Ich will noch einige Dinge klarstellen. Wir sind – auch das ist Bestandteil des Antrages – für eine Rückkehr zum bisherigen Renteneintrittsalter. Ich füge allerdings hinzu, wenn es wenigstens dazu käme, dass das, was ab 1. Januar 2012 schrittweise bis 2029 eingeführt wird, wenn wenigstens das, was die SPD auf ihrem Bundesparteitag gefordert hat, nämlich die Aussetzung dieses Prinzips, in Kraft tritt, dann wären wir schon ein wesentliches Stück weiter. Wir sind auch für eine Mindestrente von 900 Euro. Dass das nicht von heute auf morgen realisiert werden kann, ist uns auch klar. Bedenken Sie bitte, dass sich diese Mindestrente zumindest einigermaßen an der gegenwärtig für Deutschland geltenden Armutsgrenze von 940 Euro netto pro Monat orientiert. Wir sind auch dafür, dass diejenigen, Herr Krauß, die gearbeitet und eingezahlt haben, letzten Endes mehr erhalten müssen als jene, denen das nicht oder unzureichend möglich war.
Wir sind auch für weitere sinnvolle Berücksichtigung von Nichterwerbszeiten, etwa für Bildung. Man kann nicht auf der einen Seite eine Bildungsoffensive fordern und andererseits die Bildungszeiten bei der Rente immer weiter kürzen. Das passt nicht zusammen.
Wir sind für eine Erweiterung der Anrechnung der Kindererziehungszeiten, auch für Frauen mit vor 1992 geborenen Kindern. Es kann doch nicht sein, dass diese Kinder – auch meine drei – weniger wert sind als die, die nach 1992 geboren sind. Hier müssen wir doch endlich mal Gerechtigkeit schaffen!
Als der Vorschlag von Frau von der Leyen kam, wurden sofort wieder die Gegenpositionen aufgebaut. Wenn Sie vor Weihnachten etwas Sinnvolles machen wollen, dann
Wir sind der Auffassung, dass auch für Arbeitslose wieder ordentliche Rentenbeiträge eingezahlt werden müssen, denn Arbeitslosigkeit ist bekanntermaßen kein persönliches Verschulden, sondern eine gesellschaftliche Erscheinung. Für die müssen wir alle gemeinsam geradestehen.
Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, erwarte ich zumindest – ganz gleich, wie Sie sich zu unserem Antrag verhalten –, dass Sie konstruktiv nachdenken, vielleicht auch vor Weihnachten Einkehr halten.
Eins ist völlig klar: Unsere Nachfolger – vielleicht sitzen ein paar heute Junge in der CDU-Fraktion dann immer noch hier – werden sich an unseren Vorschlag erinnern und sich in zehn Jahren oder wann auch immer sie zur Einsicht gekommen sind, freuen, dass sie wenigstens schon damals einen solchen Vorschlag hatten, den sie verspätet, aber vielleicht noch nicht zu spät umsetzen müssen. Wir haben Ihnen heute zumindest die Chance gegeben, darüber nachzudenken.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Beginnen wir mit der Ausgangsposition, die angesprochen worden ist: Droht Altersarmut oder nicht? Wir wissen, dass wir derzeit im Durchschnitt recht gute Renten haben, von denen man ganz gut leben kann.
Darüber können wir relativ froh sein. Wir haben derzeit ungefähr 2 % Grundsicherungsempfänger, so heißt Hartz IV im Alter. Wir wissen, dass diese Quote in den kommenden Jahren aus ganz verschiedenen Gründen steigen wird, auf die ich in der Systematik nicht einzeln eingehen will, aber auf die grundsätzlichen Gründe, warum das so ist.
Da muss man einerseits, Kollege Pellmann, sich die Geburtenrate anschauen. Wenn wir eine Geburtenrate von 1,3 bis 1,4 Kindern in unserem Land haben, dann ist das eben zu wenig. Wenn Sie dann sagen, das hätte es schon immer so gegeben, dann ist das eben nicht der Fall. Es sind die Generationen, die nach 1951 geboren sind, die zu wenige Kinder geboren haben.
Das ist sehr unterschiedlich, Herr Kollege Pellmann, aber es gibt eben die Durchschnitte, nach denen man einfach feststellen und sagen kann: Alle Generationen, die seit 1951 geboren sind, haben zu wenig Kinder in die Welt gesetzt, damit das bestanderhaltend ist.
Wir haben zum anderen die positive Entwicklung, dass die Menschen immer länger leben. Wenn heute jemand in Rente geht, kann er diese durchschnittlich 17 Jahre beziehen. Vor 50 Jahren waren das nur zehn Jahre. Ob ich jemandem 17 oder zehn Jahre eine Rente zahle, ist eben ein relativ großer Unterschied.
