Es ist ein sehr komplexes Thema, und ich habe heute leider nicht die Möglichkeit, das auszubreiten, weil wir im Moment nur noch 15 Minuten Redezeit haben und noch etliche Beiträge kommen.
Ich will abschließend Folgendes sagen: Die SPD tritt nach wie vor dafür ein, dass wir eine Form der Finanzierung erreichen müssen, die es den Menschen ermöglicht, nach 35 Jahren Arbeitsleben am Ende einen Rentenanspruch zu erwerben, der oberhalb des Sozialhilfeniveaus liegt. Nur so kann man würdiges Leben im Alter ermöglichen. Dazu braucht man eine Vielzahl von Instrumenten. Die enthält der Antrag leider nicht. Aber die Debatte ist notwendig und wichtig. Insofern glauben wir, dass es sinnvoll war, heute darüber zu reden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Alterssicherungssystem in Deutschland ist stabil. Reformen haben es demografie- und zukunftsfest gemacht. Es ruht sicher auf den drei starken Säulen der gesetzlichen Rente, der betrieblichen Alterssicherung und der zusätzlichen privaten Vorsorge. Die solidarische und umlagenfinanzierte gesetzliche Rentenversicherung allein garantiert allerdings keinen Wohlstand mehr. Das ist letzten Endes auch nicht ihre Aufgabe. Sie soll heute ein angemessenes Auskommen bei gleichzeitigem Bezahlbarbleiben für die Rentenbeitragszahler ermöglichen.
Die Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung ist es, zuallererst dafür zu sorgen, dass der, der viel einzahlt, mehr bekommt als der, der wenig einzahlt. In dieser Hinsicht ist das System gnadenlos fair. Die Renten sind der Spiegel der Erwerbsphase. Dass die gesetzliche Rentenversicherung keinen Wohlstand garantiert, ist allerdings einfache Mathematik und liegt nicht allein, aber vor allem am demografischen Aderlass. Auf zehn Erwerbstätige im Alter von 20 bis 59 Jahren kommen heute 4,2 Personen im Alter von 60 Jahren plus. In spätestens 30 Jahren muss allerdings jeder Beitragszahler einen Rentner versorgen.
Die Rentner von heute beziehen außerdem doppelt so lange ihr Altersgeld wie jene Rentner, die sie als Erwerbstätige selbst finanziert haben. Heute beträgt die durchschnittliche Bezugsdauer 17 Jahre.
Für eine stabile und angemessene Rente müssen also die drei Säulen individuell auf die eigene Situation abgestimmt werden. Man kann sich nicht mehr allein auf den Staat verlassen, sondern muss zusätzlich eigene Vorsorge betreiben, und das ist auch richtig so.
Heute haben 97,6 % aller Menschen ab 65 Jahren eine ausreichende Versorgung. Von rund 16,8 Millionen Personen in diesem Alter sind etwa 2,4 % auf Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen. So klein war der Anteil der Altersarmut noch nie. Diese Zahl hat sich auch seit 2007 nicht erhöht, sondern ist im Gegenteil zuletzt leicht gesunken.
Wie sich die Bedürftigkeit im Alter in Zukunft entwickeln wird, lässt sich heute nicht seriös voraussagen. Das ist auch der Unterschied: Herr Pellmann und Herr Brangs wissen ja, wie sich die Zukunft entwickeln wird.
