Umgekehrt wollen wir aber auch, dass Männer dementsprechende Berufe in der Bildung, Erziehung und im Pflegerischen wahrnehmen.
Nun gibt es in diesem Bereich schon viele Initiativen. Ich will eine ansprechen, die heute sicher noch öfter Thema sein wird: das Bundesmodellprojekt, an dem wir uns als Freistaat Sachsen beteiligen. Die Parität hat es wahrgenommen und nimmt jetzt über die Volkssolidarität im Erzgebirge eine zentrale Funktion zur Vernetzung zu anderen Kindertagesstätten wahr. Das ist eine tolle Initiative, die wir weiter begleiten wollen.
Jawohl, das ist einen Beifall wert. – Es gibt eine konstituierende Sitzung des Beirates, in dem schon das Kultusministerium, der Landesjugendhilfeausschuss und viele andere Vertreter mitwirken. Das ist ein Anfang für uns, das wissen wir. Ich will einmal die Gedankensplitter vorlesen, die dieser Beirat niedergeschrieben hat:
Erstens. Für Männer in Kitas einsetzen; das heißt, wir setzen uns ein dafür, dass ein breiter gesellschaftlicher Diskurs mit mehr Vielfalt, Offenheit und Toleranz in der frühen Bildung mit vielen Beteiligten geführt wird.
Zweitens. Wir setzen uns dafür ein, attraktiven und wandlungsfähigen Erzieherbedarf und die Erhöhung der pädagogischen Qualität in der Ausbildung als Basis für mehr Interesse bei jungen Männern zu wecken.
Drittens. Wir setzen uns für zeitgemäße Bildungs- und Aufstiegswege ein, damit Männer den Berufsabschluss als Erzieher auch – das ist besonders wichtig – als Quereinsteiger im zweiten oder dritten Qualifizierungsweg erreichen können.
Viertens. Wir setzen uns dafür ein, dass Männer den Beruf des Erziehers frei und ohne pauschalierte Zuschreibung ausführen können, und für einen personellen institutionalisierten Umgang mit Generalverdacht.
Ich würde erst noch die fünfte Position vorlesen; dann komme ich gern auf Ihre Zwischenfrage zurück.
Fünftens. Männer in Kitas hereinholen, stärken, halten – das bedeutet für uns, die erschwerten Bedingungen für Männer in Kitas anzuerkennen und aufzugreifen.
Danke. – Ist Ihnen bekannt, dass eine Studie, erstellt im Jahr 2009 von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, zu dem Schluss kommt, die geringe Entlohnung und die mangelnde Wertschätzung des Erzieherberufs seien zentrale Faktoren für den geringen Anteil männlicher Fachkräfte in Kitas? Was sind Ihre Antworten als CDU/FDP-Koalition auf genau dieses Problem bei der Gewinnung von männlichen Erziehern?
Wenn Sie mich nicht gefragt hätten, wäre ich sofort von allein darauf gekommen. Sie sehen: Es gibt durchaus Parallelitäten.
Mir geht es an dieser Stelle um folgende Frage: Wie komme ich überhaupt zu einer Erzieherausbildung? Das ist doch auch Ausgangspunkt Ihrer Frage gewesen.
Ich will ein paar Wege beschreiben. Nachdem ich einen ganz normalen Realschulabschluss erworben habe, muss ich eine – in Anführungszeichen – „richtige Ausbildung“ absolvieren. Ich kann Bäcker oder Fleischer, aber auch Sozialassistent werden. Erst nach dieser Ausbildung kann ich die dreijährige Ausbildung als Erzieher beginnen. Also brauche ich fünf, manchmal auch sechs Jahre, um überhaupt einen Abschluss zu erhalten. Das ist die erste Hürde. Ich will nicht sagen, dass das nur für Männer eine Hürde sei – sicherlich ist sie das auch für Frauen –, aber für Männer ist sie es im Besonderen. Da muss man ehrlich sein: Männer wollen meistens schneller als Frauen Verantwortung für eine ganze Familie übernehmen. Dann allerdings ist der beschriebene Weg zu lang.
Es wird nicht besser, wenn ich erst das Abitur ablege und dann ein dreijähriges Studium aufnehme. Wenn ich Leiter einer Einrichtung werden will, muss ich ein solches Studium abschließen. Nach dessen Abschluss bin ich ungefähr 22 Jahre alt. Gleiches gilt für berufsbegleitende Maßnahmen, wobei das allerdings ein guter Ansatz ist. Insofern gilt mein Dank auch dem Kultusministerium. Wenn ich eine abgeschlossene Ausbildung habe und in meinem Job nicht mehr unterkomme, wie auch immer, aber die Motivation besitze, Erzieher zu werden – kann ich dann in einer Kindertagesstätte angestellt werden, zum Beispiel für 30 Stunden? In meiner Einrichtung mache ich das mit zwei Erziehern. Freitags und sonnabends setzen die sich auf die Schulbank und absolvieren berufsbegleitend die Erzieherausbildung. Das ist nicht einfach; man muss es ehrlich sagen. Es kommt hinzu, dass wir die Dauer von dreieinhalb auf vier Jahre erhöht haben.
