Protokoll der Sitzung vom 14.12.2011

(Zurufe von der CDU)

Ich lese Ihnen einmal den Kommentar von Hugo MüllerVogg in der von immerhin 12 Millionen Menschen gelesenen „Bild“-Zeitung vom 12. Dezember vor: „Stoppt diese Stümperspitzel! Dümmer geht’s nimmer! Mehr als 130 V-Leute hat der Verfassungsschutz in der NPD. Diese angeblichen Spitzel haben bisher viel Geld kassiert, aber nichts von Bedeutung geliefert, keine Hinweise auf die offenbar engen Beziehungen zur Killerzelle von Zwickau, keine Hinweise auf die große Zahl von Sympathisanten der Verbrecher in der NPD.“

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, das wundert uns natürlich nicht, denn eines ist klar: Wo es keine Beziehungen zur sogenannten Killerzelle von Zwickau gibt, kann man auch keine finden, es sei denn, man manipuliert die Beweise, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der NPD)

Es überrascht uns nicht, dass keine Hinweise auf die angeblich große Zahl von NPD-Sympathisanten gefunden wurden, denn diese abscheuliche Unterstellung ist nichts anderes –

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Hören Sie doch auf rumzublöken! – als eine politische Zwecklüge der selbsternannten demokratischen Blockparteien.

Hugo Müller-Vogg geht in seinem Kommentar noch weiter: „Schlimmer noch, gerade weil der Staat so viele V-Leute in der NPD aushält, gab und gibt es rechtliche Bedenken gegen ein Verbot der braunen Truppe. Da hilft nur eines: die V-Leute abschalten. Sonst wird der Verfassungsschutz endgültig zur Lachnummer.“

Die „Bild“-Zeitung muss Ihnen also wieder einmal auf die Sprünge helfen und Ihnen erklären, was Sie tun müssen, damit der von Ihnen so heiß ersehnte Verbotsantrag endlich auf den Weg gebracht werden kann. Wie sehr Ihnen das am Herzen liegt, sehen wir daran, dass es sich Herr Ulbig selbst bei der Einweihung des neuen Landratsamtes auf dem Sonnenstein in Pirna nicht nehmen ließ, von einer Sitzung bei der Innenministerkonferenz zu schwadronieren, auf der unter anderem eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde, die mit der Sammlung von Material für die Prüfung eines Verbotsverfahrens beauftragt worden ist, frei nach dem Motto: Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründ‘ ich einen Arbeitskreis!

Machen Sie das nur, meine Damen und Herren, Sie werden prüfen können, was das Zeug hält, Sie werden nichts finden, was in einem Rechtsstaat ein Parteiverbot rechtfertigen würde, sofern Sie sich nicht weiter auf die schmutzigen Geschäfte von V-Leuten stützen wollen.

(Zurufe von der CDU)

Beweise, dass die NPD aggressiv-kämpferisch die politische Grundordnung ablehnt, werden Sie nicht finden, ebenso wenig wie den Ansatz, dass nicht nur Einzeltäter, sondern ganze Verbände angeblich an Gewalttaten beteiligt wären. Dieser Unsinn mag aus Ihrer Sicht tauglich sein, um zeitweilige Stimmungen zu erzeugen, vor Gericht zählen aber immer noch Fakten.

Und nur am Rande: Selbst im Einzelfall des verhafteten ehemaligen Funktionsträgers Wohlleben befindet man sich im Stadium der Ermittlungen. Gilt nicht auch hier die Unschuldsvermutung, oder ist die Bundesrepublik tatsächlich mit ihren Vorverurteilungen schon zu einer Bananenrepublik verkommen? Es ist schon dreist, die NDP nicht nur wegen eines eventuellen Einzeltäters zu kriminalisieren, sondern überdies für jemanden, dessen Schuld noch gar nicht bewiesen ist. Ist das alles demokratisch und eines Rechtsstaates würdig, meine Damen und Herren?

Die meisten von Ihnen wissen, dass allein die Existenz vieler Spitzel und Provokateure den ersten Anlauf zum Verbotsverfahren 2003 zum Scheitern gebracht hat. Diese Einstellung war nicht im Interesse der NPD. Die NPD hätte sich gern der inhaltlichen Erörterung vor dem Verfassungsgericht gestellt, um die Absurdität der gegen sie erhobenen Anwürfe offenkundig werden zu lassen. So war die Einstellung nichts anderes als ein Hintertürchen für die Antragsteller, mit einem blauen Auge aus dem Verfahren zu kommen.

