Protokoll der Sitzung vom 15.12.2011

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke. Es spricht nun die NPD-Fraktion; Herr Abg. Storr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist bemerkenswert, dass DIE LINKE nunmehr – entgegen anderslautenden Äußerungen – die NPD in den Kanon der demokratischen Parteien aufgenommen hat. Das darf ich jedenfalls aus der Begründung zu Ihrem Antrag entnehmen, in dem es heißt – Zitat –: „Inzwischen ist zwischen den demokratischen Parteien im Sächsischen Landtag kaum noch umstritten, dass in Zukunft Altersarmut droht, wenn nicht entschieden gegengesteuert wird“. Schön ist, dass wir Demokraten uns jetzt in dieser Frage alle einig sind.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Die NPD hat bereits in ihrem Antrag zur Einführung einer Kinderrente im Januar 2006 mit der Drucksache 4/4028 für eine staatliche garantierte Grundrente von 900 Euro monatlich geworben. Nun haben wir sie wieder: die

Mindestrente von 900 Euro. Meine Damen und Herren von den LINKEN, Sie hätten nur zuzustimmen brauchen.

Im aktuellen Parteiprogramm der NPD können Sie es auch nachlesen – Zitat –: „Aufgrund der unterschiedlichen Erwerbsbiografien, die zum Teil lange Zeiten der Arbeitslosigkeit oder geringe Entlohnung enthalten, ist eine existenzsichernde Grundrente für alle Deutschen einzuführen. Diese Grundrente dient auch zur Verhinderung der Altersarmut von Frauen“. Hier haben wir sie auch wieder: die von allen Demokraten beklagte drohende Altersarmut.

Bereits in unserem Aktionsprogramm für ein besseres Deutschland aus dem Jahr 2002 macht sich die NPD für ein wahrhaft solidarisches Rentensystem stark, das Eltern mit Kindern besser stellen möchte, um Altersarmut – insbesondere von Müttern – zu vermeiden. Dazu diente auch der Antrag der NPD in der aktuellen Legislaturperiode vom Juli 2010 mit der Drucksache 5/3061, in dem es um ein Kinderbonussystem in der Rentenversicherung und die Pflichtversicherung aller Deutschen in einer solidarischen Volksrentenkasse ging. Hier gilt auch: Sie hätten nur zuzustimmen brauchen. Dazu müsste man sich aber ernsthaft mit den Gedanken und Konzepten des politischen Gegners beschäftigen. Wir von der NPD tun das. Das ist auch demokratisch.

Etwas schmunzeln musste ich, als ich die Einlassung des seinerzeit PDS-Abgeordneten Falk Neubert zu dem oben erwähnten Antrag Kinderrente im Plenarprotokoll nachlas. Die PDS und heutige LINKE sagte zu unseren Vorschlägen, also zu der heute von Ihnen selbst beantragten Grund- und Mindestrente von 900 Euro – Zitat –: „Ihr Vorschlag hat uns gerade noch gefehlt. Sie müssten dann schon sagen, mit welchem Konzept Sie das notwendige Geld aufbringen wollen.“ Meine Damen und Herren! Ich bin in der Tat davon überzeugt, dass die NPD-Konzeption eines solidarischen Rentensystems – in das alle Deutschen einzahlen, unter Ausschluss der vielen erwerbslosen Ausländer aus dem deutschen Sozialversicherungssystem

(Zuruf des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

und einer gezielten Förderung kinderreicher Familien, finanziell selbsttragend wäre, sofern die entsprechenden Weichenstellungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaftspolitik vorgenommen würden.

Meine Damen und Herren von den LINKEN, wo aber bleibt Ihr Finanzkonzept, das Sie seinerzeit bei uns anmahnten? Ich lese davon gar nichts. Ach so, Sie schreiben etwas von einer Finanzierung aus Steuermitteln. Wo sollen diese herkommen? Sie haben den entscheidenden Punkt leider vergessen: Die Wiederherstellung eines funktionierenden Generationenvertrages. Darum muss es doch gehen, wenn wir über die Finanzierung eines umlagefinanzierten Sozialversicherungssystems reden. Wo sind Ihre Konzepte? Sehen Sie, das ist linker Populismus: Allen alles versprechen und niemanden irgendwelche Konsequenzen aufzeigen.

