten zu aktualisieren, die ihnen die Bürger bereits zur Verfügung gestellt haben, oder auch für ihre Interessen zu werben. Ich bin sehr froh, dass es zu einer solchen datenschutzfreundlichen Bestimmung gekommen ist.
Unser Ausführungsgesetz beschäftigt sich in weiten Teilen mit Verfahren über Datenübermittlung und Auskünfte aus dem Melderegister. Das betrifft einerseits die dafür erforderlichen 24 Stunden für Auskünfte von Sicherheitsbehörden aus den Meldedaten. Diese werden zukünftig automatisiert aus dem sächsischen Melderegister erfolgen. Wir haben hierzu eine technische Plattform, die sowohl IT-sicher ist als auch die notwendigen Voraussetzungen schafft, dass diese Daten entsprechend gegeben werden können.
Für die Kirchen haben wir im Rahmen des Verfahrens eine Regelung gefunden, mit der weiterhin gewährleistet ist, dass die Kirchen in der bisherigen Art und Weise auf Daten aus den Melderegistern zugreifen können. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich hätte mir hierzu eine andere Regelung gewünscht. Wir als FDP sind der Ansicht, dass die Kirchen sowohl eine eigene Mitgliederverwaltung aufbauen als auch ein eigenes Beitragssystem unterhalten müssen und sich hierbei nicht staatlicher Stellen bedienen sollten. Aber: Eine solche Regelung können wir in Sach
sen nicht im Alleingang durchsetzen, sondern wir müssen berücksichtigen, dass es dort gewachsene Strukturen gibt, die weiterhin bestehen und gegebenenfalls nur modifiziert und nicht grundsätzlich umgestaltet werden können.
Wir haben uns daher unter strenger Wahrung datenschutzrechtlicher Belange dafür entschieden, es auch weiterhin zuzulassen, dass anerkannte Glaubensgemeinschaften ihre Datenbestände mit den kommunalen Melderegistern abgleichen und ihre Daten aktualisieren können. Wichtig war mir dabei – das haben wir gewährleistet und Herr Schurig als Datenschutzbeauftragter hat diese Regelung begleitet –, dass Daten von Personen, die einer Übermittlung der Daten widersprochen haben oder die keiner Konfession angehören, nicht weitergegeben werden können. Diesbezüglich haben wir einen guten Kompromiss gefunden, der den Interessen der Kirchen und des Datenschutzes Rechnung trägt.
Meine Damen und Herren! Das vorliegende Ausführungsgesetz füllt die vom Bund eröffneten Anwendungsspielräume aus und trägt somit zu einem datenschutzfreundlichen, aber auch effektiven Melderecht in Sachsen bei.
Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Ich möchte kurz zum Änderungsantrag sprechen, wenn es keine weiteren – –
Es war doch gerade in der Rede mit drin.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte kurz zum Änderungsantrag Stellung nehmen. Ich denke, der Änderungsantrag verfolgt die richtige Intention: ein höchstmögliches Datenschutzniveau zu gewährleisten. Aber er ist komplett unpraktikabel. Die neuen Regelungen werden bereits im Mai 2015 in Kraft treten. Dann haben wir das entsprechende Datenschutzniveau, das wir uns alle wünschen.
Wenn wir diesen Änderungsantrag heute annehmen würden, müssten sämtliche kommunalen Melderegister aufwendig umprogrammiert werden. Es müssten neue Programme angeschafft werden. Die Frage ist, ob man das überhaupt bis zum Mai schaffen kann. Wir würden erhebliche Kosten verursachen, die in keinem Verhältnis zu dem Nutzen stehen, den diese Regelung bringt.
