Edith Franke

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte es ganz kurz machen. Als Trägerin der Sächsischen Verfassungsmedaille fühle ich mich veranlasst, hier mein Verhalten zur Gegenstimme zur Schuldenbremse zu erklären.
Ich fühle mich veranlasst, die Verfassung in Gänze einzuhalten, so wie sie beschlossen worden ist, und ihre Weitsicht für künftiges Handeln zu bewahren und nicht als mögliche Konjunkturkorrektur benutzen zu lassen. Der soziale Ausgleich, der mir sehr am Herzen liegt und auch mit meiner ehrenamtlichen Arbeit zu tun hat, wird den Armen zugutekommen und bedarf meiner Ansicht nach keiner Verfassungsänderung. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Die Kinderarmut ist aktuell die am weitesten verbreitete und mit Abstand brisanteste Armutsform in der Bundesrepublik Deutschland. Rund ein Sechstel aller Kinder lebt in Haushalten mit Hartz IV. Rechnet man die übrigen Betroffenen dazu, also Sozialhilfehaushalte und auch Flüchtlinge, so leben 20 % aller Kinder unter Sozialhilfeniveau. Dabei wird das Problem durch das Ost-West-Gefälle auch für Sachsen noch weiter verschärft. Das größte Armutsrisiko haben Kinder aus Hartz-IV-Familien und Eltern in prekären Arbeitsverhältnissen.
Die Armut der Kinder wird flankiert durch fortwährende Diskriminierung der Eltern und Ausgrenzung der Kinder, durch Mangel an Schulmaterial und das zunehmende Fehlen von sinnvollen Freizeitmöglichkeiten. In DresdenProhlis gibt es zum Beispiel von vorher drei Freizeiteinrichtungen nur noch eine einzige.
Nicht wenige Familien bangen um ihre Mietwohnungen. Das ist eine Folge des Verkaufs des gesamten kommunalen Wohnungsbestandes in Dresden. Die Energiekosten für die Familien steigen. Stromabschaltungen sind bereits an der Tagesordnung.
Die Deformation des Sozialstaates in den letzten zehn Jahren hat zugleich einen strukturellen Wandel von der Armut ohne Arbeit zur Armut trotz Arbeit vollzogen. Hier sind die prekären Arbeitsverhältnisse gemeint, die in Deutschland und auch in Sachsen Einzug gehalten haben.
Die Höhe von Hartz IV deckt das Existenzminimum nicht annähernd und entspricht nicht der Lebenswirklichkeit von Familien mit Kindern.
Die unsägliche Praxis der Bedarfsgemeinschaften und Sanktionen abzuschaffen muss der erste Schritt zur Beseitigung von Hartz IV sein.
Die meisten Eltern in prekären Verhältnissen kämpfen verbissen um Normalität für ihre Kinder. Sie sichern ihre Ernährung und Kleidung, auch mit Hilfe der Tafeln. Sie fördern Begabungen. Sie geben den Kindern Wärme und Halt. Sie sind so stolz, wenn ihre Kinder herausragende Leistungen vollbringen. Man kann es sich überhaupt nicht vorstellen, mit welchem Hochgefühl sie dann daherkommen und es allen, die es wissen wollen oder auch nicht, erzählen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Kind aus einer solchen Familie mit Erfolg das Abitur erreicht hat.
Es gibt zahlreiche Initiativen, vorwiegend im Ehrenamt, die Hilfe leisten, ohne damit das Armutsproblem lösen zu können. Auch die von mir vor 18 Jahren gegründete Dresdner Tafel gehört dazu. Es ist für die Betroffenen ein Segen, dass es Tafeln gibt. Aber für das reiche Deutschland ist es eine Schande, dass es Tafeln geben muss.
In Dresden sind von den wöchentlich 12 000 bei der Tafel versorgten Bedürftigen ein Drittel Kinder. Ihnen eine Zukunft ohne Armut zu sichern erfordert Veränderungen und Lösungen aus gesamtgesellschaftlicher Sicht. Dazu gehört der politische Wille aller Fraktionen in diesem Landtag.
Danke schön.
Herr Krauß, gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Ist Ihnen die in der EU einheitliche Bedürftigkeitsgrenze ein Begriff, die ganz klar in Zahlen ausgedrückt ist? Kennen Sie auch die deutsche Bezeichnung dafür? Die Bedürftigkeitsgrenze in Deutschland nennt man heute schamhaft Armutsrisikogrenze, weil ein Risiko jeder hat. Es gibt auch eine in der EU einheitliche Armutsgrenze. Kennen Sie diese Grenzen?
Dann würden Sie nicht so reden, wie Sie hier reden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen hat in seiner Sitzung am 20. Mai dieses Jahres mit Besorgnis festgestellt, dass die Methode zur Berechnung des Existenzminimums in Deutschland den Rentnern keinen angemessenen Lebensstandard gewährleistet. Ich möchte eine Zahl nennen. Der DGB hat eine Analyse erarbeitet, die am 18. Juli dieses Jahres ausgegeben wurde. In dieser kann man nachlesen, dass acht Millionen Altersrentner in diesem Land unter dem Grundsicherungsniveau von 650 Euro liegen.
Es gibt sicherlich viele Ursachen für die Altersarmut. Sie wird aber in der Bundesrepublik ein immer größer werdendes Problem. Der Osten ist in besonderer Weise davon betroffen. Die Ursache ist im radikalen Umbau der sozialen Leistungssysteme zu suchen. Bedroht sind Langzeitarbeitslose, Selbstständige mit geringem Einkommen, geringfügig Beschäftigte und andere, die im unteren Lohnsegment arbeiten und somit zu wenig Geld erhalten. Ich unterstütze hier auch das, was schon gesagt wurde: Mindestlöhne sind das, was für das Einkommen, für das Leben im Alter notwendig ist.
Ein weiteres Problem sind die geringfügig Beschäftigten, die Zeitarbeiter und diejenigen, die immer mal für ein halbes Jahr eine Arbeit haben, also quasi Wanderarbeiter von einer Arbeitsstelle zur anderen sind, die ebenfalls kein geregeltes Einkommen haben und alles tun, nur um Arbeit zu finden.
Auf der anderen Seite decken die geringen Rentenanpassungen der letzten Jahre weder den Preisanstieg noch die wachsenden Belastungen, die gerade auch ältere Menschen mit der Gesundheitspflege haben.
Armut macht krank. Auch Medien beschäftigen sich gegenwärtig damit. Ich weiß, dass der MDR an einer umfangreichen Sendung arbeitet zu dem Thema, dass nach heutigen Aussagen Armut die Lebenszeit der armen Menschen bis zu fünf Jahre verkürzt.
