Protokoll der Sitzung vom 12.11.2009

Ich bin mit meinem Satz zu Ende gekommen. – Es geht hier um bürgerschaftliches Engagement, was man ebenfalls bedenken sollte. Davon müssen Sie in diesem Zusammenhang auch einmal sprechen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Mir liegen drei Änderungsanträge vor. Wir beginnen mit dem Änderungsantrag der NPD-Fraktion, Drucksache 5/355. Ich bitte um Einbringung. Herr Apfel.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion ist der Auffassung, dass nicht nur freier Eintritt in landeseigene Museen gewährt werden sollte, sondern darüber hinaus auch in Museen in kommunaler Trägerschaft, so zum Beispiel in Heimatmuseen. Deshalb stellen wir unseren Änderungsantrag dahin gehend, dass der Landtag den finanziellen Mehraufwand entsprechend analysieren möge, um diesen im Doppelhaushalt 2011/2012 zu berücksichtigen.

Vielen Dank.

Gibt es dazu Redebedarf? – Herr Prof. Schneider, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Wir werden diesen wie auch die weiteren Änderungsanträge aus den bereits genannten Gründen, auf die wir – Frau Kollegin Fiedler, Herr Kollege Tippelt und ich – eingegangen sind, ablehnen.

Gibt es weitere Wortmeldungen zum Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über den Änderungsantrag in der Drucksache 5/355 abstimmen. Wer ist dafür? – Die Gegenstimmen, bitte? – Die Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmen dafür ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe jetzt den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/391 auf und bitte um Einbringung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir im Rahmen der Einbringung des Änderungsantrages noch ein paar Bemerkungen zu den Kollegen.

Zuerst verweise ich darauf, dass der Direktor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Dr. Martin Roth, vor

einer knappen Woche in der „Sächsischen Zeitung“ verlauten ließ, dass er sich durchaus für eine Anhebung der Altersgruppen auf 18 Jahre für den kostenfreien Eintritt in Museen ausspricht. Einem Museumsfachmann können wir an dieser Stelle alle Glauben schenken. Er wird wissen, was er da gesagt hat, weil eben die Altersgrenze für Jugendliche nicht mit 16 Jahren endet. Wenn die Kollegen der CDU-Fraktion gestern durch den Ministerpräsidenten betont haben, dass wir in Sachsen die Abiturquote erhöhen wollen, dass wir mehr junge Menschen zu höheren Bildungsabschlüssen führen wollen, heißt das, dass junge Menschen die Schule länger besuchen. Ein Großteil der 17- und 18-jährigen Jugendlichen befindet sich in der Berufsschule und in Gymnasien. Wenn sie keine Berufsausbildung bekommen haben, absolvieren sie das Berufsvorbereitungsjahr. Diese Jugendlichen, die aus anderen Gründen schon benachteiligt sind, sollten die Möglichkeit haben, auch mit 17 und 18 Jahren die Museen kostenfrei zu besuchen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Prof. Schneider, wenn Sie meinen, dass wir irgendjemandem das Blaue vom Himmel herunter versprechen, dann erinnere ich Sie daran, dass der Ministerpräsident gestern in seiner Rede davon gesprochen hat, wir müssten hier und da noch ein paar Straßen und Umgehungsstraßen bauen, um das Verkehrsnetz in Sachsen zu verbessern. Dafür scheinen noch ein paar Millionen vorhanden zu sein. Vielleicht können wir etwas davon an die Museen geben. Daraus folgt, dass wir einen Änderungsantrag in zwei Teilen einbringen.

Im ersten Punkt möchten wir die Anhebung der Altersgrenze auf 18 Jahre erreichen und damit verbunden auch die Ausstattung der Museen verbessern, vor allem, was die museumspädagogische Ausstattung betrifft.

Der zweite Punkt ist: Wir sind uns durchaus bewusst, dass die kommunalen Museen Teil der kommunalen Selbstverwaltung sind. Aber uns geht es an dieser Stelle um ein politisches Signal. Bildungsaufgabe ist Sache der Landesregierung. Wenn wir immer wieder das Ziel kultureller Bildung als Notwendigkeit formulieren, ist die Landesregierung auch an dieser Stelle in der Pflicht, die Kommunen finanziell besser auszustatten, um ihnen zu ermöglichen, kulturelle Bildung durchzuführen.

Es war gestern davon die Rede, dass Kultur in Sachsen das Schaufenster zur Welt ist. Ich würde mir wünschen, dass Sie ernsthaft auch mit der Untersetzung der Museen in finanzieller Hinsicht folgen, damit es nicht nur kulturelle Schaufensterpolitik bleibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Zum Antrag Frau Dr. Stange, bitte.

Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE beantrage ich getrennte Abstimmung zu den

Punkten 1 und 2. Der Punkt 2 greift in die kommunale Selbstverwaltung ein. Wir haben ein Kulturrahmengesetz, dass den Kommunen und Landkreisen die Möglichkeit gibt, die Kostenfreiheit umzusetzen. Deswegen würden wir gern getrennt abstimmen.

Gibt es weiteren Redebedarf zum Antrag der Fraktion DIE LINKE? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung über die Drucksache 5/391, Punkt 1. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Die Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist Punkt 1 dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe vom gleichen Antrag den Punkt 2 auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen? – Die Stimmenthaltungen? – Bei einer Anzahl von Stimmen dafür ist Punkt 2 dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden. Damit erübrigt sich eine Gesamtabstimmung.

Ich rufe jetzt den Änderungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/400 auf und bitte um Einbringung, wenn das gewünscht wird. Herr Dr. Gerstenberg, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern auf die drei Punkte noch einmal kurz eingehen.

Zum ersten hatte ich schon gesprochen. Wenn ich die Äußerungen aus den Fraktionen von CDU und FDP höre, dann gehen sie nach dem Motto vor: Wir machen das jetzt einfach und die Museen müssen sehen, wie sie mit den Mindereinnahmen zurechtkommen. Das ist bei staatlichen Museen, wo es eine staatliche Verantwortung gibt, eine unverantwortliche Haltung. Wir sind der Überzeugung, dass die Mindereinnahmen ausgeglichen werden müssen. Wir brauchen ein Gesamtpaket, wenn wir diesen wichtigen kulturpolitischen Schritt gehen wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der zweite Punkt: Wir dürfen nicht bei den staatlichen Museen stehen bleiben. Auch die nicht staatlichen Museen bieten Hervorragendes bei der Vermittlung unseres kulturellen Erbes. Wir haben hier wirklich ein Metropolenproblem. Die staatlichen Museen liegen in Leipzig und Dresden. Herrnhut hat Sonderprobleme, die lasse ich jetzt einmal aus. Aber die meisten der 400 nicht staatlichen Museen liegen im ländlichen Raum, also in einem Gebiet, das wir nicht abhängen wollen. Wenn wir jetzt nach Wegen suchen, dass auch in diesen Museen Kinder und

Jugendliche kostenfreien Eintritt bekommen, dann werden die jungen Leute im ländlichen Raum nicht benachteiligt werden. Wir schlagen einen Weg vor für den Eintritt von Schulklassen und von Kindertagesstättengruppen. Es ist ein Fonds, der im Kultusministerium anzusiedeln wäre, aus dem dieser Eintritt finanziert wird. Das ist ein Vorschlag, der schon länger diskutiert und gerade von Museumsleuten präferiert wird. Es ist jetzt die Gelegenheit, wenn wir freien Eintritt in die staatlichen Museen einführen, auch diesen Weg für nicht staatliche Museen und Gruppenbesuche zu öffnen.

Der dritte Punkt ist schließlich ein Prüfauftrag. Es wäre zumindest in dieser Situation zu prüfen, wie wir den Kindern, die nicht mit ihrer Kita oder Schule organisiert ins Museum gehen können oder wollen, den freien Eintritt auch in nicht staatliche Museen ermöglichen können. Ob das über die Träger oder die Kulturraumförderung erfolgt, wäre in diesem Fall zu klären. Aber zumindest ist der Zeitpunkt für eine solche Prüfung gekommen.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Zum Änderungsantrag Herr Prof. Schneider, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Gerstenberg, zu Ihrem Punkt 2: Unrichtiges wird dadurch, dass es hier wiederholt wird, nicht richtiger. Wir sind auf die Kosten und die Einnahmenseite eingegangen und haben Ausreichendes von der Staatsregierung gehört. Daraus ergeben sich keinerlei Abänderungen gegenüber unserem Antrag. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

Gibt es weiteren Redebedarf zum Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Abstimmung über die Drucksache 5/400, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte? – Stimmenthaltungen? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Ursprungsantrag von CDU- und FDP-Fraktion in der Drucksache 5/295 abstimmen. Wer stimmt zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dieser Antrag wurde einstimmig beschlossen. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 7

Ja zur Versammlungsfreiheit – Nein zu einem „Sächsischen Versammlungsrecht“!

Drucksache 5/299, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: Linksfraktion, CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Herr Abg. Bartl, Sie haben für Ihre Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ohne Zweifel ungewöhnlich, dass eine Fraktion dieses Hauses einen im Geschäftsordnungsgang befindlichen Antrag zur Behandlung im Landtag aufruft und zur gleichen Thematik zwei Gesetzentwürfe vorliegen, die zudem noch – erzwungen von den Koalitionsfraktionen CDU und FDP – quasi im Schweinsgalopp bereits am 25.11.2009 einer Expertenanhörung im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss unterzogen werden sollen.

