Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

Die Bundesregierung will mit der Gleichwertigkeitsklausel und weiteren Anforderungen in § 17 der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes regeln, ob und wie gewerbliche Sammlungen für getrennt erfasste Abfallfraktionen bei privaten Haushalten möglich sind. Dabei ist einerseits die viel beschriebene Rosinenpickerei privater Sammler zu verhindern. Sie geht unstrittig zulasten der durch die kommunalen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger

eingerichteten Sammelsysteme und damit letztlich zulasten der Bürger. Andererseits soll auch nicht zugelassen werden, dass kommunale Leistungen monopolisiert werden, wenn sie nicht die Anforderungen der Bürger erfüllen. Das ist Rechtsprechung der EU und hat seinen tieferen Sinn im Wettbewerbsgedanken.

Mit der Gleichwertigkeitsklausel setzt der Bund eine zentrale Anforderung der Europäischen Union um. Gemäß der Rechtsprechung auf EU-Ebene gilt: Bietet ein privater Dritter den Bürgern bei einer Aufgabe von allgemeinem Interesse eine zusätzliche Leistung an, die der herkömmliche Aufgabenträger nicht bietet, so ist eine Einschränkung des Wettbewerbes zugunsten eines Monopols nicht zulässig. Bei Abfallsammelsystemen sollen als Kriterien für die Beurteilung die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit, die Qualität, der Umfang, die Effizienz und die Dauer der Leistungen herangezogen werden.

Abfallpolitisch geht es jetzt im Gesetz darum, dass die werthaltigen Haushaltsabfälle möglichst ökologisch und ressourceneffizient erfasst werden. Die Sächsische Staatsregierung unterstützt die Ziele der Ressourceneffizienz und der Bürgerfreundlichkeit. Die Regelung sichert auch, dass dem Bürger eine ordnungsgemäße, servicefreundliche und ökologisch optimierte Abfallsammlung geboten wird. Insofern ist es abwegig, wenn der vorliegende Antrag das Gegenteil behauptet.

Die Sächsische Staatsregierung tritt aus den genannten Gründen grundsätzlich für eine Gleichwertigkeitsprüfung ein. Eine ersatzlose Streichung der Klausel hätte ein

Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik wegen der EU-Rechtswidrigkeit des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zur Folge. Es wäre auch zu erwarten, dass die Untersagung unzulässiger gewerblicher Sammlung

aufgrund der fehlenden Bewertungskriterien erheblich erschwert würde. Die Verwaltungsgerichte würden mit Blick auf die EU-rechtlichen Zweifel wie bisher eine sofortige Vollziehung von Untersagungsverfügungen ablehnen und letztlich auf eine Klärung durch den Europäischen Gerichtshof warten.

Die ersatzlose Streichung der Gleichwertigkeitsklausel würde also nicht, wie im SPD-Antrag behauptet, die Rechtsunsicherheit verringern, sondern zu deutlich mehr Rechtsunsicherheit beitragen. Eine Ablehnung des vorliegenden Antrages ist daher auch aus EU-rechtlichen Gründen geboten.

Der Freistaat sollte im Vermittlungsausschuss deshalb nicht für eine Streichung der Gleichwertigkeitsklausel, sondern für ihre Verbesserung im Sinne ihrer zielgenauen Wirkung eintreten.

Allerdings zeichnet sich bereits die Gefahr ab, dass im Vermittlungsverfahren keine einfachere und klarere, sondern auf Drängen der SPD-regierten Länder mit neuen unbestimmten Begriffen eine noch kompliziertere Fassung erreicht werden wird, deren Vollzug weiterhin umstritten sein wird.

Ich empfehle dem Landtag deshalb nachdrücklich, den vorliegenden Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Staatsminister! – Meine Damen und Herren, die Aussprache ist beendet. Wir kommen zum Schlusswort. Das hat die Fraktion der SPD. Frau Köpping, bitte.

Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Abgeordnete! Sehr verehrter Herr Kupfer, ich widerspreche dem einfach. Aufgaben der Daseinsvorsorge kollidieren eben nicht mit den Regeln des Wettbewerbs. Das sieht auch Brüssel so. So viel zum Grundsatz. Doch man kann sich lange darüber streiten.

