von polizeilichem Datenschutz, Gesetzgebungsprozessen und Rechtsstaatlichkeit ist, dann ist das sehr bedenklich.
Ich möchte auf einen Satz aus der Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten aufmerksam machen, der von Herrn Bandmann vorhin verklausuliert angesprochen worden ist, den ich aber für durchaus wichtig halte und der uns im Laufe des Nachmittags noch beschäftigen wird. Das Gesetz ist das eine, die Umsetzung das andere. So lautet die Übersetzung des Satzes. Der Datenschutzbeauftragte schreibt: „Für eine rechtliche Beurteilung zusätzlicher Datenverarbeitungsbefugnisse der Polizei“ – die Polizei bekommt mit diesem Gesetz zusätzliche Datenverarbeitungsbefugnisse – „kommt es nicht nur auf den Gesetzestext, sondern vor allem auf die Anwendungspraxis im Polizeialltag an.“
Wir werden im Laufe des heutigen Tages sehen, dass diese Anwendungspraxis das eine und die Gesetzestexte das andere sind. Wenn aber schon die Gesetzestexte, die wir dazu machen, verfassungsrechtlich bedenklich sind, dann gibt es keinen Grund, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Ein letzter Punkt. Darauf hat Herr Kollege Gebhardt schon hingewiesen: Sie machen ein Polizeigesetz und leiten ein mit „Sachsen ist sicher!“ – Sie glauben, dass mit dem Schreiben eines neuen Polizeigesetzes alles gut wird und Sachsen sicher bleibt. Gleichzeitig reduzieren Sie die Stellen bei der sächsischen Polizei gravierend und schließen 30 von 70 Revieren in Sachsen. Sie machen den Bürgern aber vor: Sie schreiben etwas in das Gesetz, was dann Wirklichkeit würde, und die Qualität und Leistungsfähigkeit der sächsischen Polizei komme nur daher, weil Sie so gute Gesetze schrieben.
Das ist ein Irrglaube, Herr Bandmann. Das ist ein Irrglaube, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/FDPKoalition. Nur weil Sie etwas aufschreiben, ist es noch lange keine Wirklichkeit.
Wir können diesem Polizeigesetz nicht zustimmen, weil Sie in Wirklichkeit etwas ganz anderes machen und mit dem Stellenabbau bei der Polizei die Sicherheitslage in Sachsen zumindest infrage stellen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Koalition bringt heute ein Polizeigesetz zur Abstimmung, auf dessen 1. Lesung sie im Parlament, wie bei so vielen Gesetzen, verzichtet
hatte. Der Innenausschuss hat auch erst auf Nachfrage meiner Kollegin Eva Jähnigen von den massiven verfassungsrechtlichen Bedenken des Datenschutzbeauftragten erfahren.
Herr Schurig, wir hätten es uns gewünscht, dass diese Kritik von Ihnen früher und klarer in dieser Schärfe geäußert worden wäre. Wir sind aber trotzdem dankbar, dass dies nun, wenn auch sehr spät, geschehen ist.
Die Koalition hat sich dadurch nicht beirren lassen und eine weitere notwendige Beratung im Rechtsausschuss verhindert. Auch ich hätte gern als Mitglied des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses über den Vortrag des Datenschutzbeauftragten debattiert, denn dem mitberatenden Rechtsausschuss sind diese verfassungsrechtlichen Bedenken überhaupt nicht vorgetragen worden, geschweige denn, dass wir Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen.
Nein, meine Damen und Herren von der Koalition, Sie haben sich heute Morgen wieder einmal, wie es Ihre Art ist, gegen ein seriöses Verfahren entschieden, und diese seriöse Verfahren werden wir vor dem Verfassungsgerichtshof in Leipzig nachholen müssen.
Dieser Gesetzentwurf ist bemerkenswert. Es ist das erste Gesetz, das die CDU-Regierung unter Beteiligung der FDP-Fraktion gemacht hat. Daran können wir nun sehen, was eine Regierungsbeteiligung der FDP bringt.
Wir stellen fest: Mit der Regierungsbeteiligung der FDP steigt der Wortaufwand, um dem grundrechtlich entsicherten Polizeirecht ein paar mehr rechtsstaatliche Attrappen anzupappen, als es die CDU für nötig gehalten hätte.
