Kommen wir also gleich zum Grundgesetz. Wie Sie alle wissen, hat die Föderalismusreform II genau diese sogenannte Schuldenbremse ins Grundgesetz festgeschrieben. Für den Bund gilt sie ab 2016, für die Länder ab 2019 – sie haben ein bisschen länger Zeit. Artikel 109 und 115 regeln sehr klar auch für die Länder verbindlich, was geschehen darf und was eben nicht geschehen darf. Außerdem gibt es einen Artikel 31 Grundgesetz – ein sehr kleiner Artikel, er hat auch nur drei Worte, ist auch für jeden verständlich. Diese drei Worte lauten: „Bundesrecht bricht Landesrecht.“ Das gilt auch für die Frage Schuldenbremse.
Auch hier gibt es keine Notwendigkeit, keinen Druck, keinen Zwang, ganz schnell unbedingt irgendetwas tun zu wollen. Ich will mich ja gar nicht hinstellen und sagen, dass wir keine Kritik an dieser Frage hatten. Sie wissen, dass DIE LINKE durchaus Kritik formuliert hat an der
Frage, ob es Sinn macht, die Einnahmen aus Kreditmitteln zu streichen, oder nicht. Diese Kritik haben wir formuliert, dass es eine Konsolidierung ist auf der Grundlage dessen, was CDU und FDP immer wollen – zulasten öffentlicher Aufgaben, zulasten des Sozialen und zulasten von Investitionen –, und dass es uns darum geht, die Einnahmenseite des Staates zu stärken,
Konsolidierung also auch auf der Einnahmenseite herzustellen. Wenn diese Debatte dazu geeignet wäre, wäre ich gern dabei. Dabei sehe ich Sie allerdings nicht. Ich sehe nur, dass Sie ein Problem in der Koalition haben, und in Anbetracht des Zeitfonds muss ich diese Ausführungen leider auf die nächste Runde verschieben.
Für die Fraktion DIE LINKE sprach Herr Kollege Scheel. – Für die SPDFraktion spricht jetzt Herr Kollege Dulig.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon etwas seltsam, wenn man ein Gesprächsangebot über eine Aktuelle Debatte ausspricht. Ob es wirklich politisch klug ist in einer Auseinandersetzung, in einer Frage, die auch in den Parteien stattfindet, eine Aktuelle Debatte zu führen, die eher zu Polarisierung als vielleicht zur sachlichen Diskussion neigt, sei auch einmal dahingestellt. Aber über die politische Klugheit will ich mich jetzt nicht weiter auslassen beim Thema Koalition.
Wenn ich an die letzten Haushaltsverhandlungen denke und genau darauf schaue, wo gekürzt wurde: überproportional im Sozialbereich. Wenn ich mir die Haushaltspolitik im Freistaat Sachsen anschaue, auf welchem Rücken sie ausgetragen wird: auf dem Rücken von Kindern und Jugendlichen, von Familien, auf dem Rücken von Bildung, auf dem Rücken der Kommunen.
Und diese falsche Haushaltspolitik sollen wir jetzt noch in der Verfassung festschreiben? Diese falsche Prioritätensetzung wollen Sie sich jetzt verfassungsrechtlich veredeln lassen?
Verstehen Sie, warum die SPD gesagt hat, genau das wollen wir nicht?! Genau diese Politik wollen wir nicht
Also, Entschuldigung, wenn ich Sie einmal erinnern darf: Da haben wir aber ein ganz reines Gewissen. Wir haben zusammen den ersten schuldenfreien Haushalt beschlossen. Bis dahin hat die CDU nur Schulden gemacht. Die einzige Partei in diesem Haus, die Schulden gemacht hat, ist die CDU.
In unserer Koalition haben wir das erste Mal einen schuldenfreien Haushalt gemeistert. Wir haben ins Haushaltsgesetz die Schuldenbremse hineingeschrieben. Die haben wir gemeinsam beschlossen – das brauchen Sie uns doch nicht zu erzählen.
Ich muss Sie auch erinnern, dass die jetzt schon erwähnte Schuldenbremse im Grundgesetz ja nun auch von SPD und CDU getragen war. Sie müssen uns also nicht belehren. Wir haben ein ganz reines Gewissen.
