Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Herr Staatsminister, möchten Sie sich dazu äußern? – Es geht über die Kurzintervention und nicht von der Zeit ab.

Ich möchte kurz etwas dazu sagen. Dann sind Sie ein besonderer Zuschauer, wenn Sie partout Champions League und Bundesliga in einem öffentlichrechtlichen Rundfunk sehen wollen. Die meisten sind damit zufrieden – wenn Sie einmal das Ohr an der Masse haben –, wenn sie es überhaupt im Free TV sehen können. Aber das lasse ich einmal beiseite.

Es geht doch um Marktregulierung. Es geht einfach darum, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht unnötig eine Marktblase erzeugen darf, weil er aufgrund der Speisung nicht öffentlicher Abgaben in der Lage ist, die Preise immer weiter nach oben zu schrauben. Darum geht es, und darüber müssen wir diskutieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Bei den Digitalkanälen stimme ich mit Ihnen überein. Es geht nicht darum, die Digitalisierung hier nur infrage zu stellen, sondern es geht nur darum zu sagen, wie viel Spartenkanäle sinnvoll sind. Da kommen wir sehr schnell zusammen, dass die Masse, wie sie im Moment besteht, doch erheblich zusammengestrichen werden kann. Wenn man sich an den Buketts orientiert, die es dazu im priva

ten Bereich gibt, kommt man in eine sehr gute Größenordnung.

Das Zitat, das Sie von mir gebracht haben, war eine Fragestellung, die mir von Pro Media vorgegeben wurde, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Wenn Sie diese weiter durchlesen, dann werden Sie feststellen, dass ich Ihnen genau diese rhetorische Frage so beantworte, dass wir die dritten Programme brauchen. Insofern denke ich, dass ich dort das gesagt habe, was zu sagen war, und danke Ihnen für Ihre Erwiderung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Neubert, bitte. Ist das jetzt eine Kurzintervention oder noch einmal eine Debatte?

Noch einmal ein Debattenbeitrag.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestatten Sie mir, noch einige Punkte aus der Debatte aufzugreifen, die eine Rolle gespielt haben.

1. Bestands- und Entwicklungsgarantie, das wurde vorhin schon angesprochen, insbesondere die Entwicklungsgarantie, dass man natürlich auch den Rahmen schaffen muss, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf die neuen Plattformen zu transportieren.

Zur Frage der Grundversorgung. Es ist eine lange Diskussion, die in diesem Bereich geführt wird. Mir macht es immer Sorge, wenn gesagt wird, die Grundversorgung sollte doch auch reduziert und konzentriert werden. Da bin ich immer bei der Argumentationslinie, die ich da heraushöre, dass die Grundversorgung auf Information reduziert wird. Für mich ist Grundversorgung – meines Erachtens hat es das Bundesverfassungsgericht an verschiedenen Stellen deutlich gesagt – wesentlich mehr als nur Information, sondern sie soll die Breite abbilden.

2. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Herr Gerstenberg hat es gesagt – ist die Basis des dualen Systems. Das ist tatsächlich das, was heute ein Missverständnis in der medienpolitischen Diskussion ist. Als damals der private Rundfunk zugelassen wurde, ist das mit viel Bauchschmerzen geschehen und ausschließlich mit wesentlich geringeren Anforderungen als gegenüber dem öffentlichrechtlichen Rundfunk, nicht als etwas Gleichwertiges, sondern als ein ergänzendes Angebot, das den öffentlichrechtlichen Rundfunk als Standbein ergänzt. Wenn man heute die Argumentation aufmacht zu sagen, die Privaten leisten das doch sowieso, was die Öffentlich-Rechtlichen tun, und eigentlich bräuchten wir das gar nicht bei bestimmten Programmangeboten, dann halte ich das für eine gefährliche Argumentation. Sie würden sich wundern, was mit privaten Angeboten passieren würde, wenn Sie Öffentlich-Rechtliche unzulässig beschränken würden.

Das, was Herr Staatsminister Beermann infrage stellt, können Sie eigentlich nicht wegdiskutieren. Sie sind gerade schon sehr umtriebig medienpolitisch unterwegs und spielen dieses Thema hier ebenfalls Hand in Hand

mit der Koalition durch, aber auch tatsächlich in vielen Interviews mit dieser AG Beitragsstabilität und genau immer mit sozusagen eingängigen, aber – wenn man die Tiefe hinterfragt – ungeeigneten Argumenten, um an der Diskussion und am Eingreifen in den öffentlichrechtlichen Rundfunk zu zündeln. Das ist im Grunde der Vorwurf, den ich Ihnen hier mache.