Natürlich ist Erzieher ein wichtiger Ausbildungsberuf. Am Ende werden Erziehung, Bildung und Betreuung der Kinder in die Hände der Erzieher gelegt. Deshalb ist eine
In den sächsischen Landkreisen und Kommunen sind Bedarfsbeschlüsse gefasst worden. Wenn ich eine Kernzeit von nur sechs Stunden habe – das ist von Landkreis zu Landkreis und von kreisfreier Stadt zu kreisfreier Stadt unterschiedlich; das Problem kennen Leipzig und Dresden weniger –, dann ist das in Landkreisen mit hoher Arbeitslosigkeit ein Problem. Die Kernzeit von nur sechs Stunden bedingt eine hohe Teilzeitquote. Auch das vermindert die Attraktivität des Erzieherberufs. Da ist es fast egal, ob weiblich oder männlich; das ist dann ein Problem.
Auch wenn es mir vielleicht angekreidet wird, will ich an dieser Stelle doch von den kommunalen Einrichtungen sprechen. Diese entlohnen fast alle nach Tarif. Dort ist die Verwerfung nicht so groß. Ich weiß, dass es viele engagierte freie Träger gibt, ob es die Diakonie, die AWO oder das DRK ist. Sie alle haben Verantwortung für uns übernommen. Wir als Gesetzgeber wollten diese Vielfalt auch. Wir müssen jedoch darüber sprechen, wie sich die Dinge weiterentwickeln.
Für uns ist es erstrebenswert, dass dieser Beruf weiterhin anerkannt wird und noch höhere Anerkennung in der Öffentlichkeit erfährt. Gerechte Entlohnung ist ein Anreiz für alle Erzieher, ob weiblich oder männlich.
Natürlich könnten wir darauf verweisen, dass wir in den vergangenen fünf Jahren die Anzahl der männlichen Erzieher verdoppelt haben. Das ist zwar nur ein kleiner Trost – der Anteil ist von 1,6 auf 3,3 % gestiegen –, aber besser als nichts. Wir sehen, dass die Signale aufgenommen werden. Wir sind auf einem guten Weg. Nach wie vor stehen wir an dessen Anfang. Aber lassen Sie ihn uns gemeinsam beschreiten!
Mit unserem Antrag wollen wir die Initiative, die mit dem Bundesmodellprojekt, das vom Kultusministerium unterstützt wird, schon losgetreten worden ist, weiter begleiten. Notwendig ist die intensive Vernetzung von Trägern unterschiedlichster Art der Kindereinrichtungen. Wir brauchen die Unterstützung der kommunalen Ebene, aber auch die Schnittstellen zu den jeweiligen Berufsberatungsstellen in den Schulen, Fachschulen, Hochschulen und Job-Centern. Das ist eine wichtige Aufgabe für die Zukunft. Dieser stellen wir uns.
Ganz herzlichen Dank! – Ich bitte Sie um Unterstützung unseres Antrags, damit wir noch mehr Männer in die Kitas bekommen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Wir wollen sehr gern einen Mann, nicht unbedingt wegen des Fußballspielens – das müssten im Zweifel auch die Frauen können –, sondern wegen der anderen Sichtweisen.“ Diesen Satz von einer Kita-Leiterin zu hören hat mir gezeigt, dass das Thema „Männer in Kitas“ längst in der Praxis angekommen ist. Wir wollen diese Praxis aktiv mitgestalten; denn wir sind überzeugt davon, dass Männer im Erzieherberuf ein Gewinn sind.
Der Mangel an männlichen pädagogischen Fachkräften wird nahezu überall bedauert. Doch tatsächlich geschah bisher wenig, um Männer für dieses Berufsbild zu gewinnen, und das schon weit vor der Regierungsbeteiligung der FDP.
Wenn Mädchen technische und naturwissenschaftliche Berufe, also solche, die gemeinhin als „Männerberufe“ gelten, nähergebracht werden, ist es aus unserer Sicht genauso sinnvoll, Jungen zu motivieren, einen für sie – heute! – eher untypischen Beruf im Erzieherbereich zu ergreifen. Bis vor wenigen Jahrzehnten – die Anmerkung sei mir gestattet – war auch die Bildung der Ab-5Jährigen reine Männersache. So, wie das nicht der Stein der Weisen war, so ist es die rein weibliche Betreuung, wie sie heute stattfindet, sicherlich auch nicht.
