Was tun wir hier heute? Wir streichen im Bereich der nicht öffentlichen Kontrolltätigkeit die Rechtsaufsicht der Staatsregierung gegenüber dem Datenschutzbeauftragten. Veränderungen bei der Dienstaufsicht halten wir für nicht erforderlich. Die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten wird aus unserer Sicht gewahrt. Die Entscheidung des EuGH stellt die Dienstaufsicht grundsätzlich nicht infrage.
Ich denke, es besteht Einvernehmen, dass die Rechts- und Fachaufsicht die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten bislang eingeschränkt hat. Der Sächsische Daten
schutzbeauftragte unterliegt der Dienstaufsicht des Präsidenten. Wir als Landtag haben ihn gewählt, allerdings nur insoweit, als seine Unabhängigkeit nicht berührt ist. Damit ist die Dienstaufsicht konditioniert, wie der Datenschutzbeauftragte in seiner Stellungnahme gegenüber dem Innenausschuss selbst ausgeführt hat.
Diese Regelungen nehmen viele seiner Kollegen in anderen Bundesländern als positiv auf, und sie finden auch ihren Niederschlag in zahlreichen Gesetzen anderer Länder. Ich will daran erinnern, dass Sachsen eines der wegweisenden Datenschutzgesetze in Deutschland hat. Das hat jedenfalls auch der Datenschutzbeauftragte selbst gesagt.
Im Freistaat Sachsen ist auch geregelt, dass Personalentscheidungen im Einvernehmen zwischen dem Präsidenten und dem Datenschutzbeauftragten erfolgen. Es gibt also keine einseitige Personalentscheidung des Präsidenten, und es gab auch in der Vergangenheit – das möchte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich unterstreichen – nie Konfliktfälle. In jedem Fall bestimmt der Datenschutzbeauftragte, wie sich seine Mannschaft zusammensetzt. Insofern vertreten wir die Auffassung, dass der bestehende Gesetzestext unabhängigkeitskonform ausgelegt werden kann.
Da der Freistaat Sachsen auch dem Bund gegenüber den Vollzug der Umsetzung des Urteils berichten muss, werden wir anregen, dass die Kommission über die getroffene oder bestehende Regelung informiert werden soll, insbesondere darüber, dass hier auch unabhängigkeitskonform ausgelegt werden kann, was die einzelnen Regelungen neben dem Gesetzestext tatsächlich bedeuten. Selbstverständlich ist es legitim, wenn die Kommission diesen Punkt wieder aufgreift und sich ein Bild von den Inhalten der einzelnen Regelungen macht.
Und noch etwas ist entscheidend: Der Sächsische Datenschutzbeauftragte ist bereits jetzt hinsichtlich der Struktur, seiner Arbeitsorganisation und des Personaleinsatzes im Rahmen der gesetzlichen Regelungen organisatorisch frei und zeigt entsprechende Änderungen lediglich gegenüber der Landtagsverwaltung an. Bei Dienstreisen übernimmt die Landtagsverwaltung lediglich die Organisation und die rechtliche Abwicklung nach den gesetzlichen Vorgaben, also zum Beispiel dem Reisekostenrecht. Weisungen
an den Datenschutzbeauftragten sind bereits gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 des Sächsischen Datenschutzgesetzes ausgeschlossen.
Wir verändern die Regelung zur Abwahl des Datenschutzbeauftragten. Der Datenschutzbeauftragte im Freistaat Sachsen wird durch das Parlament in geheimer Wahl gewählt, und es ist mit seiner Unabhängigkeit nicht vereinbar, dass der Datenschutzbeauftragte aus rein politischen Gründen abgewählt werden kann. Sofern allerdings in einem Disziplinarverfahren Gründe festgestellt wurden, die eine Abberufung notwendig machen, soll der Landtag mit einer Zweidrittelmehrheit diese Entscheidung treffen. Das heißt, wer wählt, muss in solchen Fragen dann auch die Entscheidung für die Abwahl haben.
Die Sorgen einiger Abgeordneten der Opposition, dass hier Dinge miteinander verknüpft werden, kann ich nicht teilen. Ich gehe davon aus, dass jeder Abgeordnete, der seine Unabhängigkeit und sein freies Mandat sachgerecht wahrnimmt, in einem solchen Fall auch die richtige Entscheidung treffen würde. Ich denke, über die Berichterstattung des Datenschutzbeauftragten für den Privatbereich an den Landtag besteht Einvernehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte die Gelegenheit zum Anlass nehmen, unserem Datenschutzbeauftragten im Freistaat Sachsen auch einmal öffentlich, also nicht nur im Innenausschuss, sondern hier im Parlament, Dank zu sagen für seine hervorragende Arbeit, die er in den Jahren seiner Amtszeit geleistet hat.