Ich mache Ihnen nicht den Vorwurf – ich habe das durchaus wahrgenommen in dem Papier –, dass Sie an die Programmgestaltung herangehen wollen. Da sind Sie gut in der Argumentation des Bundesverfassungsgerichtes geblieben, wo Sie sich auch schon eine blutige Nase geholt haben. Aber so, wie Sie es hier formulieren – natürlich wesentlich freundlicher und wesentlich diplomatischer, als es Herr Herbst von der FDP gemacht hat –, nehme ich natürlich wahr, dass Sie von Abspeckung reden, dass Sie von Konzentration auf das Wesentliche reden und dass Sie de facto in die Richtung gehen, Digitalkanäle abzuschalten.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes sagen. Digitalkanäle haben Sie in Verbindung mit Online-Nutzung gebracht. Ich glaube – das wurde vorhin schon in der Debatte erwähnt –, das erste Ziel von uns als Politik und von uns als Gebührenzahler sollte sein, dass die Dinge, die mit den Gebühren finanziert werden, auch rezipierbar sind über das lineare Programm hinaus. Damit haben wir im Moment ein großes Problem. Diese Dinge dürfen im Netz nicht oder nur in begrenztem Maße vorgehalten werden.

Schauen Sie doch einmal in die Mediathek des MDR. Da werden Sie sich wundern, wie wenig Sendungen dort überhaupt ausgestrahlt werden. Das sind richtige Fragen, die dahinterstehen. Das ist eine Sache, die wir in einer politischen Diskussion klären müssen, damit erst einmal die Dinge, die im linearen Programm laufen, tatsächlich in die Mediathek überführt werden und dass dann neue Formen der Rezeption im Netz überhaupt erst möglich werden. Erst dann könnte man über die Fragestellung von linearen Digitalprogrammen und dem möglichen Nichtvorhandensein von Rezipienten in der linearen Welt reden. Aber Sie müssen es erst einmal möglich machen, dass es im Netz tatsächlich rezipierbar wird. Doch das ist im Moment nicht der Fall. Vor dem Hintergrund verbietet sich derzeit auch diese Diskussion.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Herr Staatsminister, bitte.

Herzlichen Dank, Herr Abg. Neubert. Sie haben schon gemerkt, meine Damen und Herren, dass wir in der Fachdiskussion sind, die wir dann in geübter Form in den Ausschüssen führen werden. Deswegen möchte ich mich dazu jetzt nicht weiter äußern.

Ich möchte mich nur noch einmal dazu äußern, dass zwischen die CDU, die FDP und die Staatsregierung in Sachsen kein Blatt Papier passt. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als würden wir irgendetwas im Hinterhof diskutieren, sondern Sie müssen sich schon entscheiden, ob ich umtriebig bin und alles offen sage, was wir vorhaben, oder ob ich irgendetwas heimlich in der Küche herumwurstele. Deshalb sage ich noch einmal ganz deutlich, damit es wirklich jeder hört: Natürlich geht es nicht anders, dass man, wenn man im öffentlichrechtlichen Bereich die Kosten und damit die Beiträge begrenzen möchte, am Umfang des öffentlich-rechtlichen Auftrages etwas macht. Das geht nicht anders. Das mag für Sie als LINKE ein Geheimnis sein, dass man immer mehr verlangt, immer nur Leistung und immer weniger dafür bezahlt. Aber es geht nicht anders, als dass wir da an den Auftrag müssen. Das ist so, und den müssen wir neu definieren. Ich freue mich auf die Fachdiskussion mit Ihnen und danke Ihnen noch einmal, Herr Neubert, dass Sie zum Schluss genau auf diesem Niveau angekommen sind. Wir freuen uns darauf.

Zum Schluss – lassen Sie mir noch die Bemerkung – brauchen wir für alles, was das ZDF betrifft, 16 Unterschriften – wenn wir den Bund einbeziehen, noch die Zustimmung des Bundes dazu – und damit alle politischen Kräfte bis auf eine, die hier in diesem Landtag sind, bundesweit. Es macht mich hoffnungsvoll, dass wir zu einem vernünftigen Ergebnis kommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gibt es noch weiteren Redebedarf? – Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Redebeiträge, die wir jetzt gehört haben, fordern mich heraus, noch etwas dazu zu sagen.

Zu Herrn Clemen. In seinen zweiten Ausführungen hat er, wie ich finde, schöne Worte gefunden, hat auch richtige Punkte genannt. Er hat über die Akzeptanz des öffentlichrechtlichen Rundfunks gesprochen. Das ist absolut richtig, dazu stehen wir auch. Das Problem ist nur: In dem Antrag, der vorliegt, lese ich davon gar nichts. Da steht nicht einmal das Wörtchen Akzeptanz. Insofern passt es nicht ganz zusammen. Ich will Ihnen das nachsehen, Sie sind eingesprungen. Deshalb möchte ich darauf nicht weiter eingehen.