Nein, das ist nicht seriös voraussagbar, denn es hängt entscheidend von der langfristigen Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung sowie dem Erwerbs- und Vorsorgeverhalten der Menschen ab. Auch die Frage, wie viele Menschen in Zukunft alleinstehend alt werden, spielt dabei eine wichtige Rolle.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, aber auch der, der eine kleine gesetzliche Rente bekommt, muss nicht zwangsläufig arm sein, denn zur gesetzlichen Rente kam beispielsweise im Jahr 2007 bei 14 % der Bevölkerung die Hinterbliebenenversorgung dazu. 7 % der Bevölkerung erhielten ferner eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes. Auch das Vermögen, etwa eine ausgezahlte Lebensversicherung, spielt eine Rolle. Es ist daher wenig sinnvoll, den Altersarmutsbegriff allein an der gesetzlichen Rente festzumachen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Grundsatz der gesetzlichen Rentenversicherung ist, dass sich die Rentenhöhe an den geleisteten Beiträgen orientiert. Sie kann und soll auch nicht den Verlauf eines Erwerbslebens im Nachhinein reparieren oder gar umkehren. Die Idee der Mindestrente vernachlässigt das Prinzip der geleisteten Beiträge und der Rentenhöhe völlig. Sie gestehen nach dem Modell der LINKEN allen unabhängig von den geleisteten Beiträgen einen Sockel von 900 Euro zu. Übrigens haben die LINKEN 2008 noch 800 Euro gefordert. Wir können uns also vorstellen, was in zwei Jahren passiert.
Die erheblichen Zusatzkosten, die durch dieses Modell entstehen, müssen durch die Steuerzahler kompensiert
werden, ohne dass sie einen Vorteil gegenüber denjenigen hätten, die weniger oder nichts bezahlt haben.
Angesichts der demografischen Entwicklung und der steigenden Zahl der Rentenbezieher ist für mich, für uns als FDP völlig unklar, wie Sie das von Ihnen vorgeschlagene System am Laufen halten wollen. Die junge Generation, die zahlenmäßig sowieso schon schrumpft, müsste nämlich dann zusätzlich zu ihrer privaten Altersvorsorge auch noch die Mindestrente mitfinanzieren. Das ist das eigentliche Problem, und da kann ich auch auf Herrn Brangs und Herrn Pellmann hinweisen.
Ich sage es Ihnen noch einmal – Lernen durch Wiederholen –: Wir haben nun einmal keine Pyramide mehr. Wir haben in unserer Altersentwicklung einen Baum mit einer sehr großen Krone. Deshalb wird man, egal ob ich die Menschen mehr einbeziehe, ob ich ihnen mehr auflaste, das jetzige System nicht mehr in der bisherigen Form halten können.
Nach meiner Auffassung hat also Ihre Vorstellung von einer Mindestrente gar nichts, aber auch überhaupt nichts mit Gerechtigkeit und Solidarität für die zukünftige Generation zu tun. Die Mindestrente setzt nämlich völlig falsche Anreize. Das ist heute schon gesagt worden. Die hohe Belastung, der die jüngere Generation in diesem Fall ausgesetzt wäre, wird im Zweifel dazu führen, dass sich diese Generation gegen eine zusätzliche private Altersversorgung entscheidet, und das kann nicht in unserem Interesse sein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mindestrente löst die Zusammenhänge zwischen Vorleistung und Leistung, zwischen Beitrag und Rente völlig auf. Gerade Aussteiger wären die Nutznießer einer solchen Rente. Künftige Generationen müssten dann die Zeche zahlen. Das ist nicht nur ungerecht, sondern in unserem Land einfach nicht vertretbar.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle fest, in der Analyse sind wir uns mit Ausnahme der FDP einig. Das ist eben deutlich geworden. Ich würde Ihnen raten, das Gutachten zu lesen, das die Staatsregierung in Auftrag gegeben und das Herr Raffelhüschen geschrieben hat.
Dort würden Sie die Zahlen finden, die Sie offenbar bisher noch nicht zur Kenntnis genommen haben. Sie zeigen, was auf uns zukommt; und was auf die Kommunen zukommt, denn die sind die Leidtragenden, weil sie
Ich weiß, das will in Zukunft der Bund tragen, das ist aber auch eine steuerfinanzierte Leistung, und insofern sind wir da von der Garantierente oder von der Mindestrente nicht so weit weg.