Es ist wahrlich keine einfache Aufgabe und ein stets sehr ziseliertes, durch Gesetzesnormen festgelegtes Gebiet. Er ist kritisch, offen, sachlich und, meine Damen und Herren, er ist politisch neutral.
Sehr geehrter Herr Schurig, herzlichen Dank für Ihre Arbeit. Wir führen stets eine sehr sachliche und intensive Diskussion, in der Sie Ihre eigene Person immer in den Hintergrund stellen. Dafür zolle ich Ihnen meinen Respekt. Sie sind ja sozusagen bereits in zweiter Amtszeit im Geschäft. Auch das zeigt Ihre Souveränität, Ihre Unabhängigkeit und Ihre Qualität. Dafür auch mein persönlicher Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf und zum Änderungsantrag der Koalition.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte zur Auswertung von Funkdaten hat uns gezeigt, wie wichtig der Datenschutz im Freistaat Sachsen ist. Ich möchte
mich daher ausdrücklich dem Dank von Volker Bandmann an den Sächsischen Datenschutzbeauftragten für die von ihm geleistete Arbeit anschließen.
Für uns ist die Stärkung seiner Unabhängigkeit nicht nur die Umsetzung einer EU-Richtlinie oder eines Hinweises der Europäischen Kommission, sondern es ist für uns auch ein wichtiger Punkt bei seiner Arbeit, dass er in diesem Bereich unabhängig ist. Das betrifft insbesondere den Bereich der nicht öffentlichen Stellen. Wir erleben es immer mehr, dass dort Daten verarbeitet werden, wo die Leute überhaupt nicht mehr mitbekommen, welche Daten erhoben und welche verarbeitet werden. Ich möchte hier nur die öffentlichen Diskussionen über die Überwachung von Arbeitnehmern in Supermärkten oder auch die Verwertung von Einkaufsdaten über Kundenrabattsysteme – als Beispiel sei nur Playback genannt – nennen. Hier muss der Datenschutzbeauftragte eine sehr starke Position haben, um die Bürgerrechte wahrzunehmen.
Wir haben im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf einige Hinweise aus der Expertenanhörung berücksichtigt. Das betrifft insbesondere Hinweise von Herrn Dr. Heinz Werner Dix, der angeregt hat, die Abwahlmöglichkeiten einzuschränken.
Es ist noch einmal deutlich zu machen: Wir wollen keine politische Abwahl des Datenschutzbeauftragten zulassen. Selbst wenn der Datenschutzbeauftragte missliebige Positionen aufnimmt, die vielleicht dem einen oder andern nicht passen, soll er nicht abgewählt werden dürfen. Nur dann, wenn er ein Dienstvergehen begangen hat und das in einem förmlichen Disziplinarverfahren nachgewiesen wird, kommt eine Abwahl mit einer Zweidrittelmehrheit in Betracht. Damit stärken wir weiter seine Position, und das ist von uns ausdrücklich gewollt.
Den Tätigkeitsbericht für den nicht öffentlichen Bereich wollen wir einführen – damit bringe ich unter anderem die Änderungsanträge ein –, weil wir es für wichtig halten, dass die Öffentlichkeit erfährt, welche Tätigkeiten der Datenschutzbeauftragte im nicht öffentlichen Bereich hat, wo er tätig geworden ist und wo es Defizite gibt, auf die man hinweisen muss.
Wir haben im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die Frage diskutiert, ob man dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten die Rechtsstellung einer obersten Landesbehörde geben soll oder ob er weiterhin unter der Dienstaufsicht des Landtagspräsidenten bleibt. Unabhängig von den Personen, die derzeit handeln – ich denke, dass das sehr gut funktioniert und keinerlei Sorge besteht, dass dort irgendwelche Abhängigkeiten vorhanden sind –, haben wir uns dafür entschieden, die Dienstaufsicht weiterhin beim Landtagspräsidenten zu belassen und die Anbindung an das Parlament zu wahren. Ich denke, das ist mit der Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten zu vereinbaren, und deswegen haben wir diesbezüglich nichts weiter unternommen. Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass im Sächsischen Datenschutzgesetz bereits ausdrücklich festgestellt ist, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte weisungsfrei ist. Er unterliegt einer
Wir hatten einen weiteren Bereich. Das wäre ein Punkt gewesen, bei dem ich gesagt hätte, da hätten wir noch ein Stückchen weitergehen können. Bei der Besetzung des Personals hätte ich mir eine Umkehr insoweit gewünscht, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte sein Personal selbst vorschlägt und das Einvernehmen mit dem Präsidenten herstellt. Im Moment ist es umgekehrt. Aber auch hier muss man sehen, dass es in der Vergangenheit diesbezüglich nicht zu Problemen gekommen ist. Die beiden, die das im Moment machen, tun es in großem Einvernehmen. Von daher war das kein Punkt, den wir in diesem Gesetzgebungsverfahren zwingend angehen mussten.
