Bevor ich zu den Details komme, gestatten Sie mir noch drei Bemerkungen, die für alle Rundfunkänderungsstaatsverträge und für alle Diskussionen über Gebührenmodelle gelten.
Erstens. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist dann für uns attraktiv, wenn er auf das Prinzip „Qualität vor Quote“ setzt. Qualität bedeutet für uns nicht, dass teure Spielshows eingekauft werden oder dass man sich an teuren Sportrechten verhebt, sondern dass der öffentlichrechtliche Rundfunk seinem Grundversorgungsauftrag wieder gerecht wird.
Zweitens. Wir sind der Auffassung, dass der Rundfunkzahler für seinen Beitrag einen Gegenwert erhalten muss. Ein Problem entsteht dann, wenn ohne mehr Gegenwert an der Gebührenschraube gedreht wird. Das verringert die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Hier sind die Politik und die Rundfunkanstalten gefragt, Vertrauen wiederherzustellen.
Drittens. Wir brauchen ein faires und transparentes Gebührensystem, damit alle, die davon profitieren, auch ihren Beitrag leisten.
Diese drei Voraussetzungen sind entscheidend für das Ansehen und für die dauerhafte Akzeptanz der öffentlichrechtlichen Rundfunkfinanzierung, so wie wir sie in Deutschland haben.
schon angesprochen worden. Er stellt in der Tat eine Zäsur dar, denn zum ersten Mal gibt es eine sehr umfassende Änderung des Gebührenmodells. Ich will gern einräumen, dass die jetzige Haushalts- und Betriebsstättenabgabe aus der Sicht der FDP nur die zweitbeste Lösung ist, aber sie ist deutlich besser als die bisherige gerätebezogene Gebühr.
Ich möchte das an drei Punkten illustrieren: Erstens. Es fällt das Klingeln des Rundfunkbeauftragten an der Haustür weg, also das, was als Schnüffelei kritisiert wurde. Das ist ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem alten Rundfunkgebührenmodell.
Zweitens. Wir brauchen keine Diskussion mehr darüber zu führen, was ein sogenanntes neuartiges Rundfunkempfangsgerät ist, ob dazu nun Handys und iPads zählen oder ob PCs darunter fallen. Diese Diskussion hat sich erledigt.
Drittens. Wir schaffen mehr Gerechtigkeit, weil die Zahl der Schwarzseher und Schwarzhörer sinken wird. All das sind Vorteile, die das neue Gebührenmodell bietet.
Natürlich gibt es bei einem solchen Staatsvertrag immer Licht- und Schattenseiten. Ich bin froh, dass es seit dem ersten Entwurf gelungen ist, dass die Schattenseiten deutlich reduziert werden konnten. Es sind viele Kritikpunkte, wie der Datenschutz, die aufgegriffen und eingearbeitet wurden. Der Adresshandel ist für den Übergang untersagt worden. Für den Datenabgleich wurde eine Stichtagsregelung festgelegt.
Bei der Beitragsstaffelung werden kleine Unternehmen entlastet. Im Gegensatz zu dem, was von den LINKEN gesagt wurde, wird es für die Mehrzahl der sächsischen Unternehmen – die Durchschnittsgröße eines sächsischen Unternehmens beträgt neun Mitarbeiter – eine Entlastung geben, denn bei der ersten Beitragsstaffelung mit bis zu acht Beschäftigten liegt der Beitrag monatlich bei 5,99 Euro. Die meisten Unternehmen zahlen somit weniger als bisher. Auch das ist ein Fortschritt.
Es konnte verhindert werden, dass ostdeutsche Kleingärtner mit größeren Gartenlauben doppelt zur Kasse gebeten werden, auch wenn die Diskussion zu Beginn etwas wild verlief. Es ist eine Klarstellung erfolgt und die Kritik daran hat sich in Luft aufgelöst. All diese Verbesserungen können sich durchaus sehen lassen.
Aber mit Staatsverträgen ist es nicht so einfach, wenn 16 Parteien am Verhandlungstisch sitzen. Aus sächsischer Sicht gesprochen, hätte man sich sicherlich in dem einen oder anderen Punkt weitergehende Regelungen vorstellen können. Das klappt aber nicht, wenn man Kompromisse machen und anderen Bundesländern – nicht nur aus parteipolitischen Interessen, sondern auch weil die medienpolitische Gemengelage unterschiedlich ist –, entgegenkommen muss.