Daher bitte ich Sie sehr herzlich, diesen Änderungsantrag abzulehnen. Er ist schlicht und einfach nicht durchführbar.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU/FDP-Koalition hatte sich mit dem umfassenden Projekt der Staatsmodernisierung für diese Legislaturperiode viel vorgenommen. Wir haben uns auf den Weg gemacht, um den Freistaat Sachsen und insbesondere seine Verwaltung für die Anforderungen der nächsten Jahrzehnte fit zu machen. Dazu gehört neben einer modernen, effektiven Verwaltung auch die flächendeckende Einführung der elektronische Akte auf allen staatlichen Ebenen bzw. auf allen Ebenen der Verwaltung. Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag von 2009 vereinbart, ein E-Government-Gesetz zu schaffen, das die rechtliche Grundlage für den elektronischen Datenverkehr und die elektronische Vorgangsbearbeitung bildet.
Auch der Sächsische Datenschutzbeauftragte hat an vielen Stellen hervorgehoben, dass wir im elektronischen Rechtsverkehr bereits vieles abwickeln; dazu bedarf es aber einer gesetzlichen Grundlage.
Wir haben im Freistaat Sachsen eine Vorreiterrolle eingenommen, was die Schaffung der rechtlichen Grundlagen für das E-Government betrifft. Lediglich in SchleswigHolstein gibt es noch ein E-Government-Gesetz; es regelt aber nur sehr rudimentär das Verhältnis zwischen Land und Kommunen im Bereich der Kooperation im ITBereich.
Mit dem nun vorliegenden Gesetz schaffen wir den rechtlichen Rahmen für die elektronische Verwaltung. Das betrifft sowohl bestehende Anwendungen, zum Beispiel das „Amt 24“, als auch neu entwickelte Anwendungen, die auf einem gesicherten rechtlichen Boden geschaffen und eingeführt werden können. Dabei werden die Basiskomponenten vom Freistaat Sachsen – im Verantwortungsbereich des SMJus – entwickelt; sie werden dort gepflegt, betrieben und auch weiterentwickelt. Die Basiskomponenten werden den Kommunen
kostenlos zur Verfügung gestellt, damit wir anhand eines einheitlichen Standards elektronische Verwaltung organisieren können und damit auch die Belastungen für die Kommunen nicht hoch sind.
Eine der Basiskomponenten wird die Bereitstellung von elektronischen Bezahlverfahren sein. Als ich das zum ersten Mal las, dachte ich: „Das ist doch eine Standardanwendung, die regelmäßig zur Verfügung gestellt wird, wenn man im Internet einkauft.“ Aber unser Gesetz geht ein Stück weiter, weil wir es erstmals schaffen, elektronische Bezahlverfahren mit der Buchführung des Freistaates und der kommunalen Haushaltsführung zu verknüpfen, sodass sämtliche Zahlungsverkehrsvorgänge automatisch verbucht und richtig zugeordnet werden können. Das bewirkt eine erhebliche Ressourceneinsparung.
Im Gegensatz zur Regelung im Bundesgesetz findet sich im Sächsischen E-Government-Gesetz auch eine Regelung zur verschlüsselten Kommunikation. Es wird festgeschrieben, dass diese anzubieten und grundsätzlich auch anzuwenden ist. Die verschlüsselte Kommunikation ist somit der Regelfall. Allerdings können Bürger und Unternehmen wählen, wenn sie auch andere Zugangsmöglichkeiten haben. Ich betone: Wir schreiben fest, dass öffentliche Einrichtungen untereinander verschlüsselt zu kommunizieren haben. Damit legen wir einen sehr hohen Standard an, was die Sicherheit von Daten der öffentlichen Verwaltung betrifft. Das wird insbesondere für den Bereich gewährleistet, in dem der Bürger nicht entscheiden kann, ob er Daten zur Verfügung stellt, sondern in dem er auf gesetzlicher Grundlage verpflichtet ist, die Daten dem Staat zur Verfügung zu stellen.
