Protokoll der Sitzung vom 23.11.2011

Es gibt eine Wortmeldungen am Mikrofon 2. Herr Lichdi, bitte.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich möchte mein Abstimmungsverhalten und das anderer Mitglieder meiner Fraktion begründen.

Bitte schön.

Wir konnten dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag nicht zustimmen, da wir nicht mehr gewillt sind, die offensichtlichen datenschutzrechtlichen Mängel hintanzustellen. Wir beobachten in vielen Fällen, dass die Fachpolitiker – aus guten Gründen, die auch hier vorliegen – ein Gesetz einbringen, das jedoch datenschutzrechtliche Mängel aufweist. Wir sind grundsätzlich der Auffassung, dass dem Datenschutz auch im vorliegenden Fall nicht die gebührende Aufmerksamkeit gezollt wird. Deswegen haben wir uns entschlossen, auch einmal dagegen zu stimmen.

(Christian Piwarz, CDU: Ihr seid mutig!)

Wir hoffen, dass sich dieses Verhalten ausbreitet, um vielleicht auch die Staatsregierung anzuhalten, auf diese Aspekte in Zukunft mehr Rücksicht zu nehmen.

Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Lichdi. Die Erklärung haben wir zur Kenntnis genommen.

Meine Damen und Herren! Tagesordnungspunkt 3 kann ich noch nicht abschließen, da noch vier Entschließungsanträge vorliegen. Ich schlage Ihnen vor, dass wir darüber in der Reihenfolge des Eingangs beraten und beschließen.

Wir beginnen mit dem Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/7498. Herr Neubert, soll er noch einmal eingebracht werden? – Das ist der Fall. Sie haben dazu das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine kurze Vorbemerkung: Ich möchte der böswilligen Interpretation von Herrn Beermann entgegentreten, ich hätte den MDR mit einem Zoo verglichen. Ich habe den MDR mit Kultureinrichtungen verglichen. Herr Beermann, ich verstehe nicht, wie Sie das missverstehen konnten. Das ist in höchstem Maße bedenklich.

Ich konzentriere mich zunächst auf unseren ersten Entschließungsantrag; den zweiten werde ich nachher einbringen.

So haben wir es verabredet.

Es geht in diesem Entschließungsantrag um Fragen des Datenschutzes aus der Sicht unserer Fraktion. Ich erwähnte schon in meiner Rede vorhin, dass der Antragsinhalt im Wesentlichen mit dem übereinstimmt, wie er im Landtag von BadenWürttemberg einstimmig angenommen wurde. Erstens beinhaltet unser Entschließungsantrag den Appell an die Rundfunkanstalten, bei der Erhebung und Verwendung von Daten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Ferner soll in die Vorbereitung und Durchführung der anschließenden Evaluierung der Sächsische Datenschutzbeauftragte einbezogen werden. Der Evaluierungsbericht soll veröffentlicht werden, und es sind Konsequenzen daraus zu ziehen.

Ich bitte um Zustimmung.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Neubert. – Wird hierzu das Wort gewünscht? – Am Mikrofon 3 Herr Herbst, bitte.

Herr Präsident, ich kann es ganz kurz machen. Zunächst möchte ich auf Herrn Neubert eingehen: Böswillige Interpretationen aus den Reihen der Staatsregierung? So etwas kann ich mir gar nicht vorstellen. Das übersteigt völlig unsere Fantasie.

Nun zum Thema Datenschutz. Wir haben uns darüber schon ausgetauscht. Es besteht sicherlich ein gewisser Zielkonflikt zwischen der Erhebung von nur so vielen Daten, wie unbedingt notwendig, auf der einen Seite und Gebührengerechtigkeit auf der anderen Seite.

Wenn sich jemand dem Zahlen entziehen will und es geschickt anstellt, kann es ja nicht sein, dass wir alle Augen zudrücken und sagen, an der Stelle verfolgen wir das nicht weiter und lassen es somit zu, dass sich einige der Zahlungspflicht entziehen. Unter dem Strich gesehen glauben wir aber, dass die Vorteile, die dadurch entstehen, dass kein Zutritt mehr zu Wohnungen und keine Schnüffelei mehr stattfindet, die Befürchtungen überwiegen, die im Rahmen der Datenverarbeitung bestehen.

