Protokoll der Sitzung vom 09.12.2009

Wir kommen jetzt zur Wahl. Ich berufe aus den Reihen der Schriftführer eine Wahlkommission: DIE LINKE, Frau Roth als Leiterin; CDU, Herr Modschiedler; SPD, Frau Dr. Deicke; FDP, Herr Hauschild; GRÜNE, Herr Jennerjahn; NPD, Frau Schüßler.

Ich bitte die Wahlkommission, ihre Arbeit aufzunehmen.

Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten werden in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen und erhalten einen Stimmschein, auf dem entsprechend der angegebenen Drucksache der

Kandidat zur Wahl als Sächsischer Datenschutzbeauftragter aufgeführt ist. Sie können sich zu dem Kandidaten durch Ankreuzen in dem entsprechenden Feld für Ja, Nein oder Stimmenthaltung entscheiden. Erhält der Kandidat mindestens 67 Jastimmen der Mitglieder des Landtages, ist er gewählt.

Wir beginnen mit der Wahl.

(Namensaufruf – Wahlhandlung)

Ist jemand im Saal, den ich nicht aufgerufen habe? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Die Wahlhandlung ist jetzt abgeschlossen und ich bitte, zur Auszählung zu schreiten. Wir sollten aber in der Tagesordnung fortfahren.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 6

2. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung des Sächsischen Nichtraucherschutzgesetzes

Drucksache 5/374, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 5/556, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales und Verbraucherschutz

Es gibt eine allgemeine Aussprache. Es beginnt die CDU, es folgen DIE LINKE, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile nun der CDU-Fraktion das Wort. Herr Abg. Krauß, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zwei Jahren haben wir bereits an dieser Stelle über das Sächsische Nichtraucherschutzgesetz diskutiert und es dann auch beschlossen. Die

Begründung von damals ist immer noch aktuell: Es geht um den Gesundheitsschutz, es geht um den Schutz von Nichtrauchern vor Passivrauch. Dieser Schutz steht im Mittelpunkt des Gesetzes, denn in einem Jahr sterben in Deutschland 3 000 Passivraucher. Obwohl sie selbst nicht rauchen, sterben sie also am Rauch.

Die Bundesländer haben sich vor zwei Jahren geeinigt, gemeinsam vorzugehen. Wir haben seitdem eine ganze Menge erreicht. Es gibt einen Mentalitätswechsel in der Öffentlichkeit. Die Gefährlichkeit des Rauchens ist allgemein anerkannt. Jeder weiß es mittlerweile: Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko unserer Zeit.

(Beifall der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Eine für alle, würde ich da sagen.

Die jungen Leute rauchen weniger. Auch das ist eine sehr positive Nachricht. Seit 30 Jahren gab es noch nie so wenige jugendliche Raucher wie heute. Seit 30 Jahren gibt es zum ersten Mal diesen deutlichen Rückgang jugendlicher Raucher.

(Zuruf von den GRÜNEN: Dafür kiffen sie jetzt!)

Wir hatten 2001 eine Quote von 28 % der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren, die geraucht haben. Wir hatten im vergangenen Jahr eine Quote von 17 %. Das ist ein Rückgang von 11 %. Wir können auch feststellen, dass das Einstiegsalter bei den jungen Leuten steigt. Das liegt übrigens bei 11,6 Jahren. Das zeigt, dass es hier noch Handlungsbedarf gibt. Aber der positive Trend ist erst einmal da. Das Einstiegsalter jedoch steigt.

Die Zielsetzung des Gesetzes bleibt also der Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie von Nichtrauchern vor Passivrauch. Das wird auch mit der Änderung, die wir heute verabschieden wollen, zum Ausdruck gebracht. Über den konsequenten Nichtraucherschutz in öffentlichen Gebäuden brauchen wir heute nicht zu reden, weil er ohnehin weiterhin Bestandteil des Gesetzes ist. Es bleibt insgesamt bei der obersten Priorität des Gesundheitsschutzes. Davon wird es auch bei diesem Gesetzentwurf keine Abkehr geben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verfassungsgericht des Freistaates Sachsen hat uns Auflagen gemacht, was wir zu ändern haben. Wir müssen diese Änderungen in diesem Jahr umsetzen. Deswegen machen wir das heute. Wir haben in unserer Fraktion darüber eine intensive Diskussion sowohl am Anfang als auch am Ende des Jahres geführt. Wir haben mit uns gerungen.

Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Uns ging es darum, dass der Nichtraucherschutz mit den Interessen der anderen Beteiligten in Einklang gebracht wird: mit den Gaststätteninhabern, mit Schülern, mit Lehrern, mit Rauchern. All das haben wir versucht. Das ist kein Prozess, der nur in Sachsen stattfindet. Wenn Sie sich die Diskussion in anderen Bundesländern anschauen, dann werden Sie feststellen, dass auch in den anderen

Bundesländern Nachjustierungen angesetzt sind und stattfinden; aktuell in Hessen, wo eine ähnliche Frage diskutiert wird wie bei uns heute, wenn es zum Beispiel um die geschlossenen Gesellschaften geht.

Um welche Änderungen geht es jetzt im Einzelnen? – Ich möchte vier Punkte nennen:

Erstens geht es darum, dass die Ausnahmen vom allgemeinen Rauchverbot ausgedehnt werden. Es ist eine Forderung, die das Verfassungsgericht an uns stellt, dass es Ausnahmen sowohl in Gaststätten als auch – das ist jetzt neu – bei Diskotheken, Spielbanken und Spielhallen gibt, wenn diese abgetrennte Nebenräume haben. Dort, wo getanzt wird, wird nicht geraucht. Aber wenn eine Diskothek einen Nebenraum einrichtet, dann kann dort geraucht werden.

Der zweite Punkt betrifft ebenfalls eine Änderung, die uns das Verfassungsgericht ins Stammbuch geschrieben hat. Dabei geht es um die Eckkneipen, also um die Einraumkneipen, um die kleinen Kneipen. Der Hintergedanke, den das Verfassungsgericht hatte, ist, dass es keine Benachteiligung von kleineren Kneipen gegenüber größeren Kneipen, die die Möglichkeit haben, einen abgetrennten Nebenraum einzurichten, geben soll. Hierbei geht es also um die Möglichkeit, eine kleine Kneipe, die weniger als 75 Quadratmeter Fläche hat, zu kennzeichnen. Es muss dort angeschrieben sein, dass es eine Raucherkneipe ist. Kinder und Jugendliche haben dann keinen Zutritt. Diese kleinen Kneipen können sich also als Raucherkneipe umfirmieren und dann kann darin geraucht werden.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir haben in Sachsen – ich glaube, das darf man auch mal sagen – im Gegensatz zu anderen Bundesländern eine recht unbürokratische Lösung gefunden. Wir haben gesagt, dass wir das allein an der Größe der Einraumkneipe festmachen. Es gibt Bundesländer, die noch andere Kriterien hinzugenommen haben, zum Beispiel das Kriterium, welche Speisen dort ausgereicht werden. Diese Bundesländer haben jetzt die Diskussion, ob man in diesen Kneipen eine Bockwurst austeilen darf. Das darf man, wenn diese irgendwo anders zubereitet worden ist, aber die Bulette darf man dort nicht auf den Tisch bringen. Das ist aus meiner Sicht eine Überreglementierung, und ich glaube, wir sind gut gefahren, das nur an diesem einen Kriterium festzumachen: an der Größe von 75 Quadratmetern.

Zum dritten Punkt – das ist ein Wunsch von Gastronomen –: geschlossene Veranstaltungen. Wenn eine geschlossene Veranstaltung in einer Gaststätte stattfindet, dann soll dort das Rauchen möglich sein. Der Hintergedanke ist, dass wohl einige Feiern abgesagt wurden, dass man also nicht mehr in der Gaststätte gefeiert hat, weil man gesagt hat: Wir können dort nicht rauchen, wie wir das bei unserer Betriebsfeier immer machen. – Wenn die Mitarbeiter der Dresdner Zigarettenfabrik wie in diesen Tagen ihre Weihnachtsfeier durchführen wollen, dann möge es in Zukunft möglich sein, dass sie dabei auch rauchen.

Jetzt wird es den Einwand geben, wie es dann mit den Familienfeiern ist. Ich glaube, dass dort der verantwortungsbewusste Umgang aller Beteiligten gefragt ist. Ich kann mir bei den Familienfeiern, zu denen ich gehe, nicht vorstellen, dass dort geraucht wird. Ich glaube, dass das auch bei anderen Familienfeierlichkeiten der Fall ist. Insofern bin ich relativ sicher, dass alle sehr verantwortungsvoll mit dem Thema umgehen werden. Johann Wolfgang von Goethe hat einmal gesagt: „Es liegt im Rauchen eine arge Unhöflichkeit.“ Ich glaube, das sehen viele Nichtraucher wie auch Raucher so, insbesondere wenn Kinder dabei sind. Deswegen müssen wir, glaube ich, keine Überreglementierungen vornehmen.