Ich bin mir nicht ganz so sicher, was Ihre Motive sind, ob Sie wirklich sparen wollen. Dann hätte sich der Wirtschaftsminister lieber eine Sparlampe anschaffen sollen, aber …
Warum ich trotzdem der Meinung bin, die Diskussion auch in der SPD anzufangen, hat einen ganz anderen Grund: Normalerweise brauchen wir die Schuldenbremsendebatte in der Verfassung nicht, denn die Grundlagen haben wir bereits. Punkt.
Ich finde es aber nachvollziehbar, dass wir uns in Sachsen Gedanken machen, eigene Bedingungen zu definieren. Denn wenn wir bis 2020 warten, gelten lediglich das Grundgesetz und damit auch die Rahmenbedingungen und die Bedingungen des Grundgesetzes. Also ist für mich die Frage: Lohnt es sich, eine Verfassungsdebatte zu führen, um tatsächlich die Bedingungen zu verbessern, die im Rahmen einer Schuldenbremse eintreten können? Da ist für mich das Wichtigste, eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen abzusichern.
Die dürfen nicht weiter die Lasten einer Haushaltspolitik tragen, bei der man zwar Klassenbester sein will, aber ansonsten sich nicht dafür interessiert, wer das Risiko zu tragen hat. Das ist für mich der eigentliche Grund, warum ich innerhalb der SPD die Debatte mit angestoßen habe, über eine Verfassungsänderung zu diskutieren. Wir machen es uns nicht leicht. Ich habe Ihnen schon die Gründe genannt, warum wir die Verfassungsänderung eigentlich nicht brauchen. Die Gründe sitzen hier: Ihre falsche Prioritätensetzung bei den Haushalten.
Ich möchte aber auch etwas wissen, und da spreche ich Sie von der CDU-Fraktion an: Ich will wissen, ob Sie es mit der Debatte ernst meinen.
Ich will wissen, ob Sie es ernst meinen. Holger Zastrow hat schon verraten, dass es nicht darum geht, hier tatsächlich eine Verfassungsdebatte zu führen.
Wenn Sie hier – friss oder stirb! – einen Vorschlag machen, bei dem wir zustimmen oder ablehnen dürfen, wenn Sie also mit uns nicht ehrlich über eine Verfassungsänderung reden wollen, wenn Sie sozusagen taktische Spiele machen, dann wird es gefährlich. Denn eines ist klar: Diese FDP wird im nächsten Landtag nicht mehr sitzen.
Dann ist die Tür für eine Verfassungsänderung für absehbare Zeit zu. Deshalb: keine taktischen Spiele, sondern eine ehrliche Debatte auf Augenhöhe, um tatsächlich zu einer Verbesserung der Verfassung zu kommen. Nur unter diesen Bedingungen bin ich auch bereit, die Debatte in der SPD zu führen.
Für die SPD-Fraktion sprach Herr Kollege Dulig. – Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Hermenau.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Eine Aktuelle Debatte ist das denkbar schlechteste Instrument für den Auftakt einer Verfassungsdiskussion. Da hat Kollege Dulig völlig recht. Das sieht die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN genauso. Das hat dem Anliegen geschadet und es rettet die FDP nicht. Der Erfolg ist gering.
In der Zeitung hat die FDP eine Annonce veröffentlicht, mit der sie das Verhandlungsergebnis, das in irgendwelchen Monaten vorliegen soll, schon vorweggenommen hat. Sie haben es wirklich nötig. Ihnen muss ja der Angstschweiß – das rieche ich bis hierher – wirklich ausbrechen. Wer das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen will, der muss hart arbeiten. Diese Art von Schweiß wäre willkommen. Ihr Angstschweiß macht das Gegen
teil: Er verstärkt das Misstrauen der Bevölkerung in Ihre Tätigkeit. Ein klares Signal für solide Finanzen im Freistaat Sachsen wäre ein ordentlicher Auftakt dieser Legislaturperiode gewesen, ein vernünftiger Haushalt
Das haben Sie verstolpert, dramatisch verstolpert. Diese Staatsregierung ist wie ein schwarz-gelber Elefant durch den Porzellanladen unserer Gesellschaft gelatscht und hat das auch noch für solide Finanzpolitik gehalten. Das ist unglaublich.