Wir haben als Koalitionsfraktionen deshalb einen Entschließungsantrag gestellt, in dem wir die sächsischen Interessen deutlich herausstellen. Im Kern geht es uns darum, dass die durch die Systemumstellung erzielten möglichen Mehreinnahmen zur Beitragsdämpfung eingesetzt werden und nicht in neue Projekte fließen. Das sind wir den sächsischen Gebührenzahlern schuldig.
Wir werden sehr genau hinschauen, wie sich das Gebührenaufkommen entwickelt. Hierzu gibt es unterschiedliche Prognosen. Die Anstalten sagen, dass nicht mehr Geld reinkommen wird, andere Hochrechnungen besagen, dass mehr Geld ins System kommen wird. Wir werden uns anschauen, wie die Belastung auch im Unternehmensbereich sein wird: Wer wird entlastet, wer wird belastet und wie verhält es sich mit der Einbeziehung nicht privat geführter Kraftfahrzeuge, die in der Tat nicht systemkonform erfolgt?
Zusammengefasst möchte ich sagen: Trotz einiger Kritikpunkte ist das neue Gebührenmodell besser, zeitgemäßer und gerechter als das alte Modell. Deshalb werden wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Vielen Dank, Herr Herbst. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abg. Herr Dr. Gerstenberg.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Falk Neubert, ich gehöre zu denjenigen, die sagen, dass das kein normaler Staatsvertrag ist. Ich mache normalerweise nicht allzu große Worte, aber in der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sehe ich einen Paradigmenwechsel.
Der Wechsel von der gerätebezogenen Gebühr zu einem geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag ist notwendig und richtig. Er ist notwendig geworden – das haben mehrere Redner schon dargelegt – durch die Konvergenz der Medien und der Empfangsgeräte. Omas Dampfradio ist halt nicht mehr das Maß der Dinge, und es kann deshalb auch nicht das Maß für die Gebührenpflicht sein. Wir müssen uns nur einmal im Plenarsaal umschauen, dann sehen wir Notebooks, Smartphones und Tablets – das
Der Wechsel ist richtig und vorteilhaft. Nach unserer Überzeugung ist das neue Rundfunkfinanzierungsmodell einfacher, gerechter und verständlicher. Der Verwaltungs- und Kontrollaufwand kann sinken und das wird die Entwicklung der nächsten Jahre zeigen müssen. Aber, liebe Kollegen von der Linksfraktion, es gibt nicht nur die Wettiner, die davon profitieren könnten.
Es gibt Entlastungen für Familien mit erwachsenen Kindern. Es gibt Entlastungen für Lebensgemeinschaften und für Wohngemeinschaften. Es gibt Entlastungen für gemeinnützige Einrichtungen, für Schulen und für Hochschulen. Ich denke, das ist ein sehr sozialer und sehr gerechter Ansatz, die Rundfunkfinanzierung in dieser Richtung umzustellen.
Schließlich dient das neue Modell auch dem Schutz der Privatzone. Das hat Kollege Herbst soeben ausgeführt. Es ist Schluss mit dem Klingeln des Gebührenbeauftragten an der Wohnungstür, der in der Wohnung nachschauen und ausforschen möchte, wer welches Gerät besitzt und für welchen Zweck es genutzt wird.
Jürgen Doetz, Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien – normalerweise kein großer Freund des öffentlich-rechtlichen Rundfunks –, hat diesen Wechsel in dem knackigen Satz zusammengefasst: „Die künftige Haushaltsfinanzierung ist ohne Alternative.“
Ich begrüße es deshalb, dass sich die Ministerpräsidenten in den letzten Jahren auf dieses Modell geeinigt haben. Ich begrüße es auch deshalb, weil damit eine langjährige Forderung der GRÜNEN nach einer haushaltsbezogenen Rundfunkabgabe im Kern erfüllt wird. Der Antrag unserer Fraktion im November 2010 war es ja, der zu einem einmütigen Beschluss des Sächsischen Landtags geführt hat, in dem der Wechsel zu einem geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag unterstützt wurde.
Abgelehnt damals wurde allerdings, Nachbesserungen beim Datenschutz vor der Unterzeichnung vorzunehmen. Es war die Konferenz der Datenschutzbeauftragten, die bereits im September 2010 massive Kritik geübt hat, dass die Regelung des Staatsvertrages den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Datensparsamkeit sowie der Normenklarheit und Transparenz widersprechen. Diese Kritik hat sich allerdings in nur sehr geringem Maße im Staatsvertrag niedergeschlagen.