Die Dresdner Tafel versorgt, wie Sie ja wissen, in ziemlich großem Umfang bedürftige Menschen. 30 % von ihnen sind Rentner, 30 % sind Hartz-IV-Empfänger. Bei einem niedrigen Arbeitslosengeld I haben sie ebenfalls die Möglichkeit, Lebensmittel zu erhalten. 20 % derer, die
wir mit Lebensmitteln bedenken, sind Niedriglöhner und Teilzeitarbeiter. Bei diesen Menschen, die noch im arbeitsfähigen Alter sind, die das Rentenalter noch gar nicht erreicht, aber Schwierigkeiten haben, einen Arbeitsplatz zu finden und ihr eigenes Leben angemessen zu finanzieren – wobei es ja nicht um Luxus geht, das weiß ja jeder –, ist die Folge, dass sie später in den niedrigsten Sektor in der Rente fallen und gerade noch so mit ihrem Leben irgendwie klarkommen können.
In dieser Woche haben hier im „Italienischen Dörfchen“ 200 Bedürftige die Möglichkeit gehabt, an einem Gänsebratenessen teilzunehmen, das von Unternehmern gemeinsam mit der Dresdner Tafel veranstaltet wurde. Die Menschen, die daran teilgenommen haben, waren sehr glücklich, weil sie sich wohlgefühlt haben, weil sie einen schönen Nachmittag verleben konnten, an dem sie sich auch festhalten können und der ihr Leben bereichert hat. Es geht hier nicht um das Essen, es geht um die Atmosphäre, es geht darum, dazuzugehören in diesem Land und nicht ausgeschlossen zu sein von all den Dingen, die das Leben wirklich ausmachen und bereichern.
Ich bin deshalb der Meinung, dass die solidarische Mindestrente ein möglicher Ausweg ist. Das heißt nicht, dass man das heute schon im vorgelegten Maße beschließen kann. Die Höhe der Rente ist noch nicht ausgearbeitet. Aber wir haben eine Pflicht den Menschen gegenüber, die diese Gesellschaft mitgestaltet haben, die es den Jungen ermöglicht haben, heute das Leben zu führen, das sie haben. Sie sollen würdevoll leben, und wir dürfen sie nicht an den Rand stellen. Das ist unsere Aufgabe.
Ich halte es für dringend notwendig, dass hier Veränderungen geschehen, sonst wird die Anzahl der in Obdachlosenheimen und Kellerwohnungen Lebenden leider zunehmen. Ich kenne drei Leute, die heute schon in Kellerwohnungen leben, weil sie die Mieten in der oberen Etage nicht mehr bezahlen konnten. Soll das die Zukunft für Senioren sein? Wofür wollen wir sie bestrafen? So geht das nicht.
Wir müssen miteinander leben. Jeder, der in diesem Land lebt, hat das Recht, das in Würde zu tun.
Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe zwei Zitate mitgebracht, die ich gern verwenden möchte. In der „FAZ“ vom vergangenen Wochenende steht: „Gerade im Bildungs- und sozialen Bereich wird von Freiwilligen eine Arbeit geleistet, welche die Folgen des demografischen Wandels dämpfen kann.“ In der Zeitschrift „Drops“, das ist die Obdachlosenzeitung von Dresden, stehen Zahlen darüber, dass in Sachsen im Jahr 2009 mindestens 37 114 Ehrenamtliche einen volkswirtschaftlichen Beitrag von mindestens 57 Millionen Euro erbracht haben. In der „FAZ“ stehen Zahlen, hochgerechnet für ganz Deutschland, die will ich uns ersparen. Die Mittelkürzung im sozialen Bereich im vergangenen Jahr ist nach Aussagen des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes im Wesentlichen durch die Kommunen kompensiert worden. So kann es natürlich nicht weitergehen, weil die Mittel für die Kommunen nicht im erforderlichen Maße steigen werden. Bisher kann sowieso noch keiner genau sagen, was 2012 passiert, denn es liegen noch keine Zahlen vor.
Das bürgerschaftliche Engagement ist ein wesentlicher Bestandteil der sozialen Landschaft in diesem Land und in der Bundesrepublik überhaupt – das haben die anfangs genannten Zahlen ausgedrückt –, aber es ist von einer hohen Unsicherheit geprägt, denn die geringfügig ausgereichen Förderungen verändern sich. TAURIS ist weggefallen. Vereinzelt gibt es LOS-Projekte, die mit einem riesigen Verwaltungsaufwand erstritten werden müssen. Jetzt ist eine Neuordnung des Projektes „Wir für Sachsen“ in Arbeit. Demnächst wird eine Beratung stattfinden, wo erste Informationen durch das Sozialministerium gegeben werden. All das verunsichert die Ehrenamtlichen, die auf Förderung angewiesen sind. Viele von Ihnen sind nicht bei den Reichen zu finden, sondern sind auf Zuschüsse zu den Fahrkarten angewiesen, die sie benötigen, um ihre Arbeit zu machen. Ich glaube nicht, dass der Ehrenamtspass, der ausgereicht wurde, um soziale oder kulturelle Veranstaltungen zu besuchen, das in irgendeiner Weise kompensieren kann.
Das bürgerschaftliche Engagement braucht Anerkennung und Würdigung. Würdigung heißt auch, in geringem Umfange für die Ehrenamtler einen finanziellen Zuschuss zu geben, wie ich das hier dargestellt habe. Es sind materielle Hilfen, Unterstützung für die Projekte notwendig.
Sie wissen, dass ich die Vorsitzende der Tafeln in Sachsen und der Dresdner Tafel bin. Was einzelne Tafeln in den kleineren Orten leisten müssen und was auf sie zukommt, wenn zum Beispiel die Stadt Stollberg den Raum für die Tafelarbeit nicht mehr zur Verfügung stellt, kann man sich überhaupt nicht vorstellen, wie man betteln gehen muss, um als Ehrenamtlicher etwas Gutes tun zu können. Das muss sich jeder hier im Saal hinter den Spiegel stecken.
Es ist auch unsere Verantwortung, für das Ehrenamt Sorge zu tragen, dass im bürgerschaftlichen Engagement das geleistet werden kann, was ihm innewohnt. Es sind also materielle Hilfen in geringem Umfang für Projekte
notwendig und es ist eine Förderung für das Ehrenamt erforderlich, die den Namen Förderung auch verdient. Es geht hier nicht um den Ersatz für Löhne oder Gehälter. Das spielt überhaupt keine Rolle. Aber wenn ein Auto für einen Verein notwendig ist, um die Arbeit zu leisten, dann sollte man die Möglichkeit haben, an ein solches Produkt heranzukommen.
Wenn ein anderer Verein für eine technische Kraft, für eine Sekretärin oder eine Mitarbeiterin, die das gesamte Kommunikationswesen betreibt, Geld braucht, dann sollte man diese Mittel zur Verfügung stellen.
