So wie Sie reflexartig vorgegangen sind und in Bausch und Bogen erklärt haben, es sei an allem nichts dran und das Normalste der Welt, haben wahrscheinlich 80 % der Leser der „Sächsischen Zeitung“, die das zum Anlass genommen haben, Leserbriefe zu schreiben, ein anderes Bild von diesem Land. Jetzt kann man sagen, das ist einfach so und man soll sich nicht darüber aufregen, dass auf der einen Seite Einrichtungen im Bereich der Jugend- und Sozialhilfe das eine oder andere Projekt nicht mehr durchführen können, man dafür aber eine Weiterbildungsmaßnahme für jemanden anbietet, der noch geschult werden muss. Man soll sich nicht darüber aufregen, dass Personalräten im öffentlichen Dienst Fortbildungsmaßnahmen gekürzt bzw. gar nicht genehmigt werden, weil angeblich kein Geld für Seminare da sei. Dafür soll man den Regierungssprecher in eine solche Fortbildung schicken. Das sei alles normal. Ich glaube, das ist nicht normal.
Ich finde, darüber kann man auch im Sächsischen Landtag reden. Ich habe mir gedacht, dass die Zeit dafür zu schade ist, sich nur mit dem Thema zu beschäftigen, ob der Regierungssprecher richtig ins Amt gekommen ist, ob er eine Fortbildung in Höhe von 36 000 Euro bekommen und ob er davon etwas selbst bezahlen sollte oder nicht, sondern viel interessanter fand ich die Frage, wie man das Thema der Freundschaftsdienste hier bewertet.
Dabei habe ich mir genauer angesehen, was in den letzten Jahren hier passiert ist. Als wir in diesem Land mitregiert haben, gab es im Wirtschaftsministerium einen Staatssekretär. Das Erste, was die Freunde der FDP getan haben, war, sich gegenseitig neue Posten zu verschaffen. Da wurde der vorherige Geschäftsführer der Vereinigung der sächsischen Wirtschaft, der Freund des jetzigen Wirtschaftsministers, zum Staatssekretär und der bisherige Geschäftsführer der Landtagsfraktion wurde sofort zum
Man hatte dann im SMWA nichts Besseres zu tun, als eine Rochade, ein Bäumchen-wechsle-dich-Spiel durchzuführen, dass Referatsleiter, die sich eine Kompetenz erworben haben, quer durch den Garten versetzt worden sind. Der Leiter des Referates 46 Bergbau übernimmt das Referat 44 Energiepolitik, der Leiter des Referates 33 Einzelbetriebliche Maßnahmen übernimmt die Leitung des Bereiches Energiepolitik. Der bisherige Leiter für Kabinetts- und Landtagsangelegenheiten übernimmt jetzt den Bereich Einzelbetriebliche Investitionen, Wirtschafts- und Strukturförderung usw. usf. Ich will nicht alles aufzählen. Man verkauft das Ganze als eine vollkommen normale Angelegenheit innerhalb eines Ministeriums, indem man halt in vernünftigen Abständen den Referatsleitern neue Tätigkeiten überträgt.
Ich habe mir den einen oder anderen Referatsleiter, der ein neues Referat zugewiesen bekommen hat, in der einen oder anderen Veranstaltung anhören dürfen oder vielleicht auch müssen. Ich hatte schon den Eindruck, es wäre besser gewesen, man hätte den erfahrenen Kollegen, der es über Jahre gemacht hat, als Referatsleiter belassen. Es geht ja auch darum, dass man die Dinge in den Ministerien kompetent vertreten sollte. Aber damit ist es nicht genug. Es geht munter so weiter. Ich erinnere daran, dass wir hier eine Stellenausschreibung innerhalb der Staatsregierung hatten, in der explizit geschrieben stand, dass man vor allem die Betreuung des CDU-Arbeitskreises 2 zur Aufgabe hat.
