Protokoll der Sitzung vom 14.09.2011

Ich erteile vor Eintritt in die Tagesordnung Herrn Kollegen Hahn für die Erklärung das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Pressestelle des Sächsischen Staatsministeriums des Innern hat gestern Nachmittag bekannt gegeben, dass der Staatsminister des Innern bzw. das Staatsministerium für den heutigen Tag

Die drei Minuten, Herr Kollege!

im Gebäude des Sächsischen Landtags eine Pressekonferenz abhalten will. Gegenstand dieses Pressetermins soll die Vorstellung einer Expertise von Prof. Ulrich Battis zum Thema „Gutachten zur Gewaltenteilung und zur Verhältnismäßigkeit der Anordnung einer nachträglichen Funkzellenabfrage“ sein, die von der Staatsregierung ganz offenkundig als Entgegnung auf die dem Landtag zugeleitete und am 09.09.2011 an die Abgeordneten ausgereichte Unterrichtung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten mit dem Titel „Bericht zu den nichtindividualisierten Funkzellenabfragen und anderen Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung durch Polizei und Staatsanwaltschaft Dresden in Bezug auf den 13., 18., 19. Februar 2011 in Dresden“ in Auftrag gegeben worden ist.

Es ist seit vielen Jahren regelmäßige Übung, fraktionsübergreifende Vereinbarung und ständige parlamentarische Praxis, dass an Tagen, an denen der Landtag seine Sitzungen im Landtagsgebäude abhält, in den Räumlichkeiten des Landtages im Allgemeinen und im Raum der Landespressekonferenz im Besonderen keine Pressetermine stattfinden und diese Räumlichkeiten vielmehr Besuchergruppen zur Verfügung stehen.

Als absolut nachvollziehbarer Grund wurde bisher immer angeführt, dass im Interesse der Information der Allgemeinheit und insbesondere auch der beim Landtag akkreditierten Journalisten sie diese Sitzungen des Landtags verfolgen können und nicht durch andere Termine davon abgehalten werden sollen, der Tagesordnung der Plenarsitzung zu folgen.

Vor diesem Hintergrund erlangt der vom Staatsminister des Innern anberaumte Pressetermin bereits dadurch eine besondere Dimension, dass dadurch offen und im Gebäude des Parlaments die von diesem vorgesehenen Beratungsgegenstände und Beratungsabläufe ganz objektiv konterkariert werden, im konkreten Fall eine Aktuelle Debatte zum Thema Bildungspolitik. Inhaltlich kommt hinzu, dass am heutigen Tag zwei Anträge der Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema „Handydatenaffäre“ auf der Tagesordnung stehen.

Die Staatsregierung hat nach unserer Geschäftsordnung jederzeit die Möglichkeit, in der Plenarsitzung das Wort zu ergreifen. Statt diesen Weg zu wählen – notfalls auch unter Herbeiziehung einer Expertise – wird jedoch in einer das Parlament desavouierenden Art und Weise

(Zuruf von der CDU: Das finden wir nicht!)

und im Übrigen auch den Datenschutzbeauftragten brüskierenden Art und Weise am Parlament vorbei ein Gutachten präsentiert, das kein einziger Abgeordneter dieses Hauses bisher kennt, obwohl das Thema heute auf der Tagesordnung des Parlaments steht.

ja, ich bin beim letzten Satz, Herr Präsident –, diesen Missbrauch des Gastrechts des Parlaments durch das Staatsministerium des Innern zu unterbinden, gegebenenfalls auch zur Meinungsbildung eine Sitzung des Präsidiums stattfinden zu lassen und diese Frage zu klären. Wir sind der Auffassung, dass der Umgang der Staatsregierung mit dem Parlament in dieser Form nicht hinnehmbar ist. Sie können hier reden, gegenüber den gewählten Abgeordneten, und nicht vor der Presse ein Gutachten präsentieren,

(Zurufe von der CDU)

das niemand kennt.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Das war die Erklärung außerhalb der Tagesordnung gemäß § 91 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags durch die Fraktion DIE LINKE, vorgetragen vom Fraktionsvorsitzenden, Kollegen Hahn. Es ist sein gutes Recht. Drei Minuten stehen dafür zur Verfügung. Es liegt in meinem Ermessen. Ich denke, es war auch wichtig, dass wir das hier gemacht haben. Ich stelle nur eins dazu fest: Das Pressezentrum der Landespressekonferenz entzieht sich unserem Zugriff. Die Landespressekonferenz verfügt über diesen Raum, über dieses Pressezentrum und auch wir, der Sächsischer Landtag, müssen entsprechend unsere Veranstaltungen dort beantragen.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Das ist jetzt keine Aussprache zu dem Thema, Kollege Lichdi. Wollen Sie etwa auch noch eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung gemäß § 91 der Geschäftsordnung des Landtages abgeben? Das wäre sehr missbräuchlich und dann würde ich von meinem Ermessen Gebrauch machen, nachdem ich sie beim Kollegen Hahn zugelassen habe, sie bei Ihnen nach § 91 der Geschäftsordnung nicht zuzulassen.

(Beifall bei der CDU, FDP und der Staatsregierung)

Ich begründe Ihnen das auch. Sie lag mir vorher nicht schriftlich vor. Das hat die Fraktion DIE LINKE ganz sorgfältig gemacht.