Zwei Punkte in diesem Gesetz sind mir besonders wichtig: Durch E-Government schaffen wir erstmals die Möglichkeit, medienbruchfrei zwischen Behörden zu kommunizieren. Nicht jede Behörde hat eine eigene Anwendung, sodass doch wieder Papier ausgedruckt und gebunden werden muss, und in einer anderen Behörde müssen die Unterlagen eingepflegt werden. Ich nenne nur ein Beispiel: Bei Sozialgerichtsverfahren ist es noch so, dass die Akten aus der jeweiligen Sozialbehörde zum Sozialgericht geschafft und dort – eben papiergebunden – verwaltet werden. Zukünftig wird es möglich sein, die elektronischen Akten, die bei den Sozialbehörden geführt werden, auch elektronisch dem Sozialgericht zur Verfügung zu stellen, sodass dort medienbruchfrei mit diesen Akten gearbeitet werden kann. Gleichzeitig ist ein Zugriff durch die Sozialbehörde möglich, damit sie weiter mit dem Bürger arbeiten kann. Das ist ein großer Vorteil. Wir werden sehen, wie sich die Verwaltung durch den Umgang mit diesen Medien verändert. Ich glaube, das ist ein ganz, ganz großes Zukunftsprojekt.
Es wurde bewusst darauf verzichtet, in dem Gesetzentwurf verbindliche Standards für die technische Ausführung etwa der Basiskomponenten vorzuschreiben. Nur so kann ein E-Government-Gesetz mit der rasanten Entwicklung im IT-Bereich mithalten. Es hängt nicht laufend der
technischen Entwicklung hinterher und muss nicht laufend angepasst werden.
Daher wäre es aus meiner Sicht falsch, Open-SourceSoftware als Standard festzulegen, nur weil man heute der Überzeugung ist, dass Open Source besser vor Angriffen von Hackern und ausländischen Geheimdiensten geschützt ist. Das mag uns heute dazu bewegen, Open Source einzuführen, weil wir glauben, dass wir Manipulationen eher erkennen können. Dann wäre es heute auch die richtige Entscheidung. In wenigen Jahren kann sich aber ein neues Bild ergeben, wo wir Open-SourceSoftware als hohes Einfallsrisiko sehen, weil die Quellcodes offengelegt sind. Deshalb finde ich es richtig, dass die Standards hier nicht definiert sind.
Meine Damen und Herren! Das E-Government-Gesetz hat den Anspruch, die elektronische Verwaltung auf allen Ebenen zu etablieren. Das betrifft insbesondere die kommunale Ebene. Dort sind die meisten Bürgerkontakte und es wird am häufigsten mit der elektronischen Verwaltung gearbeitet. Es war daher folgerichtig – und ich begrüße es außerordentlich –, dass die kommunale Familie von Anfang an bei der Erarbeitung des Gesetzeswerkes einbezogen war, sie ihre Zustimmung zu diesem Gesetzeswerk gegeben hat und wir dafür gesorgt haben, dass die finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen nicht zu groß sind. Wir haben das Gesetz so gestaltet, dass immer dann, wenn eine neue Komponente da war oder wenn ein Medien- und Techniktausch bei der Behörde vorgenommen wurde, auf die elektronische Verwaltung umgestiegen wurde.
Daraus ergeben sich auch die Haushaltsvorbehalte. Als ich sie das erste Mal gelesen habe, sagte ich mir, was ist das denn, aber wenn man sich die Struktur des Gesetzes ansieht, dann ist es die Basis, um entsprechende Anwendungen einzusetzen. Es bildet den rechtlichen Rahmen, in dem gehandelt werden kann. Es legt die Standards fest, wie wir elektronische Verwaltung gestalten wollen. Ob und welche Komponenten wir in der elektronischen Verwaltung einführen, ist immer noch Sache des Parlaments. Im Rahmen der Haushaltsveränderungen können wir sagen, wir wollen genau diese Komponente einführen, wir wollen in dem Bereich etwas machen, wir wollen hier das Projekt der elektronischen Akte weiterführen. Die Umsetzungsentscheidungen werden auf der Basis des EGovernment-Gesetzes getroffen. Deshalb ist es wichtig, die Haushaltsvorbehalte mit einzuführen.