Meine Damen und Herren! Wir können diesen schnell heruntergetippten Antrag der LINKEN nun genauso ablehnen, wie es nicht nur die LINKEN, sondern alle sogenannten demokratischen Parteien hier im Landtag immer mit unseren Anträgen getan haben. Wir werden aber trotz erheblicher Mängel im Detail dem Antrag zustimmen, da wir die hier erhobene Kernforderung – die solidarische Mindestrente – mittragen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Wir kommen zur zweiten Runde. Es beginnt wieder DIE LINKE mit Frau Dr. Franke. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen hat in seiner Sitzung am 20. Mai dieses Jahres mit Besorgnis festgestellt, dass die Methode zur Berechnung des Existenzminimums in Deutschland den Rentnern keinen angemessenen Lebensstandard gewährleistet. Ich möchte eine Zahl nennen. Der DGB hat eine Analyse erarbeitet, die am 18. Juli dieses Jahres ausgegeben wurde. In dieser kann man nachlesen, dass acht Millionen Altersrentner in diesem Land unter dem Grundsicherungsniveau von 650 Euro liegen.

Es gibt sicherlich viele Ursachen für die Altersarmut. Sie wird aber in der Bundesrepublik ein immer größer werdendes Problem. Der Osten ist in besonderer Weise davon betroffen. Die Ursache ist im radikalen Umbau der sozialen Leistungssysteme zu suchen. Bedroht sind Langzeitarbeitslose, Selbstständige mit geringem Einkommen, geringfügig Beschäftigte und andere, die im unteren Lohnsegment arbeiten und somit zu wenig Geld erhalten. Ich unterstütze hier auch das, was schon gesagt wurde: Mindestlöhne sind das, was für das Einkommen, für das Leben im Alter notwendig ist.

Ein weiteres Problem sind die geringfügig Beschäftigten, die Zeitarbeiter und diejenigen, die immer mal für ein halbes Jahr eine Arbeit haben, also quasi Wanderarbeiter von einer Arbeitsstelle zur anderen sind, die ebenfalls kein geregeltes Einkommen haben und alles tun, nur um Arbeit zu finden.

Auf der anderen Seite decken die geringen Rentenanpassungen der letzten Jahre weder den Preisanstieg noch die wachsenden Belastungen, die gerade auch ältere Menschen mit der Gesundheitspflege haben.

Armut macht krank. Auch Medien beschäftigen sich gegenwärtig damit. Ich weiß, dass der MDR an einer umfangreichen Sendung arbeitet zu dem Thema, dass nach heutigen Aussagen Armut die Lebenszeit der armen Menschen bis zu fünf Jahre verkürzt.

Die Dresdner Tafel versorgt, wie Sie ja wissen, in ziemlich großem Umfang bedürftige Menschen. 30 % von ihnen sind Rentner, 30 % sind Hartz-IV-Empfänger. Bei einem niedrigen Arbeitslosengeld I haben sie ebenfalls die Möglichkeit, Lebensmittel zu erhalten. 20 % derer, die

wir mit Lebensmitteln bedenken, sind Niedriglöhner und Teilzeitarbeiter. Bei diesen Menschen, die noch im arbeitsfähigen Alter sind, die das Rentenalter noch gar nicht erreicht, aber Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden und ihr eigenes Leben angemessen zu finanzieren – wobei es ja nicht um Luxus geht, das weiß ja jeder –, ist die Folge, dass sie später in den niedrigsten Sektor in der Rente fallen und gerade noch so mit ihrem Leben irgendwie klarkommen können.

