Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Wenn Sie sich einmal anschauen, dass wir jetzt einen Zuschuss von 85 Milliarden Euro in Aussicht haben, der in die Rentenkasse fließt, dann ist klar, dass auch dieser Anteil ein wenig erhöht werden muss. Aber ich stelle keine unfinanzierbaren Forderungen in den Raum, die vollkommen sinnlos sind. Natürlich kann ich auch sagen, wenn ich der Weihnachtsmann wäre, wäre ich gern bereit, jedem 900 Euro unter den Gabentisch zu legen.

(Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, DIE LINKE)

Das funktioniert aber nicht. Sie müssen realistisch sein. Sie müssen zu den Menschen ehrlich sein. Frau Dr. Stange, Sie sollten sich einmal an Ihrem Parteivorsitzenden ein Beispiel nehmen, der Ihrer Partei ins Stammbuch geschrieben hat, nicht ständig unbezahlbare Forderungen zu stellen,

(Zuruf der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

sondern zu schauen, was machbar ist. Das wünsche ich auch der sächsischen SPD.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Herr Pellmann, bitte. – Herr Pellmann, ich habe Ihnen schon rotes Licht gegeben.

Eine Kurzintervention, Frau Präsidentin. Mein Kollege Nolle hat zu Recht so laut geschrien. Ich konnte Sie nicht verstehen. Ich bitte um Nachsicht. – Ich möchte mich ganz persönlich, verehrter Kollege Krauß, an Sie wenden, weil ich bei Ihnen noch ein wenig Hoffnung habe.

(Christian Piwarz, CDU: Ich bei Ihnen nicht mehr!)

Nicht bei allen! Das unterscheidet uns. – Ich will mich deshalb an Sie wenden, weil ich Ihnen heute eine Weihnachtsfreude gemacht habe, nämlich damit, dass wir diesen Antrag gestellt haben. Überlegen Sie einmal, Herr Krauß, wir würden künftig keine relevanten sozialpolitischen Anträge mehr stellen. Dann hätten Sie gar keine Chance, in diesem Haus zu reden.

(Zuruf von den LINKEN: Ja!)

Denn Sie stellen keine Anträge. Das Einzige, was Sie machen, ist, dass Sie nach altbewährter Weise versuchen, das niederzumachen, was wir hier vortragen. Aber Ihnen selbst fehlt jeglicher Lösungsansatz. Insofern, verehrter Herr Krauß, meine ich, Sie sollten mir dankbar sein, dass ich Ihnen immer wieder die Chance gebe, sich auch hinsichtlich Ihrer weiteren Karriere hier am Rednerpult profilieren zu können. Sonst hätten Sie diese nicht.

(Beifall bei den LINKEN und der SPD – Alexander Krauß, CDU, steht am Mikrofon.)

Herr Krauß, bitte.

(Zuruf von der CDU: Ihr Glühwein war schlecht, Herr Pellmann!)

Ich wollte mich jetzt in tiefer Dankbarkeit vor Herrn Pellmann verneigen. Ich hoffe, dass Sie auch eine große Dankbarkeit empfinden, dass ich zu Ihren Beiträgen immer reden darf und mich beteilige.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Ja, wir sind ein gutes Team, wir zwei!)

Wir haben zu dem Thema Altersarmut – das will ich Ihnen einmal sagen – hier in diesem Hause mit einer Gewerkschaft diskutiert, weil uns das wichtig ist und wir Fragen dazu sammeln wollen. Ich darf daran erinnern, dass wir in der vergangenen Wahlperiode eine Anhörung zu diesem Thema beantragt hatten, ebenfalls zum Thema der Angleichung der Rentenbeiträge, die wir dann hatten und bei der der Freistaat Sachsen bekanntermaßen auf Bundesebene initiativ war.