Ein paar überfällige rechtsstaatliche Anpassungen hat die FDP durchaus erreicht: den Richtervorbehalt bei der polizeilichen Rasterfahndung und die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die polizeiliche Auskunftsdatei PASS. Ich glaube, nach nunmehr sieben oder acht Jahren haben Sie das geschafft. Aber im Kern bleibt es dabei: Die Polizei erhält neue Eingriffsrechte, die Eingriffsschwellen werden abgesenkt und die Grundrechte weiter eingeschränkt. Ich nenne nur die Senkung der Eingriffsschwellen für Wohnungsdurchsuchungen, für den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel und den Großen Lauschangriff; Herr Gebhardt ist darauf eingegangen.
Meine Damen und Herren! Wir nähern uns einem Polizeirecht ohne rechtsstaatliche Eckpfeiler. Diese Eckpfeiler sind die konkrete Gefahr als Rechtfertigung des Eingriffs, die Beseitigung dieser konkreten Gefahr als Ziel des Eingriffs und die Anordnung einer polizeilichen Maßnahme nur gegen den verantwortlichen und bestimmten Verursacher. Mit diesen Eckpfeilern entfallen auch die Maßeinheiten, die Koordinaten einer Verhältnismäßigkeitsprüfung. Außerdem, das muss ich einfügen, können wir einem dermaßen schaurigen Schauspiel, wie gerade
Nach rechtsstaatlichem Polizeirecht ist das zulässige Maß des Eingriffs als Reaktion zwischen Nähe und Ausmaß einer konkreten Gefahr einerseits und einem bestimmten Gefährdungsverhalten eines bestimmten Störers andererseits definiert. Diese Eckpfeiler werden seit Jahrzehnten unter den wolkigen Begriffen einer „vorbeugenden Verbrechensbekämpfung“ oder einer „polizeilichen Gefahrenvorsorge“ zerbröselt. Wo keine Gefahr mehr genau bestimmt werden muss, sondern eine abstrakte Gefahr genügt, wo kein Störer bezeichnet werden muss, dort fallen alle Schranken für polizeiliche Eingriffe, und eigentlich kann die Polizei dann immer eingreifen, und sie kann gegen jeden eingreifen.
So richtet sich die Kennzeichenerfassung nicht gegen Störer, sondern gegen jedermann, also auch gegen die weit überwiegende Anzahl der Bürgerinnen und Bürger, die keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gesetzt haben. Diese Maßnahme trifft jeden. Man kann sich ihr durch rechtmäßiges Verhalten nicht entziehen, und das ist der springende Punkt.
Dies hat Auswirkungen auf die Unbefangenheit und Verhaltensfreiheit der Bürger, gerade bei seriellen Erfassungen, wie bei der Funkzellenabfrage oder der automatischen Kennzeichenerkennung, und, Herr Kollege Biesok, ich war schon sehr erstaunt, dass Sie den Vergleich von der digitalen zur analogen Welt gezogen und gemeint haben, das wäre völlig gleich. Ich würde mir einmal wünschen – vielleicht nehmen Sie es wirklich einmal als Rat –: Beschäftigen Sie sich einmal mit diesen Dingen. Es ist ein grundsätzlicher kategorialer Unterschied, ob ein Polizeibeamter dort sitzt oder ob etwas seriell, automatisiert, immer wieder hervorholbar, ohne Vergessen im Internet erbracht wird.
Nein, als Ruine eines rechtsstaatlichen Polizeirechts bleiben schließlich nur notdürftig verhüllte Zweckmäßigkeitserwägungen der Polizei übrig. Das Polizeirecht zehrt damit seine inneren Legitimationsgrundlagen auf, verliert an innerer Überzeugungskraft und gefährdet so die freiwillige Bereitschaft der Bürger, es zu beachten; und genau diesem Prozess wohnen wir jetzt bei der Debatte um die Funkzellenabfrage in Dresden bei.