Meine Damen und Herren! Wir treten in die Tagesordnung ein. Ich rufe auf

Wir bitten daher den Herrn Präsidenten des Landtages in aller Form –

Tagesordnungspunkt 1

Aktuelle Stunde

1. Aktuelle Debatte: Investieren statt Konsumieren – Sachsen verwendet Solidarpaktmittel verantwortungsvoll und zukunftsorientiert

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

2. Aktuelle Debatte: „Geisterfahrt“ des Kultusministers beim Einsatz von Lehrkräften zum Schuljahresbeginn beenden!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Verteilung der Redezeiten der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 25 Minuten, SPD 12 Minuten, FDP

14 Minuten, GRÜNE 10 Minuten, NPD 10 Minuten, Staatsregierung 20 Minuten, wenn gewünscht.

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zu

1. Aktuelle Debatte

Investieren statt Konsumieren – Sachsen verwendet Solidarpaktmittel verantwortungsvoll und zukunftsorientiert

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Zuerst haben als Antragsteller zunächst die Fraktionen CDU und FDP das Wort. Die weitere Rednerreihenfolge trage ich gleich vor. Es kommen dann DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und Staatsregierung wenn gewünscht. Ich bitte jetzt die Antragsteller, das Wort zu ergreifen. Für die CDU-Fraktion spricht Kollege Michel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn der Debatte möchte ich meinen Dank an alle Bundesbürger für die Unterstützung und innerdeutsche Solidarität bei der Überwindung von 40 Jahren kommunistischer Misswirtschaft und real existierendem Sozialismus aussprechen.

(Beifall bei der CDU, FDP und der Staatsregierung)

Die Hilfe war auch dringend notwendig, denn wir haben eine Unmenge von teilungsbedingten Sonderlasten aus dem bestehenden infrastrukturellen Nachholbedarf zum Ausgleich der unterproportionalen kommunalen Finanzkraft zu verwenden. So ist auch die offizielle Definition für die Sonderbedarfsbundesergänzungszuweisung. Wenn es überhaupt eine Kritik an diesem Instrument geben kann, dann ist es dieser Begriff Sonderbedarfbundesergänzungszuweisung. Deshalb verwenden wir kurz SoBEZ. Diese SoBEZs betragen im Jahr 2010 für den Freistaat Sachsen unvorstellbare 2,28 Milliarden Euro. Aber 40 Jahre real existierender Sozialismus haben einen viel größeren, weiteren Bedarf offengelassen. Deshalb ist es für uns notwendig und auch selbstverständlich, dass wir die Mittel zweckentsprechend verwenden. Obwohl es im Finanzausgleichsgesetz des Bundes keine Sanktionsregelungen gibt, ist es doch eine Verpflichtung für uns,

diese uns an die Hand gegebenen Mittel dem Zweck entsprechend zu verwenden.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

So können wir auch mit Recht stolz sein auf eine Verwendungsnachweisquote von 137 %. 137 % – das ist kein kommunistisches Wahlergebnis, sondern es setzt sich daraus zusammen, dass wir die uns zugewiesenen Mittel des Bundes zu 100 % verwendet haben. Das sind diese rund 2,3 Milliarden Euro und wir haben diese Mittel durch eigene Mittel für Investitionen ergänzt. Sachsen hat demnach eigenen Mitteln trotz Finanzkrise 2009 aus rund 840 Millionen Euro zur Schließung der Infrastrukturlücke eingesetzt.

Das ist aus meiner Sicht eine beachtliche Leistung.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Wir setzen damit eine ordnungsgemäße Verwendungsquote seit 1995 fort. Im Mittel der Jahre betrug diese Verwendungsquote 127 %. Mein ausdrücklicher Dank gilt an dieser Stelle den Investitionsanstrengungen der Kommunen, die sich ebenfalls an der Schließung der Infrastrukturlücken beteiligt haben. Wir haben Investitionsausgaben von insgesamt 3,1 Milliarden Euro getätigt.

Im Jahr 2010 haben wir so viele Sachinvestitionen getätigt wie seit Langem nicht mehr. Sachsen konnte deshalb – auch dank dem erarbeiteten guten Stand der Finanzen – Investitionen in Bereichen leisten, in denen wir überhaupt keinen Nachholbedarf mehr haben. Wir haben auch in den Kulturbereich investiert, wir haben in den Staatsstraßen-

und kommunalen Straßenbau investiert, wir haben in den Abwasserbau investiert, wir haben in den Hochwasserschutz investiert, in den Schulhausbau, in den Denkmalschutz usw. usf.

Meine Damen und Herren! Das ist beachtlich. Ich werde im zweiten Teil noch darauf zurückkommen, würde mich aber freuen, wenn die Opposition im Laufe der Debatte auch etwas Stolz auf das Erreichte zum Ausdruck bringen würde, wenn sie sich nicht nur gegenüber ihren Parteimitgliedern in anderen Bundesländern als Sachsen feiern lassen würde, sondern auch einmal im Plenum über die erreichten Werte etwas Stolz an den Tag legte.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Das war Kollege Michel für die miteinbringende Fraktion der CDU. – Für die ebenfalls einbringende Fraktion der FDP spricht jetzt Herr Kollege Zastrow.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist heute eine richtig nette Debatte. Erstens weil es sich rundum um gute Nachrichten handelt, zweitens weil man wieder einmal sieht, dass Sachsen bereit ist, eigene Wege zu gehen, und drittens weil man an den Ergebnissen, die im Fortschrittsbericht veröffentlicht sind, erkennen kann, dass Sachsen wieder einmal einen besseren Weg geht.

(Beifall bei der FDP und der CDU)