Sie sehen, das Thema bewegt uns. Wir beteiligen uns nicht nur bei Debatten von Ihnen, sondern darüber hinaus auch an der politischen Diskussion. Ich glaube, wir haben auch schon eine ganze Menge erreicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Brangs bitte für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten heute eine sehr intensive Debatte zur Europäischen Union. Dadurch ist unser Zeitmanagement ein wenig durcheinandergeraten. Deshalb muss ich hier bestimmte Punkte jetzt leider weglassen, wobei das besonders schmerzlich ist, weil ich mitbekommen habe, dass mein geschätzter Kollege Krauß – ich glaube – 18 Minuten geredet hat, ohne einen einzigen Lösungsvorschlag zu bringen. Sie regieren hier im Land!

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Es wäre vielleicht einmal an der Zeit, dass Sie einige Vorschläge machen, wie es anders sein könnte. Denn in der Analyse sind wir uns scheinbar einig. Wenn wir uns einig darin sind, dass es eine Reihe von Reporten gibt, die

sich mit dem Thema Altersarmut auseinandersetzen, und wenn wir wissen, dass eine Reihe von Rentnerinnen und Rentnern bereits jetzt von Armut betroffen sind, wenn wir wissen, dass es so ist, dass die heute 40-Jährigen in Ostdeutschland und damit auch in Sachsen zukünftig davon betroffen sein werden, dass sie Renten um die 600 Euro bekommen – wenn wir das alles wissen, wenn wir auch wissen, dass die gebrochenen Erwerbsbiografien, dass das Thema Niedriglohn, dass das Thema prekäre Beschäftigung und natürlich das Thema Langzeitarbeitslosigkeit, wenn das alles dazu beiträgt, dass wir in eine solche Situation geraten, hätte ich mir gewünscht, dass Sie uns sagen, was Sie machen wollen,

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

dass Sie einmal einen Antrag vorlegen, wie Sie auch auf Bundesebene dazu beitragen wollen, dass den Menschen am Ende mehr im Portmonee bleibt, und nicht irgendwelche Luftblasen erzählen.

(Alexander Krauß, CDU: Jetzt hören wir einmal Ihre Vorschläge!)

Wenn das so sein sollte, muss man sich damit auseinandersetzen, wie wir dieses Problem der finanziellen Absicherung eines Lebensunterhaltes im Alter gemeinsam lösen können.

DIE LINKE hatte jetzt wieder den großen Weihnachtssack dabei, hat den Nikolaus oder den Weihnachtsmann gespielt

(Zurufe von der CDU)

und schüttet den Sack jetzt unter dem Baum aus: Alle sollen 900 Euro bekommen. Alle sollen 10 Euro Mindestlohn bekommen. Alle sollen ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten.

(Dr. Dietmar Pellmann, DIE LINKE: Halt!)

Wer es zu zahlen hat, darüber reden wir vielleicht ein andermal. Das Problem ist aber: Das Thema Altersarmut allein über diese finanzielle Frage zu regeln greift viel zu kurz. Im Gegensatz zu dem, was der Antragsteller geschrieben hat, ist die Gruppe der Älteren keine homogene Gruppe. Das Thema des Alterns und die Frage der finanziellen Absicherung im Alter sind sehr unterschiedlich. Das ist nicht nur über die finanzielle Absicherung zu beantworten.

Es geht auch um die Frage des selbstbestimmten Lebens, um altersgerechtes Wohnen, um flächendeckende Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, um aktive Teilhabemöglichkeiten und barrierefreie Zugänge. Es geht aber auch um kommunale Daseinsvorsorge, also genau darum, dass auch in ländlichen Räumen Angebote geschaffen werden.

