Protokoll der Sitzung vom 13.10.2011

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Miro Jennerjahn, GRÜNE – Jürgen Gansel, NPD: Reden Sie zum Thema! – Weitere Zurufe von der NPD)

Das Europäische Haus – das wissen wir alle – steht vor einer Zäsur. Das Europäische Haus steht vor einer großen Herausforderung;

(Andreas Storr, NPD: … steht in Flammen!)

denn Selbstgefälligkeit, auch Visionslosigkeit und Kraftlosigkeit hat dieses Haus in die Einsturzgefährdung gebracht.

Insofern haben wir eine Aufgabe – wir Deutschen in und für Europa! Das bedeutet, dass Deutschland unbedingt für Europa steht, aber nicht bedingungslos für Europa stehen kann, sondern natürlich Bedingungen formulieren muss, und das heißt in der jetzigen Situation natürlich, dass wir

(Jürgen Gansel, NPD: Genau, sagen Sie es doch, Herr „Kollege“!)

über Mechanismen nachdenken müssen, wie wir in Europa miteinander umgehen. Das heißt, dass wir auch darüber reden müssen, wie, wann und in welcher Weise ein Schuldenschnitt in Europa für die betroffenen Länder kommt, denn das gehört zur Solidarität dazu.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Natürlich heißt das auch, dass eine Beteiligung der Banken für diesen Schuldenschnitt her muss!

(Beifall der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE – Zurufe von der NPD)

Das wiederum bedeutet, dass wir über eine Möglichkeit von Bankeninsolvenzen in diesem Europa nachdenken müssen, weil die Kategorie Verantwortung für unternehmerisches Handeln verloren gegangen ist. Wir müssen diese Kategorie wieder einfordern. Das bedeutet auch: Eine Bank kann nicht zu groß zum Fallen sein.

(Beifall bei den LINKEN)

Das bedeutet auch, dass wir eine Finanztransaktionssteuer in Europa brauchen – genau für die Regulierung der Finanzmärkte.

(Jürgen Gansel, NPD: Das haben wir auch schon unterstützt!)

Darin sind sich mittlerweile auch alle Parteien einig und Barroso hat einen solchen Vorschlag schon gemacht.

(Andreas Storr, NPD: Aber ziemlich spät!)

Das heißt, wir brauchen für Europa gemeinsame Politiken im Wirtschafts- und im Sozialbereich. Wir müssen aber Europa stärken und nicht schwächen, so wie Sie es wollen, meine Dame und meine Herren von der NPD!

(Andreas Storr, NPD: Noch mehr Kompetenzen nach Brüssel, damit wir gar nichts mehr zu sagen haben?)

Ich möchte schließen mit einem Ausspruch von Jean Claude Juncker, der an Richtigkeit nicht zu überbieten ist: „Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte die Soldatenfriedhöfe besuchen.“

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und des Abg. Steffen Flath, CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE sprach der Abg. Scheel. – Jetzt sehe ich am Mikrofon 7 eine Kurzintervention; bitte, Herr Schimmer.

Ja, Herr Präsident, danke. – Ich würde gern auf den Redebeitrag des Herrn Scheel reagieren. Und zwar möchte ich klarstellen, dass es uns natürlich auch darum geht, den Frieden in Europa zu erhalten!

(Widerspruch – Starke Unruhe – Zurufe)

Aber dies wird nur möglich sein, wenn wir wieder nationale Währungen einführen; denn jedem von uns ist im tiefsten Inneren seines Herzens klar, dass Griechenland seine Schulden nicht wird zurückzahlen können.

(Zurufe von den LINKEN und der SPD)

Wenn man Griechenland nicht mit dem Polizeiknüppel regieren will, dann muss man Griechenland die Drachme zurückgeben; dann muss man Griechenland die Möglichkeit zurückgeben, abzuwerten und damit wieder die eigene Wirtschaft, den eigenen Export anzukurbeln und damit den inneren Frieden sicherzustellen.

Es ist ja wirklich völliger Unsinn, hier eine Gleichung aufzumachen: Wer den Euro infrage stellt, stellt den Frieden infrage. Das Gegenteil ist der Fall!

(Starke Unruhe – Zurufe)

Verschiedene nationale Währungen tragen dazu bei, den Frieden zu sichern, weil jede Nation eine Wirtschaftspolitik machen kann, die ihren eigenen Möglichkeiten und Interessen angemessen ist.

Ich finde es schon einen schlechten Scherz, wenn der Kollege Scheel jetzt plötzlich mit dem Schuldenschnitt für Griechenland kommt und dabei ganz genau weiß, dass wir im Mai 2010, als der erste Griechenland-Rettungsschirm beschlossen wurde, genau diese Forderung schon in einem Antrag hier eingebracht haben, der auch vom Kollegen Scheel abgelehnt wurde. Wir haben damals schon gesagt: Die Banken müssen bluten, nicht der Steuerzahler!

(Beifall bei der NPD)

Die Banken müssen an den Kosten der GriechenlandKrise beteiligt werden! Das haben wir hier schon vor 18 Monaten gesagt und nicht erst heute!

(Martin Dulig, SPD: Ihre Blutlösungen kennen wir ganz genau! Klappe halten!)

Ich bin mir sicher, in zwei Jahren werden Sie alle unsere Argumente übernehmen, wenn endgültig klar geworden ist, dass der Euro scheitert und Sie ganz, ganz dumm aus der Wäsche schauen werden!

(Beifall bei der NPD)

Das war eine Kurzintervention von Herrn Schimmer für die NPD-Fraktion. – Jetzt reagiert der Abg. Scheel, Fraktion DIE LINKE.

Es ist wieder einmal deutlich geworden, dass Sie nichts treibt als Ihr Nationalchauvinismus.

(Zurufe von der NPD)

Ich würde mich gern mit Ihnen intellektuell duellieren – allein, ich sehe Sie unbewaffnet.

(Beifall bei den LINKEN – Jürgen Gansel, NPD: Das ist wieder so eine Worthülse! Werden Sie mal sachlich! – Andreas Storr, NPD: Das ist eine dumme Behauptung! – Weitere Zurufe von der NPD)

Wir gehen jetzt in der Rednerreihe weiter. Bei der SPD-Fraktion sehe ich keinen Redebedarf. – Als Nächste ergreift für die FDP-Fraktion Herr Prof. Schmalfuß das Wort. Bitte.

(Jürgen Gansel, NPD: Jetzt hören wir den zweiten Schäffler!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Titel der Aktuellen Debatte lautet: „Generationengerechtigkeit ade – Welche Lasten bürdet die Euro-Krise der jungen Generation auf?“ Leider habe ich im ersten Beitrag des Abg. Schimmer das Wort „Generationengerechtigkeit“ kein einziges Mal gehört.

(Arne Schimmer, NPD: Nein, ich habe über Schulden geredet! Das hat damit wohl überhaupt nichts zu tun, Herr Prof. Schmalfuß?)

Ich möchte dennoch die Gelegenheit nutzen, zu dem Thema „Generationengerechtigkeit und Europa“ zu sprechen.

Generationengerechtigkeit heißt: Erfüllung des Generationenvertrages. Ich glaube, dass wir mit den Vereinigten Staaten von Europa, die sie einmal werden,

(Andreas Storr, NPD: Ach? Dahin soll die Reise gehen?)

einen Wert an sich dadurch erreicht haben, dass keine der jüngeren Generationen im vereinten Europa in einen Krieg gegeneinander ziehen musste. Das ist ein Wert an sich, eine Friedensdividende, die nicht in Geld auszudrücken ist.

(Beifall bei der FDP der CDU und den LINKEN)