Was enthält das „schwach-gelbe“ Polizeigesetz noch? Oft handelt es sich um populistische, symbolische Gesetzgebung, die vorgibt, etwas bewirken zu können, was in der Praxis nicht funktioniert, zum Beispiel Alkoholverbote und Kfz-Kennzeichen erfassen. Oder – wie üblich – wird eine polizeiliche Praxis ohne Gesetzesgrundlage – damit eigentlich rechtswidriges Handeln – nachträglich legalisiert, Beispiel: Akkreditierungsverfahren.
Meine Damen und Herren! Aus Zeitgründen kann ich nicht auf mehr eingehen. Wie gesagt, wir werden Gelegenheit erhalten, all diese Fragen ausführlich vor dem Verfassungsgericht in Leipzig zu erörtern. Dann werden Sie nicht mehr ausweichen können wie in den Ausschüssen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Anfang September hat der sächsische Vorstand der Gewerkschaft der Polizei zum Projekt „Polizei Sachsen 2020“ getagt. Als Ergebnis dieser Tagung hat die GWP Sachsen die Staatsregierung unter anderem dazu aufgefordert, sowohl die personelle als auch die technische Ausstattung der Polizei so sicherzustellen, dass das Niveau der Gefahrenabwehr und der Kriminalitätsbekämpfung erhalten und weiter verbessert werden kann.
Neben der absolut berechtigten Forderung nach einem unverzüglichen Ende des Personalabbaus bei der Polizei ist gerade auch die Frage ihrer technischen Ausstattung und damit im Zusammenhang die Frage nach ihren Eingriffsbefugnissen die zentrale Maßgabe für den Erfolg der sächsischen Polizeiarbeit. Diese Eingriffsbefugnisse sollen nun durch das „Vierte Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes“ gleich in mehrfacher Hinsicht erweitert werden, und ich nehme es vorweg: Die NPD-Fraktion wird diesem Gesetz zustimmen.
Indem wir dies tun, unterscheiden wir uns einmal mehr von Ihnen allen, meine Damen und Herren, die Sie bei Anträgen der NPD bekanntlich nie auf den Inhalt, sondern stets nur auf den Absender schauen und jedem NPDAntrag allein deshalb Ihre Zustimmung ausnahmslos verweigern. Wir hingegen, die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, schauen nicht auf die Verpackung, sondern allein auf den Inhalt,
und der Inhalt des heute vorliegenden Änderungsantrages wird von uns trotz einiger Bedenken, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, gern mitgetragen. Wir halten es für absolut sinnvoll, dass die Polizei endlich eine dezidierte Rechtsgrundlage bekommen soll, um unter bestimmten Voraussetzungen die Kennzeichen von Kraftfahrzeugen automatisch erfassen zu können. Wir sagen dies in aller Deutlichkeit, auch wenn wir die Bedenken, vor allem des Sächsischen Datenschutzbeauftragten, zur Kenntnis genommen haben; denn natürlich ist jede Datenerfassung ein Eingriff in Grundrechte, und es ist auch völlig klar, dass die automatisierte Kennzeichenerkennung keine gezielte Maßnahme gegen einen Störer darstellt, sondern jeden Autofahrer betrifft, der an einem entsprechenden Aufzeichnungsgerät vorbeifährt.
Die Frage, meine Damen und Herren, ist eine andere, nämlich: Darf dieser in seiner Intensität äußerst geringfügige Eingriff in unsere Grundrechte ein Grund sein, der Polizei dieses zielführende Instrument zur Ermittlung des
Aufenthaltes verdächtiger Personen und Fahrzeuge nicht in die Hand zu geben? Wenn wir uns vor Augen führen, welch ein massiver Grundrechtseingriff gerade daran liegt, dass die Bundesregierung gegenwärtig dreistellige Milliardenbeträge aus deutschen Steuergeldern an südeuropäische Kleinstaaten verschenkt, ohne dass das deutsche Volk hiervon irgendeinen Nutzen hätte, dann ist es doch geradezu lächerlich, wenn ausgerechnet bei der Erfassung von Kfz-Kennzeichen der Vorwurf des Grundrechtseingriffs erhoben wird. Denn während die Milliardenverschleuderung deutschen Steuergeldes einen Riesenschaden für jeden deutschen Steuerzahler verursacht, besteht der Schaden durch die automatische Erfassung von Kfz-Kennzeichen doch lediglich darin, dass die erfassten Kennzeichen für kurze Zeit in irgendeiner Datei zusammengefasst sind und nach deren Auswertung wieder komplett gelöscht werden.