Es ist scheinbar auch das Normalste in Sachsen, dass man eine Ausschreibung öffentlich bekannt gibt, wo derjenige, der sie bekommen soll, ganz besonders den Arbeitskreis der CDU zu betreuen hat. Dazu gab es einige Anfragen. Karl Nolle und andere haben dazu nachgefragt. Das ist dann relativiert worden. Trotz alledem bleibt ein fader Beigeschmack.
Wir können auch gern noch weitermachen. Es geht um die Ausschreibung des Redenschreibers für den Ministerpräsidenten.
Die Stellenausschreibung ist insofern interessant, als sie überhaupt keine Eingruppierungsinformationen enthält und unbefristet ist. Gegen die Unbefristetheit habe ich aus meiner Perspektive nichts einzuwenden, weil ich dafür bin, dass man generell unbefristet ausschreibt und die Befristung die Ausnahme sein sollte.
Man sollte sich überlegen, ob man das an anderer Stelle auch machen kann. Ich kann mich an Auseinandersetzun
gen erinnern, wo man sich vor dem Arbeitsgericht wiedergefunden hat, weil man in der Frage der Eingruppierung etwas angegeben hat, was man später nicht eingehalten hat; aber dass man nichts angibt und nicht weiß, was derjenige bei einer öffentlichen Ausschreibung bekommt, halte ich zumindest für bemerkenswert.
Ich kann aber noch weitermachen. Ich lande dann beim Landespolizeipräsidenten Kollegen Merbitz. Für mich hat das schon ein gewisses Gschmäckle, wie man in BadenWürttemberg sagen würde, dass der Landespolizeipräsident Mitglied des CDU-Landesvorstandes ist.
Jetzt könnte man zumindest einmal fragen, ob es so sinnvoll ist, sich in einer solch herausgehobenen Position als oberster sächsischer Polizist so aktiv in Parteipolitik einzubringen und einzumischen. Ich will deutlich sagen: Ich will damit keinen Maulkorb. Ich will auch nicht, dass jemand seine Parteizugehörigkeit verschweigen muss. Darum geht es überhaupt nicht. Aber ich möchte zumindest einmal nachfragen, ob es zum guten Stil miteinander gehört, dass der oberste Polizist gleichzeitig aktiver Vorständler der Landes-CDU ist. Ich glaube, darüber sollte man einmal nachdenken.
Ich glaube auch, dass vielleicht nicht die eigentliche Arbeit des Landespolizeipräsidenten in seinem Dienst dazu geführt hat, dass das Verhältnis zwischen Minister und Landespolizeipräsident belastet ist. Vielleicht waren es eher die Diskussionen im CDU-Landesvorstand, die dazu geführt haben, dass man ihm quasi einmal einen Hausarrest erteilt hat, und an bestimmten Veranstaltungen durfte er nicht mehr teilnehmen.
Weiter geht es – und damit kann ich Sie heute auch nicht verschonen – mit der viel zitierten Geschichte von Frau Siebert. Das ist auch ein interessantes Thema. Es ist ja bekannt – zum achten Mal oder zum zehnten Mal, aber man sollte es immer wieder sagen. So etwas kann, glaube ich, nur in Sachsen passieren.
Wenn man im Land unterwegs ist, wird man immer wieder auf diese Dinge angesprochen. Sie können das alles als normal ansehen, dass jemand auf ein Landtagsmandat verzichtet, dass jemand keine Ausbildung hat, die für diesen Job adäquat wäre, und dass der dann dort eine Anstellung bekommt. Das kann für Sie alles normal sein. In meiner Wertvorstellung und in meiner Erfahrung vom Leben und von beruflicher Qualifikation, von Aufstiegsmöglichkeiten war das bisher nicht vorgekommen.