In den Übergangsbestimmungen ist klar geregelt, dass alle Daten nur nach streng definierten Kriterien erhoben werden dürfen. Auch die Nutzung ist geregelt. Wenn keine Nutzung mehr erfolgt, müssen die Daten gelöscht werden. Das steht ganz klar im Staatsvertrag. Aufgrund der Diskussion im Vorfeld und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit werden die Datenschutzbeauftragten sehr genau in der Praxis hinschauen. Ich denke, auch die Rundfunkanstalten selbst haben ein Interesse daran, dass der Datenverarbeitungsaufwand auf ein Minimum begrenzt wird. Aus diesem Grund werden wir Ihren Entschließungsantrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Herbst. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. So kommen wir zur Abstimmung über die Drucksache 5/7498, Antrag der Fraktion DIE LINKE. Ich bitte um die Dafür-Stimmen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke sehr. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat der Entschließungsantrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Ich rufe den Entschließungsantrag in der Drucksache 5/7499, ebenfalls ein Antrag der Fraktion DIE LINKE, auf. Herr Neubert, Sie hatten schon angekündigt, dass Sie ihn noch einbringen werden. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wurde angedeutet, dass die Kuh vom Eis ist. Es geht um die Ausnahmeregelung ostdeutscher Kleingärten und der Gebührenpflicht.

Ich möchte zu Beginn an das anschließen, was Herr Gerstenberg schon angesprochen hat. Es ist tatsächlich nicht so, dass das innerhalb des Gesetzestextes offengelassen wurde. Es gibt eine ganz klare Formulierung innerhalb der Begründung, die im Widerspruch zu dem steht, was Herr Beermann im Ausschuss gesagt hat. Es sind genau die ostdeutschen Lauben, die laut Bundeskleingartengesetz in der Übergangsregelung waren und hier nicht von einer Befreiung profitieren. Das steht in der Begründung des Rundfunkänderungsstaatsvertrages. Das ist bewusst so formuliert worden. Vor diesem Hintergrund ist das kein Missverständnis, sondern eine bewusste Formulierung und damit vonseiten der Staatsregierung mit zu verantworten.

Unser Entschließungsantrag ist auch nach der Protokollnotiz der Staatskanzleien nicht hinfällig. Wir wollen in dem Entschließungsantrag, dass die Staatskanzleien sich klar positionieren und die Formulierung, wie sie immer noch in der Begründung des Gesetzes steht, klarstellen. Bisher haben die Chefinnen und Chefs der Staatskanzleien der Länder eine Position der ARD begrüßt, wonach man zurückhaltend bei der Realisierung des Gebühreneinzugs bei ostdeutschen Lauben herangehen will. Das ist aus unserer Sicht eine völlige Verkehrung der Situation, weil immer noch die Landtage Gesetzgeber sind. Die Gesetze werden in dieser Frage immer noch von den Staatskanzleien ausgehandelt. Vor diesem Hintergrund ist auch an dieser Stelle eine Klarstellung vonnöten. Deswegen dieser Entschließungsantrag.

(Beifall bei den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Neubert. – Hierzu wird das Wort gewünscht. Herr Gemkow, bitte.

Sehr geehrter Herr Kollege Neubert! Sie haben es schon gesagt: Die Kuh ist vom Eis, wenn sie überhaupt jemals darauf gewesen ist, denn ausweislich des Vermerks des MDR, der mit der ARD abgestimmt ist, und auch der Protokollnotiz der MPK ist nun klar, dass auch Lauben und Bauten über

24 Quadratmeter befreit sind. Insofern ist dieser Antrag überkommen, und wir werden ihn deswegen ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Staatsminister, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde gern noch einmal erläutern, wie die Zusammenhänge sind. Das eine ist der Gesetzestext. Was Sie heute beschließen, ist maßgeblich und nicht das, was irgendwo anders geschrieben steht. Das heißt, was in der Begründung steht, ist eine nette Interpretationsanleitung, aber auch nicht mehr. Der Gesetzestext selbst hat einen Verweis auf den § 3 Kleingartengesetz. Der wiederum spiegelt sich in § 20a Kleingartengesetz wider.

Es ist eine Frage der Gesetzesinterpretation, das heißt eine typische Verwaltungsfrage. Das muss man nicht gesetzmäßig klarstellen noch sonst irgendwie regeln, sondern, wenn es darüber Streit gibt – und insofern bleibe ich dabei, Herr Gerstenberg –, entscheiden das die Gerichte. So ist es zumindest in unserer Rechtsordnung geregelt.

Dass wir gerade als Gesetzgeber bei der verwaltungstechnischen Umsetzung sehr viel vorsichtiger sein müssen als ansonsten bei Verwaltungen, leuchtet wohl auch ein. Deshalb waren wir in der vergangenen Woche froh, dass die ARD gesagt hat, wir interpretieren die Klausel, die die Kleingärten betrifft, genauso, wie es von euch vorgedacht ist, respektive so, wie ihr es seht. Ich habe damals gesagt, ich mache es privat so, wie es meine private juristische

Interpretation ist. Wenn dem so ist und die Verwaltungsbehörde sagt, wir legen es so aus, können wir uns darüber freuen, denn dann reicht es. Das heißt, der Antrag ist völlig überflüssig.

