Protokoll der Sitzung vom 09.12.2009

Unser Außenminister scheint also nicht nur unfähig zu sein, deutsche Interessen zu vertreten, und scheint stattdessen eine rein polnische Täterperspektive einzunehmen. Er verstößt nicht nur gegen seine Neutralitätspflicht, die es ihm eigentlich untersagen müsste, die Entscheidungen des größten deutschen Opferverbandes über die Entsendung eines Kuratoriumsmitglieds im Alleingang und selbstherrlich per Veto zu korrigieren, er scheint mittlerweile auch erste Anzeichen von Schizophrenie zu zeigen – –

Ich bitte Sie, Herr Schimmer, sich in Ihrem Ausdruck mäßigen.

– ja –, denn der Herr Westerwelle des Jahres 2003 war anscheinend noch eine Person mit völlig anderen Auffassungen als der Bundesaußenminister unseres Jahres 2009.

Wir wollen an dieser Stelle mit unserem Antrag ein deutliches Zeichen zur Unterstützung Erika Steinbachs als Interessenvertreterin der deutschen Heimatvertriebenen und ihrer Nachkommen setzen. Hessens Ministerpräsident Roland Koch erklärte kürzlich, dass es gute Tradition sei

und sich bewährt habe, wenn die Verbände selbst entschieden, wen sie in Beiräte und ähnliche Gremien entsenden. Ich glaube, es gäbe sicherlich keine Diskussion um den Nominierungsanspruch des Zentralrates der Juden in Deutschland, und natürlich würde sich kein Mensch darüber aufregen, wenn die DDR-Opferverbände auf ihren Anspruch pochten, im Beirat einer Stiftung zur Erinnerung der politisch Verfolgten des SED-Regimes vertreten zu sein.

Was bei anderen Opferverbänden nicht hinterfragt wird, muss auch im Falle der deutschen Heimatvertriebenen selbstverständlich sein. Es geht bei der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ schließlich um das legitime Gedenken an ein beispielloses Jahrhundertverbrechen, an die Vertreibung von 15 Millionen Menschen, es geht um die Erinnerung an erschütternde Schicksale, an Deutsche, die Hab und Gut und in vielen Fällen auch ihr Leben verloren haben, und es geht um die Würdigung einer Generation, die großen Anteil am Wiederaufbau dieses Landes nach dem Kriege hatte.

Um dies auch bei uns in Sachsen klar und deutlich herauszustellen, fordern wir, die NPD-Fraktion, mit unserem Antrag nicht nur die Unterstützung Erika Steinbachs und die Ächtung der Äußerung Westerwelles, sondern erneuern gleichfalls unsere Forderung nach der Errichtung eines eigenen sächsischen Zentrums gegen Vertreibung in Görlitz.

Für uns Nationaldemokraten ist es auch hier eine Selbstverständlichkeit, dass die BdV-Präsidentin sowie die Vorsitzenden der verschiedenen Landsmannschaften, insbesondere der Landsmannschaft der Oberschlesier und der Landsmannschaft Schlesien, Nieder- und Oberschlesien e. V., eine führende Rolle im Stiftungsbeirat eines solchen Zentrums einnehmen werden.

Stimmen Sie also bitte für unseren Antrag,

(Zuruf von der SPD: Bestimmt!)

genau! –, um zu zeigen, dass Sachsen die Nominierung Erika Steinbachs sowie die berechtigten Interessen der deutschen Heimatvertriebenen und ihrer Nachkommen von ganzem Herzen unterstützt.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Als nächste Fraktion erhält die CDU-Fraktion das Wort. – Das Wort wird für die Koalition nicht gewünscht. Dann für die FDP-Fraktion Herr Zastrow, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur weil Sie, werte Kollegen von der NPD, sich seit der letzten Debatte zum Thema Vertriebenenpolitik am 13. März dieses Jahres offenbar die Ohren nicht gewaschen haben, gestatten Sie mir, dass ich Folgendes wiederhole: Alle können in diesem Land über Flucht und Vertreibung sprechen, alle, aber nicht Sie!

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Ich spreche Ihnen als Deutscher, als Demokrat, als Liberaler

(Zurufe der Abg. Arne Schimmer, Jürgen Gansel und Andreas Storr, NPD)

und als Sohn einer Familie, die 1945 selbst aus Hinterpommern, aus West- und Ostpreußen vertrieben worden ist, das moralische Recht ab, hier zum Thema Flucht und Vertreibung zu sprechen.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung – Arne Schimmer, NPD: Das ist der größte Witz!)