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass derzeit auf europäischer Ebene eine weitere Stärkung der Datenschutzbeauftragten angestrebt wird. Es wird möglicherweise eine neue Richtlinie kommen, die uns veranlassen wird, noch einmal über das Datenschutzgesetz zu schauen. Wir sollten aber erst einmal abwarten, was genau uns von der Europäischen Kommission vorgegeben wird, um dann gegebenenfalls die notwendigen Anpassungen im Sächsischen Datenschutzgesetz vorzunehmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Verfahrensgang ist von Herrn Bandmann bereits in außergewöhnlich sachlicher Weise geschildert worden. Es ist auch schön, dass übergreifend Bezug auf die Bedeutung des Datenschutzes genommen worden ist, gerade vor dem Hintergrund der heutigen Diskussion.
Ob dieser Gesetzentwurf allerdings geeignet ist, die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten zu stärken, das ist die andere Frage, der ich nun nachgehen möchte.
Aus unserer Sicht vertut die Koalition mit diesem Gesetzentwurf die Chance auf eine grundlegende Neuregelung der Unabhängigkeit des Datenschutzes in Sachsen. Angesichts der wachsenden Bedeutung von Datenschutz im Allgemeinen, aber auch angesichts konkreter Vorgänge wie des heute Vormittag diskutierten zeigt sich, wie groß der Verlust einer solch vertanen Chance ist.
Ich möchte eingangs auch auf eine von meiner Fraktion kritisierte Regelung in der Geschäftsordnung hinweisen, aufgrund derer es dem vom Landtag gewählten Datenschutzbeauftragten nicht möglich ist, vor dem Haus zu sprechen und derentwegen wir auf seinen Beitrag in der Diskussion hier leider verzichten müssen, auch für die Öffentlichkeit verzichten müssen, diesen wohl aber im Ausschuss zur Kenntnis genommen haben. – Herr Schu
rig, auch ich möchte Ihnen im Namen meiner Fraktion für Ihre Arbeit danken, möchte ihnen für Ihre Beratung zu diesem Gesetzentwurf danken. – Aus unserer Sicht ist es aber ein Verlust für die Öffentlichkeit, dass der Datenschutzbeauftragte nicht die Möglichkeit hat, selbst im Plenum zu sprechen.
Mit dem Gesetzentwurf wollte oder sollte die Koalition die Anforderungen umsetzen, die ein EuGH-Urteil im März 2010 an die institutionelle Unabhängigkeit von Datenschutzbeauftragten formuliert hat. Aber sie hat es sich zu leicht gemacht. Ein Gesetzentwurf, der nur einen Satz umfasst und einfach eine Rechtsaufsicht streicht, statt die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten inhaltlich zu stärken, kann dem genannten Anspruch nicht genügen. Dass im Nachgang der Gesetzestext um, sagen wir, etwa 500 % erweitert wurde, macht es nicht besser. Auf der Basis von Änderungsanträgen haben Sie versucht, inhaltliche Ansätze nachzutragen mit dem Effekt, dass gerade zu diesen den Sachverständigen die Möglichkeit der Äußerung genommen worden ist. Ein schöner Schlamassel. Schon das ist nicht die gute Art.
Die Kulisse, vor der diese Entschlüsse gefasst werden, lässt weiterhin um ihren Bestand bangen. Denn die Europäische Kommission hat angekündigt, über die landesgesetzliche Umsetzung zu wachen und zu kontrollieren, ob sie dem Urteil entspricht. Sie hat bereits gegenüber anderen Staaten und Bundesländern sowie in einem nachholenden Erinnerungsschreiben an die Bundesrepublik sowohl die Dringlichkeit als auch den Willen zur tatsächlichen Umsetzung deutlich gemacht – unter Androhung des Strafbriefes der Kommission, wenn die gesetzliche Untersetzung dem Anspruch nicht gerecht wird. Das Ziel ist – dem hat sich die Bundesrepublik gegenüber der EU verpflichtet –, dass „von der Ausübung staatlicher Aufsicht gegenüber den Kontrollstellen abgesehen“ werden soll. Darauf haben Sie auch Bezug genommen. Aber schauen wir uns an, ob Ihr Gesetzentwurf dieser hohen Anforderung entsprechen kann.