Ich finde es ganz gut, wenn man den SPD-Parteitag einmal Revue passieren lässt. Die SPD hat sich nicht hinreißen lassen, unbezahlbare Forderungen aufzumachen, sondern gesagt, wir wollen Realismus walten lassen. Das heißt, dass die Absenkung des Rentenniveaus zwar kein schönes, aber ein unausweichliches Thema ist. Es ist auch keine schöne Geschichte, dass das Renteneintrittsalter bis 2029 auf 67 Jahre steigt. Das ist auch keine populäre Maßnahme, aber auch das ist unausweichlich, wenn man die Rente finanzierbar halten will.
Nun haben Sie ein paar Dinge angeführt, wie man vielleicht erreichen kann, dass mehr Geld in die Rentenversicherung eingezahlt wird. Ein Vorschlag ist, dass man die Beamten beispielsweise stärker einbezieht, die derzeit nicht in die Rentenkasse einzahlen. Das betrifft auch andere Gruppen, die nicht in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Die Idee habe ich auch schon mal gehabt und durchgerechnet, wie das aussehen würde. Der Nachteil wäre gewesen, dass die Rentenkasse mehr belastet und nicht entlastet wäre, weil Beamte im Durchschnitt länger leben als Arbeitnehmer im Normalbereich. Also es wäre keine Entlastung gewesen.
Es gibt auch andere Dinge, über die man sprechen muss. Für Selbstständige wäre es ebenfalls wichtig, dass sie eine verpflichtende Altersvorsorge haben. Bei Ärzten müssen wir uns weniger Sorgen machen. Die lösen das über ihr eigenes Versorgungswerk. Mir wäre aber daran gelegen, dass Selbstständige wirklich in die Rentenkasse einzahlen, damit sie später nicht automatisch auf Grundsicherung angewiesen sind.
Wir haben natürlich noch ein paar andere Stellschrauben. Kollege Pellmann, da müssen Sie das Redekonzept ändern. Die CDU hat sich für eine Lohnuntergrenze als gemeinverbindlich ausgesprochen. Übrigens haben wir die branchenspezifischen Mindestlöhne bereits 1996 unter Helmut Kohl eingeführt. Nur unter CDU-Kanzlern sind branchenspezifische Mindestlöhne in diesem Land eingeführt worden. Sie werden aber unser Problem auch nicht lösen. Das will ich Ihnen an einem Beispiel deutlich machen. Wenn Sie heute 45 Jahre alt sind, Sie verdienen 7,50 Euro und Sie haben noch 22 Jahre vor sich, weil Sie
ja mit 67 Jahren in Rente gehen, dann würden Sie in 22 Jahren eine Rente von 489 Euro bekommen. Sie haben also 47 Jahre durchgängig gearbeitet.
Das ist nicht typisch, aber wir gehen einmal davon aus. Das Ganze rechnen Sie jetzt einmal mit 8,50 Euro. Dann bekommen Sie 522 Euro. Jedenfalls bleiben Sie unter dem Grundsicherungsniveau. Das ist so, wenn Sie im Regelfall unter 10 Euro Stundenlohn verdienen. Damit hat sich Ihr Arbeiten am Lebensende nicht gelohnt. Das kann nicht funktionieren, weil ich glaube, dass derjenige, der gearbeitet hat, auch am Lebensende mehr haben muss als jemand, der nicht gearbeitet hat.
Kollege Pellmann, Sie haben das theoretisch nicht bestritten, aber letzten Endes praktisch. Ich komme noch dazu, denn über das Geld müssen wir auch noch reden.
Aber erst einmal zur Systematik: Wenn Sie sagen, jeder soll 500 Euro bekommen, trotzdem soll es finanziert sein von der Arbeitsleistung, denn für die Arbeitslosen soll weiter in die Rentenversicherung eingezahlt werden, dann unterscheidet es sich nicht. Wer kurzzeitig arbeitslos ist, hat dort kein Problem, weil da die Beiträge ganz normal in die Rentenversicherung eingezahlt werden. Das ist auch in Ordnung. Sie können aber jemanden, der langzeitarbeitslos ist, nicht gleichbehandeln; denn wenn sie dort die Beiträge weiterhin in die Rentenversicherung einzahlen, entsteht der gleiche Rentenanspruch, als ob er gearbeitet hätte. Insofern ist es am Lebensende gleich, ob jemand gearbeitet hat oder nicht. Das ist das System der LINKEN, aber nicht unseres. Wir finden, dass dieser Leistungsgedanke gut ist, dass derjenige, der viel gearbeitet und sich angestrengt hat, dass derjenige, der jeden Morgen sechs Uhr aufgestanden ist, am Lebensende mehr hat als jemand, der nicht gearbeitet hat. Sonst geht die gesamte Gesellschaft kaputt, wenn das nicht mehr funktioniert.