Meine Damen und Herren, Sie alle wissen nur allzu gut, dass ein neues Verfahren ohne Ihre heiß geliebten V-Leute erneut ausgehen wird wie das Hornberger Schießen. Vor diesem Hintergrund sollten Sie nicht länger herumplappern, sondern endlich handeln. Und wenn Sie denn den Verbotsantrag auch nur mit einem Minimum an Erfolgsaussicht auf den Weg bringen wollen, dann fordere ich Sie auf: Stimmen Sie heute unserem Antrag zu und ziehen Sie endlich Ihre schmutzigen V-Leute aus der NPD ab!

(Beifall bei der NPD)

Wenn dadurch aus Ihrer Sicht der Weg frei sein sollte für einen neuen Anlauf, bitte sehr, tun Sie es ruhig. Sie werden diesmal dann nicht nur formal, sondern auch inhaltlich blaue Augen bekommen.

Der Grund, warum die NPD den Abzug dieser VSKreaturen für zwingend erforderlich hält, ist, dass wir mit Ihnen und Ihresgleichen endlich mit unseren politischen Argumenten die Klinge kreuzen und uns nicht dauernd von Verbrechen und widerlichen Äußerungen distanzieren wollen, von Verbrechen, die nicht von uns selbst, sondern von staatlichen Agenten geplant, finanziert, provoziert und im Gewande der NPD ausgeübt wurden.

(Beifall bei der NPD)

Meinethalben kreuzen wir die Klinge nicht nur im politischen Diskurs, sondern auch in einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Nur eine Bitte: Schwätzen Sie nicht nur, handeln Sie endlich!

Ich weiß, viele von Ihnen träumen von einem Verbotsantrag auch ohne Abzug der V-Leute dann, wenn man der NPD angeblich strukturelle Gewalt nachweisen kann. Doch genau das wird Ihnen nicht gelingen; denn die NPD hat immer wieder deutlich gemacht und wird das auch in Zukunft tun, dass Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele keine Option ist. Sie alle wissen ganz genau, wie lächerlich es ist, mit zwei oder drei ehemaligen oder selbst aktiven NPD-Mitgliedern, die angeblich Kontakte gehabt haben sollen, eine enge Verstrickung der NPD zu diesen widerlichen Morden herzustellen.

Das wäre in etwa so, als wenn man Parteien für die Taten Einzelner in Kollektivhaftung nehmen würde, als wenn wir CDU oder FDP für grundsätzlich korrupt erklären würden, nur weil hochrangige Parteifunktionäre wie Helmut Kohl oder Wolfgang Schäuble Millionen an Schmiergeldern veruntreut haben, Umschläge in die Tasche steckten oder rechtskräftig verurteilte Minister wie

Graf Lambsdorff sich jahrelang von Großunternehmen aushalten ließen. Oder wenn wir beispielsweise ein Verbotsverfahren gegen DIE LINKE fordern würden, weil es engste Kontakte, engste personelle Verflechtungen zu Mauermördern gibt, die im Auftrag von SED-Mitgliedern handelten und die selbst westdeutschen Terroristen der RAF in der heimeligen DDR ein Rückzugsrefugium eingerichtet hatten.

Meine Damen und Herren, es kommt nicht von ungefähr, dass der frühere Präsident des Verfassungsgerichts, Prof. Hans-Jürgen Papier, in der „Welt“ festgestellt hat, in einem Verbotsverfahren müsse bewiesen werden können, dass die Partei als solche die freiheitlich-demokratische Grundordnung bekämpft. Die NPD und nicht nur einer ihrer Funktionäre müsste in diese mörderischen Anschläge in irgendeiner Form verwickelt sein.

Auf gut Deutsch heißt das, meine Damen und Herren, doch nichts anderes: Ein Verfahren ist von vornherein zum Scheitern verurteilt; denn klar ist: Eine Partei, die nichts Verbotenes tut, kann bei Anlegung rechtsstaatlicher Grundsätze auch nicht verboten werden.

Lassen Sie uns deshalb nicht über ein NPD-Verbot diskutieren. Diskutieren Sie lieber über die Ausschaltung krimineller Geheimdienste, die mit ihrem Netzwerk von Spitzeln, Spaltern und Provokateuren über Leichen gehen, wie ein Staat im Staate agieren und letztlich nichts anderes als Staatsterrorismus betreiben.

(Beifall bei der NPD)

Warum ziehen Sie denn dieses ganze Theater mit Ihren VLeuten überhaupt ab? Das tun Sie doch nicht, um an die geheimen Informationen des Bundesvorstandes oder der Landesvorstände zu kommen.

Dafür haben Sie heute technische Instrumente, von denen die SED und die Stasi nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Der Grund liegt darin, dass Sie der Öffentlichkeit über die Medien immer wieder die angeblichen kriminellen Machenschaften der NPD soufflieren wollen, weil Sie sich inhaltlich mit uns nicht auseinandersetzen können.

