Dass es eben nicht über Bausch und Bogen geht, das hat die Opposition eingesehen; denn sie erwartet jetzt im sogenannten Sternverfahren zu klären, an welchen Stellen
nun diese Anpassungen erfolgen sollen. Dazu ist ein solches Sternverfahren da. Es soll also auf die berühmte Tube gedrückt werden, wenn man ein Sternverfahren fordert, also die gleichzeitige, parallele Abforderung von Stellungnahmen zu Beteiligender.
Man sehe mir als reinen Zivilrechtler und Fachanwalt für Familienrecht nach, dass ich keine praktischen Erfahrungen mit Sternverfahren habe. Ich meine aber, dass § 71d Verwaltungsverfahrensgesetz hier fehl am Platz sein dürfte; denn wie die Regierung eigene Terminsetzungen oder Terminforderungen des Parlaments intern umsetzt, um Gesetze oder Verordnungen zu verändern, dürfte wohl in ihrer Verantwortung liegen.
Das Datum für die Dienstrechtsreform steht fest. Deshalb stellt sich erneut die Frage: Warum die Eile? Wer wird denn nun tatsächlich in seinen Rechten beschnitten? Bundesrecht gilt doch für jeden individuellen Anspruch. Wer hat denn in Sachsen schon in „überlangen, kostenaufwendigen Verfahren“ prozessieren müssen? Warum wird dieses Thema so penetriert?
Die Zahl der Betroffenen und damit eine dringende gesellschaftliche Notwendigkeit kann es meines Erachtens nicht sein, wenn 2010 im Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes festgestellt wird, dass von rund 63 000 gleichgeschlechtlichen Paaren nur reichlich ein Drittel, also 23 000, eine Lebenspartnerschaft geschlossen haben. Wie viele Sachsen kann das also betreffen? Es dürften wohl rund 0,0238 % sein.
Nein, ich möchte bitte fortfahren. – Ich sehe also das breite Bedürfnis oder die Notwendigkeit nicht, die hier immer mit einer Diskriminierung gleichgesetzt wird. Die gibt es auch nicht; denn – wie gesagt – Bundesrecht gilt für jeden Einzelnen.
Ohne dass ich mir wie am 19.05.2010 Homophobie nachsagen lassen muss, gestehe ich freiwillig ein, dass ich traditionell dem alten Institut der Ehe, die zum Glück eine Renaissance erfährt, das Wort rede. Das tue ich im Übrigen auch gegenüber heterosexuellen Partnerschaften und deren weitergehenden Gleichstellungsbestrebungen. Ich habe auch in meinem Bekanntenkreis Homosexuelle – und keiner hat bisher ein Anliegen im Sinne Ihres Antrages an mich herangetragen.
Ähnliches gilt in meiner Anwaltspraxis. – Ich glaube, wir sind so vertraut, dass man offen unter Freunden reden könnte; aber das Problem stellt sich zumindest für die, die ich kenne, nicht. Vielleicht sind aber auch diejenigen, die betroffen sind, bisher nach Chemnitz oder Dresden zu meinen Kollegen in die Kanzleien gegangen; in meiner Kanzlei ist mir auch als Familienrechtler so etwas noch nicht passiert.
Zu Ihrem Antrag, Punkt 3, zum Schluss nur so viel: Die Staatsregierung hat umfassend zu den Antidiskriminierungsaktivitäten am 26.05.2011 Stellung bezogen. In den Redebeiträgen wurde unterstrichen, dass Toleranz nicht angeordnet werden kann. Es wurde auch dargestellt, dass Weiterbildungsangebote nicht wahrgenommen worden sind.
Ich persönlich habe bei Punkt 3 Ihres Antrages mehr als nur geschluckt, wenn ich lese: Bildungsarbeit zu nicht heterosexuellen – also Bildungsarbeit zu homosexuellen – Lebensweisen, mit den ganzen Forderungen, die im Katalog stehen.
Meine Damen und Herren, Bildung, Lernen, weiteres Subsumieren von irgendwelchen Begriffen unter Bildung möchte ich mir ersparen. Das kann ich mir hier beim allerbesten Willen nicht vorstellen.
Und wenn ich Ihrem Antrag so folge, dann hoffe ich nur, dass es nicht irgendwann dazu kommt, wie Sie es sich wünschen, dass ich vor das Mikrofon treten und sagen müsste: Ich oute mich, ich bin ein Hetero.
Wir bleiben bei unserem Weg, Bundesrecht ins Landesrecht zu überführen – in geordneten und bereits terminierten Verfahren.
Nun die FDP-Fraktion; Herr Abg. Karabinski. – Herr Karabinski, Sie warten bitte noch einen kleinen Moment; Frau Jähnigen hat sich zu einer Kurzintervention entschlossen, wenn ich es richtig interpretiere. Bitte.
Ja, ich möchte einem Argument meines Vorredners von der CDU entgegentreten. Ich meine, der Maßstab der Umsetzung von Recht und von Gleichstellung nach Bundesrecht und nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes kann nicht sein, wie viele davon betroffen sind, sondern das Recht gilt für jede Einzelne und jeden Einzelnen. Wenn einer Person allein dieses Recht verwehrt oder schwer gemacht wird, dann ist das diskriminierend.
