Protokoll der Sitzung vom 24.11.2011

Die Redezeit läuft ab.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Weichenstellung für die Lehrerbildung braucht eine breite öffentliche Diskussion, sie braucht eine Konsensbildung aller Beteiligten. Herr Colditz hat das richtig gesagt. Bisher war dies eine Diskussion im stillen Kämmerlein des SMK und der Staatlichen Kommission Lehrerbildung.

Die Redezeit ist zu Ende.

So weitreichende und wichtige Entscheidungen gehören in die Hand des Sächsischen Landtages. Deshalb bin ich nach dieser Entwicklung überzeugter denn je: Sachsen braucht ein Lehrerbildungsgesetz!

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Das war für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Kollege Gerstenberg. – Als Nächster spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Schreiber.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich als Allererstes den Lehrerinnen und Lehrern im Freistaat Sachsen dafür danken, dass sie auch unter den Bedingungen, die heute hier skizziert worden sind – auch wenn sie in der einen oder anderen Rede vielleicht teilweise überspitzt wurden –, trotzdem einen so hervorragenden Job machen, dass wir nach wie vor deutschlandweit mit unserem Bildungssystem und dessen Ergebnissen auf Platz eins stehen. Ich denke, das sollte hier auch einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Da könnte ruhig einmal ein Applaus von der Opposition kommen.

(Beifall der Abg. Annekathrin Giegengack, GRÜNE)

Das hat nicht nur etwas mit der CDU und Parteipolitik zu tun.

(Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Das hat etwas mit den Leistungen zu tun, Frau Dr. Stange, die die Pädagogen an den Schulen seit Jahren erbringen, und zwar auch unter den Bedingungen, die Sie hier skizzieren. Da können Sie ruhig auch einmal einen Applaus spenden.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Das Schlimme an der Debatte, die wir heute hier führen, ist, dass sie wieder von Parteipolitik geprägt ist. Selbstverständlich ist es Aufgabe der Opposition, Kritik zu üben. Das ist gar keine Frage. Aber es sollte in meinen Augen jeder auch einmal vor der Tür kehren, hinter der er selbst einmal gearbeitet hat.

Lassen Sie mich zum Thema Referendare folgende Zahlen nennen: Wir haben zum 1. August 2011 889 neu zugelassene Referendare. Davon sind sage und schreibe 461 Gymnasialreferendare und nur 302 Referendare im Mittelschul- und Grundschulbereich zusammen. Derzeit befinden sich in Gänze 1 377 Referendare im Vorbereitungsdienst. Am 01.08.2012 sollen es 1 670 sein. Das sage ich, damit Sie den Vergleich zum Jahr 2008 haben, mit dem sich Frau Dr. Stange seit vielen Monaten schmückt. Da waren es 1 369 Referendare. Wir haben also spätestens am 01.08.2012 Ihre Zahl um mehr als 300 Referendare übertroffen. Im Jahr 2013 werden sogar laut den derzeitigen Planungen 2 050 Referendare im Vorbereitungsdienst sein.

(Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Das ist eine unheimliche Herausforderung bei der Ausbildung der jungen Menschen, aber vor allen Dingen auch für die Lehrer.

Wir haben am 01.08. des nächsten Jahres mit ungefähr 1 257 Bewerbern für ein Referendariat zu rechnen. Davon sind aber gerade einmal 320 im Bereich Mittelschule und Grundschule. Man muss sich überlegen, woran das liegt. Das liegt zum einen – das ist hier schon häufig gesagt worden – natürlich daran, dass die Bezahlung ein Problem ist. Es ist mittlerweile fraktionsübergreifend ein Thema, dass wir uns überlegen müssen, wie wir künftig bei der Eingruppierung gerade von Berufsanfängern, Berufseinsteigern im Mittelschul- und Grundschulbereich vorgehen.

Aber es hat natürlich auch etwas damit zu tun, wie wir die Debatte, beispielsweise über das Lehramt an Mittelschulen, führen, wie wir überhaupt über Lehrer und deren Arbeit bzw. über unser sächsisches Bildungssystem sprechen.

Wir haben als CDU-Fraktion im Juli dieses Jahres ein 11-Punkte-Programm verabschiedet. Ich gehe davon aus, Frau Dr. Stange, dass Sie das inzwischen kennen, nachdem Sie in der letzten Debatte zum Thema Bildung sagten, Sie kennen dieses Programm nicht. Es ähnelt sehr den Punkten, die Sie auch schon vorgetragen haben. Deshalb schaue ich sehr positiv in die Zukunft, wenn es darum geht, dass wir das Problem gemeinsam lösen können.