In dieser Woche haben hier im „Italienischen Dörfchen“ 200 Bedürftige die Möglichkeit gehabt, an einem Gänsebratenessen teilzunehmen, das von Unternehmern gemeinsam mit der Dresdner Tafel veranstaltet wurde. Die Menschen, die daran teilgenommen haben, waren sehr glücklich, weil sie sich wohlgefühlt haben, weil sie einen schönen Nachmittag verleben konnten, an dem sie sich auch festhalten können und der ihr Leben bereichert hat. Es geht hier nicht um das Essen, es geht um die Atmosphäre, es geht darum, dazuzugehören in diesem Land und nicht ausgeschlossen zu sein von all den Dingen, die das Leben wirklich ausmachen und bereichern.

Ich bin deshalb der Meinung, dass die solidarische Mindestrente ein möglicher Ausweg ist. Das heißt nicht, dass man das heute schon im vorgelegten Maße beschließen kann. Die Höhe der Rente ist noch nicht ausgearbeitet. Aber wir haben eine Pflicht den Menschen gegenüber, die diese Gesellschaft mitgestaltet haben, die es den Jungen ermöglicht haben, heute das Leben zu führen, das sie haben. Sie sollen würdevoll leben, und wir dürfen sie nicht an den Rand stellen. Das ist unsere Aufgabe.

Ich halte es für dringend notwendig, dass hier Veränderungen geschehen, sonst wird die Anzahl der in Obdachlosenheimen und Kellerwohnungen Lebenden leider zunehmen. Ich kenne drei Leute, die heute schon in Kellerwohnungen leben, weil sie die Mieten in der oberen Etage nicht mehr bezahlen konnten. Soll das die Zukunft für Senioren sein? Wofür wollen wir sie bestrafen? So geht das nicht.

Wir müssen miteinander leben. Jeder, der in diesem Land lebt, hat das Recht, das in Würde zu tun.

Danke schön.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und der NPD)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann spricht jetzt Frau Ministerin Clauß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das Thema Alterssicherung ist für weite Teile unserer Bevölkerung wichtig. Es ist ein Thema, das auch politisch mit Augenmaß und Sensibilität behandelt werden will. Es ist ein Thema, das auch eine differenzierte Betrachtung erfordert.

Es ist mir wichtig, zu Beginn noch einmal festzuhalten, dass die Durchschnittsrenten im Osten gegenwärtig noch

über dem Durchschnitt in den alten Ländern liegen. Das liegt in erster Linie an den ununterbrochenen Erwerbsbiografien unserer bisherigen Rentner. Dies gilt insbesondere für Frauen, die, anders als in Westdeutschland, in der Regel sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren. Aber – und das gehört auch zur Wahrheit – die Renten der Neuzugänge sind im Osten seit Jahren rückläufig, während die im Westen im Wesentlichen gleich geblieben sind.

Es gibt ernst zu nehmende Prognosen wie zum Beispiel die Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin vom März 2010, nach der für viele Rentner in den neuen Bundesländern, die im Jahr 2020 in Rente gehen, lediglich eine Rente auf Grundsicherungsniveau absehbar ist. Unsere Studie „Alter, Rente, Grundsicherung“ hat das auf die Regionen in unserem Freistaat Sachsen heruntergebrochen.

Das Thema Altersarmut ist daher für den Osten von besonderer Bedeutung. Der Staatsregierung ist nicht zuletzt im Rahmen der Demografievorsorge die Herausforderung bekannt.

Was ist zu tun? Der Antrag der Fraktion DIE LINKE weckt bei der Bevölkerung die Hoffnung, dass unabhängig von Beitragszahlungen für jeden eine Mindestrente von 900 Euro netto ab dem 65. Lebensjahr gezahlt werden kann. Dies nennt die Fraktion solidarisch. Dabei übersehen Sie, dass eine Solidarität in der gesetzlichen Rentenversicherung nur dann greifen kann, wenn den Rentenzahlungen auch Beiträge gegenüberstehen. Die vorgeschlagene beitragsfreie Mindestrente kann also nicht aus Mitteln der Rentenversicherung gezahlt werden. Die vorgeschlagene Mindestrente wäre allenfalls aus Steuermitteln zu zahlen.