Ehrenamt lebt von unser aller Unterstützung und ist unerlässlich für diese Gesellschaft.
Danke schön.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Tag des Ehrenamtes am 4. Dezember würdigten die Sozialministerin und der Herr Landtagspräsident verdiente sächsische Bürger mit der Überreichung der Ehrenamtskarte.
Die schöne Rede auf dieser würdevollen Veranstaltung dürfte Ihnen, Frau Staatsministerin, etwas schwergefallen sein, denn einige Wochen vorher kostete Sie es einen Federstrich, das TAURIS-Programm aus ESF-Mitteln zu beenden. 4 200 Langzeitarbeitslose erhalten damit keine Aufwandsentschädigung mehr.
Es wurde jetzt gerade wieder zu der Beschäftigungsförderung gesprochen. Wie ich sehe, gibt es ja auch unterschiedliche Auffassungen, Herr Krauß.
Was bietet man heute für TAURIS an? Ein anderes altes Programm. LOS-Förderung ist kein neues Programm, das gibt es seit Jahren: „Lokales Kapital für soziale Zwecke“. Was steht in der Zielstellung? Beschäftigungsförderung. Wo ist da der große Unterschied?
Zur Beschäftigungsförderung möchte ich noch etwas anderes sagen. Wer das so kurzfristig sieht, dass derjenige, der bei der Tafel ehrenamtlich arbeitet – ich nenne einmal die Tafel, weil Sie sie auch angeführt haben –, bei der Tafel eingestellt wird, dem muss ich sagen, das funktioniert nicht. Ein ehrenamtlicher Verein ohne Fördermittel hat da keine Möglichkeiten. Aber ein nicht unbeträchtlicher Teil von ehrenamtlich Tätigen hat dank der fleißigen Arbeit bei der Tafel in anderen Firmen Stellen erhalten, weil ja bekannt ist, dass man sich bei der Tafel nicht ausruht, sondern richtig ranklotzen muss. – So viel zur Beschäftigungsförderung.
Aber das nahezu gleiche Ziel, das vorher mit TAURIS verfolgt wurde, wird heute wieder mit dem LOSProgramm verfolgt. Ich sehe da keine großen Unterschiede, allerdings mit gravierenden Mängeln und gravierenden Folgen daraus.
Es wurde schon angesprochen, dass dieses Programm nur für ein Jahr gilt, dass zugeordnete Hartz-IV-Empfänger nur für ein Jahr eine Bewilligung erhalten. Dann müssen andere Leute ran und es müssen immer neue Projekte bei den Trägern erfunden werden: Ein Jahr Projekt, ein Jahr Förderung, und das war’s. Dazu kommen 30 Stunden Weiterbildung je Person pro Jahr. Ich frage mich, wer das bezahlt.
Als letzten Punkt führe ich an: Die SAB entscheidet im Detail, welche Tätigkeiten denn notwendig sind. Da frage ich mich: Wo nehmen die eigentlich die Sachkunde her, das für jede einzelne Einrichtung zu entscheiden?
Diese Mängel, die ich hier nenne, sind letztlich existenzbedrohend für das Ehrenamt, für Vereine und Verbände; denn sie sind eine Gefahr für die Langfristigkeit des bürgerschaftlichen Engagements, für die Zuverlässigkeit der Projektarbeit und für den Aufbau der Fähigkeiten Ehrenamtlicher und ihrer Freude an der Arbeit, weil das auch entscheidend nicht nur für das persönliche und gesundheitliche Wohlbefinden ist, sondern auch dafür, dass man würdevoll durchs Leben geht und anderen Menschen helfen kann.
Ich fordere in diesem Zusammenhang vom Freistaat eine unbürokratische Förderung der Menschen in diesen Projekten auf einem existenzsichernden Niveau.
Danke schön.
Herr Krauß, Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass der Begriff Lohnabstandsgebot, den Frau von der Leyen immer so wunderbar im Fernsehen zeigt, mit der Entstehung von Hartz IV entstanden ist. Sie wissen, dass Hartz IV die Grundlage für eine große Veränderung am Arbeitsmarkt war. Ist Ihnen bewusst, dass der Niedriglohnsektor, der in Deutschland stärker ist als in den meisten anderen Ländern, mit Hartz IV in dieser Schärfe überhaupt erst geschaffen worden ist? Ist Ihnen das bewusst?
Förderung des Ehrenamtes (Frage Nr. 8)
Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz sowie die TAURIS Stiftung e. V. haben durch Verlautbarungen und Mitteilungen den Trägern von Projekten, die in den letzten Jahren durch die TAURIS Stiftung gefördert wurden, zur Kenntnis gegeben, dass der Förderbereich „Kleinvorhaben zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und des sozialen Zusammenhalts“ auf Grundlage der ESF-Richtlinie des SMS/SMUL vom 31.07.2007 über das Jahresende 2010 hinaus nicht fortgesetzt wird. Darüber hinaus wurde auf das ESFFörderprogramm für mehr Chancengerechtigkeit „Lokales Kapital für soziale Zwecke“ verwiesen, welches doch in Zukunft in Anspruch genommen werden soll.
Fragen an die Staatsregierung:
1. Ist der Staatsregierung bewusst, dass im oben angeführten Programm ausdrücklich folgende Fördertatbestände nicht mehr möglich sind: „Nicht förderfähig sind teilnehmerbezogene Ausgaben wie Aufwandsentschädigungen, Fahrtkosten und Aufwendungen zur Teilnehmergewinnung.“?
2. Auf welche Art und Weise soll nach Auffassung der Staatsregierung in Zukunft die bisher geleistete ehrenamtliche Arbeit honoriert werden, da zum Beispiel auch das diesbezügliche infrage kommende Förderprogramm der Stiftung „Wir für Sachsen“ ebenfalls gekürzt wird?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Verehrte Kollegen! Vor reichlich 15 Jahren habe ich ehrenamtlich die Dresdner Tafel gegründet, leite sie seitdem und bin außerdem die ehrenamtliche Vorsitzende des Landesverbandes Sächsischer Tafeln, ohne dafür einen einzigen Cent zu erhalten. Meinen Lebensunterhalt habe ich durch Arbeitslosengeld gesichert und bin vor Hartz IV in die vorzeitige Rente geflüchtet. Das heißt, Ehrenamt ist für mich wie für Tausend andere eine Frage der persönlichen Würde, etwas für andere zu tun
und für andere da zu sein, ihnen in der Not oder bei anderen Problemen zu helfen, die Kinder im Nachhilfeunterricht zu unterstützen usw.
Das Spektrum des Ehrenamtes ist so breit wie das Leben. Es ist gut, dass es das Ehrenamt gibt. Es gibt Dinge, da kann man nur sagen: Es ist ein Segen, dass sich Menschen ehrenamtlich um die Sorgen und Nöte kümmern, wenn der Staat versagt.