Was Sie aber machen und was auch der Kollege aus der CDU gemacht hat, ist, dass Sie darstellen, dass Aussteiger davon profitieren wollen. Ich möchte mal wissen, ob die Menschen, die heute nicht in Arbeit sind, die heute zum Beispiel im ALG-II-Bezug sind, Aussteiger sind, sich auf die faule Haut legen. Sie erwecken ja hier den Eindruck, dass wir anderen dann die Rente bezahlen. Ich finde, das ist eine ziemliche Frechheit.
Sie haben recht: Wer arbeitet, sollte später eine Rente bekommen, die oberhalb der Mindestrente liegt. Aber das ist in dem Antrag, den DIE LINKE heute vorgelegt hat, in Punkt 4 auch vorgesehen. Dort wird genau darauf eingegangen.
Darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass wir die gesetzliche Rentenversicherung stärken und die Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung in der Bevölkerung in Zukunft erhöhen. Sonst werden diejenigen, die es sich leisten können, nicht mehr in der gesetzlichen Rentenversicherung einzahlen. Sie werden sich Schlupflöcher suchen. Sie werden privat vorsorgen. Die Folge ist, dass die gesetzliche Rentenversicherung geschwächt wird und ein größeres Problem als das, was bereits jetzt auf uns zukommt, vor uns steht.
Wenn wir die gesetzliche Rentenversicherung stärken wollen, müssen wir dafür Sorge tragen, dass im Alter ein Rentenbetrag zur Verfügung steht, von dem man leben kann.
Im folgenden Punkt muss ich Ihnen von der CDU und der SPD zustimmen: Dieser Antrag ist viel zu mager, um tatsächlich ein Konzept dafür aufzustellen, wie wir in Zukunft damit umgehen. Vielleicht sind Sie der Meinung, dass man dies auf Landesebene diskutieren und vorlegen muss. Es ist nun einmal ein Bundesthema. Auf Bundesebene muss darüber nachgedacht werden, wie wir in Zukunft das Problem derjenigen lösen wollen, die beispielsweise keine durchgängige Erwerbsbiografie aufweisen können und deshalb im Alter vor der Situation stehen, dass sie nur sehr wenig Rente erhalten werden. Das entspräche dem derzeitigen Grundsicherungsniveau.
Ihre Fraktion hat bisher nichts vorgelegt. Sie gehen von 900 Euro aus. Das ist für mich eine Zahl, die aus dem Raum gegriffen ist.
Man müsste es einmal durchrechnen. Die Parität mit Ihren Forderungen liegt darunter. Sie gibt eine andere Spanne an. Wir können sicherlich eine Wünsch-Dir-Was-Sendung veranstalten. Wir müssen aber sehen, dass alles bezahlbar sein muss.
Zu Punkt 1 sage ich Folgendes: Wir stehen zu der Rente mit 67 Jahren. Wir haben immer gesagt, dass sich das Verhältnis der Lebensarbeitszeit zur Rente verschoben hat. Deswegen ist eine längere Arbeitszeit notwendig. Wir haben aber auch immer gesagt, dass Folgendes dazu gehört: eine gesundheitliche Prävention, bessere Arbeitsbedingungen und Maßnahmen, die eine Altersarmut bekämpfen. Das bedeutet Mindestlöhne. Das gehört dazu.
Sie sind ziemlich ungenau. Im Punkt 3 sagen Sie, dass die Sozialhilfeleistungen komplett entfallen sollen, wenn die Garantierente mit einer Steuerfinanzierung eingeführt wird. Diese liegen im Einzelfall oberhalb der Garantierente, sofern die Bedürfnisse entsprechend vorhanden und anerkannt sind. Das eine kann man nicht gegen das andere ausspielen.
Viele der Vorschläge, die Sie gemacht haben, sind nicht ausgegoren. Die Bundesebene muss hierbei etwas tun. Die Koalition und auch die Fraktionen sollten anfangen, ein Konzept zu entwickeln. Die Fraktion GRÜNE macht das, indem sie die Garantierente weiter ausbaut. Dann sollten wir die Konzepte nebeneinander legen und sehen, welches Konzept für die Zukunft tragfähig ist.