Den Aspekt der Finanzierung spart der Antrag der LINKEN leider gänzlich aus. Überschlägig betrachtet würde eine steuerfinanzierte Mindestrente von monatlich 900 Euro mindestens 250 Milliarden Euro im Jahr kosten. Hinzu kämen noch weitere Kosten für die geforderten Rentenanwartschaften für Kindererziehungs- und Pflegezeiten sowie für Zeiten der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Diese Kosten dürften in etwa wiederum 80 Milliarden Euro im Jahr betragen.

Sehr geehrter Herr Dr. Pellmann, Sie haben immer von Weihnachten gesprochen, aber auch Weihnachten steht an der Krippe kein Goldesel.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meinem Anspruch von solidarisch und solide wird diese schlichte Forderung ohne Gegenfinanzierung jedenfalls nicht gerecht.

Der Ansatz der Staatsregierung für die zukünftige Altersabsicherung lautet vielmehr: Neben der staatlichen Rente ist es zukünftig noch wichtiger, betriebliche oder auch private Vorsorge aufzubauen. Klar ist, dass dies in den neuen Ländern erst seit einigen Jahren überhaupt möglich ist. Aber es ist jetzt möglich. Jeder kann im kleinen – das

geht schon ab 5 Euro – oder größeren Umfang selbst zusätzlich etwas für seine Alterssicherung tun.

Eine ganz entscheidende Grundvoraussetzung ist dabei, dass die zukünftigen Rentner heute möglichst durchgängig in Lohn und Brot stehen. Ununterbrochene Erwerbsbiografien sind die beste Altersabsicherung. Deswegen ist der Staatsregierung seit vielen Jahren eine nachhaltige Wirtschaftspolitik so wichtig. Sachsen als attraktiver Standort für Handel und Gewerbe schafft sichere Arbeitsplätze, und das wiederum sichert die Zukunft.

(Beifall bei der CDU)

Darin sind sich im Übrigen der Freistaat und die Bundesregierung einig. Gleichwohl habe ich aus sächsischer Sicht im Rahmen des Rentendialogs unsere Forderungen an Frau Bundesministerin von der Leyen adressiert.

Worum geht es? Der Bund hat zum einen eine Verbesserung bei der Erwerbsminderungsrente durch Erhöhung der Zurechnungszeit vom 60. auf das 62. Lebensjahr vorgesehen. Des Weiteren ist die Erhöhung der Hinzuverdienstgrenze bei der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente, die sogenannte Kombirente, bis zum letzten Bruttoverdienst geplant. Schließlich ist die Einführung einer sogenannten Zuschussrente vorgesehen. Die beiden erstgenannten Vorschläge können mitgetragen werden.

Zu begrüßen ist auch, dass mit der Zuschussrente in Höhe von 850 Euro langjährig Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente erhalten sollen, die deutlich – das heißt, mindestens 20 % – über der Grundsicherung im Alter liegt. Gegenüber Frau Bundesministerin von der Leyen habe ich auch darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für den Erhalt der Zuschussrente für künftige ostdeutsche Rentnerinnen und Rentner viel zu streng sind. Hier sind Änderungen erforderlich, um der Situation der zukünftigen Rentner im Osten besser Rechnung tragen zu können. Hierfür werbe ich beim Bund, und die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister hat im Übrigen unter meinem Vorsitz vor zwei Wochen in Leipzig einstimmig einen von Sachsen initiierten Antrag angenommen. Darin wird die Einbeziehung aller Bundesländer in den Rentendialog gefordert; denn auf der Bundesebene werden auch die Entscheidungen getroffen.

Sie sehen, die Staatsregierung achtet darauf, dass die Interessen unserer zukünftigen Rentnerinnen und Rentner angemessen und ausreichend berücksichtigt werden. Sie wird jedoch keine unrealistischen Erwartungen wecken, sondern sich im Rahmen des Machbaren, also auch des Finanzierbaren, engagieren. Unsere Politik ist solidarisch und generationsgerecht, und daran halten wir fest.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)