Ich möchte noch etwas zu Herrn Dr. Beermann sagen. Kurz vorab: Ich habe in meiner Schulzeit mehrere Jahre Mathematiknachhilfe gegeben. Ich habe mich, ehrlich gesagt, etwas gewundert, als Sie über das Stöckchen gesprungen sind. Für mich wirkte es etwas lächerlich. Wenn eine Gebührenperiode bis 31.12.2016 läuft, dann denke ich, hat das mit 2017 nichts zu tun.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, Herr Clemen.

Herr Clemen, bitte.

Herr Panter, ist es Ihnen entgangen, dass ich in meinen Ausführungen dezidiert darauf hingewiesen habe, dass die Akzeptanz des dualen Systems mit der wesentlichen Säule öffentlich-rechtlicher Rundfunk ganz wesentlich davon abhängt, wie hoch in Zukunft die Gebühren sein werden?

Das ist mir nicht entgangen. Ich möchte trotzdem darauf hinweisen, dass Sie in Ihrem Antrag kein einziges Wort dazu verlieren. Ich würde Sie bitten, es in Zukunft einfach aufzunehmen, dann macht es auch alles etwas transparenter; denn – das passt ganz gut, und hier bin ich bei Herrn Beermann – ich höre alle Ihre wohlfeilen Büttenreden sehr gern. Aber ich messe Sie am Ende viel lieber an Ihren Taten, und ich kann nicht glauben, dass Sie, Herr Beermann, der altruistische Samariter sind, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk retten möchte. Ich habe eher das Gefühl, dass Sie ein mittelalterlicher Missionar sind, der einen Kampfauftrag hat, nämlich den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf das aus Ihrer Sicht rechte Maß zurechtzustutzen und den Privaten mehr Raum zu geben. Ich wäre froh, wenn Sie das noch einmal deutlich sagen würden.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Volker Bandmann, CDU: Seit wann verstehen Sie etwas von Missionaren?)

Gibt es vonseiten der Fraktionen oder der Staatsregierung noch Redebedarf? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Damit kommen wir zu den Schlussworten. Herr Herbst, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war eine spannende, lebendige Debatte, in der deutlich geworden ist, dass es zwei Grundpositionen gibt: Es gibt die Grundposition der Koalition, die sagt, wir wollen Qualität zu akzeptablen Preisen, und es gibt die Fraktion hier im Hause, die sagt, es kann alles laufen, wie es soll. Egal, was es kostet – zahlen wird es der Gebührenzahler. Das ist nicht unsere Auffassung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Lassen Sie mich noch auf zwei Punkte eingehen. Der eine Vorwurf war, wir würden den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von den Möglichkeiten des Internets abschneiden. Ganz klar: Produktionen aus dem TV-Programm, die auch im Internet angeschaut werden können, müssen dort natürlich sichtbar sein; das ist richtig. Mediatheken sollen entsprechend betrieben werden, aber wir haben ein Problem damit, wenn zusätzlich Aufwand betrieben wird, indem zum Beispiel Gewinnspiele veranstaltet werden, Community-Plattformen eingerichtet und gepflegt werden, Textbeiträge zusätzlich erstellt werden, die mit der eigentlichen Rundfunkproduktion überhaupt nichts zu tun haben, meine Damen und Herren, aber natürlich die Kosten verteuern.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Was ich wirklich am bemerkenswertesten fand, war die neue sozialdemokratische Mathematik, und das im Land von Adam Ries. Wenn zwei Sender von einem Ereignis berichten und mit eigenen Teams dort hingehen, wird es günstiger. Das ist bemerkenswert. Das ist, wie wenn Sie sagen: Mehr Torte essen hilft schlank zu werden. Das ist sozialdemokratische Logik.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir wollen inhaltliche Freiheit – auch für den öffentlichrechtlichen Rundfunk –, wir wollen Vielfalt in einem föderalen System; aber dort, wo Freiheit herrscht, muss auch Verantwortung herrschen. Wir nehmen die Verantwortung im Interesse der Gebührenzahler wahr.

Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

War das das gemeinsame Schlusswort für die Fraktionen? – Gut.

Meine Damen und Herren! Wir können damit zur Abstimmung kommen. Ich rufe auf die Drucksache 5/6129. Wer zustimmen möchte, der möge das jetzt bitte tun. – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Gegenstimmen ist der Antrag dennoch angenommen worden. Ich schließe den Tagesordnungspunkt.