Der letzte Diskussionsbeitrag war aus meiner persönlichen Sicht doch ziemlich unter der Gürtellinie.
Ich möchte hier zu einem speziellen Thema sprechen, das schon im Stichwort genannt wurde, es geht mir um die TAURIS-Stiftung. TAURIS-Stiftung e. V. wurde gegründet, um aus Mitteln der Europäischen Union auch Bürger im Ehrenamt fördern zu können. Speziell in Sachsen bedeutete das in allererster Linie und später ausschließlich, Hartz-IV-Empfänger einer besonderen Förderung zu unterziehen, indem sie für 14 Stunden Arbeit pro Woche monatlich maximal 78 Euro insgesamt erhalten konnten.
Die Förderung ist per 15.12. dieses Jahres aufgekündigt worden. Es hat ein ziemliches Verwirrspiel begonnen, das damit verbunden ist. Die Mittel, die für TAURIS noch bereitstehen – geplant war dieses Programm bis 2012 – werden offenbar in andere Programme umgelenkt, Programme der Jugendberufsbildung, der Migrantenförderung und auch in die schon genannten LOS-Programme.
LOS-Programme sind Förderungen aus dem Europäischen Sozialfonds für soziale Projekte in den Städten und Gemeinden. Damit kann man Mikroprojekte fördern. In den Förderrichtlinien steht jedoch ausdrücklich, dass damit keine Personen gefördert werden können. Es können daraus also keine Aufwandsentschädigungen für Ehrenamtliche gezahlt werden. Das Drama, das damit verbunden ist, besteht darin, dass es für viele Vereine und Träger von bürgerschaftlichem Engagement unmöglich oder zumindest sehr schwierig wird, die Förderung von Hartz-IV-Empfängern in ihren Reihen weiter fortzusetzen, wie das bisher der Fall war. Diese Förderung spielte für sie eine besondere Rolle.
Er hat es vorhin auch nicht erlaubt.
Das nächste Mal!
Jetzt ist er aber schnell! Na gut!
Machen Sie mal los!
Wann sagten Sie?
Den Termin von 2009 kenne ich nicht. Wir haben das in diesem Jahr erfahren. Wir wussten aus dem Jahr 2009, dass die Projekte von 2007 und 2009 eine Laufzeit bis 2012 haben. Dass es jetzt vorzeitig beendet wird, war uns nicht bekannt.
Und das Zweite: Es ging um den ersten Arbeitsmarkt. Es ging um die Beschäftigung und Weiterentwicklung von Hartz-IV-Empfängern. Das ist weitaus mehr, und das ist schon immer erreicht worden. Aus diesem Grunde hat auch die TAURIS-Stiftung bis zum Schluss TAURISProjekte sehr intensiv unterstützt und in ihrer Arbeit gefördert. Soweit ich das beurteilen kann, ist die TAURIS-Stiftung auch bereit, wenn es möglich sein sollte, diese Aufgabe im Interesse der Langzeitarbeitslosen bis auf Weiteres fortzusetzen.
Bitte, Herr Jennerjahn.
Ich will zuerst die Zahlen der Förderung nennen. In den Tafeln im Land Sachsen sind insgesamt rund 270 Hartz-IV-Empfänger in den Genuss der TAURIS-Förderung gekommen. Mir ist nicht bekannt, wie das mit den Festanstellungen ist. In der Dresdner Tafel sind 40 Hartz-IV-Empfänger von 180 Ehrenamtlichen gefördert worden. Davon haben in den letzten beiden Jahren fünf eine Festanstellung erreicht.
Bitte.
Das ist mir nicht bekannt, aber ich kann das nur unterstützen.
Mit dem Wegfall der Förderung durch TAURIS sind einige gravierende negative Folgen verbunden. Die erste will ich nennen. Das ist die Demütigung, die die Ehrenamtlichen empfinden. Das Gros der Ehrenamtlichen macht seine Arbeit zuverlässig, pünktlich. Bei der Dresdner Tafel sind das zum Beispiel Leute, die in Ausgabestellen tätig sind, die die Kleiderkammer bewirtschaften, die als Köche, als Kraftfahrer, als Disponenten, die die Lebensmittelsicherheit garantieren, usw. arbeiten.
Waren da die Fragen mit dabei?
Ah, nee!
Ja, ich habe noch eine Forderung zu erheben. Ich möchte bitte noch die Gelegenheit haben, meine Forderungen hier deutlich zu machen. Ich fordere Kontinuität für das Ehrenamt.
Na gut, danke. Ich habe noch mehr Stoff.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie, dass ich das Wort ergreife und mit ein oder zwei persönlichen Bemerkungen beginne.
Ich bin, wie Sie vielleicht wissen, die älteste Abgeordnete in diesem Haus. Mit 52 Jahren wurde ich arbeitslos. Seit 15 Jahren bin ich leitend ehrenamtlich tätig. Seit einem Jahr ist es mir, wie Ihnen auch, vergönnt, mit Diäten für die Arbeit, die ich hier leiste, belohnt zu werden. Dabei bin ich kein Einzelfall. Es gibt Tausende und Abertausen
de, die über eine solche Erwerbsbiografie in unserem Land verfügen.
Was bedeutet die Rente mit 67? Edith G. ist Angestellte, arbeitet 30 Stunden in der Woche. Sie ist 58 Jahre alt. Sie hat einen Rentenvorbescheid, in dem steht, dass sie mit 65 monatlich 700 Euro Rente erhalten wird. Rente mit 67 würde für sie bedeuten, dass sie vorzeitig in die Rente ginge. Das würde einen Abschlag von 67 Euro im Monat ergeben. Das wäre eine Rentenkürzung, obwohl sie ihr Leben lang gearbeitet hat. Sie fühlt sich schlichtweg betrogen.
Annett H. ist 42 Jahre alt. Damit will ich deutlich machen, dass es nicht nur um Senioren geht, sondern auch um diejenigen, die – wie Sie immer so schön sagen – die Mitte der Gesellschaft ausmachen. Annett H. ist Hartz-IVEmpfängerin und hat einen Ein-Euro-Job. Sie bekommt keinen Vermittlungsschein mehr, weil sie den Ein-EuroJob hat. Sie ist aus der Statistik der Arbeitsagentur gestrichen. So werden heutzutage Statistiken geschönt. Das heißt, sie ist am Ende und weiß nicht mehr, was noch werden soll. Wenn dann auch noch – wie es geplant ist – für Hartz-IV-Empfänger die geringfügigen Einzahlungen in das Rentenkonto wegfallen sollten, dann steht sie eines Tages da und weiß nicht, wovon sie leben soll. Ihre Sorge ist, dass ihre heute 14-jährige Tochter sie demnächst ernähren muss, wenn es ihr nicht gelingt, noch irgendwo einen Job zu erhalten.