Es waren Ihre geistigen Väter,

(Andreas Storr, NPD: Das ist doch Blödsinn!)

es waren Ihre politischen Vorfahren

(Arne Schimmer, NPD: Sie müssen sachlich bleiben! – Andreas Storr, NPD: Wo sind denn die Argumente?)

und es waren Ihre politischen Vorbilder, die uns das furchtbarste Kapitel in der deutschen und europäischen Geschichte eingebrockt haben. Niemand anderes außer den Nationalsozialisten hat Flucht und Vertreibung und das Leid der mehr als 10 Millionen Deutschen, die nach dem Krieg den Verlust ihrer Heimat zu beklagen hatten,

(Jürgen Gansel, NPD: Wir wissen Bescheid!)

auf dem Gewissen. Es waren Leute, die heute höchstwahrscheinlich Mitglieder Ihrer Partei wären,

(Holger Apfel, NPD: Ja, ja!)

die daran schuld sind, dass Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg einmalige Kulturlandschaften, großartige Städte,

(Zurufe von der NPD)

einen wesentlichen Teil seines Territoriums, unschätzbare Werte und, was sehr wichtig ist, als Nation weltweites Renommee verloren hat. Solange Sie nicht beweisen können

(Andreas Storr, NPD: Das waren angloamerikanische Bomber! – Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

hören Sie zu! –, nicht in der Tradition der Täter von damals zu stehen, sollten Sie Ihren Mund halten

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion, der SPD, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

und wenigstens etwas Demut

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

gegenüber dem Schicksal der Vertriebenen und ihren Nachkommen zeigen, Herr Gansel. – Das dazu.

(Jürgen Gansel, NPD: Setzen Sie sich mal mit der Biografie von Erich Mende auseinander!)

Natürlich entscheidet am Ende der Bund der Vertriebenen selbst, wen er in das Stiftungskuratorium entsendet. Auch braucht sich niemand in Polen Sorgen zu machen, selbst wenn Erika Steinbach am Ende den Sitz innehaben sollte. Aber: Zu einer guten Freundschaft und zu einer echten guten Nachbarschaft gehört auch, dass ich mit Einfühlungsvermögen und mit Fingerspitzengefühl

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

die Sorgen und Ängste meines Nachbarn respektiere und diese ernst nehme, unabhängig davon, ob ich sie teile oder nicht.

(Zuruf des Abg. Arne Schimmer, NPD)

Wenn ich weiß, dass eine bestimmte Entscheidung von mir für meinen Nachbarn eine Last darstellt oder dass eine bestimmte Entscheidung von mir bei meinem Nachbarn für Unwohlsein sorgt, sollte ich mich fragen: Muss ich das dann unbedingt machen, oder habe ich nicht auch die Möglichkeit, mich ein Stück zurückzunehmen und auf meinen Nachbarn zuzugehen?

(Zuruf der Abg. Jürgen Gansel und Arne Schimmer, NPD)

Das allein ist es, was Guido Westerwelle mit seiner Initiative meinte, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Ich freue mich auf das Erinnerungs- und Dokumentationszentrum zu Flucht und Vertreibung in Berlin und auch darüber, dass ein besonders dramatischer Teil der Geschichte Deutschlands und Europas einen Ort der Erinnerung, der Information und auch der Mahnung erhält. Dieser Ort ist dringend notwendig und er tut unserer Nation und Europa gut.

(Beifall bei der FDP – Jürgen Gansel, NPD: Sie dürfen das Wort „Nation“ gar nicht in den Mund nehmen!)

Dass dieses Zentrum entsteht, geht maßgeblich auf die Initiative des Bundes der Vertriebenen und seiner Vorsitzenden Erika Steinbach zurück, eine Initiative, für die wir ihr und auch dem Bund durchaus dankbar sein sollten.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Arne Schimmer, NPD: Ganz genau!)

Das Zentrum bleibt ihr Vermächtnis, auch wenn sie in der Stiftung am Ende keinen Posten übernehmen sollte. Im Gegenteil, ich bin der festen Überzeugung, dass das Werk Erika Steinbachs für Versöhnung und für Toleranz größer ist