Meine Damen und Herren, viele Leistungen, die im EGovernment-Gesetz mit geregelt sind, werden zum Teil schon erbracht, neue werden hinzukommen. Ich denke, es ist gut, dass wir eine einheitliche rechtliche Grundlage haben, die festlegt, wie wir bei der elektronischen Vorgangsbearbeitung vorgehen.
Wir haben die öffentliche Diskussion, die es zu diesem Gesetz gegeben hat – insbesondere in der Anhörung –, zum Anlass genommen, Modifikationen vorzunehmen.
Wir haben sehr sorgfältig die Frage der Inklusion behandelt, wie man einen barrierefreien Zugang zu öffentlicher Kommunikation herstellen kann. Ich hätte mir auch vorstellen können, in den Gesetzestext eine Bezugnahme auf die Barrierefreiheit-Informationstechnik-Verordnung des Bundes vorzunehmen. Das ist eine untergesetzliche Regelung des Bundes, die genau dieses Problem löst. Das hätte man ebenfalls machen können, aber ich denke, mit unserer Anpassung in § 7 können wir auch ganz gut leben.
Ein Punkt ist mir selbst als technikaffiner Mensch wichtig, nämlich dass wir durch dieses Gesetz keine Ausschließlichkeit der elektronischen Verwaltung schaffen. Wir müssen uns vor Augen führen, dass es immer Menschen geben wird, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht mit Elektronik arbeiten wollen oder können. Auch für diese Menschen muss es weiterhin möglich sein, sämtliche Anliegen, die ein Bürger hat, mit der jeweiligen kommunalen Verwaltung oder Behörde auszutauschen, dort vorzusprechen, dort Anträge zu stellen und nicht auf das Internet oder andere elektronische Kommunikationswege verwiesen zu werden. Deshalb bekennt sich dieses Gesetz klar zu einer „Multikanalstrategie“. Wer elektronisch kommunizieren möchte und die technischen Voraussetzungen im Privathaushalt oder in Unternehmen hat, der kann sie nutzen und muss nicht auf alte Kommunikationswege umschalten. Wer das aber nicht möchte, dem steht nach wie vor die Verwaltung persönlich, per Telefon oder mit einem herkömmlichen Brief zur Verfügung.
Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz bringt die Staatsmodernisierung im Freistaat Sachsen ein gutes Stück voran. Die elektronische Verwaltung wird für uns alle ein höheres Maß an Flexibilität, Modernität und Bürgerfreundlichkeit bieten.
Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch von meiner Fraktion möchte ich dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten einen sehr herzlichen Dank für die Arbeit, die er im Berichtszeitraum geleistet hat, aussprechen. Ich denke, die späte Stunde sollten wir nicht dazu nutzen, in die Details zu gehen, sondern Ihnen die Möglichkeit geben, dass man es nachlesen kann. Deshalb werde auch ich meine Rede zu Protokoll geben.
Ich möchte mich zunächst kurz zu den Entschließungsanträgen äußern. Zur Drucksa
che 5/14648 möchte ich anmerken: Die personelle Ausstattung des Datenschutzbeauftragten wird eine Diskussion sein, die wir im Rahmen der Haushaltsverhandlungen zu führen haben. Ich denke, es ist jetzt nicht der richtige Ort, hier eine Festlegung zu treffen, ob vier Stellen mehr notwendig sind oder nicht. Das muss Gegenstand einer ausführlichen Beratung sein. Das Anliegen des Datenschutzbeauftragten haben wir auch vernommen, und wir werden entsprechend in den Haushaltsverhandlungen darüber beraten, wie wir dem nachkommen.
Der weitere Entschließungsantrag mit der Drucksachennummer 5/14647 listet noch einmal auf, welche datenschutzrechtlichen Probleme wir in diesem Hause in den letzten Jahren behandelt haben, worüber wir hier diskutiert haben. Das ist ausführlich diskutiert und dokumentiert worden, sodass es keinerlei Veranlassung gibt, einen erneuten Entschließungsantrag zu fassen.
Vor der NSA-Snowden-Affäre hörte ich oft den Satz: Wer nichts zu befürchten hat, der hat auch nichts zu verbergen. Diese Stimmen sind nicht mehr zu hören.