Ulrike B. ist 40 Jahre alt, eine ausgebildete FitnessTrainerin, langzeitarbeitslos, und ihr Mann ist Mechaniker. Sie sind nach Norwegen ausgewandert. Sie sind der Arbeit gefolgt. So können sie wenigstens die Ausbildung der Tochter, die in Dresden lebt, finanzieren. Aber sie sind todunglücklich, weil sie ihre Heimat verlassen mussten und dort keinen Anschluss finden. Die Frau hat Angst und geht zum Arzt, weil sie Depressionen hat. Sie wird im fremden Land nicht heimisch.
Immer mehr junge Leute wollen dieses Land verlassen und reisen der Arbeit nach. Ältere erhalten hier keine Jobs. In anderen Ländern soll es besser sein als in Deutschland.
Eine längere Arbeitszeit für Ältere bedeutet nach dem, was wir heute erleben, auch längere Arbeitslosigkeit für diese Menschen. Die Erfahrungen und die Kompetenzen der älteren Bürger sind nicht gefragt. Es gibt auch nicht genügend Arbeitsplätze.
Ja, bitte.
Ich kann Ihnen diese Frage nicht beantworten, weil ich nicht weiß, was überhaupt sicher ist.
Die Rente mit 67 bedeutet ein Armutsprogramm für die mittlere und die ältere Generation. Solange der Lebensunterhalt, die Gesundheitsfürsorge und menschenwürdiges Wohnen nicht Allgemeingut sind, darf die Rente mit 67 keine soziale Zielstellung sein.
Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte jetzt den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE einbringen. Er entspricht der gegenwärtigen Situation. Erlauben Sie mir deshalb, trotzdem zu Punkt 4 unseres Entschließungsantrages noch einige vertiefende Bemerkungen zu machen.
Irgendwann lerne ich das noch. Ich bitte um Entschuldigung.
Zu Punkt 4: Seit 15 Jahren – das möchte ich gern vorwegschicken – leite ich die Dresdner Tafel, arbeite bei der Dresdner Tafel mit ehrenamtlichen Langzeitarbeitslosen, seit fünf Jahren mit Hunderten von Hartz-IV-Empfängern, die freiwillig ehrenamtlich bei der Tafel arbeiten, damit sie in ihrem Leben einen Sinn haben, damit sie anderen helfen können. Denn es geht bei Langzeitarbeitslosigkeit nicht bloß ums Geld, es geht um die Würde des Menschen.
Die Entwicklung mit Hartz IV hat sich dramatisch gestaltet. Vor fünf Jahren hat die Dresdner Tafel 8 500 Bedürftige pro Woche versorgt. Heute sind es immerhin 12 500. 30 % der Hartz-IV-Empfänger, die zu uns kommen, sind Kinder. Sie befinden sich ja als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaften sozusagen in der Haft durch die Eltern, haben also keine Möglichkeit, aus dieser sozialen Lage herauszukommen. Die Kinderarmut, mit der wir es zu tun haben, hat, glaube ich, eine Form angenommen, die eigentlich in unserem Land nicht geduldet werden darf.
Die Kinder leiden Mangel an ausgewogener Ernährung. Sie leiden Mangel an ausreichenden Bildungschancen. Sie leiden Mangel an Freizeit- und Sportmöglichkeiten. Sie haben keine Möglichkeit, Zugang zur Kultur zu erlangen, und viele andere Dinge mehr.
Was ich als besonders bedenklich betrachte – das ist ein gesellschaftliches und politisches Problem –, ist die Tatsache, dass Hartz-IV-Empfänger zunehmend gesellschaftlicher und politischer Ächtung unterliegen. Sie sind nicht schuld an ihrer Lage. Sie sind aus unterschiedlichen Gründen in diese Lage gekommen. Tatsache ist, dass die wenigsten Hartz-IV-Empfänger heute auf dem ersten Arbeitsmarkt eingestellt werden. Ihnen bleiben die Zeitarbeit oder irgendwelche Hilfsjobs oder Ein-Euro-Jobs, in denen sie immer wieder in der Armutsfalle gefangen sind.
Hartz-IV-Empfänger empfinden eine tiefe Diskriminierung. Draußen sind welche. Draußen stehen mindestens 4 000 von ihnen. Man könnte sie hereinholen. Sie würden jeden Satz, den ich hier sage, bekräftigen. Sie werden diskriminiert, sie werden ausgegrenzt. Sie sind hoffnungslos und voller Angst, wenn sie an die Zukunft denken und das verinnerlichen, was in der Politik inzwischen beschlossen worden ist. Ich halte diesen Weg für abenteuerlich für unsere Gesellschaft. Er höhlt die Demokratie aus und bringt den sozialen Frieden in Gefahr.
Ja, bitte.
Ich wollte schon hinausgehen. Aufgrund der Tagesordnung war mir das nicht möglich. Aber ich weiß, dass drei Demonstrationszüge vorbereitet worden sind. Einer davon war auch von den Arbeitsloseninitiativen getragen. Natürlich kann ich die Zahl nicht nennen. Vielleicht sind es auch nur 3 000. Aber wir würden genügend finden.
Natürlich ist es geschätzt. Ich habe doch nicht behauptet, dass ich sie gezählt habe.
Geht das von meiner Redezeit ab?
Also eine der Losungen war: Wir zahlen nicht für Ihre Krise.
Zu diesem.
Die Zahlen habe ich nicht gehört. Ich kann sie persönlich nicht ablehnen, ich kann sie persönlich nicht bestätigen. Aber ich denke, dass
die Zahlen, die die Polizei angegeben hat, die exakten Zahlen sind, denen man Glauben schenken darf.
Das andere: Ich beneide Herrn Krauß, dass er schon draußen ist. Es tut mir leid, dass ich noch nicht draußen bin, weil dort eigentlich der Platz ist, an den ich schon lange gehöre, und weil es mir in den Fingern kribbelt, endlich hinausgehen zu können.
So viel dazu.
Ich möchte abschließend hier an Ihrer aller Solidarität appellieren. Solidarität ist nicht nur ein Gebot der Linken. Solidarität wird schon in der Bibel beschrieben mit den Worten: Brich Dein Brot. Brich Dein Brot mit den Ärmsten, brich es mit Deinem Nachbarn, wenn er in Not ist. Das sollte Motiv unseres Handelns sein.
Ich bitte, dass Sie unserem Antrag zustimmen, damit wir eine gemeinsame Basis finden, wie wir im Interesse des gesellschaftlichen und politischen Friedens in diesem Land und der Würde der Bedürftigen und der Hartz-IVEmpfänger, die dazugehören, handeln können.
Danke schön.
Habe ich eine Kurzintervention – oder ist alles vorbei?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich stimme ausnahmsweise Herrn Krauß zu.