Ich sage es ganz offen: Für mich ist es völlig verständlich, wenn verhindert werden soll, dass sich Beitragsschuldner ihrer Zahlungspflicht entziehen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit und das hat – nicht zu vergessen – Auswirkungen auf die Beitragshöhe. Jedoch ist es nicht akzeptabel, wenn bei der Suche nach dem letzten Beitragsschuldner alle Bürgerinnen und Bürger mit unverhältnismäßigen
Maßnahmen der Datenerhebung und -speicherung überzogen werden. Daran wird sich auch die Akzeptanz des neuen Systems bei den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes entscheiden.
Ich bin froh darüber, dass die anhaltende Diskussion über die Datenschutzmängel zumindest dazu geführt hat, dass die Rundfunkanstalten jetzt versuchen, dem teilweise Rechnung zu tragen, indem sie in ihren Satzungen oder in der Verwaltungsvereinbarung mit der Nachfolgeeinrichtung der GEZ entsprechende Regelungen treffen. Das ist zu begrüßen, kann aber nicht die Normenklarheit im Gesetz ersetzen.
Herr Staatsminister Beermann, es wäre Ihre Aufgabe gewesen, sich nicht so lange schwerhörig zu stellen, sondern gemeinsam mit den anderen Ländern für klare normative Regelungen im Gesetzestext zu sorgen.
Wir haben in unserer Fraktion sehr umfangreiche Diskussionen geführt und eine Abwägung getroffen, was für uns überwiegt: dieser insgesamt zu begrüßende Modellwechsel oder die Mängel im Datenschutz, die in diesem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag bestehen. Das Ergebnis ist quasi unentschieden. Ein Teil unserer Fraktion wird heute zustimmen und ein anderer Teil wird ablehnen.
Einig sind wir uns jedoch in einer Frage: Die Bedeutung eines leistungsfähigen, staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist gar nicht oft genug zu betonen. Wir müssen nicht in die USA schauen, um Vergleiche zu ziehen. Schauen Sie bitte nach Ungarn oder gar nach Italien. Da wird deutlich, was wir an ARD, ZDF und Deutschlandradio haben. Diese Sender sind ein öffentliches Gut von hohem Wert und sie leisten einen elementaren Beitrag zur Meinungs- und Willensbildung in unserer Demokratie. Die Umstellung selbst wird jetzt ein Kraftakt werden. Deshalb können wir uns nicht darauf beschränken, heute zu beschließen, sondern es wird unsere Aufgabe als Sächsischer Landtag sein, die gesamte Umstellung und die Evaluierung kritisch zu begleiten. Dazu haben wir einen Entschließungsantrag.
Wenn diese Umstellung gelingt, dann werden die Sender ihren Verfassungsauftrag auf gesicherter finanzieller Grundlage erfüllen können. Sollte es wider Erwarten im neuen System wirklich zu Mehreinnahmen kommen, dann habe ich einen Wunsch frei. Ich würde mir wünschen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk künftig nicht nur informativ, bildend und unterhaltend ist, sondern auch werbefrei.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag stellt – es ist schon erwähnt worden – eine Zäsur in der Zwangsfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dar. Die Mehrheitsparteien in den 16 Landtagen wollen ab
2013 den Übergang von der bisher gerätebezogenen Rundfunkgebühr zu einer für alle Wohneinheiten verbindlichen Haushaltsabgabe. Mit der Zustimmung der NPD, meine Damen und Herren, können Sie dabei nicht rechnen.
Diese Zwangsabgabe in Höhe von monatlich 17,98 Euro trifft jeden Haushalt sowie Betriebsstätten und Zweitwohnungen – ganz gleich, ob man sich dort von den Sendeformaten der öffentlich-rechtlichen Anstalten überhaupt angesprochen fühlt oder nicht. Wir reden hier von einer lupenreinen Zwangsabgabe, von einer Art Steuer auf Produkte, die manch einer gar nicht will. Man kann es auch in ein anderes Sprachbild packen: Man kann von einer Art Kraftfahrzeugsteuer für diejenigen sprechen, die überhaupt kein Auto haben und sich auch keines zulegen wollen. Das ist aus unserer Sicht wirklich absurd und das ist ungerecht.
Es handelt sich also um eine dreiste Gebührenabzocke zugunsten des Staatsfunks, der sich „staatsfern“ nennt, aber de facto ein Staatsfunk ist, der sich damit weiterhin dem Wettbewerb entziehen und die Milliarden der Beitragszahler in seinem aufgeblähten Verwaltungsapparat versickern lassen kann.