Ich möchte es hier noch einmal deutlich sagen: Persönliche Daten gehören dem Bürger und nicht dem Staat. Nicht der Staat überlässt dem Bürger eine Nutzung seiner Daten, sondern der Bürger kann dem Staat einen Zugriff auf die Daten gewähren. Diesen Grundsatz kann man nicht oft genug wiederholen.
Die Datensammelwut nimmt inzwischen ungeahnte Ausmaße an und lässt nur Vermutungen zu, was in Zukunft noch auf uns zukommen wird. Es betrifft inzwischen sämtliche Lebensbereiche, insbesondere im Beschäftigtendatenschutz, bei der Videoüberwachung und im Internet.
Wir müssen eines vor Augen führen: Im privaten Lebensraum hinterlässt jeder von uns Spuren, sehr gut nachvollziehbar sind diese besonders im Internet. Anhand unserer letzten Recherchen und Einkäufe im Internet bekommen wir maßgeschneiderte Angebote als Werbung und Empfehlungen angezeigt. Die modernste Technik gibt Auskunft über Einkaufsgewohnheiten, Nutzung von Social Media Netzwerken und dringt somit tief in unsere private Sphäre ein und macht Verhalten öffentlich.
Wollen wir das wirklich? Diese Frage kann jeder nur für sich selbst entscheiden. Ich schätze die Buchvorschläge von Amazon, aber was ich über Facebook über mich bekannt geben möchte, will ich selbst entscheiden.
Es ist Aufgabe des Datenschutzes, dass Sie alleine entscheiden, wer über Ihr Einkaufsverhalten etwas erfährt und ob Ihnen aus ihrem bisherigen Verhalten Vorschläge für Ihr zukünftiges Verhalten gemacht werden dürfen. Hier hat sich der Sächsische Datenschutzbeauftragte, Andreas Schurig, auch im vorliegenden Berichtszeitraum verdient gemacht.
Im Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten sind weiter steigende Zahlen zu den an ihn gerichteten Eingaben zu verzeichnen, eine deutliche Steigerung bei durchgeführten anlassbedingten Kontrollen sowie bei eingegangenen Beratungsanliegen. Die Anzahl der privaten Eingaben hat sich gegenüber dem vorhergehenden Berichtszeitraum auf 804 verfünffacht. Im Beratungsbereich zeichnet sich ein ähnliches Bild ab.
Ein Drittel der anlassbezogenen Kontrollen betraf festgestellte Datenschutzverstöße. Der Umgang mit Daten im Internet bildet mit 149 Fällen den ersten Platz innerhalb der anlassbedingten Kontrollen ab. Gleich danach folgt
die Videoüberwachung. Insbesondere die Videoüberwachung von Arbeitnehmern gab Anlass zur Beanstandung.
Datenschutzverstöße im Internet und in der Auftragsdatenverarbeitung waren weitere Schwerpunkte in der Tätigkeit. Jedoch konzentrierten sich die durchgeführten Verfahren auf einige wenige Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen. Ich bin mir aber sicher, dass es sich nur um die Spitze des Eisberges handelt.
Dies zeigt sich an einer Feststellung des Datenschutzbeauftragten: Es gibt einen erheblichen Nachholbedarf in Firmen, die gesetzlich dazu verpflichtet sind, einen betrieblichen Datenschutzbeauftragten einzustellen, diesen auch tatsächlich zu berufen. Hier entwickelt sich das Problembewusstsein nur recht langsam. Dabei können gerade unabhängige betriebliche Datenschutzbeauftragte Erhebliches leisten, um den sensiblen Umgang mit Daten in Unternehmen zu gewährleisten.
Doch nicht nur der private Lebensraum ist betroffen, sondern auch der öffentliche. Dieser ist für mich besonders sensibel. Hier offenbart der Bürger nicht freiwillig seine Daten, sondern der Staat zwingt den Bürger, ihm seine Daten zur Verfügung zu stellen. Wenn ich mir den Bericht ansehe, gibt es im öffentlichen Bereich eine hohe Sensibilität, aber der Datenschutz ist auch hier noch nicht genügend ausgeprägt.