Zum Schluss bleibt das Thema Weiterqualifizierung. Ich habe noch eine Geschichte, die aufhorchen lässt. Wenn das richtig ist, geht das Kultusministerium in den letzten Wochen dazu über, den Mangel an Sportlehrern mit einem Schnelldurchlauf innerhalb von vier Tagen zu beheben. Das heißt: Wir haben hier eine Situation, dass Lehrer, die aus irgendwelchen Fächern kommen, innerhalb von vier Tagen zu Sportlehrern gemacht werden, damit freie
Das macht man in zwei, drei Tagen Weiterbildung! Das heißt, dort werden Lehrerinnen und Lehrer, die bisher wahrscheinlich den Fußball nur aus dem Fernsehen kannten, jetzt zu Sportpädagogen gemacht. Das ist für mich im Kontext zu dem Antrag zu sehen, der hier vorliegt. Hier ist ein absolutes Ungleichgewicht entstanden. Es ist ein Ungleichgewicht entstanden, das für dieses Land nicht gut ist, das nicht gut ist für die Motivation der Beschäftigten und auch nicht für die politische Kultur.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Man hätte sicherlich einige Teilfragen, Herr Kollege Michel, im Ausschuss auch noch vorher abklären können. Das will ich nicht bestreiten. Aber ich verstehe den Kollegen Scheel sehr wohl und ich finde auch, dass Sie recht haben, diesen Antrag hier einzubringen und zu stellen. Ich halte ihn auch für berechtigt.
Wir bewegen uns seit einigen Wochen in solchen Fragen auf neuem Terrain, und zwar seit der Causa Wulff ist das so, und das auch zu Recht. Es gab immer sehr viele Selbstverständlichkeiten, die sich über die Jahre eingeschliffen haben. Das ist nicht nur hier in Sachsen so, das kann ich auch aus Berlin bestätigen. Das ist immer und überall so. Irgendwann denkt man, es steht einem einfach zu. Man denke nur an die damalige Gesundheitsministerin, die in Spanien ihren Dienstwagen in Gebrauch hatte. Das entwickelt sich.
Die Frage ist: Kann man diese Instinktlosigkeiten einfach so weiterlaufen lassen, oder muss man sich dazu nicht etwas überlegen? – Wenn eine Regierung, wie ich in der Fachfrage finde, völlig zu Recht Wert darauf legt, einen sehr sparsamen Haushalt zu fahren, erheben sich ganz automatisch Gerechtigkeitsfragen, wenn solche Fälle auftreten. Das ist normal, und dass die Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung ein wichtiges Gut ist, wenn man eine solche Politik verfolgen möchte, halte ich für unwidersprochen.
Ich erinnere mich übrigens auch – um das noch einmal in Richtung CDU und FDP zu sagen –, dass vor Jahren, als der damalige Finanzminister Eichel einen besonderen Medienberater hatte, den Herrn Schmidt-Deguelle, es gerade der Kollege Austermann von der CDU war und der Kollege Koppelin von der FDP, die besonders energisch nachgefragt und nachgestoßen haben, und das auch
Der Antrag ist auch weiter gefasst. Es geht ebenso um die Personalpolitik in der Staatskanzlei. Das halte ich für völlig richtig. Sie arbeiten das nicht unbedingt weiter aus, aber ich halte das für einen sehr gewichtigen Punkt. Natürlich gibt es ein besonderes Augenmerk auf den Staatssekretär und Pressesprecher, Herrn Cohausz, und dessen Weiterbildungskosten, die offensichtlich inklusive Mehrwertsteuer 43 000 Euro betragen und in der Presse für viel Wirbel gesorgt haben, denn wir reden über acht Trainingstage. Eine Woche!
Diese Schulungskosten sind so hoch, dass sie sogar aus dem Weiterbildungsetat der Staatskanzlei nicht bezahlt werden konnten, so scheint es jedenfalls, denn dieser ist damit überfordert. Deswegen kommt das Geld aus der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Und ich sage noch einmal das, was schon heute Morgen für mich galt: Diese Staatsregierung hat kein Kommunikationsproblem, sie hat ein Leistungsproblem. Es bleibt dabei. Das können Sie auch mit solchen Schulungen nicht ändern.