Die Studie ist nicht neu, aber sie ist aktueller denn je. Obwohl er mir sehr sympathisch ist,
muss ich an dieser Stelle sagen: Die Rente mit 67 löst kein finanzielles Problem. Es verlängert, wenn es weitergeht wie bisher, die Arbeitslosigkeit und damit auch die Armut für die Generation, über die wir heute sprechen.
Was ist zu tun? Herrn Dulig stimme ich ausdrücklich zu. Seine Forderungen nach einem Festhalten an der solidarischen Finanzierung der Sozialsysteme und nach einem Mindestlohn möchte ich unterstützen.
Es gibt darüber hinaus eine ganze Reihe von Maßnahmen, die man nicht nur einleiten kann, sondern meiner Meinung nach auch einleiten muss, um der Generation, von der wir heute reden, den Senioren, ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Leistungen, die Senioren im sozialen Bereich erbringen, zum Beispiel bei der Kindererziehung oder der Pflege von Familienangehörigen, sind bei der Rente anzuerkennen und steuerlich zu finanzieren.
Weiterhin ist der kommunale Wohnungssektor wiederherzustellen, um auch für Menschen im Alter angemessenen Wohnraum zu gewährleisten. Es ist zu vermeiden, dass Senioren ihren Wohnraum – ich spreche nicht von 100 Quadratmetern, sondern von Wohnraum, den sie sich leisten können – verlassen müssen.
Ich fordere an dieser Stelle erneut ein Sozialticket, weil es den Senioren Mobilität in der Kommune und darüber hinaus ermöglicht. Es ist nicht so, dass das Geld am Ende fehlt. Wenn die Senioren kein entsprechendes Ticket haben, dann fahren sie nicht weg. Das Sozialticket ist aber eine Voraussetzung für Kommunikation. Es ermöglicht den Senioren, sich weiter mit ihrer Heimat vertraut zu machen, ist aber auch für ihre Teilhabe an Kultur und Gesellschaft wichtig.
Ich hoffe, dass die Staatsregierung das Ehrenamt, soziale Vereine und Wohlfahrtsverbände weiter unterstützt. Damit können Begegnungszentren geschaffen werden, in denen Senioren miteinander sprechen können, nicht an Einsamkeit zugrunde gehen und vielleicht auch die Möglichkeit erhalten, ein preisgünstiges Mittagessen einzunehmen.
Abschließend möchte ich als Alterspräsidentin des Sächsischen Landtages Sie auffordern, die Lebensleistung meiner und der folgenden Generation anzuerkennen und zu achten, um uns auch im Alter ein Leben in Würde zu ermöglichen.
Danke schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich rufe die Sammeldrucksache 5/1880 und dort die Einzeldrucksache 5/659 auf. Es geht um die Anhörung im Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz zur Wohnungslosigkeit im Freistaat Sachsen.
Ich rufe die Drucksache deshalb auf, weil der Antrag der Linken im Ausschuss abgelehnt worden ist und ich doch denke, dass der Landtag Gelegenheit haben sollte, insgesamt darüber zu befinden.
Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit sind schwerste elementare Eingriffe in das persönliche Leben der betroffenen Menschen.
Sicher hat die Obdachlosigkeit verschiedene Ursachen. In der Anhörung haben sich alle Experten dazu geäußert, und es gab eine Übereinstimmung mit der Auffassung des Antragstellers, also meiner Fraktion. Aber wir haben feststellen müssen, dass das Sozialministerium seit 2006 keine Berichte mehr erarbeiten ließ. Wenn keine Analysen zu einer Situation vorliegen, ist es schwer, die richtige Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Es sind neue Bedingungen eingetreten und neue Entwicklungen haben sich hinsichtlich der Obdachlosigkeit vollzogen. Ich nenne hier nur als Stichwort die zunehmende Obdachlosigkeit von Jugendlichen im Alter zwischen 18 bis 25 Jahren, die weder im Kinder- und Jugendhilferahmen eine Rolle spielen noch für die ARGE das Recht auf eigenen Wohnraum haben.
Ich nenne das Problem der Altersarmut, das auch auf dem Gebiet der Obdachlosigkeit zuschlägt, was von besonderer Brisanz und Dramatik ist.
Ich nenne die Sanktionen durch Hartz IV, die zur zeitweiligen Kürzung oder Aussetzung von Mitteln für das Leben und damit auch für die Miete führen.
Ich wiederhole hier noch einmal den Antrag, den DIE LINKE stellt. Der Bericht der Staatsregierung soll die Entwicklung der Wohnungslosigkeit von 2008 und 2009
deutlich machen. Es muss die Frage beantwortet werden: Wie werden Wohlfahrtsverbände und das Ehrenamt bei ihrem Wirken für die Wohnungslosen unterstützt? Die Staatsregierung ist zu beauftragen, die jährliche Befragung der Landkreise und kreisfreien Städte hinsichtlich der Wohnungslosigkeit wieder aufzunehmen, so wie das bis zum Jahr 2006 gang und gäbe war.
Soweit möchte ich den Antrag hier noch einmal formulieren und bitte um Ihre Zustimmung, meine Damen und Herren.
Danke schön.
Ist Ihnen bekannt, Herr Krauß, dass mit der Einführung des Systems Hartz IV ein massiver Druck auf die Löhne und Gehälter ausgeübt worden ist, dass der Niedriglohnsektor mit Hartz IV ausgeweitet worden ist? Heute versucht man den Gegentrick, indem man behauptet, das Abstandsgebot muss eingehalten werden: Die, die Arbeit haben, bekommen wenig, die, die nicht arbeiten können, weil sie keine Arbeit finden, noch weniger.
Ich warne davor, Töne von Sozialchauvinismus in die Debatte zu bringen
und die Arbeitslosen zu verunglimpfen.
Ist Ihnen bekannt, dass das Bundesverwaltungsamt die Stellen, die von ihnen bereits genehmigt worden sind – und das sind in Sachsen Hunderte, wie mir bekannt ist –, noch in Kraft setzt, wenn die Kofinanzierung dazu gesichert ist? Ich habe ein entsprechendes Schreiben für meinen Verein bekommen, weil es die Dresdner Tafel genauso betrifft. Wir hatten acht Stellen im Kommunal-Kombi beantragt, und ich bitte Sie – –
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu der Drucksache – und zwar zu zwei Beschlussempfehlungen – sprechen. Es handelt sich um die Drucksachen 5/700 und 5/820.
Ich beginne mit der Drucksache 5/700. Im Sozialausschuss des Landtages hat der Antrag vorgelegen, einen Lebenslagenreport für Sachsen anzufertigen und das Ministerium damit zu beauftragen. Dieser Antrag wurde im Sozialausschuss abgelehnt.