Aus unserer Sicht sind männliche Pädagogen ein wichtiger Baustein, um zur Vielfalt und zu den unterschiedlichen Lebensentwürfen der Kinder etwas beizutragen und natürlich auch die pädagogische Praxis weiterzuentwickeln. Noch immer scheint es aber so zu sein, dass das veraltete, stereotype Berufsbild den Erzieherberuf für Männer wenig attraktiv erscheinen lässt. Diese negativen und vereinfachten Vorstellungen von der Tätigkeit in Kindertageseinrichtungen müssen wir allerdings selbst ausräumen. Angesichts dessen ist es wenig produktiv, wenn wir selbst – und das auch in Pressemitteilungen – den Beruf als unattraktiv darstellen und betonen, wie hier und heute geschehen, welche Nachteile der Beruf angeblich mit sich bringt und was er eigentlich nicht kann. Wir sollten vielmehr zeigen, was er alles kann.
Wenn ich in die skandinavischen Länder schaue, stelle ich fest: Auch in Finnland gehört der Lehrer nicht zu den höchstbezahlten Berufen. Dennoch ist Lehrer dort der beliebteste Beruf, der von den jungen Menschen erlernt
werden möchte. Die Steigerung der Attraktivität ist also auch eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe.
Dass diese Vorurteile auszuräumen sind, ist der erste Schritt, um junge Menschen, vor allem auch Jungen, für diesen Beruf zu begeistern. In erster Linie können wir durch Werbung, Information und Beratung Interesse wecken, sei es durch Kampagnen oder auch durch gezielte Ansprache bei Veranstaltungen, wie zum Beispiel den Boys’ Day.
Die Reaktion von Kindern, deren Eltern und auch im Team der Pädagogen zeigt immer wieder, dass ein starker Wunsch nach männlichen Kollegen besteht und die Arbeit mit ihnen sehr positiv bewertet wird. Da geht es nicht darum, dass sie vielleicht besser arbeiten oder als Allheilmittel gegen die verschiedensten Probleme genannt werden, nein, es geht ganz einfach darum, dass Männer anders arbeiten, dass sie für die Erziehung andere Impulse geben und andere Schwerpunkte setzen. Das betrifft das Spielverhalten, die Kommunikation, das Konfliktverhalten, das für Jungen gerade wichtig ist, und vieles andere mehr. Ein buntes gemischtes Team, jung und alt, weiblich und männlich, eröffnet für Jungen und Mädchen eine Vielfalt von Erfahrungen, Kompetenzen und Qualifikationen. Wichtig ist letzten Endes, dass jedes Kind die Angebote bekommt, die es für seine Entwicklung gerade braucht und die dafür wichtig sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den letzten ein bis zwei Jahren hat sich der Männeranteil in unseren Kindertageseinrichtungen klar gesteigert, was insbesondere an den deutlichen Zuwächsen in Dresden und Leipzig erkennbar ist. Hier ist die 5-%-Hürde bereits geknackt worden. Ich kann Ihnen auch aus eigenem Beispiel erklären, dass zwei Männer und eine Frau mit hohen pädagogischen Abschlüssen auch in Görlitz zum Beispiel einen Waldkindergarten gegründet haben, der sich regen Zuspruchs erfreut, wo selbstverständlich ist, dass dort einfach ein Mann mit dazugehört.
Dennoch sind männliche Erzieher sowohl bundesweit als auch in Sachsen noch immer in der Minderheit. Aber wir trauen den Männern mehr, sehr viel mehr zu und es wäre ein schöner Fortschritt, wenn wir den Beschäftigungsanteil von männlichen Erziehern landesweit auf 5 % steigern könnten und sogar in jeder Kindertageseinrichtung in Sachsen einen Erzieher hätten. Das wäre wirklich ein guter Weg.
Bevor es die Opposition tut, lassen Sie mich auf die heutige Pressemitteilung meines Koalitionskollegen mit eingehen. Herr Colditz, ich bin in vielen Punkten ganz nah bei Ihnen und finde es auch wirklich gut. Nur schade, dass einzelne Punkte daraus nicht schon vor Wochen in unseren Arbeitskreissitzungen so mit benannt wurden. Aber ich denke, wir haben mit unserem Antrag der Staatsregierung die Möglichkeit gegeben, darüber zu berichten, welche Maßnahmen initiiert worden sind, und darin vielleicht auch die einen oder anderen Anregungen an der Stelle mit gehört werden. Daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Vielen Dank. Frau Klepsch, Sie wollten sicher eine Zwischenfrage stellen. Wollen Sie jetzt vom Instrument der Kurzintervention Gebrauch machen?