Aber – das möchte ich jetzt einmal deutlich sagen – ein entscheidender Punkt, warum wir so viele Gymnasialreferendare haben und so gut wie keine Grundschul- und Mittelschulreferendare, ist in meinen Augen auch, dass an

den Universitäten und im Vorfeld bei den Abiturienten keine Beratung stattfindet. Ich habe das – –

(Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Nein, nein, Frau Dr. Stange, nicht schon wieder auf die anderen zeigen! Sie waren hier Wissenschaftsministerin, Sie waren für die Universitäten zuständig und haben in den drei Jahren an dieser Stelle nichts getan.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Als ich begonnen habe, auf Lehramt zu studieren, habe ich von der Universität Dresden einen Brief bekommen: Herzlich willkommen, Lehramt Gymnasium, Gemeinschaftskunde und Geschichte. Ich habe keinen Brief bekommen: Herr Schreiber, überlegen Sie sich das einmal. Geschichte braucht in Sachsen kein Mensch, dafür haben wir genug Lehrer. Wollen Sie nicht lieber Ethik oder Französisch studieren? – Nichts, nichts, nichts. Das haben Sie in den drei Jahren, in denen Sie Wissenschaftsministerin waren, auch nicht geändert. Also hören Sie auf, immer mit dem Finger auf andere zu zeigen. Das Problem, das wir in Sachsen – –

(Beifall des Abg. Holger Zastrow, FDP – Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege Schreiber?

Selbstverständlich.

Bitte, Frau Kollegin Stange.

Sehr geehrter Herr Schreiber, geben Sie mir recht, dass dieser Brief für Ihre Entscheidung zu spät gekommen wäre und Sie diesen Brief eventuell schon in Klasse 11 gebraucht hätten, um sich entscheiden zu können, ob Sie vielleicht Mathematik und Physik studieren – was ja in den Schulen gebraucht wird – oder ob Sie doch lieber Gemeinschaftskunde und Geschichte studieren?

Frau Dr. Stange, das ist eine sehr gute Frage. Ich gebe Ihnen sogar teilweise recht.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb habe ich auch die Schule und Klasse 11 angesprochen, wenn Sie richtig zugehört hätten. Aber es wäre zumindest an der Universität die letzte Chance gewesen, mich davon zu überzeugen, doch etwas anderes zu studieren. Wenn man sich, wie beispielsweise ich, –

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Moment, Moment, Herr Brangs! – an einer Universität einschreibt, dann tut man da – –

(Stefan Brangs, SPD: Man kann sich auch woanders einschreiben, genau! Jetzt verstehe ich das!)

Haben Sie sich schon mal an einer Universität eingeschrieben? Wissen Sie, wie das funktioniert?

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU und der FDP)

Super, wirklich klasse!

(Stefan Brangs, SPD: Genau! Sie müssen mal ins Handbuch schauen!)

Kein Zwiegespräch, bitte! Lassen Sie den Herrn Kollegen antworten.

Frau Dr. Stange, angenommen, Sie bekommen, wie ich damals, weit vor dem 01.04.2000 einen Brief von der Universität mit: Herzlich willkommen, Sie sind hiermit Student an der TU Dresden. Weit vor dem 01.04., und es wäre durchaus Zeit gewesen, den zukünftigen Studenten darauf hinzuweisen, dass die Fächerkombination, die er studieren will, und die Schulart derzeit überhaupt keine Berufschancen in Sachsen haben.

(Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Natürlich wäre Platz gewesen, und ich habe sogar während meines Studiums genau wegen dieses Problems noch von Gemeinschaftskunde zu Fremdsprachen gewechselt. Also, die Möglichkeiten sind doch vorhanden. Aber Sie kritisieren, kritisieren, kritisieren und haben, wie gesagt, selbst in den drei Jahren Ihrer Regentschaft im Wissenschaftsministerium an dieser Stelle nichts – nichts! – bewegt, und das müssen Sie bitte zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Doch!)

Noch 17 Sekunden!

Letzter Gedanke – vielleicht gibt es ja eine dritte Runde, zunächst für jetzt –: Thema Verbeamtung. Ich sage Ihnen ganz deutlich, dass wir dazu noch sehr großen Redebedarf haben. Ich persönlich bin der Meinung – das geht vor allem auch gegen den Willen der Gewerkschaften, ganz logisch –, wir müssen in der Situation, die wir in Deutschland haben, darüber nachdenken, wie es uns gelingen kann, dass Lehrkräfte, die aus westdeutschen Bundesländern nach Sachsen zurückkommen und verbeamtet sind, ohne dass jemand später im Lehrerzimmer schlechter gestellt ist, ihren Beamtenstatus in Sachsen behalten können. Darüber müssen wir nachdenken.

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Dr. Gerhard Besier, DIE LINKE)

Herr Schreiber, Ihre Redezeit ist abgelaufen!