Ich muss am Rande noch einmal auf das Geld zu sprechen kommen. Wir haben derzeit einen Zuschuss des Bundes an die Rentenversicherung von 80 Milliarden Euro. Wir wissen, das steigt bis 2014 auf 85 Milliarden Euro an. Es gibt keinen Bereich des Bundeshaushaltes, in den mehr Geld hineinfließt als in die Rentenversicherung. Es gibt sehr häufig die Vorstellung, dass man sagt, das Geld, das heute in die Rentenversicherung fließt, wird an die Rentner gezahlt. Aber dazu muss man sagen, das reicht jetzt schon bei Weitem nicht. Diese über 19 % reichen nicht aus, um die Rente zu stabilisieren. Deswegen ist dann die Frage: Wie weit kann man das noch steigern? Das wird sehr schwierig, weil dann irgendwann der öffentliche Haushalt überlastet ist.
Wie gesagt, wir müssen an dem Thema arbeiten, wie wir erreichen können, dass derjenige, der gearbeitet hat, am Lebensende mehr erhält als derjenige, der nicht gearbeitet hat. Die Frage hat sich die Bundesregierung auch gestellt.
Ich glaube, dass der Vorschlag nach Mindesteinkommen der richtige ist, dass die Rentenanwartschaften aufgewertet werden von denjenigen, die geringere Einkommen haben, sodass sie über das Grundsicherungsniveau kommen. Dann bleibt auch die Systematik bestehen, dass die Rente an die Arbeitsleistung gekoppelt ist. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt in der Systematik der Rente, nämlich dass sie beitragsäquivalent ist. Das sollte bleiben.
Aber jetzt zur Zuschussrente, die die Ministerin vorschlägt: Ich finde es erst einmal gut, dass wir über das Thema diskutieren. Dass die Bundesministerin dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat, zeigt, dass sie erkannt hat, dass es dort ein Problem gibt. Sie hat natürlich auch festgestellt, dass diejenigen, die einen RiesterVertrag bei einem jetzigen Verdienst von 7,50 Euro oder 8,50 Euro haben, sich fragen müssen: Was machst du dort eigentlich? Was du heute in die Riester-Versicherung oder die Vorsorge einzahlst, wird dir später bei der Grundsicherung angerechnet. Das macht doch keinen Sinn. Deswegen muss man dort eine Lösung finden, dass diejenigen, die vorsorgen, am Lebensende auch etwas davon haben.
Übrigens ist die Vorsorge nicht so, dass man sie sich nicht automatisch leisten kann. Mit 5 Euro im Monat ist man dabei. Da kann man, glaube ich, nicht sagen, dass sich das ein Drittel der Menschen in unserem Land nicht leisten kann.
Wie sieht der Vorschlag Zuschussrente aus? Hier geht es darum, dass jemand, der 45 Versicherungsjahre hat – Studium, Schwangerschaft, Arbeitslosigkeit dazugezählt –, wer 35 Pflichtbeitragsjahre hat, also 401 Euro verdient hat und zusätzlich eine betriebliche oder Altersvorsorge hat, diese Zuschussrente bekommt, sodass er auf 850 Euro kommt. Wir vergleichen dazu 850 Euro gegenüber 684 Euro, die man bekommt, ob man gearbeitet hat oder nicht. Das ist schon mal mehr.
Wer wären denn nun die großen Gewinner bei dieser Reform? Das sind vor allem Frauen. Da muss man sich nichts vormachen, weil dort sehr häufig geringere Rentenanwartschaften vorhanden sind, weil Frauen auch häufig in Teilzeit gearbeitet haben; sie würden stark davon profitieren. Das ist auch positiv zu sehen. Ich will das nicht in Abrede stellen. Ich halte es aber für problematisch, weil wir den Grundsatz der jetzigen Rentensystematik aufheben, die an die Arbeit gekoppelt ist. Es muss sich doch lohnen, liebe Freunde, ob man für 800 Euro oder für 1 200 Euro arbeitet oder ob man 20 oder 30 Stunden, vielleicht sogar 40 Stunden arbeitet.
Ich möchte gern, dass derjenige, der 30 oder 40 Stunden gearbeitet hat, am Lebensende mehr hat als derjenige, der 20 Stunden gearbeitet hat, aus welchen Gründen auch immer. Insofern wünsche ich mir, dass wir als Freistaat Sachsen bei dieser Diskussion Stellung beziehen. Wir haben das, glaube ich, in der Vergangenheit recht gut gemacht. Mit den anderen Bundesländern haben wir
Ihr Antrag bringt uns nicht weiter. Sie haben keine Finanzierungsvorstellungen aufgestellt. Das ist wie immer.