Mit anderen Worten: Ein tatsächlicher Schaden – wenn man die Worthülse des Grundrechtseingriffs einmal konkret betrachtet – entsteht überhaupt nicht. Dem steht jedoch ein immenser Nutzen gegenüber, wenn etwa flüchtige Straftäter auf diese Weise erkannt und zielführend verfolgt werden können. Was ich damit sagen möchte, meine Damen und Herren, ist Folgendes: Wir sollten hier nicht nur abstrakt von Grundrechtseingriffen sprechen, sondern uns die beabsichtigten Maßnahmen und ihre Auswirkungen ganz praktisch vor Augen führen. So, wie es vor diesem Hintergrund ein Unding, ja ein politisches Verbrechen ist, deutsches Vermögen zu Milliarden an das Ausland zu verschleudern, ist es genauso ein Gebot der Stunde, die Mittel der Polizei so zu optimieren, dass eine effektive Strafverfolgung nicht nur nicht behindert, sondern überhaupt erst gesichert wird.
Indem ich hier sehr deutlich Position beziehe, möchte ich zugleich mein Vertrauen in unsere Polizei zum Ausdruck bringen, dass die ihr anvertrauten Eingriffsbefugnisse sachlich, anlassbezogen und missbrauchsfrei ausgeübt werden. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte hat natürlich recht, wenn er auf die Missbrauchsgefahren – gerade bei der automatisierten Kennzeichenerfassung – hinweist. Aber, meine Damen und Herren, ist nicht jede Kompetenz und jede Ermächtigungsgrundlage missbrauchbar? Glauben Sie ernsthaft, dass man polizeiliche Standardmaßnahmen, wie die Feststellung der Personalien eines Demonstrationsbesuchers, nicht missbrauchen kann? Die Frage des Missbrauchs ist also nicht partiell oder graduell zu stellen, sondern prinzipiell, und sie betrifft den gesamten Kanon der polizeilichen Befugnisse und nicht oder auch nur im Besonderen die geplante Kennzeichenerfassung.
Wir, die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, haben Vertrauen in die Arbeit unserer Polizei und erst recht in die Arbeit derjenigen Polizisten, die mit der tatsächlichen Ausführung polizeilicher Maßnahmen betraut sind. Der Missbrauch setzt an ganz anderer Stelle an, nämlich da, wo politische Akteure von der Polizei erwarten, ihre staatspolitische Neutralität aufzugeben und sich, wie das etablierte Kartell der hiesigen Blockparteien, einseitig in
den Kampf gegen Rechts zu stürzen. Es geht also nicht um die Gefahr, dass die Polizei ihre Befugnisse missbraucht, sondern es geht um die Gefahr, dass politische Steigbügelhalter ihrerseits die Polizei missbrauchen.
Solche Steigbügelhalter sitzen zuhauf hier in diesem Parlament. Ich erinnere mich nur zu gut an ihr Hetzgeschrei, wenn es etwa darum geht, gleiches Recht für alle, aber eben nicht für nationale Deutsche, gelten zu lassen.
Abschließend möchte ich für die NPD-Fraktion klarstellen: Die Sicherheit unserer Bürger im Freistaat hat für uns als NPD oberste Priorität. In unseren Augen muss die Bürgergemeinschaft bereit sein, geringfügigste Eingriffe in ihre Grundrechte jedenfalls dann hinzunehmen, wenn sie sich einerseits überhaupt nicht belastend auswirken, andererseits aber ein zielführendes Mittel darstellen, kriminellen Straftätern das Handwerk zu legen.
Meine Damen und Herren! Mir liegt noch eine Wortmeldung von der Linksfraktion vor. Ich frage noch einmal in die Runde der Fraktionen, ob es noch weiteren Redebedarf gibt. – Es beginnt die CDU-Fraktion; Herr Abg. Bandmann.