Ich möchte dazu auf einige der notwendigen Einwendungen eingehen. Zwar wird mit der Aufhebung der Rechtsaufsicht der Staatsregierung gegenüber dem Datenschutzbeauftragten einem Anliegen des EuGH-Urteils begegnet, aber nicht entsprochen. Zur vollständigen Umsetzung wäre ebenso die Dienstaufsicht aufzuheben oder in gänzlich anderer Weise institutionell zu verankern. Hier wären weitere Punkte nötig gewesen, vor denen Sie zurückgeschreckt sind. Vor allem die Hoheit über das Personal beim Datenschutzbeauftragten muss diesem obliegen und nicht, wie weiterhin vorgesehen, dem Präsidenten in Rücksprache mit dem Datenschutzbeauftragten.
Auch durch das Zeugnisaussagerecht hätte die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten weiter gestärkt werden können und müssen. So hat der Datenschutzbeauftragte dies weiterhin mit Genehmigung des Präsidenten. Sie hätten, wenn Sie das tun wollten, dies auch an
Ein zweiter wichtiger Einwand gegen die vorgesehene und bestehende gesetzliche Regelung besteht nach EUDatenschutzregelung darin, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte nach Ihren Vorstellungen nur im Falle der Selbstbetroffenheit einer Person und ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung angerufen werden kann. Dies widerspricht der EU-Datenschutzrichtlinie, und ein weiterer blauer Brief aus Brüssel rückt damit in Aussicht.
Die in Ihren Änderungsanträgen eingeführten Regelungen, meine Damen und Herren von der Koalition, sind höchst problematisch.
Sie wollen in § 25 die Abwahl des Datenschutzbeauftragten aus inhaltlichen oder politischen Gründen unmöglich machen und rein an eine Regelung aus dienstrechtlichen Gründen koppeln – Zitat –, „wenn Gründe vorliegen, die bei einem Richter auf Lebenszeit die Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen.“ Aber dann wird die Wahl durch die Abgeordneten überflüssig. Es handelt sich gewissermaßen um eine Zwangswahl. Diese Regelung ist überhaupt nicht oder schlecht durchdacht und wird bei einer Überprüfung voraussichtlich ebenfalls keinen Bestand haben.
Das hohe Quorum einer Zweidrittelmehrheit sollte auch bislang schon kurzfristige oder einseitige Mehrheiten und Entscheidungen verhindern. Hätten Sie die Unabhängigkeit tatsächlich stärken wollen, hätten Sie dies, wie gesagt, an anderer Stelle, etwa der Dienstaufsicht, tun müssen. Es gibt in Deutschland ein Best-PracticeBeispiel, ein Bundesland, nämlich Schleswig-Holstein, das den Datenschutz in einem unabhängigen Landeszentrum zusammenführt. Dort wird die Prämisse, dass von der Ausübung staatlicher Aufsicht abgesehen werden soll, schon seit Jahren umgesetzt.
Dem vorliegenden Gesetzentwurf fehlt aber jeder Enthusiasmus, jedes Bemühen, eine auch nur im Ansatz vergleichbare Qualität zu erlangen. Dabei haben wir gesehen, welche Potenziale, welche Risiken mit einem ausgehöhlten Datenschutz einhergehen.
Aus unserer Sicht bietet der Gesetzentwurf nicht die Möglichkeit – – Ich gestatte gern eine Zwischenfrage.
Vielen Dank. – Frau Bonk, Sie haben gerade die Stellung des ULD in SchleswigHolstein angesprochen und als vorbildhaft dargestellt. Inwieweit sehen Sie die Frage der demokratischen Legitimation beim ULG Schleswig-Holstein für nicht ausreichend gelöst? Denn diese vollkommene Herauslösung des ULG aus der Verantwortung des Parlaments und der Ministerien halte ich für nicht vereinbar mit der demokratischen Legitimation, die auch ein Datenschutzbeauftragter zu haben hat. Wie würden Sie das beurteilen?