(Christian Piwarz, CDU: Das sieht unsere Geschäftsordnung so vor!)

Dass wir dies dennoch tun, hat zunächst seinen Grund im Stellenwert dessen, worum es der CDU- und der FDPFraktion mit ihrem Gesetzentwurf geht, der zuerst innerhalb der Staatsregierung kommuniziert wurde und eh ein verkappter Entwurf der Staatsregierung ist. Meine Damen und Herren Christdemokraten und Liberale, Sie wollen Hand anlegen an ein verfassungsrechtliches Terrain, das nun wahrlich zu den essenziellsten und schützenswertesten Statusrechten einer freiheitlich-demokratischen Verfassungsordnung zählt: an das Versammlungsrecht. Sie wollen das in Artikel 8 des Grundgesetzes bzw. in Artikel 23 unserer Sächsischen Verfassung verankerte Recht aller, wie es im Wortlaut der Verfassungsbestimmungen heißt, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, ein ganz wesentliches Stück weiter aushöhlen, weiter suspendieren.

Es ist völlig unbestritten, dass das Versammlungsrecht wie das mit ihm korrespondierende Grundrecht auf Meinungsfreiheit Verfassungsgüter sind, deren Fehlen oder Einschränkung einen Staat demokratiearm und, wenn man es zuspitzen will, schon deshalb undemokratisch macht. Es war deshalb auch kein Zufall, dass zu den ersten inhaltlichen Forderungen, die im Herbst 1989 von den Haupt- und Mitakteuren der Wende gefordert wurden, die Verwirklichung des Inhalts der Artikel 27 und 28 der Verfassung der DDR betreffend das Grundrecht auf Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit gehört haben. Diese Forderung war unter anderem das Leitthema der teilnehmerstärksten Demonstration in dieser Zeit am 4. November 1989 in Berlin und der Teilnahme von weit mehr als einer halben Million Bürgerinnen und Bürgern. Auch und aufgrund der diesbezüglich gravierenden Defizite galt mit der Neugründung des Freistaates Sach

sen, mit der Erarbeitung und Verabschiedung dessen Verfassung, als quasi ehern verabredet, dass das aktive Statusrecht der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, welches für Bürgerinnen und Bürger wesentliche Möglichkeiten zur Teilnahme am komplexen Prozess politischer Willensbildung schafft, hochzuhalten ist.

Versammlungsfreiheit macht Demokratie sichtbar und glaubwürdig. Sie macht Volkssouveränität praktizierbar. Sie beseitigt das Gefühl, namentlichen oder anonymen Mächten ausgeliefert zu sein, auf die Einfluss zu nehmen unmöglich ist. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes bzw. alle, die es später kommentiert haben, betonten stets, dass das Versammlungs- und Demonstrationsrecht im Sinne der allgemeinen Freiheitsvermutung, die das Grundgesetz beherrscht, interpretiert werden muss.

Was damit gemeint ist, hat das Bundesverfassungsgericht höchst prägnant in einem schon 1969 gesprochenen und in Band 69 veröffentlichten Urteil mit den Worten beschrieben, dass die Versammlungsfreiheit „ein Stück ursprünglicher, ungebändigter, unmittelbarer Demokratie“ ist und dass sie gewährleistet, dass diese Ungebändigtheit, diese Ursprünglichkeit der Meinungsbildung in der Öffentlichkeit ihren Durchbruch erhält. Das sei umso wichtiger, als andere Formen der direkten Demokratie vom Grundgesetz kaum vorgesehen sind.

Artikel 8 Grundgesetz, so das Bundesverfassungsgericht später in weiteren Entscheidungen, besitzt einen besonderen Rang und enthält sowohl ein subjektives Abwehrrecht als auch eine verfassungsrechtliche Grundentscheidung. Sie lautete in den 60 Jahren der Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland – wiederholt auch betont vom Bundesverfassungsgericht – „im Zweifel zugunsten der Versammlungsfreiheit und des Demonstrationsrechts“. Das ist deshalb so, weil eine lebendige Demokratie auf Kommunikation zwischen der im Staat organisierten Gesellschaft, ihren Gruppen und Repräsentanten der öffentlichen Gewalt – sei es nun Regierung oder Opposition – angewiesen ist. Eine Möglichkeit des Anrufs der Verantwortlichen ist die Demonstration, sagen die maßgeblichsten Grundgesetzkommentatoren. Sie sagen, Versammlungen und Demonstrationen sind Zeichen einer demokratischen Gesellschaft, sind ihr dynamisches Element.