Ich möchte diesen Antrag mit folgender Begründung erneut zur Abstimmung stellen: Der Lebenslagenreport für Sachsen, der im Jahre 2006 erstellt worden ist, war ein wichtiges Analysematerial für die soziale Arbeit in unserem Bundesland. Es hat allein durch zwei wesentliche Einschnitte beträchtliche Veränderungen der Lage gegeben: Das sind zum einen die Hartz-IV-Gesetze – fünf Jahre in Kraft – und zum anderen ist es die Finanz- und Wirtschaftskrise.
Es gibt in Sachsen deutlich mehr Langzeitarbeitslose, Geringverdiener, Alleinerziehende, arme Kinder, Kranke und Senioren, die eine Verschärfung Ihrer Lebensbedingungen hinnehmen müssen. Immer häufiger sind für
Hartz-IV-Empfänger Zwangsarbeit und existenzbedrohende Sanktionen Begleiter Ihres Lebens. Welche Folgen die Krise auf die soziale Lage hat, sehen wir an der Kurzarbeit, Ausweitung des Niedriglohnsektors, Veränderung der Krankenversicherung und an vielen anderen Dingen mehr.
DIE LINKE hält es deshalb für dringend erforderlich, einen neuen Lebenslagenreport zu erarbeiten, um die aktuellen Aufgaben für die Bekämpfung der Armut sinnvoll und zeitnah zu erfassen und in Angriff zu nehmen. Insofern beantrage ich noch einmal hier vor dem Hohen Haus, das Sozialministerium mit der Ausarbeitung eines neuen Lebenslagenreports im Jahr 2010 zu beauftragen. Das war mein erster Antrag.
Ich komme nun zu meinem zweiten Antrag. Er hat die Drucksachennummer 5/820. Das Europäische Parlament und der EU-Rat haben am 22. Oktober 2008 das Jahr 2010 zum Europäischen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung erklärt. Das EU-Parlament ließ sich unter anderem davon leiten, dass in der gegenwärtigen Finanz- und Konjunkturkrise besonders benachteiligte Gruppen gefährdet sind, sodass die Fähigkeit des Sozialstaates zur sozialen Bewältigung und Gestaltung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Umbrüche besonders gefragt ist.
Ich beantrage namens der Linksfraktion Folgendes: Die Staatsregierung möge im Europäischen Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung Maßnahmen beschließen, die
die bestehenden Notlagen und die Ausgrenzung von Armut betroffener Menschen wirksam bekämpfen. Ich begründe diesen Antrag damit, dass durch das Staatsministerium bisher keine aktuellen Maßnahmen erarbeitet worden sind – abgesehen von einer geplanten Konferenz.
Es wird auf die Konzeption der Sächsischen Staatsregierung von 2007 verwiesen. Die dort beschlossenen Maßnahmen sind angesichts der heutigen Lage vollkommen unverbindlich. Sie richten sich im Wesentlichen an die Öffentlichkeit und enthalten keine Schlussfolgerungen zur Bekämpfung der aktuellen Situation hinsichtlich der Armut und der Ausgrenzung der von Armut Betroffenen.
Ich beantrage deshalb, dem Antrag auf eine Initiative der Staatsregierung zur Nutzung des Europäischen Jahres gegen Armut und soziale Ausgrenzung zuzustimmen.
Jetzt habe ich die Zeit nicht eingehalten.
Meine Anträge habe ich aber eingebracht.
Es sind zwei kurze Fragen.
Die erste ist: Sind Sie nach Einführung von Hartz IV in der letzten Zeit schon einmal in einer Beratungsstelle für Jugendliche gewesen, auch für jugendliche Obdachlose, die es zum Beispiel auch in Dresden gibt?
Die zweite Frage lautet: Wann haben Sie eine Beratungsstelle aufgesucht, in der Hartz-IV-Empfänger sitzen, die mit den Bescheiden, die sie haben, die mit den Lebensmöglichkeiten, die ihnen bleiben, die mit der hohen Verschuldung, der sie unterliegen, nicht mehr klarkommen?
Wann haben Sie solche Beratungsstellen besucht? – Danke.
Herr Präsident, ich ersuche Sie, solchen Schmähreden gegenüber Antifaschisten und Juden unverzüglich ein Ende zu setzen, wenn damit wieder angefangen wird. Ich möchte hier betonen: Ich fühle mich davon persönlich auch zutiefst beleidigt.
Meine Eltern haben während der Nazizeit im Zuchthaus als Antifaschisten gesessen. Ich bekenne mich dazu, auch ein Antifaschist zu sein.
Danke.
Kann ich? Ich gestehe, ich hätte gerne auf eine solche Rede verzichtet. Aber ich habe einen Anschauungsunterricht im Fach geistige und politische Brandstiftung erhalten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von den Parteien der Koalition wurde unter anderem von Sozialfantasien der Opposition gesprochen. Ich will diesem Wort „Sozialfantasien“ den Begriff „soziale Grausamkeit“ entgegensetzen. Sie sollten darüber nachdenken, wo wir uns eigentlich befinden. Wir sind in einem abgeschirmten Raum, klimatisiert von vorn bis hinten. Das Essen fällt uns auf den Tisch.
Die Getränke stehen da usw. usf. Aber das Leben ist draußen und spielt ganz anders als in diesem Raum.
Hier gibt es offenbar Leute, die unterstellen, dass diejenigen, die am Rande des Existenzminimums leben, nur zu faul seien zu arbeiten. Dass darunter aber auch Angehörige – wie sagt ihr immer so schön? – der berufstätigen Mitte sind, abgestürzte Unternehmer, Leute mit Hochschulbildung, die keine Arbeit mehr finden, die dafür Sorge tragen müssen, dass ihre Familien um die Runden kommen, die ebenfalls Ansprüche an Bildung und an Kultur haben, und hier eine Ausgrenzung stattfindet, unter der besonders Kinder zu leiden haben, das wird dabei vergessen, weil man es einfach nicht sehen will. Man
muss die Augen aufmachen und die Realitäten zur Kenntnis nehmen, die in unserer Gesellschaft herrschen.
Die Gesellschaft ist zweigeteilt. In der Mitte steht die berufstätige Mitte, wie Sie sie so schön nennen. Dann gibt es einen Teil, der mehr als ausreichend zum Leben hat, und es gibt einen großen Teil, der nicht weiß, wovon er die lebensnotwendigen Dinge finanzieren soll. Es gibt in Dresden allein 100 000 Bedürftige, von denen 60 000 in Hartz IV sind. Das sind durchaus nicht alles nur Langzeitarbeitslose. Darunter sind Berufstätige, die für Gehälter arbeiten, die unter Tarif liegen. Die müssen auch zum Sozialamt oder zur ARGE gehen und Hartz IV beantragen. Sie haben genau diese Schwierigkeit, dass sie jetzt 20 Euro bekommen sollen, die ihnen wie auch das Kindergeld nicht ausgezahlt werden, weil das auf Hartz IV angerechnet wird.