Ich möchte Ihnen Beispiele nennen: die Veröffentlichung von Vertretungsplänen in einer Schule anlässlich eines Streiks mit Nennung der jeweiligen Namen, die Veröffentlichung der Gehaltsgruppe einer Gemeindemitarbeiterin und – heute eigentlich unvorstellbar – eine nicht erfolgte Schwärzung des Beifahrers auf einem Beweisfoto in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren, die Nennung der Krankheit bei der Vorlage eines Krankenscheins für einen Schüler. Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen – leider!
Es herrscht in einigen Bereichen Unkenntnis darüber: Was darf ich eigentlich abfragen, was veröffentlichen und welche Dinge speichern? Mitunter gibt es auch einen – so scheint es zumindest – gedankenlosen Umgang mit sensiblen persönlichen Daten, zum Beispiel bei E-MailBewerbungen.
Zukünftig wird uns der Datenschutz vor neue und größere Herausforderungen stellen. Dies wird auch die Arbeit des Datenschutzbeauftragten verändern. Eine Vollprüfung in allen datenschutzrelevanten Bereichen wird kaum zu realisieren sein, vielmehr wird ein risikoorientierter Prüfungsansatz Raum greifen.
Der Datenschutzbeauftragte ist seit langer Zeit schon die Anlaufstelle für alle diejenigen, die sich bereits im Vorfeld über die datenschutzrechtlichen Aspekte ihrer Vorhaben informieren möchten, genauso, wie jeder Bürger sich über seine Rechte und Pflichten beraten lassen kann. Dies trägt seit 20 Jahren dazu bei, dass das Thema Datenschutz in immer größerem Maß in das Blickfeld der Öffentlichkeit rückt.
Dafür und für die geleistete Arbeit danken wir Herrn Andreas Schurig und seinem gesamten Team.
Herr Stange, geben Sie mir recht, dass die Schaffung von Wohneigentum für Familien auch zum großen Teil Altersvorsorge ist, dass immer dann, wenn jemand sich Eigentum schafft, eine Mietwohnung frei wird, in die andere Menschen einziehen können, die vorher eine Wohnung gesucht haben?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich teile die Einschätzung der Linksfraktion nicht, was die Schaffung von Wohneigentum anbelangt. Für mich wird nach wie vor viel zu wenig Wohneigentum in Deutschland geschaffen. Andere europäische Staaten haben eine deutlich höhere Eigentumsquote, was den Menschen ermöglicht, in ihrer eigenen Wohnung zu wohnen und eigene Sachen zu machen.
Dabei haben wir Nachholbedarf. Die Schaffung von Wohneigentum gerade für Familien führt zu einem Nachrückeffekt, sodass Wohnungen wieder leer werden und Familien dort einziehen. Insgesamt führt das zu einem Aufholeffekt, sodass es positiv ist, wenn Wohnungen gebaut werden. Auch der Mietwohnungsmarkt wird dadurch entlastet. Damit erreichen wir die richtige Steuerung: Die Wohnungen werden gebaut, die von den Menschen gewollt und gebraucht werden und die ihren Bedürfnissen entsprechen.
Ich halte auch nichts davon, in Dresden oder in Leipzig den Wohnungsbau mit staatlichen Subventionen zu fördern. Das geht auch zulasten der Kommunen rund um Dresden bzw. Leipzig. Heute schon haben wir die Situation, dass viele Familien aus kleineren Orten rund um Dresden nach Dresden ziehen, weil sie hier ihre Arbeit haben, anstatt die Möglichkeiten zu nutzen, weiterhin in ihrem Ort zu wohnen und nach Dresden einzupendeln.
Wenn wir den Wohnraum hier noch billiger machen, dann wird diese Tendenz weiter zunehmen und werden die Räume um Dresden noch größere Probleme bekommen, als sie jetzt schon haben.