Wir messen im Rechtsstaat Diskriminierung nicht danach, wie viele Personen davon betroffen sind, sondern danach, dass Personen betroffen sind; denn oberster Verfassungsgrundsatz ist die Gleichheit jeder einzelnen Person vor dem Gesetz.
Ich finde Ihre Argumentation erschreckend. Ich kann auch nicht verstehen, dass Sie nicht hören wollen, dass die Betroffenen Probleme haben. Sie hätten heute vor dem Landtag Gelegenheit zum Gespräch gehabt; Sie hätten zuhören können. Leider war der Landtagspräsident bei der Übergabe nicht dabei; Herr Günther hat die Petition
Machen Sie sich bitte offen für diese Probleme, denn den Staat fit machen heißt, seine Bürger zu motivieren, hier zu bleiben und sich hier einzubringen. Das gilt auch für homosexuelle Menschen, und das gilt gerade für ihre Rechte. Jeder Einzelne ist wichtig.
Frau Kollegin, ich wollte nur sagen: Gleichheit vor dem Recht, daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln. Bundesrecht gilt; damit hat jeder den individuellen Rechtsanspruch – egal, wann wir es in Landesrecht geschrieben bekommen haben. Es ist also keiner diskriminiert, weil er in seinem Recht nicht ausgeschlossen ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Kennen Sie den Film, in dem Bill Murray als Wetteransager Phil Connors wieder und wieder denselben Tag erlebt?
Ich fühle mich heute genau wie Phil Connors. Die Redner von Linksfraktion, SPD und GRÜNEN fordern die Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften wieder und wieder und wieder. Ich erkläre Ihnen, wie schon am 19. Mai 2010, am 25. Mai 2011 und am 14. September 2011, dass CDU- und FDP-Fraktion die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft immer dann vornehmen werden, wenn wir ein Gesetz novellieren.
Außerdem haben wir im Koalitionsvertrag eine umfassende Novellierung des Dienst-, Besoldungs- und Versorgungsrechts vereinbart. Im Zuge dieser Novellierung wird auch die Anpassung des Landesrechts an das Lebenspartnerschaftsrecht des Bundes erfolgen. Dies haben wir wieder und wieder erklärt und an dieses Verfahren werden wir uns auch halten.
Nun zu Ihrem aktuellen, zum vierten Antrag: Den Punkt 1, meine Damen und Herren, erachte ich als nicht notwendig. Die von Ihnen erfragten Daten finden sich dankenswerterweise bereits in einer Stellungnahme des Lesben- und Schwulenverbandes vom 2. Dezember 2009
zur öffentlichen Anhörung des Antrages in der Drucksache 5/49. Auch in der Antwort des Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz auf die Große Anfrage zur Situation der Nichtheterosexuellen in Sachsen finden sich die Daten, Drucksache 5/5009; darin können Sie es gern nachlesen.
Bei Punkt 2 Ihres Antrages verweise ich schlichtweg auf meinen Redebeitrag aus der 15. Sitzung des Sächsischen Landtags vom 19. Mai 2010 – zum Nachlesen für Sie: Protokollseite 1224.
Punkt 3 Ihres Antrages ist an Beliebigkeit nicht mehr zu überbieten. Heute fordern Sie einen Aktionsplan gegen Homophobie. Noch vor einem Monat wurde ein Handlungskonzept zur Demokratieentwicklung gefordert. Wer Ihre Anträge liest, meine Damen und Herren, muss glauben, dass in Sachsen ausschließlich homophobe antidemokratische Menschen leben. Ich sage Ihnen: Ihr Bild von den Sachsen stimmt mit der Realität nicht überein.
Noch einige Worte zur mitantragstellenden SPD-Fraktion: Irre ich mich, oder war die SPD-Fraktion von 2004 bis 2009 in Sachsen Regierungspartei? Da hätten Sie doch all das, was Sie heute fordern, machen können?! Aber Sie haben nichts von alledem gemacht. Es brauchte sogar einen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion in der vergangenen Wahlperiode, damit eingetragene Lebenspartnerschaften heute beim Standesamt geschlossen werden können und eben nicht mehr in irgendeinem Kellerraum in den damaligen Regierungspräsidien.
Meine Damen und Herren, es werden in dieser Legislaturperiode CDU und FDP sein, die die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften weiter voranbringen, weil nämlich die SPD-Fraktion bei diesem Thema als Regierungspartner auf ganzer Linie versagt hat.
Teilweise ist das, was Sie hier fordern, von uns auch schon umgesetzt worden. So haben wir beispielsweise bei der Änderung des Schieds- und Gütestellengesetzes die Gleichstellung bereits ins Gesetz geschrieben. Das Standortegesetz, auf das Sie ja vor allen Dingen abzielen, befindet sich derzeit erst in der parlamentarischen Beratung; also besteht hier durchaus noch die Möglichkeit, die Gleichstellung in zahlreichen Gesetzen umzusetzen.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich bin nicht der Wettermann Phil Connors und Sie sind nicht die Einwohner von Punxsutawney in Pennsylvania. Hören wir also endlich auf, jeden Monat das Gleiche zu sagen, denn inzwischen ist zu diesem Thema wahrlich von allen alles gesagt.