Ich unterstütze voll und ganz den Gedanken, dass jedes Kind, egal, woher es kommt, ein kleines Stück Zukunft ist.
Wir reden doch nicht über Vergangenes.
Es gibt verschiedene Unterstützungsleistungen. Auch die Dresdner Tafel wurde aus Versehen unter staatliche Leistungen eingerechnet. Aber Sie haben gestern abgelehnt, dass der Kommunal-Kombi weitergeführt wird. Der Dresdner Tafel wurden acht Stellen im Kommunal-Kombi gestrichen. Ich will aber, weil es das Sozialministerium so gern hört und Wert darauf legt, der Gerechtigkeit halber sagen, dass ein großer Teil unserer Mitarbeiter monatlich Ehrenamtsgeld bezieht. Für acht Monate sind das 40 Euro pro Person für die ehrenamtlichen Leistungen, die erbracht werden.
Alles andere finanziert eine Einrichtung wie die Dresdner Tafel aus Sach- und Geldspenden von Firmen, Unternehmern und der Bevölkerung, wofür ich an dieser Stelle all denen danken möchte, die das tun.
Dass wir diesen Widerspruch zwischen Arm und Reich nicht weiter zuspitzen sollten, hängt doch auch mit dem sozialen Frieden zusammen. Haben wir denn ein Interesse daran, dass die Leute aufeinander losgehen, dass die einen, die ihren Grundbedarf an Ernährung nicht mehr decken können, auf die anderen losschlagen? Haben wir ein Interesse daran, dass Kinder keine Achtung mehr vor ihren Eltern haben, weil sie als faul hingestellt werden, weil man ihnen unterstellt, dass sie nicht mit Geld umgehen können? Die Medien haben da sehr viele Beispiele parat. Wir sollten das nicht dulden und sollten genauso wenig dulden, dass den Kindern nicht die Mittel zur Verfügung stehen, die sie benötigen, um sich ausgewogen zu ernähren, um sich zu kleiden, und zwar nicht nur aus Kleiderkammern. Ich rede nicht von irgendwelchem Luxusbedarf, sondern von dem Notwendigen.
Ich sehe eine starke Ökonomisierung des Sozialen. Das wird uns in der Zukunft auf die Füße fallen, weil es die Gesellschaft weiter spaltet. Eine gespaltene Gesellschaft ist keine demokratische Gesellschaft mehr.
Ich bitte Sie daher, dieser Beschlussvorlage zu folgen und den Beschluss zu fassen, das Kindergeld auch an die Hartz-IV-Kinder auszuzahlen, es ihnen selbst zugute kommen zu lassen.
Ein Drittel der 60 000 Hartz-IV-Empfänger in Dresden sind Kinder. Bald ist Weihnachten. Wir führen Weihnachtsfeiern für 500 bedürftige Kinder durch. Mehr schaffen wir in vier Weihnachtsfeiern nicht. Sie können sich nicht vorstellen, wie sich diese Kinder freuen, wenn sie vom Weihnachtsmann ein liebevoll gepacktes Paket erhalten, in dem Spielzeug, Bücher und andere Kleinigkeiten sind, wenn sie sich dort an einem kindgerechten Buffet bedienen dürfen, umsorgt werden und ein gutes Programm sehen. Es ist für die Kinder ein Höhepunkt und wir sind glücklich, dass wir so etwas tun können. Wir würden uns aber wünschen, dass den Kindern noch viel mehr Möglichkeiten eröffnet werden, auch an der Kultur in Dresden teilzuhaben. Wir haben eine Kinderweihnachtsfeier im Theater Junge Generation, bei der das „Katzenhaus“ gespielt wird. Die Kinder freuen sich darauf.
Ich bitte Sie deshalb: Überlegen Sie noch einmal, für wen wir heute etwas tun. Wir tun es für unsere Zukunft, wir tun es für uns alle und nicht für einen ganz bestimmten, ausgesuchten oder einen durch die Wirtschaft ausgesonderten Personenkreis.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich beantrage zu der vorliegenden Drucksache, dass das EU-Programm „Kommunal-Kombi“ weitergeführt wird. Das heißt, die Staatsregierung möge vom Parlament den Auftrag erhalten, dieses Programm über den Jahreswechsel hinaus weiterzuführen. Dieses Programm ist gerade gekappt worden. Reichlich 5 000 Förderungen sind aus dem Bundesprogramm „Kommunal-Kombi“ vergeben worden, das vom Freistaat und von den Trägern der jeweiligen Förderungen unterstützt wird.
Es sind 400 Förderungen nicht vergeben worden und es gibt aus meiner Sicht keinen Grund, dieses Programm zu beenden; zumal es in allen Kommunen noch Förderprojekte gibt, die sozial Schwachen helfen, die Alten und Kranken helfen, die Programme im Sport für Kinder und Jugendliche veranstalten und die sich der Kultur für benachteiligte Menschen besonders widmen. Wir dürfen diese Menschen nicht allein lassen. Sie brauchen unsere Hilfe, sie müssen das Erlebnis der Solidargesellschaft erfahren und sie brauchen auch Hilfe von Helfern, die dafür finanziert werden sollen. Das ist die zweite Seite der Medaille.
Über 400 Personen, Hartz-IV-Empfänger, sind angesprochen worden und leben in der Hoffnung, dass sie zum Jahreswechsel eine Arbeit für drei Jahre erhalten. Es ist verheerend, in welcher Situation sich diese Menschen gegenwärtig befinden, da sie erfahren mussten, dass ihre Wünsche auf Arbeit nicht in Erfüllung gehen. Darunter sind junge Leute, Mitte zwanzig. Ich habe gestern mehrere Anrufe von solchen Menschen erhalten, die nach ihrer Ausbildung noch nie eine Arbeit hatten und zum ersten Mal auf drei Jahre zusammenhängender Arbeit hoffen durften. Es sind auch Ältere dabei, die die Hoffnung hatten, später keine Grundsicherung beantragen zu müssen, die auch wieder Geld kostet, weil sie in den drei Jahren zu ihrer Rente, die sie mit 60 Jahren antreten können, noch einen Anteil erarbeiten können.
Ich bitte Sie, sich nicht allein davon leiten zu lassen, dass das Geld kostet. Ich habe es einmal hochgerechnet: Allein das, was wir im vorhergehenden Tagesordnungspunkt bzw. in dem Punkt davor für uns beschlossen haben, hätte die Hälfte der Summe ausgemacht, die notwendig wäre, um dieses Programm pro Jahr durchzuführen. Also, es geht hierbei um keine Reichtümer.
Ich bitte, diesem Antrag zu folgen und den Kommunal-Kombi im nächsten Jahr fortzuführen.
Danke schön.