Ich habe aber auch Beispiele von der Basis, die ich befragt habe, bevor wir diesen Antrag eingebracht haben, ob es tatsächlich so ist, dass wir vielleicht günstigere Preise und niedrigere Gebühren erzielen. Ich habe hier ein Beispiel aus Paderborn. Sie wissen, dass der Vergleich in diesem Bereich immer schwierig ist. Das sage ich dazu.

Die mit knapp 140 Euro niedrigsten Gebühren für Restmüllentsorgung eines Vier-Personen-Haushaltes zahlen seit Jahren die Bürger in Paderborn, wo die Kommunen selbsttätig sind. Das Gegenbeispiel: Mit über 600 Euro bezahlen die Bürger in Nordkirchen an den größten deutschen Entsorgungskonzern die höchsten Gebühren. Die Sorge ist, dass eine Gebührensteigerung stattfindet.

Ich hätte dazu gern den Vortrag von Frau Jonas gehört, weil sie ja aus der Region des Landkreises Leipzig weiß,

wie schwierig die unterschiedlichen Rechtsprechungen in der Abfallbeseitigung gerade für die kommunale Ebene sind. Wir streiten uns dort seit Jahren auf Gerichten über die Daseinsfürsorge herum, und das wird mit dieser Regelung verschärft.

Deswegen ist unser dringendes Anliegen, dass Sie den Antrag annehmen und uns unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Vielen Dank, Frau Köpping.

Meine Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 5/57627 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Vielen Dank. Wer möchte dagegen stimmen? – Danke sehr. Gibt es Stimmenenthaltungen? – Bei zahlreichen Stimmen dafür hat der Antrag dennoch nicht die erforderliche Mehrheit gefunden und ist damit nicht beschlossen.

Erklärung zu Protokoll

Das Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes wurde im Bundesrat durch SPD und GRÜNE gestoppt. Die Gründe, die zu dieser Entscheidung führten, sind nach Auffassung der FDP-Fraktion wenig nachvollziehbar.

Vielmehr ist festzustellen, dass durch diese Parteien und deren Blockade im Bundesrat die Möglichkeit für mehr Umweltschutz, einen fairen Wettbewerb und Planungssicherheit für die Kommunen gestoppt wurde.

Das Kreislaufwirtschaftsgesetz hält, was es dem Namen nach verspricht: Es schafft die Grundlage für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft und ist im Ergebnis vor allem ressourceneffizient. Recycling und die damit erzielte Wiederverwertung führen im Ergebnis zu einer noch höheren Einsparung von Rohstoffen. Diese Zielstellung wird schon in naher Zukunft einen sehr wesentlichen Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit verschiedener Wirtschaftszweige haben.

In den vorab geführten Gesprächen zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden sowie der kommunalen und privaten Entsorgungswirtschaft wurde ein ganz entscheidendes Ergebnis erzielt: Die Verantwortung und damit Organisation von Entsorgung überlassungspflichtiger Abfälle verbleibt auf der kommunalen Ebene. Nur wenn die Kommune einer – wie der Gesetzgeber fordert – hochwertigen Entsorgung von Abfällen

nicht nachkommen kann oder will, ist ein Engagement von privaten Anbietern überhaupt möglich.

Die seitens der Antrag stellenden Fraktion infrage gestellte „Gleichwertigkeitsklausel“, geregelt in Artikel 1 § 17 Abs. 3 des Gesetzes, ist demgemäß gerade ein Instrument, mehr Wettbewerb in einer wirtschaftlichen und ökologisch anspruchsvollen Abfallentsorgung zuzulassen.

Dieser nun gewollte Wettbewerb ist vor allem im Sinne der Verbraucher ein entscheidender Garant, die Abfallgebühren im erträglichen Maß für die Betroffenen zu halten.