Zum vierten Punkt, der auch umstritten ist. Das ist ein Antrag, den die Regierung tragenden Fraktionen noch extra in den Sozialausschuss eingebracht haben, das Thema Berufsschulen betreffend. Wir wollen es ermöglichen, dass im Außengelände von Berufsschulen geraucht werden kann – unter der Bedingung, dass sowohl die Gesamtlehrerkonferenz als auch die Schulkonferenz zugestimmt haben. Bei der Schulkonferenz sind bekanntermaßen die Schüler dabei. Das gilt jeweils für ein Jahr. Die Verantwortung für diese Entscheidung liegt also bei den Lehrern und den Schülern.

Unser Kollege Seidel hatte Berufsschulen angeschrieben und sie nach Problemen gefragt, die mit dem Nichtraucherschutzgesetz entstehen. Er hatte daraufhin viele Anregungen bekommen, wie er uns berichtet hat. Zum Beispiel, dass sich Anwohner darüber beschweren, dass Kippen auf der Straße liegen. Offensichtlich war das nicht nur eine Wahrnehmung, die Kollege Seidel hatte. Ich lese mal vor, was der Landesschülerrat, der diese Änderung im Gesetz begrüßt, schreibt: „Schüler mussten zum Rauchen das Schulgelände verlassen und blockierten somit Eingänge und verschmutzten Fußwege oder Grundstücke von Anwohnern.“

Das ist das, was der Landesschülerrat von sich aus wahrgenommen hat. Er sagt dann: „Die Neuregelung entspannt diese Situation.“ Es gibt auch andere Schülerräte, wie den Stadtschülerrat in Dresden, der die Änderung begrüßt. Dort heißt es: „Die bisherige Regelung war schlicht zu allgemein und nicht zielführend. Der Nichtraucherschutz war mit dieser Regelung nicht gewährleistet. Vielmehr wurde das Verhältnis zwischen Anwohnern und Schulen auf eine harte Probe gestellt, anstatt die vorhandenen Raucherinseln zu nutzen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir legen Ihnen eine konsequent weiterentwickelte Fassung des Nichtraucherschutzgesetzes vor, das bei uns sehr intensiv diskutiert worden ist, und wir bitten Sie um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Die Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten!

Werte Koalition, wissen Sie, Sie sind eigentlich ganz schön feige. Was wollen Sie nun eigentlich? Wollen Sie einen Schutz der Nichtraucher oder geht es Ihnen im Wesentlichen um die Qualmer? Ja, Herr Krauß, das Rauchermännel ist an der Zeit,

(Zuruf von der CDU: Bitte?)

möchte man fast denken. Ein bisschen hier nachgeben, ein bisschen da, das ist wie ein bisschen schwanger. Aber das geht so nicht. Wir haben uns über Monate damit beschäftigt, das Gesetz auf den Weg zu bringen. Die Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes, die jetzt schon Beachtung finden, müssen wir natürlich einarbeiten. Dem werden wir auch zustimmen, den Wünschen der Raucherlobby jedoch nicht.

Wir haben lange gebraucht, Nichtraucher, vor allem Kinder und Jugendliche, vor Rauch zu schützen. Das wird nun schnell wieder mit einem, denke ich, unbedachten Handstreich revidiert. Das Gesetz hat – Herr Krauß, Sie haben es selbst gesagt – in kürzester Zeit eine positive Wirkung auf die Gesundheit unserer Menschen und somit auch auf die Finanzen des Gesundheitswesens erzielt. Diese Gesetzgebung wird erfolgreich unterstützt durch die Fachstellen für Suchtprävention, die im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums sächsische Gesundheitsziele umsetzen. Vor allem unterstützen sie das Gesundheitsziel „Gesund aufwachsen“ und – man will es kaum glauben – das Ziel der Verringerung des Tabakkonsums in öffentlichen Einrichtungen. Hier beißt sich doch die Katze in den Schwanz.

(Zuruf von der CDU: Miau!)

Die macht dann anders „miau“, das klingt gefährlicher.

Volljährigen Berufsschülern das Rauchen zu erlauben entspricht nicht dem Zweck des Gesetzes. Es ist ein Aufweichen des § 1 mit dem definierten Ziel – das steht im Gesetz –, den Tabakkonsum bei Kindern und Jugendlichen zu verringern. Diese Gesetzesänderung wirkt sich kontraproduktiv auf die Umsetzung des Zieles „Rauchfreie Schule“ aus. Die schwarz-gelbe Koalition in Sachsen ist erst kurz im Amt und will nun dieses Gesetz sofort aufweichen. Ich kann mir nicht vorstellen, Frau Ministerin, dass Ihnen das gefällt.

Auch bei uns gibt es natürlich einige, die das Einsehen in die Notwendigkeit nicht haben. Trotz alledem, der größte Teil meiner Fraktion lehnt diesen Gesetzentwurf ab.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, Herr Fischer.