Hier ist der Antrag einfach zu dünn. Dazu sagt dieser Antrag der LINKEN leider nichts. Deshalb nähern wir uns diesem Thema in der Tat aus einer anderen Richtung. Wir haben auf dem Bundesparteitag erneut eine Rentenkommission unter der Maxime beschlossen, dass wir

sagen: Wir wollen keine Forderungen aufstellen, die nicht finanzierbar sind. Aber wir wollen eines erreichen: dass die Menschen am Ende ihres Arbeitslebens eine Rente haben, die ein würdiges Leben im Alter ermöglicht. Wir müssen das begrenzen und eindämmen, was dazu beiträgt, dass dies nicht eintreten kann. Dabei müssen wir mit den Instrumenten, die wir selber eingeführt haben, auch selbstkritisch umgehen.

(Beifall bei der SPD)

Daneben ist die gesetzliche Rentenversicherung eine unverzichtbare Grundlage. Wir müssen darüber nachdenken, ob wir darüber hinaus auch noch private Altersvorsorge betreiben können oder ob wir betriebliche Altersvorsorge unterstützen. Das ist richtig.

Aber wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir politisch einen Beitrag zur Eindämmung von prekärer Beschäftigung im Niedriglohnsektor leisten können. Denn wir müssen überlegen: Wie können wir den Menschen, noch während sie arbeiten, ein vernünftiges Einkommen garantieren? Dabei sind die Mindestlöhne sicherlich ein Thema. Wir brauchen am Ende aber auch Renten, die oberhalb der Altersarmut liegen.

Jetzt kann man sagen, Mindestlöhne allein können das nicht erreichen. Das ist hier auch angesprochen worden. Selbst bei einem Mindestlohn von 10 Euro ist man bei 673 Euro Nettorente. Also müssen wir uns dem Thema der Tarifverträge nähern. Wir müssen schauen, dass die gewerkschaftliche Kraft entfaltet wird, sodass es auch in den Betrieben dazu kommt, dass wir Flächentarifverträge haben, die zu Arbeitszeiten ein Einkommen garantieren, das am Ende für eine Rente ausreicht, die oberhalb der Armutsgrenze liegt.

(Zuruf der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Zwischenfragen am Mikrofon 3 oder 4 sind zugelassen. – Man sollte in der Tat darüber nachdenken, wie man dahin kommt. Es wäre, glaube ich, auch sinnvoll und richtig, dass sich die CDU und die FDP Gedanken darüber machen, wie man das auch hier in Sachsen umsetzen kann.

Der Wirtschafts- und Arbeitsminister hat die Möglichkeit, im Rahmen der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen in Sachsen dazu beizutragen, dass das Lohnniveau steigt. Ich bin gespannt, wie er von dem Mittel Gebrauch macht. Ich habe zu dem Thema eine Kleine Anfrage gestellt. Ich gehe davon aus, dass ich nicht ganz falsch liege, wenn ich die Annahme vertrete, dass Sie davon bisher keinen Gebrauch gemacht haben, weil Sie der Auffassung sind, Tarifverträge sind ein Teufelszeug.

Aber wir müssen uns doch Gedanken darüber machen, mit allen unterschiedlichen Regelungen und Instrumenten, die wir haben, dahin zu kommen, dass wir am Ende das erreichen, was alle wollen, nämlich, dass wir auskömmliche Renten haben. Das heißt, wir müssen schauen, wie wir ein Versicherungsmodell ins Leben rufen, bei dem auf

der Basis einer Altersversorgung, die auf privaten und betrieblichen Säulen beruht, ein Niveau erreicht wird, das es am Ende den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, davon zu leben. Wir müssen darüber nachdenken, wer in ein solches System einzuzahlen hat. Ich glaube, es ist notwendig zu benennen, dass unterschiedliche Einkommensarten zukünftig für eine gesetzliche Rentenkasse mit veranschlagt werden.

Ich bekomme ein Zeichen, dass die Zeit langsam abläuft.

Es ist ein sehr komplexes Thema, und ich habe heute leider nicht die Möglichkeit, das auszubreiten, weil wir im Moment nur noch 15 Minuten Redezeit haben und noch etliche Beiträge kommen.