Was spricht also gegen die Beibehaltung der Gleichwertigkeitsklausel? Diese Formulierung wurde doch insbesondere auf Wunsch der großen kommunalen Spitzenverbände eingeführt, wie dem Deutschen Städtetag, dem Städte- und Gemeindebund, dem Deutschen Landkreistag, dem VKU. Der ursprüngliche Regierungsentwurf sah eine derartige Regelung überhaupt nicht vor.

Warum soll also der Freistaat Sachsen im Zuge des Abstimmungsverfahrens im Bundesrat genau gegen diese vernünftige Regelung stimmen, die zudem noch von den kommunalen Spitzenverbänden gefordert wurde?

Die Ablehnung Ihres Antrages ist damit nur folgerichtig.

Meine Damen und Herren, dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 8

Umsetzung der Forderung des Sächsischen Rechnungshofes zur

Nachhaltigkeit und Reduzierung der Bewirtschaftungs- und

Bauunterhaltungsausgaben des Freistaates Sachsen

Drucksache 5/7434, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, LINKE, SPD, FDP, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Meine Damen und Herren, wir beginnen mit der Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Jähnigen. Sie haben jetzt das Wort; bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schuldenbremse, sinkende Einnahmen und eine Finanzkrise, die auch unser Land erreichen wird, sind Realität. Realität – und wir bedauern das als GRÜNE – ist auch, dass die CDUgeführte sächsische Regierungskoalition hieraus bisher

einseitig geschlussfolgert hat, beim Personal zu sparen. Das fängt bei unrealistischen Stellenkürzungen an und geht bis hin zu den Streichungen der Weihnachtsgelder; und man sieht, dass es die Angehörigen des öffentlichen Dienstes frustriert.

Es ist also sowohl eine Frage des Haushaltes als auch eine Frage Ihrer politischen Glaubwürdigkeit, bei den Sachkosten zu sparen, wo man nur verträglich sparen kann – vermeidbare Sachkosten. Wir müssen hier, glauben wir GRÜNEN, jeden Euro dreimal umdrehen, weil wir in Zeiten des Fachkräftemangels, in Zeiten, in denen zwar die Einnahmen sinken, aber nicht die öffentlichen Ausgaben, jeden Euro für Personal brauchen werden. Ohne qualifiziertes Personal ist ein moderner Staat nicht zu machen. Deshalb schlagen wir Ihnen mit unserem Antrag vor, heute eine Sachkostenbremse einzuführen.

Sachkostenbremse – wie geht das? Wir möchten an dieser Stelle ganz besonders würdigen, dass der Sächsische Rechnungshof mit seinen guten Ratschlägen zur Bewirtschaftung unserer Liegenschaften und Gebäude Vorschläge gemacht hat, die wir heute im Landtagsantrag aufgreifen wollen. Mit dem Rechnungshof sind wir der Meinung, dass wir diese Sachkostenbremse dringendst brauchen.

Wenn ich meine Reden vorbereite, stelle ich mir oft die Frage: Wie würde ich das meiner Tochter erklären?

(Leichte Heiterkeit bei der CDU)

In diesem Fall vielleicht so: Die Bediensteten Sachsens in Gerichten, Finanzämtern oder der Polizei arbeiten in Häusern aus Zeiten, in denen sie deutlich mehr Kollegen hatten. Viele sind jetzt in Rente gegangen, andere, die schon immer ein größeres Zimmer haben wollten, sind in ihre Zimmer gezogen. Bald gehen noch mehr in Rente – Zimmer werden frei. In manchen Häusern wird nur noch die Hälfte der Leute arbeiten. Trotzdem muss man die Häuser heizen, saubermachen und reparieren. Das kostet Geld. Da wir bald weniger Geld einnehmen werden, können wir auch weniger Geld ausgeben, sonst machen wir Schulden.

Wir müssen also an den Sachkosten sparen. Das kann so passieren, dass man kleinere Häuser bezieht und den Energieverbrauch senkt – gleichzeitig ein Beitrag zum Klimaschutz. Wenn man richtig investiert, kann man viele Jahre lang sparen. Mitarbeiter können sich Zimmer teilen oder, wenn sie zu verschiedenen Zeiten arbeiten, sogar einen Schreibtisch. Das geht alles; aber dafür braucht man einen Plan.