Sie wissen auch, dass das, was die NPD in den Parlamenten und auf der Straße vertritt, inzwischen von über 20 % des Volkes geteilt wird. Ihre einzige Chance, sich im politischen Meinungsstreit der wirklich existenziellen Themen überhaupt noch behaupten zu können, liegt in der Kriminalisierung und der Verteufelung der NPD und Sie in letzter Konsequenz gar nicht vorhaben, die NPD verbieten zu wollen. Der repressive Charakter der von Ihnen gewollten Grundordnung käme an das Tageslicht, und es würde für alle offenkundig, dass Sie genauso wie die DDR oder das Dritte Reich den Gegner nur durch Parteiverbote an der politischen Willensbildung hindern können.

Sie glauben in der Wirkung, irgendetwas bleibt immer hängen. Sie hoffen, dass die Wähler Ihnen diese Last der Entscheidung abnehmen, indem sie sich – verunsichert durch die von Ihnen geschürte gleichgeschaltete Medienhysterie – scheuen, die NPD und damit die wahren Vertre

ter der Interessen der Mehrheit des deutschen Volkes zu wählen.

Seien Sie sich eines gewiss: Dabei haben Sie sich geschnitten. Selbst Prof. Baring stellte im Bayerischen Rundfunk letzte Woche fest, dass der Zusammenhang zwischen der NPD und einem sogenannten Terror von Rechts basierend auf Ihren sogenannten Beweisen nicht herzustellen ist.

Meine Damen und Herren! Hat es die Demokratie – wie einst die Stasi – wirklich nötig, mit IMs und Verfassungsschutzleuten zu arbeiten? Ist es Ihnen nicht peinlich, Gewalttäter in die NPD zu schleusen? Verträgt es sich mit dem Grundgesetz, wenn der Staat selbst politische Kriminalität in Auftrag gibt? Ich meine, nein. Ich fordere Sie auf: Stimmen Sie – auch aus eigenem Interesse – unserem Antrag zu. Ziehen Sie sofort alle V-Leute aus der NPD ab, wenn Sie noch einen Rest von politischer Glaubwürdigkeit zurückgewinnen wollen.

(Beifall bei der NPD – Karl Nolle, SPD: Herr Präsident, der braucht dringend einen Arzt! – Weiterer Zuruf: Der muss ein paar Monate aus dem Verkehr gezogen werden!)

Für die einbringende Fraktion der NPD sprach der Abg. Apfel. – Als Nächstes spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Bandmann.

(Arne Schimmer, NPD: Der Kollege Vertuscher!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass die NPD den Abzug der V-Leute fordert, kann ich sehr gut verstehen. In einer Zeit, in der auch in geordneten Haushalten Märchen erzählt werden, erinnert man sich an die Geschichte, in der der Wolf zu den Geißlein kam. Als es auf einmal besonders arg um den Wolf stand, steckte er die weiße Pfote in das Fenster.

Seit Sie Bundesvorsitzender sind, habe ich immer den Eindruck, dass Sie mittlerweile eine ziemlich große weiße Pfote bekommen haben, die Sie den Leuten vorhalten, um Dinge vorzugaukeln. Mein Herr, Ihre braune Gesinnung ist unter dieser weißen Pfote dennoch zu erkennen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Unsere Position für die Koalition ist klar: Wir werden uns dafür einsetzen, dass ein NPD-Verbotsverfahren auf den Weg gebracht wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind es den Opfern der rechtsterroristischen Gewalt schuldig.

Mein Herr, ich habe diese Forderung bereits zu dem Zeitpunkt erhoben, als dieses schreckliche Verbrechen dieser Gruppierung hier überhaupt noch nicht bekannt war. Gerade der Innenminister und die Minister im Freistaat Sachsen haben in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass rechtsextremistische Organisationen in Sachsen erfolgreich verboten wurden. Hierbei haben die

Landesämter für Verfassungsschutz eine durchaus erfolgreiche Arbeit geleistet. Sind Sie sich Folgendem gewiss: Unabhängig von einem NPD-Verbot werden wir kriminelles Handeln – auch einzelner Personen Ihrer Organisation – mit aller Konsequenz verfolgen.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Arne Schimmer, NPD)

Wir werden Sie stellen. Wie groß muss Ihre Angst davor sein?

(Zuruf des Abg. Arne Schimmer, NPD)

Die Einleitung eines Verbotsverfahrens muss zügig und mit allergrößter Sorgfalt unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht

vorgegebenen Hinweise