Ich habe sehr wohl gelesen, was alles in den Medien auch über diese Sache geschrieben wurde. Aber ich finde, die Konditionen des Medientrainings, wie ich es der Presse entnehmen konnte, sind ein wenig obskur und die Umstände der Beauftragung sollten und müssten auch aufgeklärt werden. Ich meine, wir hatten hier öfter Diskussionen, zum Beispiel über Kürzungen, die im Jugend- und Sozialbereich stattfanden. Da muss man sehr transparent arbeiten. Das ist eine Selbstverständlichkeit, wenn man es sich zur Aufgabe gemacht hat, eine sehr sparsame Haushaltsführung in einem Bundesland durchzusetzen.
Wie gesagt: Ich glaube, dass die Frage der Personalkostenbudgetierung, der Flexibilisierung der Personalkosten der Staatskanzlei wichtig ist, dieses Berichtserfordernis zur allgemeinen Personalpolitik. Es gibt in der Staatskanzlei dieses Pilotprojekt zur Personalausgabenflexibilisierung. Das interessiert doch wohl über den Fall Cohausz hinaus.
Deswegen, wenn das Ziel darin besteht, Personalkosten einzusparen – beispielsweise durch die vorübergehende Nichtnutzung von Stellen oder die unreelle Besetzung von Beamtenstellen und wenn man das zu solchen Vorkommnissen ins Verhältnis setzt –, finde ich, sollten wir uns darüber unterhalten. Das werden wir auch tun. Jetzt würde ich gern einmal hören, was die Staatsregierung zu dieser Sache zu sagen hat.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der frühere Generalkonsul in Dubai und heutige Sprecher der Staatsregierung, Herr Johann-Adolf
Cohausz, immerhin ein gestandener Mann im Alter von fast 65 Jahren, blickt, wie man seiner Vorstellung auf der Netz-Seite der Staatskanzlei entnehmen kann, auf eine umfangreiche Berufserfahrung in vielerlei Bereichen, vor allem im diplomatischen Dienst, zurück.
Von 1992 bis 1993 – ein ganzes Jahr – hat er sogar einmal etwas gemacht, was mit seiner heutigen Tätigkeit vergleichbar ist. Da war Herr Cohausz nämlich Sprecher und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik bei den Vereinten Nationen in New York. Warum er dann nach nur einem Jahr lieber in einen Parteijob bei der Unionsfraktion im Bundestag wechselte, wissen wir nicht. Mangelnde Fachkompetenz kann es wohl nicht gewesen sein, denn noch vor seiner Amtseinführung pries uns Herr Tillich Herrn Cohausz als bewährten Kommunikationsfachmann an.
Komisch nur, dass die Staatsregierung nach etwa einem Jahr zu dem Ergebnis kommt, dass Herr Cohausz, der bewährte Kommunikationsfachmann, wohl doch noch etwas Nachhilfeunterricht in seinem Fachbereich braucht und ihn im durchaus fortgeschrittenen Alter noch einmal zu einer Medienschulung schickt und das natürlich nicht bei irgendwem, sondern bei Alt & Cramer in Berlin, was dann auch gleich insgesamt mit 43 000 Euro, also über 4 000 Euro pro Tag, zu Buche schlägt. Offenbar hatte der Medienfachmann Cohausz dann doch noch erheblichen Nachholbedarf. Oder war das Ganze vielleicht noch mit ein paar Wellnesspaketen oder anderen Annehmlichkeiten verbunden, denen man sich in Berlin so hingeben kann?
Meine Damen und Herren! Mögen die Helenen im Gegensatz zu Sachsen schon komplett pleite sein, eines muss man ihnen dennoch zugestehen: Über Griechenland lacht die Sonne, über Sachsen lacht die Welt. Die ganze Sache wäre wirklich nur zum Lachen, wenn, ja wenn es nicht das Geld des Steuerzahlers wäre, mit dem so fahrlässig umgegangen wird.