Meine Damen und Herren, gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Neubert, Sie haben noch ein paar Sekunden.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatsminister! Das kommt mir tatsächlich etwas zu euphemistisch daher. Die Interpretation eines Gesetzestextes ist dann möglich, wenn in der Begründung nicht klar formuliert ist, was damit gemeint ist. In diesem Fall steht in der Begründung, dass die Übergangsregelungen nach Bundeskleingartengesetz, also genau die etwas größeren Lauben, nicht von einer Befreiung bedacht sind. Deswegen gibt es keinen Interpretationsspielraum. Deswegen ist die Protokollnotiz wichtig, die für unsere Begriffe zu kurz greift, weil sie lediglich eine Position des MDR begrüßt. Wir wollen zur Klarstellung eine Positionierung der Staatskanzlei.

Weitere Wortmeldungen kann ich nicht sehen. Wir kommen zur Abstimmung über die Drucksache 5/7499, Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Ich bitte um die Dafür-Stimmen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Danke sehr. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und zahlreichen Stimmen dafür hat dieser Entschließungsantrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden.

Meine Damen und Herren! Wir beraten jetzt einen dritten Entschließungsantrag, Drucksache 5/7533, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPDFraktion. Herr Dr. Gerstenberg, Sie bringen diesen jetzt ein.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kern unseres Entschließungsantrages stützt sich auf einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller Fraktionen des Landtages in Baden-Württemberg. Und ich sage es Ihnen ganz offen, ich hätte mir gewünscht, dass wir auch im Sächsischen Landtag zumindest zum Teil zu einer gemeinsamen Entschließung kommen. Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, dass so etwas künftig möglich sein wird, bevor ein grüner Ministerpräsident in Sachsen regiert.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE – Heiterkeit bei der FDP)

Wir konzentrieren uns in unserem Antrag erstens auf einen Appell an die Rundfunkanstalten, ihre Satzungen und Verwaltungsvereinbarungen, aber auch ihre Praxis so auszurichten, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf den Datenschutz gewährleistet wird. Das betrifft insbesondere den Ankauf von Daten aus nicht öffentlichen Stellen, den wir nicht nur für zwei Jahre ausgesetzt, sondern dauerhaft untersagt sehen wollen. Wir

wollen auch klarstellen, dass Datenabgleiche mit öffentlichen Stellen auf Melde- und Grundbuchämter, Handels- und Gewerberegister zu beschränken sind. Damit holen wir die Klarheit nach, die im Gesetzestext fehlt.

Zweitens geht es um die Frage der Datenerhebung bei Dritten. Auch das hat schon eine Rolle gespielt. Es ist klar, dass sie auch jetzt nur nachgeordnet erfolgen kann. Aber klarzustellen ist, dass sich diese Anfrage dann wirklich nur auf den Namen des Wohnungsinhabers zu beschränken hat und alle weiteren Daten direkt beim Betroffenen zu erheben sind.

Wir hatten seit über einem Jahr eine Debatte, ob ein Datenaustausch zwischen den Rundfunkanstalten notwendig ist. Die Anstalten haben das für mich nicht nachvollziehbar begründen können, verweisen aber darauf, dass es bisher notwendig gewesen sei. Deshalb plädieren wir dafür, diesen Datenaustausch auf Ausnahmefälle zu begrenzen, dafür ganz klare Kriterien zu definieren und dieses Konzept gemeinsam mit den Landesdatenschutzbeauftragten zu entwickeln.

Viertens schließlich geht es um die bereits erwähnten Bescheinigungen. Auch wir sehen es als völlig falsch an, dass bei der Nachfolgeeinrichtung der GEZ sozusagen die zentrale Stelle, die über Sozial- und Gesundheitsdaten aus ganz Deutschland verfügt, weiterhin besteht oder neu entsteht. Aus unserer Sicht muss es grundsätzlich so ablaufen, dass Leistungsbescheinigungen als Drittbescheinigungen verwendet werden, und da geht es nicht einfach so, dass wir darauf verweisen können, die Kommunen wollen das nicht.

Wir wollen, dass alle diese Aspekte bei der Evaluierung beachtet werden, dass die Landesdatenschutzbeauftragten in diese Evaluierung einbezogen werden und dass dieser Bericht auch veröffentlicht wird. Die Ergebnisse dieser Evaluierung der Datenschutzaspekte müssen dann in die Novellierung einfließen.

Schließlich wollen wir auch den Gesichtspunkt der Barrierefreiheit stärken. Die Protokollnotiz ist schön, aber es muss evaluiert werden, ob die Rundfunkanstalten die Barrierefreiheit aufgrund dieses Tatbestandes, dass auch von behinderten Menschen jetzt Beiträge erfolgen, wirklich deutlich verbessern.